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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 19.10.2000
Aktenzeichen: 8 U 116/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 897
BGB § 847
BGB § 628 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
1) Bei einem vielfach aus kosmetischen Gründen voroperierten Patienten hat ein plastischer Chirurg die Möglichkeit einer psychisch-neurotischen Fehlhaltung in Betracht zu ziehen; gibt der Patient allerdings in einem Vorgespräch an, er habe sich erst zwei oder drei Korrektureingriffen unterzogen, ist nicht ohne weiteres von einer unvernünftigen Fixierung auf das äußere Erscheinungsbild auszugehen.

2) Im Rahmen einer kosmetischen Operation zur Anhebung der Nasenspitze ist es sachgerecht und üblich, dem Ohr das zur Stabilisierung erforderliche Knorpelgewebe zu entnehmen; dabei ist darauf zu achten, daß die für die Form der Ohrmuschel wichtige Anthelixfalte unangetastet bleibt.

3) ist eine Betäubungsspritze in narbig verändertes Gewebe zu setzen, kann die Kanülenspitze ohne Verschulden des Arztes abbrechen; dieser Vorgang muß aber bei der gebotenen Prüfung der Instrumente auf Vollständigkeit und Unversehrtheit bemerkt werden; sodann ist es angebracht, den Fremdkörper unverzüglich aus dem Gewebe zu entfernen.

4) Kommt es bei einer kosmetischen Nasenkorrektur zu einer vermeidbaren Deformierung des Ohrs, welche durch weitere chirurgische Eingriffe zu beheben ist, kann ein Schmerzensgeld von 3.000,-- DM angemessen sein.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 U 116/99 3 O 232/96 LG Düsseldorf

Verkündet am 19. Oktober 2000

Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 25. September 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht B, den Richter am Oberlandesgericht G und die Richterin am Oberlandesgericht S

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 24. Juni 1999 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 18. Juni 1996 zu zahlen.

Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den materiellen und den künftig eintretenden immateriellen Schaden zu ersetzen, der darauf beruht, daß das linke Ohr durch eine unsachgemäße Knorpelentnahme anläßlich der operativen Nasenkorrektur vom 19. Januar 1995 deformiert wurde, soweit die Ersatzansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergehen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Anschlußberufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits werden 70 % dem Kläger und 30 % dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der am 28. Dezember 1950 geborene Kläger war früher als Boxer sportlich tätig. Er hatte deshalb seit vielen Jahren Probleme mit dem äußeren Erscheinungsbild seiner Nase und war ständig in der Behandlung des Chirurgen Dr. S, der zwischen 1980 und 1993 insgesamt 14 Eingriffe durchführte. Am 28. Oktober 1994 begab sich der Kläger in die Praxis des Beklagten, eines in Düsseldorf niedergelassenen plastischen Chirurgen. Man kam überein, eine erneute Nasenkorrektur vornehmen zulassen. Der Kläger zahlte hierfür eine Vergütung von insgesamt 5.000,00 DM (Bl. 11 bis 13 GA); auch unterzeichnete er sowohl einen die Anästhesie betreffenden Anamnesebogen als auch ein Merkblatt zu einem Aufklärungsgespräch über eine operative Rhinoplastik. Am 2. November 1994 führte der Beklagte in Leitungsanästhesie den Eingriff durch, bei welchem er dem rechten Ohr Knorpelanteile entnahm und in die Nasenspitze transplantierte. Am 17. Januar 1995 erschien der Kläger erneut in der Praxis des Beklagten und bat darum, die Nase weiter anzuheben. Aus diesem Grund fand am 19. Januar 1995 eine Operation statt, bei welcher Knorpelgewebe aus dem linken Ohr in die Nasenspitze eingepflanzt wurde. Für diesen Eingriff zahlte der Kläger eine Vergütung von 2.700,00 DM (vgl. Bl. 14 GA). Anschließend war er mit dem Ergebnis der Operation nicht zufrieden. Er begab sich in die Behandlung anderer Ärzte und ließ weitere Korrekturen durchführen.

Der Kläger macht Ersatzansprüche geltend. Er hat behauptet, er habe sich in erster Linie an den Beklagten gewandt, um vorhandene Atmungsprobleme beseitigen zu lassen. Außerdem habe er darum gebeten, im Bereich des Nasenrückens Eigenfett zu unterspritzen; von dieser Maßnahme habe der Beklagte grundlos abgesehen. Die beiden Operationen seien ohne ausreichende Anästhesie vorgenommen worden und deshalb außergewöhnlich schmerzhaft gewesen. Ein Aufklärungsgespräch habe zu keinem Zeitpunkt stattgefunden; die Zustimmungserklärung habe er erst nach dem ersten Eingriff und in Unkenntnis des Inhalts unterzeichnet. Bei dem zweiten Eingriff vom 19. Januar 1995 sei eine Kanülenspitze abgebrochen und im Gewebe verblieben; infolge dessen sei es zu starken Schmerzen gekommen; auch habe sich im Bereich der Oberlippe ein Taubheitsgefühl eingestellt. Der Beklagte habe durch sein Vorgehen die äußere Form der Nase verschlechtert und die Atmungsprobleme vergrößert; außerdem habe er durch die Knorpelentnahmen beide Ohren verunstaltet. Aus diesem Grund sei er - der Kläger - gezwungen gewesen, weitere Operationen durchführen zu lassen. Der Beklagte müsse die erhaltenen Honorare erstatten und außerdem die Gebühren für eine Stellungnahme des Arztes Dr. S sowie die Kosten für einige Rezepte tragen.

Schließlich sei er zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes in Höhe von mindestens 10.000,00 DM verpflichtet.

Der Kläger hat beantragt,

1.

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 7.944,00 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2.

den Beklagten zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, das in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, den Betrag von 10.000,00 DM jedoch nicht unterschreiten sollte, nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

3.

festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet sei, ihm allen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Behandlung in den medizinischen Behandlungsräumen des Beklagten am 3. November 1994 und 19. Januar 1995 noch entstehen werde, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen sei.

Der Beklagte hat den Antrag gestellt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, er habe seinen Patienten ausführlich über den Verlauf der Eingriffe und über die damit verbundenen Risiken aufgeklärt; einen Erfolg der Behandlung habe er niemals zugesichert. Dem Kläger sei es nicht um eine Beseitigung von Atmungsproblemen, sondern ausschließlich um eine kosmetische Korrektur der Nase gegangen. Er - der Beklagte - habe die Eingriffe einwandfrei durchgeführt; die lokale Betäubung in den Operationsgebieten sei ausreichend gewesen. Vereinbarungsgemäß habe er bei dem Eingriff vom 2. November 1999 nicht nur Knorpel aus dem rechten Ohr in die Nasenspitze transplantiert, sondern auch den Nasenrücken mit Eigenfett unterspritzt. Bei der zweiten Operation vom 19. Januar 1995 sei es nicht zum Abbrechen einer Kanülenspitze gekommen; dieser Fremdkörper könne auch bei vorangegangenen Eingriffen im Gewebe verblieben sein.

Die 3. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf hat durch die Vernehmung der nachbehandelnden Ärzte Beweis erhoben und sodann dem Kläger durch Urteil vom 29. Juni 1999 unter Abweisung der weitergehenden Klage einen Betrag von 350,00 DM nebst Zinsen zuerkannt.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers. Er vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und macht ergänzend geltend, bei der ersten Operation vom 2. November 1999 sei die Nasenspitze nicht angehoben, sondern nach unten gezogen worden; auch habe die Atmung zunehmende Schwierigkeiten bereitet; schließlich sei das rechte Ohr völlig deformiert gewesen. Der Beklagte habe anschließend erklärt, das Ohr werde von sich aus seine alte Gestalt zurückerhalten; im übrigen habe er den Mißerfolg seiner Behandlung eingeräumt und eine kostenlose Nachbesserung angeboten. In diesem Zusammenhang habe er eine neue Methode angekündigt, bei der Knorpelstücke durch den Mund in die Nasenspitze implantiert werden könnten. Obwohl der Chirurg Dr. S am 18. Januar 1995 von einem weiteren Eingriff abgeraten habe, habe er - der Kläger - sich dazu entschlossen, von dem Beklagten eine weitere Korrektur vornehmen zu lassen; dabei habe die Behebung der Atmungsproblematik im Vordergrund gestanden. Tatsächlich sei der zweite Eingriff wie die Erstoperation verlaufen; durch die erneute Beanspruchung des Gewebes sei ein Loch in der Nasenscheidewand entstanden, das später habe geschlossen werden müssen. Die abgebrochene Kanülenspitze habe zudem zu einem dauerhaften Taubheitsgefühl in Bereich der Oberlippe geführt. Ferner sei es erforderlich gewesen, die Konturen der deformierten Ohren operativ wieder herzustellen. Tatsächlich seien die von dem Beklagten vorgeschlagenen und durchgeführten Eingriffe sinnlos gewesen; sein - des Klägers - gesundheitlicher Zustand habe sich durch die Operationen verschlechtert. Bei einer zutreffenden Belehrung hätte er von den chirurgischen Korrekturen Abstand genommen. Die Aufwendungen für verschiedene Medikamente und eine ärztliche Bescheinigung macht er in der Berufungsinstanz nicht mehr geltend.

Der Kläger beantragt,

unter teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils

1.

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 7.700,00 DM nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung sowie ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Senats gestellt werde, jedoch den Betrag von 10.000,00 DM nicht unterschreiten sollte, nebst 4 % Zinsen seit dem 18. Juni 1996;

2.

festzustellen, daß der Beklagte darüber hinaus dazu verpflichtet sei, ihm allen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Behandlung vom 2. November 1994 und 19. Januar 1995 noch entstehen werde, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen seien oder übergehen würden.

Der Beklagte stellt den Antrag,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, der Kläger habe um eine kosmetische Korrektur seiner Nase gebeten; von Atmungsproblemen sei nicht die Rede gewesen. Bereits bei dem ersten Besuch in der Praxis habe er den Verlauf des Eingriffs ausführlich erläutert und dabei insbesondere darauf hingewiesen, daß aus dem Ohr Knorpelstrukturen entnommen werden müßten. Die Operation vom 2. November 1994 sei letztlich erfolgreich verlaufen. Anschließend habe der Kläger allerdings eine weitere Anhebung der Nasenspitze gewünscht; hierzu sei er - der Beklagte - gegen Zahlung des vereinbarten Entgelts von 2.700,00 DM bereit gewesen. Da die Eingriffe einwandfrei verlaufen seien, könne der Kläger Rückzahlung der Honorare nicht verlangen; auch sei der geltend gemachte Schmerzensgeldanspruch überhöht. Die abgebrochene Kanülenspitze sei nicht am 19. Januar 1995 postoperativ zurückgeblieben; die diesbezügliche landgerichtliche Verurteilung sei deshalb zu Unrecht erfolgt.

Im Wege der Anschlußberufung stellt der Beklagte den Antrag, unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 24. Juni 1999 die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Der Kläger stellt den Antrag,

die Anschlußberufung zurückzuweisen.

Der Senat hat durch Anhörung des Sachverständigen Dr. N und durch Vernehmung des Zeugen Prof. Dr. M Beweis erhoben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Das zulässige Rechtsmittel des Klägers ist teilweise begründet; die Anschlußberufung des Beklagten ist demgegenüber zurückzuweisen. Dem Kläger steht nach § 897 BGB ein Anspruch auf ein angemessenes Schmerzensgeld in Höhe von 3.000,00 DM zu; außerdem ist er berechtigt, Ausgleich für die mit der Entstellung seines linken Ohrs verbundenen materiellen und künftig eintretenden immateriellen Beeinträchtigungen zu verlangen. Die darüber hinaus geltend gemachten Forderungen sind nicht begründet.

I.

Der Beklagte hat dafür einzustehen, daß sein operatives Vorgehen nach der von dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme nicht in jeder Hinsicht einwandfrei war:

1)

Aufgrund der Erörterung des Behandlungsablaufs mit dem Sachverständigen Dr. N steht fest, daß die am 19. Januar 1991 durchgeführte Knorpelentnahme aus dem linken Ohr nicht sachgerecht war. Bei der - grundsätzlich zum Zwecke einer Nasenkorrektur zulässigen - Transplantation von Knorpelgewebe ist nach den überzeugenden Ausführungen des Gutachters unbedingt darauf zu achten, daß die Umschlagkante des äußeren Gehörgangs unberührt bleibt; dieser Bereich ist nämlich für die Gestaltung und Stabilität der Ohrmuschel von wesentlicher Bedeutung. Tatsächlich ist es aufgrund einer übermäßigen Knorpelentnahme zu einer beträchtlichen Deformierung gekommen. Es besteht kein Zweifel daran, daß diese vermeidbare Verunstaltung auf das chirurgische Vorgehen des Beklagten zurückzuführen ist. Der Zeuge Prof. Dr. M hat anläßlich seiner Vernehmung betont, daß er bereits im März/April 1995 - also unmittelbar nach dem Tätigwerden des Beklagten - damit befaßt war, die auf der Beeinträchtigung der Anthelixfalte beruhende Deformierung zu beseitigen. Die Richtigkeit seiner Schilderung wird durch das zu den Akten gereichte Lichtbild vom 16. März 1995 (Bl. 335 GA) bestätigt; dieser Aufnahme ist zu entnehmen, daß die natürliche Form der Ohrmuschel in der Tat beeinträchtigt war.

2)

Darüber hinaus ist davon auszugehen, daß bei der Operation, vom 19. Januar 1995 versehentlich bei der Injektion des Betäubungsmittels eine Kanülenspitze abgebrochen ist. Der Sachverständige Dr. N hat anschaulich geschildert, daß es zu einer solchen Komplikation kommen kann, wenn - wie bei dem Kläger - das Gewebe durch narbige Veränderungen verhärtet und deshalb nicht ohne weiteres zugänglich ist; das Abbrechen der Spitze als solches läßt deshalb nicht mit der erforderlichen Sicherheit auf ein Fehlverhalten des verantwortlichen Arztes schließen. Dem Beklagten ist aber vorzuwerfen, daß der Fremdkörper nach Beendigung des Eingriffs im Gewebe verblieben ist. Bei der postoperativ erforderlichen Prüfung der verwendeten Geräte auf Vollständigkeit und Unversehrtheit hätte die Verkürzung der Injektionsnadel auffallen müssen; sodann wäre es zwingend notwendig gewesen, den Fremdkörper unverzüglich zu entfernen. Der Darstellung des Beklagten, die Spitze könne auch bei einer der vorangegangenen Operationen zurückgeblieben sein, ist nicht zu folgen. Dr. N hat überzeugend ausgeführt, daß der Bereich zwischen Nasenöffnung und Oberlippe, in welchem die Injektionsnadel abgebrochen ist, verhältnismäßig empfindlich ist, so daß ein Patient einen Fremdkörper im allgemeinen nicht über einen längeren Zeitraum hinweg toleriert. Angesichts dessen hat er einen Zusammenhang mit einem der von anderen Ärzten durchgeführten Eingriffe als "extrem unwahrscheinlich" bezeichnet. Der Senat geht deshalb insoweit nicht nur von einem zufälligen zeitlichen Zusammentreffen, sondern von einem kausalen Zusammenhang mit der Tätigkeit des Beklagten aus.

3)

Weitere Versäumnisse sind dem Beklagten nicht nachzuweisen:

a)

Es war vertretbar, die chirurgischen Nasenkorrekturen vom 2. November 1999 und vom 19. Januar 1995 durchzuführen. Zwar hat der Sachverständige Dr. N ausgeführt, es sei grundsätzlich ratsam, bei einem vielfach voroperierten Patienten die Möglichkeit einer psychisch-neurotischen Fehlhaltung in Betracht zu ziehen; bei einer übermäßigen Fixierung auf eine kosmetische Verbesserung kann es im allgemeinen kaum gelingen, ein den Patienten zufriedenstellendes Ergebnis zu erzielen, zumal die aufgrund der bereits durchführten Eingriffe unvermeidbaren narbigen Veränderungen die Erfolgsaussichten einer weiteren chirurgischen Korrektur erheblich einschränken; angesichts dessen hat es der Gutachter für angebracht gehalten, den zuvor tätigen Arzt hinzuzuziehen und mit ihm das weitere Vorgehen zu erörtern. Es steht aber nicht fest, daß der Beklagte seinerzeit vermuten mußte, der Kläger sei in unvernünftiger Weise auf das äußere Erscheinungsbild seiner Nase fixiert. Nach Darstellung des Beklagten war bei den Vorgesprächen lediglich von zwei bis drei Korrektureingriffen die Rede; in einer solcher, Situation darf ein plastischer Chirurg dem Wunsch eines Patienten nach einer weiteren optischen Verbesserung ohne weiteres nachkommen.

b)

Das methodische Vorgehen des Beklagten ist nicht zu beanstanden. Der Sachverständige Dr. N hat deutlich gemacht, daß die Entnahme von Ohrknorpel zur Konturierung der Nasenform als Standardverfahren anzusehen ist, das weit verbreitet und häufig erfolgreich ist. Es läßt sich nicht feststellen, daß das Ergebnis der ärztlichen Bemühungen bei größerer Sorgfalt oder einem anderen Vorgehen hätte besser sein können. Der Sachverständige Dr. N hat zwar den Zustand der Nase vor und nach den Eingriffen des Beklagten nicht persönlich beurteilen kennen, da zwischenzeitlich weitere Korrekturen stattgefunden haben; er hat aber der vorhandenen Fotodokumentation entnommen, daß es tatsächlich gelungen ist, die zuvor flach auslaufende Nasenspitze leicht anzuheben und auf diese Weise das Profil zu verbessern. Unter diesen Umständen ist der Vorwurf, der Beklagte habe sowohl das optische Erscheinungsbild als auch die Nasenatmung durch sein Eingreifen verschlechtert, nicht zu beweisen.

c)

Schließlich ist nicht festzustellen, daß der Beklagte die Korrekturoperationen ohne ausreichende Narkose durchgeführt hat. Der Kläger hat für seine Behauptung, ihm seien unnötige Schmerzen zugefügt worden, nicht in einer prozessual zulässigen Weise Beweis angetreten.

II.

Die geltend gemachten Ersatzansprüche können nicht auf ein Aufklärungsversäumnis des Beklagten gestützt werden:

1)

Am 2. November 1999 hat der Kläger drei verschiedene Einverständniserklärungen unterzeichnet (Bl. 52 ff., 56 ff. 60 GA). Seine Darstellung, er habe diese Formblätter in Unkenntnis des Inhalts unterzeichnet, ist nicht nachzuvollziehen: Der Anamnesebogen der Anästhesieabteilung enthält ebenso wie das Merkblatt zum Aufklärungsgespräch über die Nasenkorrektur verschiedene Angaben, die nur nach Rücksprache mit dem Patienten eingetragen worden sein können. Abgesehen davon ist in der Dokumentation bereits unter dem 28. Oktober 1999 vermerkt, die Operation sei "in allen Einzelheiten mit dem Patienten erörtert" worden (vgl. 131. 92 GA).

2)

Darüber hinaus ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, daß der Kläger hinsichtlich operativer Nasenkorrekturen über umfassende Erfahrungen verfügte; es ist davon auszugehen, daß er von einem der zuvor tätigen Chirurgen über die mit den Maßnahmen verbundenen Vor- und Nachteile aufgeklärt wurde.

3)

Schließlich ergibt sich aus dem weiteren Verlauf zwingend, daß sich der Kläger auch durch eine äußerst schonungslose und abschreckende Aufklärung nicht von den kosmetischen Operationen hätte abhalten lassen. Er hat sich nämlich trotz der schlechten Erfahrungen im Lauf der Zeit weiteren Eingriffen unterzogen, um das äußere Erscheinungsbild seiner Nase zu vebessern.

III.

Der Höhe nach sind die Ansprüche nur teilweise berechtigt:

1)

Für die Deformierung des linken Ohrs und das vermeidbare Zurücklassen der Kanülenspitze nach dem Eingriff vom 19. Januar 1995 ist dem Kläger gemäß § 847 BGB ein Schmerzensgeld von 3.000,00 DM zuzubilligen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, daß es zur Verbesserung des von dem Beklagten fahrlässig beeinträchtigten optischen Erscheinungsbildes erforderlich war, Korrekturoperationen durchzuführen. Der Zeuge Prof. Dr. M hat die Stabilität des linken Ohrs durch eigene chirurgische Maßnahmen wiederhergestellt und die äußere Gestaltung verbessert; sodann war es notwendig, die Form des rechten Ohrs zu korrigieren, um ein symmetrisches Erscheinungsbild zu schaffen. Für den Kläger wirkt sich belastend aus, daß es zwar gelungen ist, die grobe Deformierung zu beheben, daß aber der vorherige Zustand wegen des anhaltenden Knorpeldefekts nicht wiederherzustellen ist. Dieser Umstand hat für einen Patienten, der in besonderem Maße auf sein äußeres Erscheinungsbild fixiert ist, erhebliche Bedeutung. Der versehentlich im Gewebe zurückgelassene Fremdkörper hat bis zu seiner Entfernung durch den Zeugen Dr. S in am 10. Februar 1995 Unannehmlichkeiten bereitet; es ist aber davon auszugehen, daß die Kanülenspitze letztlich problemlos und ohne nachteilige Folgen entfernt werden konnte. Ein Zusammenhang mit den angeblich postoperativ aufgetretenen Taubheitsgefühlen und neurologischen Ausfallerscheinungen ist nicht mit der erforderlichen Sicherheit herzustellen. Bei der gebotenen Abwägung der Gesamtumstände und bei einer vergleichenden Betrachtung ähnlich gelagerter Fälle erscheint dem Senat der zuerkannte Betrag ausreichend und angemessen.

Erstattung der geleisteter, Honorare kann der Kläger nicht verlangen. Im Dienstvertragsrecht ist eine Schlechterfüllung der übernommenen Tätigkeiten nicht ohne weiteres mit einem Wegfall oder einer Kürzung des geschuldeten Entgelts verbunden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats entfällt der Vergütungsanspruch in Anwendung des in § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB enthaltener. Rechtsgedankens nur dann, wenn ein Arzt schuldhaft eine mollig unbrauchbare Leistung erbringt, die für den Patienten im Ergebnis nutzlos ist. Von einem solchen Sachverhalt kann nicht ausgegangen werden: Der Sachverständige Dr. N hat bestätigt, daß die operative Nasenkorrektur zu einer gewissen Verbesserung des äußeren Erscheinungsbilds geführt hat; angesichts dessen kann das tätigkeitsbezogene Entgelt nicht ohne weiteres zurückverlangt werden. Eigene Schadensersatzansprüche, die auf den Gesichtspunkt einer positiven Vertragsverletzung gestützt werden könnten, macht der Kläger nicht geltend.

3)

Schließlich ist der Feststellungsantrag nur teilweise begründet. Der Beklagte hat für die materiellen und künftig eintretenden immateriellen Nachteile, die auf der Deformierung des linken Ohrs beruhen, einzustehen. Eine weitergehende Ersatzpflicht für die angeblich nachteiligen Folgen der durchgeführten Nasenkorrekturen besteht demgegenüber nicht.

B.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Die Beschwer beider Parteien liegt unter 60.000,00 DM.

Ende der Entscheidung

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