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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 16.12.2002
Aktenzeichen: 9 U 132/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 476 a a.F.
BGB § 439 Abs. 2 n.F.
Ist im Kaufvertrag hinsichtlich eines zunächst behobenen Feuchtigkeitsmangels für den Fall des Wiederauftretens Nachbesserung durch den Verkäufer vereinbart, so gehen die Kosten eines auf Antrag des Käufers im selbständigen Beweisverfahren zur Ursachenfeststellung eingeholten Gutachtens jedenfalls dann zu Lasten des Verkäufers, wenn dieser die Einleitung des Verfahrens nicht zum Anlass genommen hat, seinerseits Feststellungen zur Mangelursache treffen zu lassen.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 U 132/02

Verkündet am 16. Dezember 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 25. November 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht P., die Richterin am Oberlandesgericht S. und den Richter am Oberlandesgericht Dr. W.

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 16. Mai 2002 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts K. in der Form des Berichtigungsbeschlusses vom 25. Juni 2002 abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 540 Abs. 2 in Verbindung mit § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO n.F. abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg.

Die Vollstreckungsgegenklage des Klägers gemäß §§ 794 Abs. 1 Ziff. 5, 795, 797, 767 ZPO ist unbegründet.

Die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus der notariellen Urkunde des Notars Dr. G., UR.-Nr. ..../98 vom 28.12.1998 ist wegen eines Zahlungsanspruches in Höhe von 12.149,46 DM (6.211,92 EUR) zulässig. Die Beklagten haben gegen den Kläger einen Anspruch auf Erstattung der im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Sachverständigenkosten gemäß § 476 a BGB in Höhe von 12.149,46 DM (6.211,92 EUR). Diese Forderung wird von dem Anerkenntnis des Klägers in § 5 Nr. 2 a des Kaufvertrages über 20.000 DM erfasst. Insoweit hat sich der Kläger der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen.

Der Kläger hat den Beklagten unter § 5 Ziff. 2 des notariellen Kaufvertrages hinsichtlich des hier streitigen Feuchtigkeitsschadens einen Anspruch auf Nachbesserung eingeräumt. Besteht aber aufgrund vertraglicher Vereinbarung ein Nachbesserungsrecht, so wird diese Vereinbarung durch § 476 a BGB ergänzt. Grundsätzlich gehören Ursachenermittlungskosten nach § 476 a BGB zu den Nachbesserungskosten (vgl. Erman/Grunewald, BGB, 10. Aufl., § 476 a Rdnr. 1 f.). Hat der Berechtigte sie aufgewandt, so sind sie vom Nachbesserungsverpflichteten zu erstatten, wenn diese zur Auffindung des zu beseitigenden Mangels notwendig sind (vgl. BGH NJW-RR 1999, 813 f.).

Ob diese Voraussetzungen im Streitfall vorliegen, ist allerdings nicht zweifelsfrei. Der Nachbesserungsanspruch wurde vor dem Hintergrund eines bekannten Feuchtigkeitsschadens eingeräumt. Dieser sollte von dem Kläger bis zum Besitzübergang nach Maßgabe eines eingeholten Gutachtens beseitigt werden. Für die dauerhafte Beseitigung der Ursache der Feuchtigkeitsschäden wollte der Kläger fünf Jahre lang haften. Dementsprechend sollte der Anspruch auf Nachbesserung bei wieder auftretenden Feuchtigkeitserscheinungen begründet sein und zwar unabhängig von der jeweiligen Ursache.

Der Bundesgerichtshof hat die Zuordnung der Ursachenermittlungskosten zu § 476 a BGB damit begründet, dass das Verlangen der Nachbesserung voraussetze, dass die Schadensursache festgestellt worden sei (vgl. BGHZ 113, 251, 261). Da jedoch anerkannt ist, dass das Nachbesserungsverlangen gerade nicht schon die Mangelursache mitteilen müsse, sondern lediglich das Erscheinungsbild des Mangels (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 61. Aufl., § 633 Rdnr. 5 b), muss die Rechtsprechung des BGH dahingehend verstanden werden, dass dem Berechtigten zugestanden wird, vor einem Nachbesserungsverlangen die Ursache daraufhin zu ermitteln, ob sie in den Verantwortungsbereich des Verpflichteten fällt. Dies ist folgerichtig; denn der Regelfall des § 476 a BGB ist derjenige, dass für den Fall eventuell künftig auftretender Mängel Nachbesserung vereinbart ist. In diesem Fall bedarf es zur erfolgreichen Geltendmachung eines Nachbesserungsanspruchs der vorherigen Mangel- und Ursachenfeststellung - etwa der Feststellung, dass ein in der Gewährleistungsfrist aufgetretener Mangel schon bei der Übergabe vorlag. Genau dieser Gesichtspunkt ist im Streitfall aber abbedungen. Die Parteien haben für einen ganz konkreten Mangel - unabhängig von der Ursache - eine Nachbesserungspflicht des Klägers begründet. Hintergrund dieser Vereinbarung war, dass die Parteien zwar von einer bestimmten Ursache - sachverständigenseits beraten - ausgingen, sich insoweit aber ganz offensichtlich nicht 100 %ig sicher waren. Da nichts dafür sprach, dass etwa die Beklagten nach Besitzübergang eine neue Mangelursache gesetzt haben könnten, bedurfte es also zur Geltendmachung des Nachbesserungsanspruchs an sich nicht der vorherigen Ursachenfeststellung. Jedenfalls im Streitfall entspricht es dem Sinn der Nachbesserungsklausel, dass die Beklagten dem Kläger zunächst Gelegenheit geben mussten, den Mangel und seine Ursache festzustellen (generell für eine derartige Handhabung Soergel/Huber, BGB, 12. Aufl., § 476 a Rdnr. 18).

Gleichwohl fallen diese Kosten vorliegend dem Kläger zur Last.

Die Einholung eines Gutachtens war der einzig sinnvolle Weg zur dauerhaften Nachbesserung, an dem beide Parteien ein Interesse haben mussten. Die bisher angenommene Schadensursache traf offensichtlich nicht zu. Dem Kläger musste daran gelegen sein, keine untauglichen Nachbesserungsversuche zu unternehmen, um dann doch noch auf Minderung in Anspruch genommen zu werden; die Beklagten ihrerseits hatten ein Interesse daran, dass von vornherein "richtig" nachgebessert wurde. Zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Nachbesserungspflicht war deshalb die Einholung eines Gutachtens geboten; d.h. der Kläger hätte von sich aus eine neue Ursachenfeststellung von sachkundiger Seite aus vornehmen lassen müssen. Eine derartige Ursachenfeststellung hat der Kläger jedoch unterlassen, u.a. auch deshalb, weil die Beklagten schließlich das selbständige Beweisverfahren eingeleitet hatten. Damit hat er aber diese Art der Ursachenfeststellung, zu der an sich er verpflichtet gewesen wäre, hingenommen. Der Kläger hätte zu Beginn des Verfahrens ohne weiteres Gelegenheit gehabt, geltend zu machen, er werde auf eigene Kosten Feststellungen treffen lassen. Wenn sich die Beklagten dann dennoch entschieden hätten, das selbständige Beweisverfahren durchzuführen, wären die hierdurch verursachten Kosten nicht im Sinne des § 476 a BGB erforderlich gewesen. Demgegenüber hat es der Kläger aber zugelassen, dass zur Vorbereitung einer ordnungsgemäßen Nachbesserung unter seiner Beteiligung ein selbständiges Beweisverfahren durchgeführt wird. Der Kläger hat sich sogar die Feststellungen des Gutachtens zu eigen gemacht und die Firma W. mit Schreiben vom 30.10.2001 aufgefordert, unter Berücksichtigung der vom Sachverständigen beschriebenen Maßnahmen eine ordnungsgemäße Abdichtung und Austrocknung unter Beseitigung der entstandenen Schäden durchzuführen. Der Kläger setzt sich dem Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens gemäß § 242 BGB a.F. aus, wenn er sich zunächst das Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens zu eigen macht, sich dann aber auf den formalen Standpunkt beruft, dass es an und für sich seine Sache gewesen wäre, Ursachenfeststellung zu betreiben.

Dass der Kläger nunmehr die Feststellungen des Sachverständigen angreift, lässt vor dem Hintergrund des klägerischen Verhaltens das Merkmal der Erforderlichkeit nicht mehr entfallen.

Die Rechtsprechung des BGH ist auch nicht dahingehend zu verstehen, dass eine Erforderlichkeit nur dann gegeben ist, wenn die Untersuchung zur Auffindung eines vom Verpflichteten zu vertretenden Mangels geführt hat. Der BGH hat ausgeführt, dass eine Untersuchung jedenfalls dann erforderlich ist, wenn sie zur Auffindung eines vom Verkäufer zu vertretenden Mangels geführt hat (vgl. BGHZ, a.a.O.). Dies schließt nicht aus, dass eine Erforderlichkeit auch in anderen Fällen - wie im Streitfall - bejaht werden kann.

Besteht aber ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch gemäß § 476 a BGB, so besteht kein Zweifel daran, dass dieser von dem Anerkenntnis im notariellen Kaufvertrag über 20.000 DM miterfasst ist. Das Anerkenntnis bezieht sich auf die "vorstehende Gewährleistungsverpflichtung". Betroffen ist daher der Anspruch auf Nachbesserung sowie der mit diesem untrennbar verbundene gesetzliche Anspruch gemäß § 476 a BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen (§ 543 Abs. 2 ZPO n.F.).

Berufungsstreitwert und Beschwer des Klägers: 6.211,92 EUR.



Ende der Entscheidung

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