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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 21.12.2000
Aktenzeichen: 8 U 4/99
Rechtsgebiete: BGB, GOZ, ZPO


Vorschriften:

BGB § 611
BGB § 387
BGB § 389
BGB § 814
BGB § 242
BGB § 284 Abs. 1
BGB § 286 Abs. 1
BGB § 288 Abs. 1 Satz 1
GOZ § 2 Abs. 2
ZPO § 713
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 U 4/99

Verkündet laut Protokoll am 21. Dezember 2000

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 30. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht B, den Richter am Oberlandesgericht G und die Richterin am Oberlandesgericht S

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 19. November 1998 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.161,66 DM nebst 4 % Zinsen aus 11.661,66 DM für die Zeit vom 9. Januar 1998 bis zum 15. Juni 1998 Und aus 10.161,66 DM seit dem 16. Juni 1998 zuzüglich 15 DM vorgerichtlicher Mahnkosten zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin 4 % und dem Beklagten 96 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Im Januar 1996 begab sich der Beklagte erstmals in die Behandlung des niedergelassenen Zahnarztes Dr. M (künftig: Dr. M.). Nach der Beseitigung akuter Beschwerden trafen die Beteiligten am 15. Januar 1996 eine Vereinbarung hinsichtlich der Vergütungshöhe (vgl. Anlage B 2 zum Schriftsatz vom 2. Oktober 1998), in der für alle zahnärztlichen Leistungen ein erheblich über den 3,5-fachen Steigerungssatz hinausgehendes Honorar vorgesehen war. Am 10. Oktober 1996 erteilte die Klägerin, an die Dr. M. seinen Honoraranspruch mit Zustimmung des Patienten (vgl. Einverständniserklärung vom 19. März 1996, Bl. 26 GA) abgetreten hatte, eine Rechnung über insgesamt 28.841,21 DM (vgl. Anlage B 1 zum Schriftsatz vom 2. Oktober 1998). Diesen Betrag zahlte der Beklagte in vollem Umfang; seine Krankenversicherung erstattete allerdings nur 13.654,59 DM (vgl. Anlagen B 6 und B 7 zum Schriftsatz vom 2. Oktober 1998). Im weiteren Verlauf entschloß sich der Beklagte, die vorhandene prothetische Versorgung erneuern zu lassen. Der Zahnarzt Dr. M. fertigte am 19. Juni 1997 einen Heil- und Kostenplan an, der einen geschätzten Aufwand von 48.366,82 DM vorsah (Bl. 18 f GA). Am 17. Juli 1997 unterzeichnete der Beklagte eine die prothetische Versorgung betreffende Vereinbarung der Vergütungshöhe (Bl. 20 GA), in der erneut Multiplikatoren vorgesehen waren, die die amtliche Gebührenordnung für Zahnärzte erheblich überschreiten. In den folgenden Monaten führte Dr. M. die vorgesehenen Maßnahmen durch. Die Klägerin erteilte unter dem 10. Dezember 1997 eine Rechnung über 12.150,63 DM (Bl. 21 f GA). Weitere Rechnungen wurden dem Beklagten am 17. Dezember 1997 sowie am 14. März, 15. Juni und 9. Juli 1998 zugeleitet.

Die Klägerin verlangt Zahlung des am 10. Dezember 1997 in Rechnung gestellten Betrages. Sie hat vorgetragen, der Beklagte müsse die getroffene Gebührenvereinbarung gegen sich gelten lassen; der Zahnarzt Dr. M. habe dem Patienten die einzelnen Positionen der auf den Behandlungsplan abgestimmten Absprache ausführlich erläutert und sich hinsichtlich der konkreten Honorargestaltung ausdrücklich kompromißbereit gezeigt; es handele sich deshalb um eine Individualvereinbarung, die nicht den Beschränkungen des Gesetzes zur Regelung der allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliege. Abgesehen davon seien die in Rechnung gestellten Beträge ausnahmslos angemessen, da der Zahnarzt Dr. M. mit größter Sorgfalt und äußerster Präzision arbeite; die hohe Qualität seiner Leistungen könne er nur durch einen außergewöhnlichen Zeitaufwand erreichen. Die in Rechnung gestellten Maßnahmen seien ausnahmslos vollständig und einwandfrei erbracht worden; die Abrechnung der einzelnen Positionen entspreche den Anforderungen der Gebührenordnung.

Nach Zustellung eines Mahnbescheides hat der Beklagte auf die den Gegenstand des Rechtsstreits bildende Rechnung einen Teilbetrag von 1.500 DM gezahlt. Insoweit hat die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und sodann beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 12.150,63 DM nebst 12,25 % Zinsen seit dem 9. Januar 1998 zuzüglich 15 DM vorgerichtlicher Mahnkosten abzüglich am 16. Juni 1998 gezahlter 1.500 DM zu zahlen.

Der Beklagte hat den Antrag gestellt,

die Klage abzuweisen.

Er hat geltend gemacht, die mit dem Zahnarzt abgeschlossenen Honorarvereinbarung vom 17. Juli 1997 sei unwirksam: Die Absprache unterliege den Beschränkungen des AGB-Gesetzes, da der Zahnarzt Dr. M. seine Tätigkeit regelmäßig von der Unterzeichnung eines entsprechenden Formulars abhängig mache, ohne die konkreten Besonderheiten einer Behandlung zu berücksichtigen. Darüber hinaus seien verschiedene Positionen der Abrechnung nicht nachzuvollziehen. Die Klägerin habe zu Unrecht fünfmal die Abformung mit einem individuellen Löffel angesetzt, bei Zahn 15 eine Einlagefüllung doppelt berechnet und bei den Zähnen 17 und 24 zu Unrecht eine mehr als zweiflächige Füllung in Rechnung gestellt. Seine - des Beklagten - Krankenversicherung habe sich mit der Rechnung vom 10. Dezember 1997 im einzelnen auseinandergesetzt und bei Zugrundelegung des 3,5-fachen Gebührensatzes einen Betrag in Höhe von nur 6.112,91 DM erstattet (vgl. Anlagen B 4 und B 5 zum Schriftsatz vom 2. Oktober 1998); dieser Betrag sei als angemessenes Honorar für die Leistungen des Zahnarztes Dr. M. anzusehen. Hinsichtlich der verbleibende Vergütung hat der Beklagte die Aufrechnung mit einem eigenen Bereicherungsanspruch erklärt; da auch die der Rechnung vom 10. Oktober 1996 zugrundeliegende Gebührenvereinbarung unwirksam sei, könne er einen Teil des gezahlten Betrages zurückfordern.

Die 3. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf hat die Klage durch Urteil vom 19. November 1998 abgewiesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen, hält die Vergütungsvereinbarungen für wirksam, weist die weiteren Beanstandungen gegen die Abrechnungsweise zurück und ist der Auffassung, dem Beklagten stehe eine Aufrechnungsbefugnis allenfalls gegenüber dem Zahnarzt Dr. M. zu.

Die Klägerin beantragt,

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie 10.650,63 DM nebst 12,25 % Zinsen aus 12.150,63 DM für die Zeit vom 9. Januar 1998 bis zum 15. Juni 1998 sowie 12,25 % Zinsen aus 10.650,63 DM seit dem 16. Juni 1998 zuzüglich 15 DM vorgerichtlicher Mahnkosten zu zahlen.

Der Beklagte stellt den Antrag,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat durch Vernehmung der Zeugen H und Dr. M. sowie durch Einholung von schriftlichen Gutachten der Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. Dr. L. F und Dr. S Beweis erhoben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die zulässige Berufung ist im wesentlichen begründet. Die Klägerin kann aus abgetretenem Recht Zahlung des von dem Zahnarzt Dr. M. auf sie übergegangenen zahnärztlichen Honorars verlangen:

I.

Der Beklagte ist nach § 611 BGB in Verbindung mit den Bestimmungen der Gebührenordnung für Zahnärzte verpflichtet, auf die Rechnung vom 10. Dezember 1997 11.977,38 DM zu zahlen:

1.

Grundlage der Liquidation ist die von dem Patienten am 17. Juli 1997 unterzeichnete Vergütungsvereinbarung. Gegen die Wirksamkeit dieser Absprache bestehen im Ergebnis keine Bedenken:

a)

Die Vertragsgestaltung genügt den Anforderungen des § 2 der Gebührenordnung für Zahnärzte; insbesondere wurde das Schriftstuck von den Beteiligten "vor Erbringung der Leistung" unterzeichnet: Zwar war der Beklagte zu diesem Zeitpunkt bereits über ein Jahr in der Behandlung des Zahnarztes Dr.M.; es hatte sich aber erst nach der Durchführung anderweitiger Leistungen herausgestellt, daß eine Erneuerung der prothetischen Versorgung angebracht war. Hinsichtlich dieses neuen Behandlungsabschnittes fertigte Dr. M. am 19. Juni 1997 einen detaillierten Heil- und Kostenplan an; mit dessen Umsetzung begann er erst nach Unterzeichnung der Honorarvereinbarung. Auch die weiteren Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 GOZ wurden beachtet: Dem Patienten wurde deutlich gemacht, daß er mit einer vollständigen Erstattung der in Rechnung gestellten Vergütung durch seine Krankenversicherung nicht rechnen konnte. Auch enthielt das Schriftstuck keine "weiteren Erklärungen", die die Bereitschaft des Beklagten, ein erhöhtes Entgelt zu leisten, hatten beeinflussen können.

b)

Die Honorarabsprache ist ferner nicht wegen eines Verstosses gegen das Gesetz zur Regelung des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam. Bei der die Honorargestaltung betreffenden Regelung handelt es sich nämlich nicht um vorformulierte Vertragsbestimmungen, die der Zahnarzt Dr. M. in einer Vielzahl ähnlich gelagerter Behandlungsfälle verwendet: Der in dem Formblatt vorgegebene Text, der tatsächlich Grundlage zahlreicher Honorarabsprachen sein mag, enthält keine wesentlichen Bedingungen, ist vielmehr für die rechtsgeschäftlichen Beziehungen der Beteiligten von nur untergeordneter Bedeutung. Maßgebend für den Inhalt der getroffenen Vereinbarung sind die handschriftlich in den Text eingefügten Leistungspositionen und Steigerungsfaktoren. Diese für die Höhe der Vergütung entscheidenden Gesichtspunkte sind auf den konkret für den Patienten angefertigten Heil- und Kostenplan vom 19. Juni 1997 abgestimmt; es sind nur die Behandlungsziffern der Gebührenordnung für Zahnärzte aufgeführt, die für die prothetische Versorgung des Beklagten in Betracht kamen. Eine derartige Regelung, die nur auf einen bestimmten Patienten, nicht aber auf eine Vielzahl anderer Behandlungsfälle anzuwenden ist, ist rechtlich als Individualvereinbarung zu werten, die nicht den Beschränkungen des AGB-Gesetzes unterliegt.

c)

Die auf den Heil- und Kostenplan vom 19. Juni 1997 abgestimmte Honorarvereinbarung ist schließlich nicht deshalb zu beanstanden, weil der Zahnarzt Dr. M. für seine Leistungen ein Entgelt verlangt, welches ausnahmslos erheblich über den Höchstsätzen der amtlichen Gebührenordnung liegt; es kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, daß seine Handhabung willkürlich ist oder gegen die berufsrechtliche Verpflichtung zu einer angemessenen Gestaltung der Vergütung verstößt. Die Klägerin hat durch Vorlage der Patientenkarte deutlich gemacht, daß dem Zedenten Dr. M. daran gelegen ist, mit einer weit über den üblichen Standard hinausgehenden Präzision zu arbeiten. Sein Ziel ist es, besonders anspruchsvollen Patienten, die bereit sind, die Kosten für eine überaus zeitaufwendige und sorgfältige zahnmedizinische Behandlung ganz oder teilweise selbst zu tragen, gerecht zu werden. Ein solches Bestreben wird durch den das Zivilrecht beherrschenden Grundsatz der Privatautonomie geschützt. Daß die Verwirklichung des von Dr. M. erfolgten Konzepts von dem Gesetzgeber nicht verhindert werden sollte, ergibt sich aus der amtlichen Begründung zu der Gebührenordnung für Zahnärzte: Dort wird nämlich ausdrücklich betont, daß eine Überschreitung des vorgegebenen Rahmens dann gerechtfertigt sein kann, wenn ein Zahnarzt seinen Praxisbetrieb nicht auf den Grundsatz einer kostengünstigen Behandlung ausrichtet, sondern in erster Linie darum bemüht ist, hinsichtlich der Präzision und Qualität seiner Leistungen den jeweils bestmöglichen Standard der aktuellen zahnmedizinischen Wissenschaft zu gewährleisten.

Die von dem Beklagten gegen einzelne Rechnungspositionen geltend gemachten Beanstandungen sind nur teilweise berechtigt:

a)

Am 11. September sowie am 10. und 11. November 1997 hat der Zahnarzt Dr. M. insgesamt fünfmal die Position 517 (Abformung mit individuellem Löffel) in Rechnung gestellt. Den zweimaligen Ansatz dieser Leistungsziffer am 11. September 1997 hat der Sachverständige Prof. Dr. Dr. F in seinem Gutachten nicht beanstandet: Ausweislich der Behandlungsunterlagen und der ergänzenden Stellungnahme des Zahnarztes Dr. M. in seinem Schreiben vom 8. Januar 2000 wurde eine Abformung vorab zur Diagnostik des Status quo genommen; anschließend wurde der Zahn 14 behandelt und sodann eine weitere Abformung durchgeführt, um die temporäre Versorgung zu erleichtern. Dieses Verfahren hat der Sachverständige als zwar aufwendig, aber präzise und für den Patienten weniger belastend bezeichnet; es ist angenehmer, wenn das benötigte Provisorium außerhalb der Mundhöhle hergestellt werden kann. Die Abformung am 10. November 1997 diente der Anfertigung eines Präzisionsunterkiefermodells, das als Gegenbißmodell für die Herstellung der definitiven Restaurationen für den Oberkiefer im individuellen Artikulator notwendig war. Auch diese Maßnahme hat Prof. Dr. Dr. F als erforderlich bezeichnet. Am 11. November 1997 war demgegenüber nur eine Maßnahme nach Position 517 der GOZ angebracht. Der gerichtlich beauftragte Sachverständige hat die Indikation für die erste an diesem Tag vorgenommene Abformung nicht nachvollziehen können; er hat deutlich gemacht, daß zu diesem Zeitpunkt das Situationsmodell vom 11. September 1997 zur Verfügung stand; es ist nicht ersichtlich, daß der Status quo in der Zwischenzeit durch wesentliche zahnärztliche Maßnahmen in einer Weise verändert wurde, die vor der Durchführung der geplanten Behandlung eine erneute Abformung erfordert hätte. Angesichts dessen ist die Rechnung um einen Betrag in Höhe von (162,25 DM + 11 DM =) 173,25 DM zu kürzen. Die Ausführungen in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz der Klägerin vom 4. Dezember 2000, mit dem ein Schreiben des Dr. M. vom 2. Dezember 2000 vorgelegt wurde, geben dem Senat keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen und die Beweisaufnahme zu ergänzen.

b)

Nach dem Ergebnis des von dem Senat eingeholten Sachverständigengutachtens war der zweimalige Ansatz der Leistungsposition 217 für Zahn 15 angebracht. Den Behandlungsunterlagen ist zu entnehmen, daß am 2. Dezember 1997 zunächst eine Goldunterlage zementiert und sodann darüber ein Keramikinlay eingesetzt wurde. Prof. Dr. Dr. F hat diese Vorgehensweise als aufwendig, aber sachgerecht bezeichnet, da sie der Vermeidung von Problemen des Komposit-Dentinverbundes dient. Die Richtigkeit dieser Stellungnahme wird von dem Beklagten nicht angegriffen.

c)

Ähnliches gilt für die Berechnung der Leistungsposition 217 für die Zähne 17 und 24. In seiner Stellungnahme vom 25. September 1999 hat der Zahnarzt Dr. M. erläutert, daß es sich bei den am 3. Dezember 1997 eingebrachten Einlagefüllungen um "mehr als zweiflächige" Inlays gehandelt habe. Diesen Standpunkt hat der Sachverständigen Prof. Dr. Dr. F als nachvollziehbar und zutreffend bezeichnet; diese Wertung hat der Beklagte in seiner Stellungnahme zur Beweisaufnahme nicht beanstandet.

II.

Der Beklagte kann nach den §§ 387, 389 BGB gegenüber der Honorarforderung mit einem eigenen Bereicherungsanspruch in Höhe von 315,72 DM aufrechnen; ein Recht auf eine darüber hinausgehende Erstattung des vorprozessual auf die Rechnung vom 10. Oktober 1996 gezahlten Betrages steht ihm nicht zu; diese Vergütung wurde nämlich ganz überwiegend mit Rechtsgrund geleistet:

1.

Die der Liquidation zugrunde liegende Vergütungsvereinbarung vom 15. Januar 1996 ist wirksam; die Klägerin war deshalb berechtigt, die erbrachten Leistungen unter Berücksichtigung der vereinbarten Steigerungsfaktoren in Rechnung zu stellen:

a)

Auch die Absprache vom 15. Januar 1996 ist mit den Anforderungen der Gebührenordnung für Zahnärzte zu vereinbaren: Das Schriftstück wurde "vor Erbringung der Leistung" von dem Patienten unterzeichnet. Zwar hatte Dr. M. bereits am 1. Januar 1996 mit seiner Tätigkeit zu Gunsten des Beklagten begonnen; in den ersten Terminen beschränkten sich seine Leistungen aber auf eine Notfallbehandlung. Als der Beklagte nach deren Abschluß den Wunsch äußerte, in der Praxis eine komplette Sanierung seines Gebisses vornehmen zu lassen, durfte der Zahnarzt für die anstehenden Leistungen den Abschluß einer Honorarvereinbarung vorschlagen.

b)

Nach dem Ergebnis der von dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme unterliegt die Absprache ferner nicht den Beschränkungen des AGB-Gesetzes:

aa)

Die Vernehmung der Zeugen H und Dr. M. hat ergeben, daß auch der Vertrag vom 15. Januar 1996 als eine rechtlich verbindliche Individualvereinbarung anzusehen ist. Sowohl der Zahnarzt als auch seine damalige Sprechstundenhilfe haben betont, daß bereits im damaligen Zeitraum bei zahlreichen Patienten davon abgesehen wurde, die Behandlung von der Zusicherung eines die gesetzliche Gebührenordnung übersteigenden Honorars abhängig zu machen. Darüber hinaus waren die handschriftlich in die Urkunde eingefügten Multiplikatoren nicht in jedem Behandlungsfall identisch, sondern auf die konkreten Verhältnisse des jeweiligen Patienten abgestimmt: Dr. M. hat nach einer eingehenden klinischen Untersuchung des Beklagten die im Rahmen der weiteren Behandlung voraussichtlich anfallenden Leistungspositionen ermittelt und sodann die nach seiner Einschätzung für die anfallenden Tätigkeiten angemessenen Steigerungsfaktoren eingesetzt. Dabei hat er sich einerseits von den zu erwartenden Schwierigkeiten und von dem im Interesse einer optimalen Behandlung zu betreibenden Praxisaufwand leiten lassen, andererseits aber auch die Erwartungen und Ansprüche des Patienten sowie seine wirtschaftlichen Verhältnisse berücksichtigt.

bb)

Die Beweisaufnahme hat ferner ergeben, daß Dr. M. dem Beklagten ausdrücklich und ernsthaft die Möglichkeit eingeräumt hat, die Höhe der Vergütung im einzelnen auszuhandeln. Die beiden Zeugen haben in diesem Zusammenhang übereinstimmend bekundet, daß es wiederholt - also nicht nur in vereinzelten Fällen - zu einer Abänderung der von dem Zahnarzt vorgeschlagenen Steigerungsfaktoren gekommen ist; bisweilen hat sich Dr. M. auf die entsprechende Bitte eines Patienten sogar bereit erklärt, zu dem in der Gebührenordnung vorgesehenen Entgelt tätig zu werden. Daß der Beklagte von der ihm ausdrücklich eingeräumten Befugnis, die Höhe der Vergütung zu beeinflussen, keinen Gebrauch gemacht, kann sich nicht zu Lasten der Klägerin auswirken; ausreichend ist, daß Dr. M. seinem Patienten in dem zum Abschluß der Vereinbarung führenden Gespräch eine Gestaltungsfreiheit zur Wahrung seiner eigenen Interessen eingeräumt hat.

2.

Die Abrechnung vom 10. Oktober 1996 erstreckt sich im wesentlichen auf zahnmedizinisch notwendige Maßnahme:

a)

Unberechtigt ist lediglich die Vergütung für die am 19. Januar 1996 in Rechnung gestellte Anfertigung und Auswertung einer Fernröntgenaufnahme. Der Sachverständige Prof. Dr. Dr. F hat zwar in seinem Gutachten darauf hingewiesen, daß eine solche Maßnahme zur Funktionsdiagnostik sinnvoll sein kann; er hat aber die Indikation im konkrekten Fall nicht nachvollziehen können. Die ergänzende Begründung des Zahnarztes Dr. M., der Schädeltyp eines Patienten sei für ihn von grundsätzlichem Interesse, weil man daraus Folgerungen für die Aktivität der Kaumuskulatur ableiten und die Gesamtheit der knöchernen Elemente im Kopf- und Halsbereich aus ganzheitlicher Sicht beurteilen könne, vermag nicht zu überzeugen. Diese Gesichtspunkte treffen prinzipiell auf jeden Patienten zu und können die Notwendigkeit der diagnostischen Maßnahmen im konkreten Einzelfall nicht rechtfertigen. Die darauf entfallende Vergütung in Höhe von (82,08 DM + 233,64 DM =) 315,72 DM ist deshalb zu erstatten. Die ergänzende Stellungnahme des Zahnarztes Dr. M. in seinem mit nicht nachgelassenem Schriftsatz der Klägerin vom 4. Dezember 2000 überreichten Schreiben vom 2. Dezember 2000 gibt zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung keinen Anlaß.

b)

Die von dem Beklagten gegen weitere Rechnungspositionen erhobenen Beanstandungen sind nicht begründet:

aa)

Die gemeinsame Berechnung der Positionen 001 GOZ und 3 GOÄ ist nicht zu beanstanden. Der Senat schließt sich in diesem Zusammenhang der Schlußfolgerung des Sachverständigen Dr. S an, der überzeugend zu dem Ergebnis gelangt ist, daß sich die in der ergänzenden Leistungslegende zu Position 3 GOÄ enthaltene Einschränkung nur auf die Untersuchungsleistungen der Gebührenordnung für Ärzte erstreckt und sich nicht mit Leistungen befaßt, die auf der Grundlage der Gebührenordnung für Zahnärzte erbracht werden.

bb)

Der mehrmalige Ansatz der Leistungsziffer 241 GOZ für die Aufbereitung der Wurzelkanäle der Zähne 47 und 26 ist im Ergebnis ebenfalls nicht zu beanstanden. Die wiederholte Berechnung dieser Vergütung ist nach der Beurteilung des Sachverständigen Dr. S, der sich auf eine überzeugende Stellungnahme der Bundeszahnärztekammer stützt, in Ausnahmefällen zulässig, wenn die endgültige Wurzelkanalaufbereitung aus medizinischen Gründen nicht in einer Sitzung möglich ist; eine willkürliche Aufteilung der Behandlungsmaßnahmen auf mehrere Sitzungen - beispielsweise aus Zeitgründen - kann demgegenüber die mehrfache Berechnung der Gebührenziffer 241 GOZ nicht rechtfertigen. Die zahnmedizinische Indikation für seine Vorgehensweise hat der Zahnarzt Dr. M. in seinem Schreiben vom 8. Januar 2000 belegt: Die Wurzelkanäle waren äußerst schwer zugänglich und aufgrund der anatomischen Situation nicht ohne weiteres aufzubereiten; sie waren - bei besonders grazilen Wurzeln - sehr stark obliteriert und gekrümmt; teilweise konnten sie erst durch Zuhilfenahme eines Operationsmikroskopes aufgefunden werden. Darüber hinaus wurde die Behandlung durch den starken Speichelfluß, durch die Ängstlichkeit, Nervosität und Unruhe des Patienten erheblich erschwert. Angesichts dieser besonderen Umstände, die der Beklagte nicht substantiiert bestritten hat, war die Aufteilung der Wurzelkanalaufbereitung auf mehrere Sitzungen angebracht.

cc)

Es war sachgerecht, den Zahn 18 am 4. April 1996 im Wege einer Osteotomie zu entfernen. Prof. Dr. Dr. F hat in seinem Gutachten bestätigt, daß der Zahn ausweislich des Orthopantomogramms vom 19. Januar 1996 stark zerstört war; auch war kein röntgenologisch sichtbarer Parodontalspalt vorhanden, so daß eine ankylotische Verbindung des Zahns mit dem Knochen nahegelegen habe. In einer solchen Ausgangssituation ist ein Zahn nicht ohne weiters durch eine bloße Extraktion zu entfernen; der Zahnarzt kann vielmehr zu einer Osteotomie gezwungen sein.

dd)

Auch im übrigen sind weitere Kürzungen der Rechnung nicht angebracht. Der Sachverständige Prof. Dr. Dr. F hat sich mit den ursprünglichen Beanstandungen des Beklagten im einzelnen auseinandergesetzt und den Ansatz der Rechnungspositionen gebilligt. Gegen diese Beurteilung hat sich der Beklagte in seiner Stellungnahme zu dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht gewendet; es ist deshalb von der Richtigkeit der gutachterlichen Schlußfolgerungen auszugehen.

3.

Dem zur Aufrechnung gestellten Bereicherungsanspruch steht der Gesichtspunkt des § 814 BGB nicht entgegen. Es steht nicht fest, daß der Beklagte im Zeitpunkt der Zahlung davon ausgegangen ist, das in Rechnung gestellte Honorar stehe der Klägerin zumindest teilweise nicht zu. Schließlich verstößt die Durchsetzung der Gegenforderung nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Sinne des § 242 BGB.

III.

Der Zinsanspruch beruht auf den §§ 284 Abs. 1, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB. Ersatz eines über den gesetzlichen Zinssatz hinausgehenden Schadens kann die Klägerin nicht verlangen, da sie eine angekündigte Bankbescheinigung nicht vor gelegt hat. Die Kosten der nach Eintritt des Verzugs übersandten Mahnschreiben sind nach § 286 Abs. 1 BGB zu ersetzen; der insoweit geltend gemachte Betrag von 15 DM erscheint angemessen.

B.

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Die Beschwer beider Parteien liegt unter 60.000 DM.

Ende der Entscheidung

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