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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 16.12.1999
Aktenzeichen: 8 U 60/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 847
BGB § 611
BGB § 242
BGB § 276
BGB § 249 ff.
BGB § 823
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 U 60/99 2 O 76/97 LG Kleve

Verkündet am 16.Dezember 1999

S, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 25. November 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht B, den Richter am Oberlandesgericht G und die Richterin am Oberlandesgericht S

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 10. März 1999 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Kleve wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die am 22. August 1964 geborene Klägerin, bei deren seinerzeit 51-jähriger Tante im Jahre 1991 ein Mammacarzinom festgestellt wurde (vgl. Bl. 166 GA), war seit dem Jahre 1990 regelmäßig in gynäkologischer Behandlung bei dem Beklagten, einem niedergelassenen Frauenarzt. Dieser führte am 23. Februar 1994 eine Krebsvorsorgeuntersuchung durch, die keinen auffälligen Befund ergab. Am 12. September 1994 erschien die Patientin erneut in der Praxis, da sie einen Knoten in der linken Brust spürte. Der Beklagte führte eine Sonographie durch, bei der er einen 7 x 3 mm großen Herd mit scharfen und glatten Randkonturen feststellte; er interpretierte den Befund als gutartiges Fibroadenom, veranlaßte aber vorsichtshalber eine Mammographie. Diese Untersuchung wurde am 16. September 1994 von dem Radiologen Dr. T vorgenommen, der eine "unauffällige Drüsenkörperstruktur beiderseits ohne Herdnachweis und ohne Malignitätsverdacht" diagnostizierte und "auch an der von der Patientin bezeichneten Stelle links oben außen keine mammographische Besonderheit" feststellte. Anläßlich einer erneuten Ultraschalluntersuchung bemerkte der Beklagte am 6. Dezember 1994 keine Änderung des zuvor erhobenen Befundes. Am 3. März 1995 kam es zu einer weiteren Sonographie, bei der der Knoten einen Durchmesser von 1,3 cm aufwies; der Beklagte vermutete eine gutartige Zyste, nahm eine hormonelle Stimulation als Ursache der Größenzunahme an und verordnete zur Regulierung das Präparat Progestogel. Da sich der Befund bei der nächsten Untersuchung am 28. April 1995 nicht geändert hatte, riet er der Patientin vorsichtshalber zu einer Probeexcision. Am 12. Mai 1995 wurde der Tumor im St. J M entfernt, gleichzeitig exzidierte man ein etwa kirschgroßes Lymphom aus der linken Axilla (vgl. Operationsbericht, Bl. 87 GA). Die pathologische Untersuchung der entnommenen Gewebsstücke ergab ein "solides invasives ductales Mammacarzinom mit einer Tumorinfiltration der Pectoralismuskulatur" (Bl. 83 GA) sowie eine "Carzinommetastase mit Kapseldurchbruch und paranodaler Lymphangiosis carcinomatosa" (Bl. 82 GA). Da man die Prognose als ungünstig einstufte, wurde anschließend in der Onkologischen Klinik des J D eine hochdosierte Chemotherapie durchgeführt; auch erfolgte eine Strahlenbehandlung.

Die Klägerin macht Ersatzansprüche geltend. Sie hat behauptet, sie habe den Beklagten bereits am 23. Februar 1994 auf eine Verhärtung in ihrer linken Brust aufmerksam gemacht; bei späteren Gelegenheiten habe sie auf eine Vergrößerung des Knotens und auf die Schmerzhaftigkeit der betroffenen Stelle hingewiesen. Der Beklagte habe ihre Beschwerden nicht ernst genommen und zu Unrecht von einer frühzeitigen Abklärung des Befunds abgesehen; es wäre angebracht gewesen, spätestens im September 1994 eine Probeexcision zum Ausschluß eines Carzinomverdachts durchführen zu lassen. Bei einem solchen Vorgehen wäre ihr die spätere invasive Behandlung weitgehend erspart geblieben; auch sei dem Beklagten eine Verkürzung ihrer Lebenserwartung anzulasten.

Die Klägerin hat beantragt,

1.

festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet sei, ihr den Schaden zu ersetzen, der ihr aus der durch den Beklagten nicht rechtzeitig erkannten Krebserkrankung in Zukunft entstehen werde, soweit die Ansprüche nicht aus Sozialversicherungsträger übergegangen seien;

2.

den Beklagten zu verurteilen, an sie ein Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in Ermessen des Gerichts gestellt werde.

Der Beklagte hat den Antrag gestellt,

die Klage abzuweisen.

Er hat Versäumnisse bestritten und geltend gemacht, eine frühere Probeexcision hätte keinen Einfluß auf den weiteren Krankheitsverlauf gehabt. Außerdem hat er die Einrede der Verjährung erhoben.

Die 2. Zivilkammer des Landgerichts Kleve hat durch Einholung schriftlicher Gutachten von Prof. Dr. B/Privatdozent Dr. B Beweis erhoben und sodann die Klage durch Urteil vom 10. März 1999 abgewiesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie beanstandet das prozessuale Vorgehen des Landgerichts und trägt insoweit vor, die schriftlichen Gutachten seien zur Aufklärung des medizinischen Sachverhaltes ungeeignet, da sie nicht von dem gerichtlich beauftragten Klinikleiter Prof. Dr. B, sondern nur von dem Oberarzt Privatdozent Dr. B erstellt worden seien. Dieser habe sie zudem im Rahmen einer genetischen Studie wiederholt untersucht und behandelt; ferner habe er sich in einem Telefonat mit dem Kammervorsitzenden des Landgerichts abfällig über sie geäußert und sie als "hypochondrisch veranlagt" bezeichnet (vgl. Aktenvermerk vom 4. März 1998, Bl. 123 GA). Angesichts dessen müsse eine erneute Begutachtung erfolgen, zumal die Feststellungen der Sachverständigen inhaltlich nicht überzeugend seien.

Die Klägerin beantragt,

abändernd den Beklagten zu verurteilen, an sie ein dem Senat angemessen erscheinendes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen ab Klagezustellung zu zahlen sowie festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet sei, ihr den Schaden zu ersetzen, der ihr aus der durch den Beklagten nicht rechtzeitig erkannten Krebserkrankung in Zukunft entstehen werde, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen seien.

Der Beklagte stellt den Antrag,

die Berufung zurückzuweisen.

Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Die Klägerin ist nicht nach § 847 BGB berechtigt, Zahlung eines Schmerzensgeldes zu verlangen. Auch steht ihr weder nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung gemäß den §§ 611, 242, 276, 249 ff BGB noch aus dem Gesichtspunkt einer unerlaubten Handlung im Sinne des § 823 BGB ein Anspruch auf Ersatz materieller Schäden zu.

In einem Haftungsprozeß hat ein Patient darzulegen und zu beweisen, daß dem in Anspruch genommenen Arzt ein für konkrete gesundheitliche Beeinträchtigungen ursächliches Fehlverhalten vorzuwerfen ist. Dieser Nachweis ist der Klägerin nicht gelungen; vielmehr hat das Landgericht im Anschluß an die durchgeführte Beweisaufnahme die Klage mit Recht und aus zutreffenden Erwägungen abgewiesen:

I.

Die in der Berufungsbegründung gegen die Verwertung des eingeholten Gutachtens vorgetragenen Bedenken sind im Ergebnis nicht berechtigt. Es besteht kein Anlaß, an der Unvoreingenommenheit des beauftragten Sachverständigen zu zweifeln. Auch ist das prozessuale Vorgehen des Landgerichts nicht zu beanstanden:

1.

Der Klägerin ist zuzugeben, daß die beiden schriftlichen Gutachten weitgehend von dem Oberarzt Dr. B und nicht von dem durch Beweisbeschluß vom 15. Mai 1997 ernannten Lehrstuhlinhaber Prof. Dr. B formuliert worden sein dürften; dieser Gesichtspunkt zwingt indes nicht zu einer ergänzenden Beweiserhebung: Es ist allgemein üblich, daß sich Klinikdirektoren bei der Ausarbeitung von Gutachten durch qualifizierte Ärzte der von ihnen geleiteten Abteilung unterstützen lassen. Bei einem solchen Vorgehen ist wesentlich, daß der gerichtlich beauftragte Sachverständige persönlich die Gewähr für die Richtigkeit der gutachterlichen Stellungnahme übernimmt; das hat Prof. Dr. B durch Unterzeichnung der schriftlichen Texte ausdrücklich getan.

2.

Am 4. März 1998 hat der Oberarzt der Frauenklinik mit dem Vorsitzenden Richter der erstinstanzlichen Zivilkammer ein Telefongespräch geführt; der Inhalt dieser in einem Aktenvermerk (Bl. 129 GA) niedergelegten Unterredung steht der Verwertung der erstatteten Gutachten nicht entgegen:

a) Formell zwingen die in dem Aktenvermerk erwähnten Bemerkungen schon deshalb nicht zur Einholung eines neuen Gutachtens, weil das Gespräch nicht von dem gerichtlich beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. B, sondern lediglich von seinem Mitarbeiter Dr. B geführt wurde; dessen vorläufige Bewertungen sind grundsätzlich nicht geeignet, die Neutralität des Klinikdirektors in Frage zu stellen. Folgerichtig wird der Aktenvermerk in der Berufungsbegründung nicht zum Gegenstand eines förmlichen Ablehnungsantrags gemacht.

b) Abgesehen davon lassen die vorgetragenen Gesichtspunkte auch inhaltlich nicht den Schluß auf eine Voreingenommenheit des ärztlichen Gesprächspartners zu.

aa) Daß Dr. B die Klägerin mehrfach beraten und untersucht hat, steht der Verwertung der schriftlichen Gutachten nicht entgegen: Die Patientin hat sich nämlich nicht zu einer Besserung ihres Krankheitsbildes, sondern ausschließlich zur Teilnahme an einer Familienstudie über genetische Ursachen der Brustkrebsentstehung in die Frauenklinik der hiesigen Universität begeben. Die Verwertung der dabei mitgeteilten Informationen kann sicherlich nicht als eine Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient angesehen werden; Dr. B hätte im übrigen die Klägerin ohne weiteres von sich aus im Rahmen des Gutachtenauftrags einbestellen und dabei die für ihn interessanten Aspekte aus der Familienanamnese erfragen können.

bb) Die Mitteilung des Oberarztes an den Vorsitzenden Richter, daß die Beschwerden der Klägerin "nicht auf einer verspäteten bzw. verzögerten Diagnose des Beklagten, sondern auf einer aggressiven Operation und Chemotherapie" beruhten, ist im Ergebnis ebenfalls nicht zu beanstanden: Diesen Standpunkt haben die gerichtlich beauftragten Gutachter bereits in ihrer ersten schriftlichen Stellungnahme deutlich gemacht und überzeugend begründet; Dr. B durfte dem Gericht ankündigen, daß die Einwendungen der Patientin aus medizinischer Sicht keinen Anlaß gaben, die vertretene Auffassung zu ändern; die dafür maßgebenden Argumente sind in dem anschließend übersandten Ergänzungsgutachten niedergelegt.

cc) Die Bemerkung des Oberarztes, die Patientin sei "hypochondrisch veranlagt und durch ihre familiäre Situation stark belastet", mag unnötig erscheinen; sie rechtfertigt aber im Ergebnis - auch aus der Sicht der Klägerin - nicht die Vermutung, der Mitarbeiter des von dem Landgericht beauftragten Sachverständigen sei bei der Beurteilung des medizinischen Sachverhaltes befangen gewesen: Auch Dr. B bezweifelt ersichtlich nicht, daß bei der Patientin ein bösartiges Mammacarzinom entfernt werden mußte; er hat ausdrücklich betont, daß das Krankheitsbild durchaus als schwerwiegend bezeichnet werden muß. Unter diesen Umständen kann sich seine Bemerkung nur auf die subjektive Verarbeitung und Bewältigung der gesundheitlichen Problematik durch die Patientin beziehen; er scheint der Auffassung zu sein, die Klägerin stehe ihrem Leiden eher zweifelnd und niedergeschlagen als hoffnungsvoll und optimistisch gegenüber. Entscheidend ist, daß diese Einschätzung auf die Beantwortung der ausschließlich nach objektiven Kriterien zu beurteilenden Beweisfragen erkennbar keinen Einfluß hatte.

II.

Materiell-rechtlich hat die Klägerin den ihr obliegenden Nachweis des für eine Verschlechterung ihres gesundheitlichen Zustands ursächlichen ärztlichen Fehlverhaltens nicht erbracht. Der vom Landgericht beauftragte Sachverständige ist in seinen überzeugenden und in sich widerspruchsfreien schriftlichen Stellungnahmen zu dem Ergebnis gelangt, daß der Beklagte in jeder Hinsicht einwandfrei gehandelt habe. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Einwendungen sind nicht berechtigt; einer ergänzenden Beweisaufnahme durch den Senat bedarf es in diesem Zusammenhang nicht:

1.

Prof. Dr. B hat in Zusammenarbeit mit seinem Oberarzt Dr. B keinerlei Anhaltspunkte für ein medizinisches Fehlverhalten des in Anspruch genommenen Frauenarztes gefunden:

a) Die Behauptung der Klägerin, sie habe bereits am 23. Februar 1994 auf einen Knoten in ihrer linken Brust hingewiesen, ist weder bewiesen noch unter Beweis gestellt. In der ärztlichen Dokumentation ist ein entsprechender Befund nicht erwähnt.

b) Am 12. September 1994 hat der Beklagte auf die Beschwerden der Klägerin sachgerecht reagiert: Er hat bei einer eigenen Sonographie einen kleinen und gutartig wirkenden Herd diagnostiziert und sicherheitshalber eine Mammographie angeordnet. Die von der Patientin in den Vordergrund gestellte Familienanamnese mußte nicht zu besonderer Vorsicht veranlassen: Prof. Dr. B und Dr. B haben in ihrem Ergänzungsgutachten vom 18. Mai 1998 deutlich gemacht, daß eine Einstufung als Risikopatientin nur bei einer sehr jungen (bis zu 35-jährigen) erkrankten Verwandten oder bei einem Mammacarzinom in der Erstlinienverwandtschaft in Betracht gekommen wäre; diese Voraussetzungen lagen unstreitig nicht vor. Die von einem Radiologen vorgenommene Mammographie ergab eine unauffällige Drüsenkörperstruktur; auch bei einer gezielten Suche im Bereich der betroffenen Stelle konnten keine Besonderheiten gefunden werden, die auf einen malignen Tumor hätten schließen lassen können. Angesichts dieses Befunds hat der Beklagte mit Recht davon abgesehen, eine Probeexcision zu empfehlen.

c) Bei der nächsten Untersuchung vom 6. Dezember 1994 hatte sich der Befund nicht geändert; insbesondere war die Größe des Tumors gleich geblieben. Diese Konstanz sprach nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen gegen die Malignität des Knotens; bei einem bösartigen Tumor ist nämlich über einen gewissen Zeitraum mit einem deutlichen Wachstum und mit einer Veränderung der ultrasonographischen Struktur zu rechnen.

d) Bei dem nächsten Vorstellungstermin der Patientin am 3. März 1995 war eine Größenzunahme des Tumors festzustellen. Dennoch konnte der Beklagte angesichts des glatten Herdbefundes von einer gutartigen Zyste ausgehen: Prof. Dr. B hat in seinem Gutachten deutlich gemacht, daß sonographisch diagnostizierte Besonderheiten innerhalb der Brust häufig auf hormonellen Stimulationen beruhen. Er hat es deshalb ausdrücklich als sachgerecht bezeichnet, eine medikamentöse Therapie mit dem Mittel Progestogel einzuleiten und über zwei Monatszyklen der Patientin zu erstrecken.

e) Da es bei der nächsten Untersuchung vom 28. April 1995 trotz der den Hormonhaushalt regulierenden Medikamentengabe nicht zu einer Verkleinerung des Tumors gekommen war, empfahl der Beklagte richtigerweise eine Probeexcision. Dieses Vorgehen wird auch von der Klägerin nicht beanstandet.

2.

Selbst wenn man im übrigen zugunsten der Klägerin davon ausginge, daß der verantwortliche Arzt vorsichtshalber bereits am 3. März 1995 angesichts des deutlichen Tumorwachstums eine Punktion des betroffenen Gewebes hätte empfehlen müssen, käme eine Haftung des Beklagten im Ergebnis nicht in Betracht: Es steht nämlich nicht fest, wie sich das Krankheitsbild entwickelt hätte, wenn der verdächtige Knoten einige Wochen früher als bösartiges Carzinom diagnostiziert worden wäre. Prof. Dr. B hat deutlich gemacht, daß es sich bei einem Tumorwachstum um ein multifaktorielles Mehrschrittgeschehen handelt, das von zahlreichen unterschiedlichen Parametern beeinflußt wird. Es ist deshalb nicht nur theoretisch denkbar, sondern sogar mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß sich an dem weiteren Verlauf nichts geändert hätte, wenn es einige Wochen früher zur Probeexcision gekommen wäre. Angesichts dessen könnte die Klägerin ihre Ersatzansprüche nur durchsetzen, wenn ihr hinsichtlich des Kausalverlaufs Beweiserleichterungen zuzubilligen wären. Eine Verlagerung der prozessualen Beweislast kommt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung dann in Betracht, wenn der in Anspruch genommene Arzt zu der Unaufklärbarkeit des Sachverhaltes durch ein besonders grobes Fehlverhalten beigetragen hat; ein derart gravierender Verstoß ist dem Beklagten mit Sicherheit nicht vorzuwerfen: Die Sachverständigen Prof. Dr. B und Dr. B haben das Verhalten des Beklagten als in jeder Hinsicht einwandfrei bezeichnet, also nicht einmal eine leichte Fahrlässigkeit festgestellt; angesichts dessen ist ein eklatanter Verstoß gegen die Grundsätze einwandfreien ärztlichen Handelns auszuschließen.

B.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Die Beschwer der Klägerin liegt unter 60.000 DM.

Ende der Entscheidung

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