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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 21.12.2000
Aktenzeichen: 5 W 51/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 567
ZPO § 66 ff.
ZPO § 72 Abs. 2
ZPO § 66 Abs. 1 u. 2 ZPO
ZPO § 492 Abs. 1
ZPO § 411 Abs. 4 Satz 1
ZPO § 41l Abs. 4 Satz 2
ZPO § 97 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

In dem selbständigen Beweisverfahren

hier: Beschwerde der Streitverkündeten der Streithelferin:

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht K, den Richter am Oberlandesgericht D und die Richterin am Landgericht R am 21.12.2000

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Düsseldorf vom 18.08.2000 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beschwerdeführerin.

Gründe:

I.

Die Antragsteller sind Eigentümer eines Einfamilienhauses, das von der Antragsgegnerin - einer Bauträgerin - geplant und errichtet worden ist. Nachdem sich Feuchtigkeitsschäden im Keller gezeigt hatten, leiteten die Antragsteller das vorliegende selbständige Beweisverfahren gegen die Antragsgegnerin mit dem Ziel ein, Ursachen und Umfang der Mängel sowie die Kosten der Mängelbeseitigung gutachterlich feststellen zu lassen. Die Antragsgegnerin verkündete im Laufe des Verfahrens ihrer Subunternehmerin, der Firma K, den Streit. Diese trat dem Verfahren auf Seiten der Antragsgegnerin bei und verkündete ihrerseits der Beschwerdeführerin, die die Abdichtungsarbeiten der Kelleraußenwände durchgeführt hatte, den Streit. Für die Beschwerdeführerin bestellten sich die Rechtsanwälte Z u.a. mit Schriftsatz vom 15.09.1999 (Bl. 50 GA) und baten um Akteneinsicht. Sie behielten sich die Entscheidung vor, ob und auf welcher Seite die Beschwerdeführerin dem Verfahren beitreten wolle. Da sich die Akten jedoch bereits bei dem zur Klärung der Beweisfragen bestellten Sachverständigen befanden, konnte Akteneinsicht nicht gewährt werden.

Unter dem 19.01.1999 erstellte der Sachverständige sein Gutachten, das den Verfahrensbeteiligten, nicht jedoch der Beschwerdeführerin, im Februar 1999 zugestellt wurde. Das Landgericht setzte den Parteien zudem eine Frist zur evtl. Stellungnahme von vier Wochen, die auf Antrag der Antragsgegnerin nochmals um einen weiteren Monat verlängert wurde. Keine der beteiligten Parteien gab Erklärungen zu dem Gutachten ab; insbesondere wurde nicht die Anhörung des Sachverständigen beantragt.

Mit Schriftsatz vom 02.08.2000 (Bl. 78 GA) erklärte die Beschwerdeführerin den Beitritt. Unter dem 11.08.2000 beantragte sie die Anhörung des Sachverständigen.

Durch Beschluß vom 18.08.2000 (Bl. 99 f GA) wies das Landgericht den Beitritt der Beschwerdeführerin und ihren Antrag auf Anhörung des Sachverständigen mit der Begründung zurück, ein Beitritt sei unzulässig, da das selbständige Beweisverfahren bereits abgeschlossen sei.

Dagegen richtet sich das Rechtsmittel der Beschwerdeführerin.

II.

Die gegen die Zurückweisung des Beitritts sowie gegen die Ablehnung der Anhörung des Sachverständigen gerichtete Beschwerde ist gemäß § 567 ZPO (vgl. OLG Köln BauR 1998, 591; OLG Karlsruhe BauR 1998, 589; OLG Düsseldorf (22.ZS.) NZBau 2000, 385, 386) statthaft, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.

Das selbständige Beweisverfahren ist im April 2000 abgeschlossen worden. Mit ihrer Nebenintervention kann die Beschwerdeführerin der Streitverkündeten damit nicht mehr in diesem Verfahren zu Hilfe kommen. Auch unabhängig von der Frage, ob hier der Beitritt noch zulässig wäre, könnte die Beschwerdeführerin jedenfalls den Antrag auf Anhörung des Sachverständigen nicht mehr mit Erfolg stellen.

Zwischenzeitlich ist allgemein anerkannt, daß die Nebenintervention im selbständigen Beweisverfahren grundsätzlich zulässig ist, um die Verwertung der erhobenen Beweise im Folgeprozeß auch bei Drittbeteiligung zu ermöglichen (grundlegend: BGH, BauR 1997, 347; Zöller/Vollkommer, ZPO, 21.Aufl., § 66 Rdnr.2 a; MünchKomm/Schilken, ZPO, 2.Aufl., 2000, § 66 Rdnr.2; Musielak, ZPO, 2.Aufl., 2000, § 487 Rdnr.2). Die Vorschriften über die Streitverkündung gem. §§ 66 ff. ZPO sind dabei analog anwendbar (BGH, BauR 1997, 347, 349). Nach § 72 Abs.2 ZPO ist damit auch die weitere Streitverkündung durch den Streitverkündeten zulässig. Die gegenteilige, mit dem im selbständigen Beweisverfahren im besonderen Maße geltenden Beschleunigungsgrundsatz begründete, Auffassung (vgl. LG Berlin BauR 1996,435, 436) überzeugt nicht.

Gem. § 66 Abs. 1 und 2 ZPO kann ein Beitritt in jeder Lage des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung erfolgen. Voraussetzung ist jedoch, daß der Rechtsstreit noch nicht beendet ist (OLG Karlsruhe, BauR 1998, 589).

Da sich das selbständige Beweisverfahren in der Feststellung von Tatsachen erschöpft und somit keine der Rechtskraft fähige Entscheidung ergeht, kann die zeitliche Begrenzung für den Beitritt nicht an den in § 66 Abs.2 ZPO genannten Zeitpunkt geknüpft werden. Dies bedeutet indes nicht, daß ein Beitritt zeitlich unbeschränkt erfolgen darf. In diesem Verfahren ist es angebracht, den Zulässigkeitszeitraum für die Beitrittserklärung auf den der Verfahrensbeendigung zu begrenzen. Nach diesem Zeitpunkt können auch die übrigen Beteiligten keine Anträge mehr auf Anhörung des Sachverständigen oder schriftliche Ergänzung des Gutachtens stellen.

Die Beendigung des Verfahrens tritt grundsätzlich mit der Zustellung des schriftlichen Sachverständigengutachtens ein, wenn eine mündliche Anhörung nicht stattfindet (BGH BauR 1993, 221; Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 9.Aufl., 1999, Rdnr. 111; Zöller/Herget, 21. Aufl., ZPO, § 492 Rdnr. 4). Hat das Gericht den Parteien eine Frist zur Stellungnahme gem. § 411 Abs.S.2 ZPO gesetzt, so endet das Verfahren mit Ablauf dieser Frist, wenn eine Erläuterung des Sachverständigengutachtens nicht beantragt wird. Fehlt es an einer derartigen Fristsetzung, ist ein Antrag auf Ergänzung oder Erläuterung gem. §§ 492 Abs.1, 411 Abs.4 Satz 1 ZPO in angemessenem zeitlichem Zusammenhang mit der Zustellung des Gutachtens zu stellen (OLG Düsseldorf [21.ZS.] BauR 2000, 1775; OLG Düsseldorf [22.ZS.] NZBau 2000, 385,386; OLG Frankfurt BauR 1994, 139, OLG Braunschweig BauR 1993, 251).

Zwar hat das Landgericht durch Verfügung vom 11.02.2000 (Bl.73 R GA), die weder mit dem vollen Namenszug des Vorsitzenden unterzeichnet ist noch den Beginn des Fristenlaufes genau bezeichnet, den Parteien keine wirksame Ausschlussfrist im Sinne des § 41l Abs.4 Satz 2 ZPO gesetzt. Gleichwohl ist die Fristsetzung des Gerichts für die Frage bedeutsam, wann das selbständige Beweisverfahren als beendet anzusehen ist. Da sich Antragsteller, Antragsgegner und Nebenintervenientin darauf eingerichtet haben, daß nach Ablauf der verlängerten Frist keine Stellungnahme mehr zu erwarten ist, endete das selbständige Beweisverfahren zu diesem Zeitpunkt, d.h. Ende April 2000. Der erst mit Schriftsatz vom 02.08.2000 (Bl. 78) erklärte Beitritt der Beschwerdeführerin ist damit zu spät erfolgt. Ein angemessener zeitlicher Zusammenhang mit der Erstattung des Gutachtens bestand überdies - unabhängig von der Fristsetzung - nicht mehr. Daß der Beschwerdeführerin als weiterer Streitverkündeten weder das schriftliche Gutachten übersandt worden ist noch die Fristsetzung mitgeteilt worden ist, beruht darauf, daß sie zu, diesem Zeitpunkt noch nicht beigetreten war. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, daß das Gericht dem bereits frühzeitig gestellten Antrag der Beschwerdeführerin, ihr Akteneinsicht zu gewähren, nicht nachgekommen ist. Die Einsichtnahme in die Akte war nicht erforderlich, um zu entscheiden, ob und ggf. welcher Seite beigetreten werden sollte. Der Beschwerdeführerin ist nämlich zur Unterrichtung die Antragsschrift vom 26.03.1999 (Bl. 1-4 GA) und die Streitverkündungsschrift vom 22.04.1999 (Bl. 7-8 GA) beigefügt worden. Damit hatte sie sämtliche Informationen, die zu ihrer Entscheidungsfindung erforderlich waren. Darüber hinaus gab die Gerichtsakte bis zum Zeitpunkt der Zustellung der Streitverkündungsschrift an die Beschwerdeführerin - abgesehen von dem Beweisbeschluß des Landgerichts vom 19.05.1999 - nicht wesentlich mehr her. Wäre dies anders, dann stellte es gleichwohl nicht den Zeitpunkt der Verfahrensbeendigung, sondern allenfalls die Wirksamkeit der Streitverkündung in Frage, über die indes nicht hier, sondern ggf. in einem Rechtsstreit zwischen den Beteiligten zu entscheiden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Beschwerdewert: 600 DM.

Ende der Entscheidung

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