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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 19.12.2005
Aktenzeichen: I-1 U 128/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 93
ZPO § 522 Abs. 2
BGB § 249
BGB § 249 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 8. Juni 2005 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen den Beklagten zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe: Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. I. Der Kläger nimmt die Beklagten auf restlichen Schadensersatz in Anspruch. Zugrunde liegt ein Verkehrsunfall vom 10. Dezember 2004. Daran beteiligt waren u.a. der Kläger mit seinem Mercedes Benz C 180 Coupé und die Beklagte zu 1. mit einem bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten Pkw. Die volle Ersatzpflicht der Beklagten für den Unfallschaden des Klägers steht außer Streit. Der Kläger ließ den Schaden an seinem Fahrzeug durch das Ingenieur- und Sachverständigenbüro W. L. schätzen. Das Gutachten vom 16. Dezember 2004 enthält folgende Angaben: Reparaturkosten brutto 21.496,25 € Wiederbeschaffungswert brutto 21.950,00 € Wertminderung 1.200,00 € Restwert 5.000,00 € Unter Übersendung des Gutachtens rechnete der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 17. Dezember 2004 den Fahrzeugschaden auf Totalschadensbasis ab (21.950,-- € abzüglich Restwert 5.000,-- € = 16.950,-- €). Zur Regulierung wurde eine Frist bis zum 4. Januar 2005 gesetzt. Ferner heißt es in dem Schreiben: "Wir weisen zu guter Letzt darauf hin, dass von unserer Mandantschaft keine Empfangsvollmacht für die Entgegennahme erhöhter Restwertangebote erteilt wurde. Sollte Ihnen zu gegebener Zeit ein solches vorliegen, so bitten wir Sie auf diesem Wege, das Angebot unmittelbar an unsere Mandantschaft weiterzuleiten." Am 20. Dezember 2004 verkaufte der Kläger das Unfallfahrzeug an das Autohaus W. für 5.000,-- €. Von dem selben Autohaus erwarb er auch ein Ersatzfahrzeug, und zwar einen Jahreswagen der Marke Mercedes Benz. Dabei fiel Umsatzsteuer in Höhe von 3.726,90 € an. Als "Leistungsdatum" für den Jahreswagenkauf ist der Rechnung des Autohauses der 23. Dezember 2004 zu entnehmen. Am 22. Dezember 2004 übermittelte die beklagte Versicherung dem Anwalt des Klägers per Fax vorab ein "Restwertgebot", wonach die Firma Automobile H. aus O. ein Gebot in Höhe von 10.400,-- € abgegeben habe, gültig bis zum 12. Januar 2005. Mit Schreiben vom 23. Dezember 2004, dem Kläger zugegangen am 29. Dezember 2004, wurde dem Kläger persönlich ein gleichlautendes "Restwertgebot" per Post übermittelt, wobei auf die Schadensminderungspflicht ausdrücklich hingewiesen wurde. Mit Schreiben vom 30. Dezember 2004 regulierte die Zweitbeklagte den Fahrzeugschaden auf Totalschadensbasis, wobei sie von dem Netto-Wiederbeschaffungswert einen Restwert in Höhe von 10.400,-- € abzog. Mit sich kreuzendem Anwaltsschreiben vom 30. Dezember 2004 übersandte der Kläger eine Kopie des Kaufvertrages über das Unfallfahrzeug, verbunden mit dem Hinweis, man habe sich auf die Angaben im Gutachten verlassen. Mit weiterem Anwaltsschreiben vom 4. Januar 2005 berechnete der Kläger unter Übersendung einer Kopie des Fahrzeugscheins für das angeschaffte Ersatzfahrzeug seinen Schaden neu und abschließend mit 19.879,91 €. Für die Regulierung des offenen Differenzbetrages von 10.185,55 € setzte er eine Frist bis zum 17. Januar 2005. Nachdem die Zweitbeklagte nur noch Ab- und Anmeldekosten in Höhe von 60,-- € nachreguliert hatte, erhob der Kläger unter dem 14. Februar 2005 Klage auf Zahlung von 8.427,59 €. Außerdem verlangte er unter dem Gesichtspunkt des Verzuges Ersatz eines Anteils der seinem Anwalt geschuldeten Geschäftsgebühr (361,75 €). Mit Schriftsatz vom 9. März 2005 kündigten die Beklagten Antrag auf Klageabweisung an. Zur Begründung machten sie im wesentlichen geltend, der Kläger habe seine Schadensminderungspflicht verletzt. Außerdem sei von dem Netto-Wiederbeschaffungswert laut Gutachten auszugehen, da Mehrwertsteuer konkret nicht angefallen sei. In Erwiderung darauf legte der Kläger mit Schriftsatz vom 25. April 2005 eine Kopie der Rechnung des Autohauses vom 23. Dezember 2004 über den Kauf des Ersatzfahrzeuges vor. Durchschriften dieses Schriftsatzes erhielt der Anwalt der Beklagten erst im Termin des Landgerichts vom 4. Mai 2005. Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 18. Mai 2005 erklärten die Beklagten in Höhe von 3.027,59 € (anteilige Umsatzsteuer aus Ersatzbeschaffung) ein Anerkenntnis unter Protest gegen die Kostenlast. Durch das angefochtene Urteil vom 8. Juni 2005 hat das Landgericht der Klage in den Hauptforderungen stattgegeben. Lediglich im Zinsanspruch ist zu Lasten des Klägers entschieden worden. Das Landgericht hat hinsichtlich der Berechnung des Fahrzeugschadens folgendes ausgeführt: Der Kläger habe Anspruch auf Zahlung eines weiteren Betrages von 5.400,-- €, also der Differenz zwischen dem Restwert laut Schadensgutachten und dem Restwertgebot in Höhe von 10.400,-- €. Letzteres müsse der Kläger sich auch unter Berücksichtigung des Gebotes der Wirtschaftlichkeit nicht anrechnen lassen. Nach den höchstrichterlichen Grundsätzen sei es ihm unbenommen gewesen, sein Fahrzeug zu einem Restwert von 5.000,-- € zu veräußern. Auf die entsprechende Schätzung des von ihm beauftragten Sachverständigen habe er sich verlassen können und dürfen. Daran ändere nichts der Umstand, dass der Sachverständige zur Begründung seiner Restwertermittlung lediglich ein einziges Angebot (Firma S. aus H.) herangezogen habe. Konkrete Gründe, die Zweifel an der Richtigkeit der gutachterlichen Restwertschätzung hätten aufkommen lassen können, seien nicht vorhanden gewesen. Wie das Landgericht weiter ausgeführt hat, ist dem Kläger ein Verstoß gegen seine Schadensminderungspflicht auch nicht deshalb vorzuwerfen, weil er sein Unfallfahrzeug bereits am 20. Dezember 2004, 4 Tage nach Erhalt des Gutachtens, veräußert habe. Als Herr des Restitutionsgeschehens sei er nicht verpflichtet gewesen, der beklagten Versicherung eine gewisse Zeit einzuräumen, um möglicherweise höhere Restwertangebote beibringen zu können. Zuzugeben sei zwar, dass der Verkauf des Fahrzeugs ungewöhnlich schnell erfolgt sei. Auf der anderen Seite sei aber zu berücksichtigen, dass der Geschädigte im Allgemeinen ein berechtigtes Interesse an einer alsbaldigen Schadensbehebung habe und ihm deshalb ein längeres Zuwarten bei sich bietender sofortiger Verwertungsmöglichkeit unter Umständen nicht zuzumuten sei. Vorliegend habe der Kläger ein anzuerkennendes Interesse an einer möglichst schnellen Ersatzbeschaffung gehabt. Davon, dass der Kläger bewusst zum Nachteil der Beklagten vorgegangen sei, könne nicht die Rede sein. Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung, mit der sie um Klageabweisung bitten, soweit nicht im Umfang des Umsatzsteuerbetrages anerkannt worden sei. Sie wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlichen Standpunkt, wonach der Kläger sein Unfallfahrzeug unter Verletzung seiner Schadensminderungspflicht veräußert habe. II. Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat in allen Punkten richtig entschieden. 1. Zum Fahrzeugschaden a) Außer Streit steht, dass der Kläger seinen Fahrzeugschaden nach den Grundsätzen über die Totalschadensabrechnung zu berechnen hat. Danach sind die Beklagten zum Ersatz des Wiederbeschaffungswertes abzüglich des Restwertes verpflichtet. In Übereinstimmung mit dem Landgericht ist als Restwert ein Betrag von 5.000,-- € in Ansatz zu bringen. Realisiert der Geschädigte den Restwert, wie hier, durch den Verkauf seines unfallbeschädigten Fahrzeugs, kann er seiner Schadensberechnung grundsätzlich den erzielten Restwertbetrag zugrunde legen (BGH NJW 2005, 3134 = DAR 2005, 617). Unbestritten hat der Kläger bei der Veräußerung des Unfallfahrzeugs an das Autohaus W. einen Preis von 5.000,-- € erzielt. Der tatsächliche Erlös entspricht dem Betrag, den der von ihm eingeschaltete Sachverständige als Restwert ermittelt hat. Wie er in seinem Gutachten auf S. 13 unter der Überschrift "Restwert" ausgeführt hat, hat er nach Maßgabe der einschlägigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes vom 6. April 1993 und vom 30. November 1999 auf den Preis abgestellt, der auf dem regionalen allgemeinen Markt für das unfallbeschädigte Kraftfahrzeug üblicherweise zu erzielen ist. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist er zu dem Ergebnis gelangt, dass der Restwert 5.000,-- € beträgt. Verwiesen hat er auf ein entsprechendes Gebot einer Firma S. aus H. mit einer Gültigkeitsdauer von 21 Kalendertagen. b) Mit Blick auf den erzielten Veräußerungserlös von 5.000,-- € kann der Senat nicht erkennen, dass der Kläger sich über das Gebot der Wirtschaftlichkeit (dazu BGH NJW 2005, 3134) und über die Verpflichtung, den Schaden möglichst gering zu halten, zum Nachteil der Beklagten hinweggesetzt hat. Seinen Unfallwagen hat er an ein seriöses Autohaus zu genau dem Preis verkauft, der im Schadensgutachten als Restwert ausgewiesen ist. Auf die Richtigkeit dieser Schätzung konnte und durfte er sich verlassen. Die Schätzung stammte von einem anerkannten Sachverständigen für Kraftfahrzeuge und Verkehrsunfallschäden. Anhaltspunkte für eine Fehleinschätzung lagen nicht vor. Der Vorwurf der Beklagten, der Kläger habe sein Fahrzeug zu einem selbst für einen Laien erkennbar viel zu niedrigen Preis verkauft, geht fehl. Abgesehen davon, dass in der Gesamtübersicht der von der Beklagten zu 2. übermittelten Gebote an 7. Stelle ein Gebot über lediglich 5.362,07 € netto notiert ist, gab es aus Sicht des Klägers als Laie keinen Grund, die Schätzung des von ihm eingeschalteten Sachverständigen in Zweifel zu ziehen. Soweit die Beklagten unter Vorlage der bereits angesprochenen Gesamtübersicht über Restwertangebote, ermittelt über die A-online-GmbH in N., geltend machen, sogar auf dem regionalen Markt hätte der Kläger einen deutlich höheren Restwert erzielen müssen, sieht der Senat keine Veranlassung, dieser Frage nachzugehen. Denn der entsprechende Sachvortrag ist unerheblich. Erheblich wäre er, wenn der Kläger sein Unfallfahrzeug ohne hinreichende Absicherung durch ein Sachverständigengutachten und damit auf eigenes Risiko veräußert hätte. So wie die Dinge im Entscheidungsfall liegen, hat es bei dem Grundsatz zu bleiben, dass der Geschädigte sein Fahrzeug zu demjenigen Preis veräußern darf, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat. c) Die zentrale Kritik der Beklagten am Verhalten des Klägers gilt denn auch weniger der Preisgestaltung als vielmehr dem Zeitpunkt der Veräußerung. Sie werfen ihm vor, bewusst oder zumindest grob fahrlässig vereitelt zu haben, dass die Beklagten ihm reelle und attraktive Restwertangebote unterbreiten. Damit habe er gerechnet, worauf nicht zuletzt der Hinweis seines Anwalts auf das Fehlen einer Empfangsvollmacht für Restwertangebote hindeute. Indem der Kläger sein Fahrzeug veräußert habe, bevor die beklagte Versicherung Gelegenheit gehabt habe, durch Einholung und Vorlage "richtiger" Restwertangebote die Verwertung zu ihren Gunsten zu beeinflussen, habe der Kläger gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen. Dieser Argumentation vermag der Senat nicht zu folgen. d) Entgegen der Ansicht der Beklagten war der Kläger unter den gegebenen Umständen nicht verpflichtet, nach Übersendung des Schadensgutachtens des Sachverständigen L. mit der Veräußerung des Unfallfahrzeugs zu warten, bis die Beklagte zu 2. eventuell ein (höheres) Restwertangebot vorlegt. Es bestand auch keine Verpflichtung, sie über die beabsichtigte Veräußerung zu informieren. Das ergibt sich nicht erst aus der Entscheidung des BGH vom 12. Juli 2005, NJW 2005, 3134 = DAR 2005, 617. Es ist vielmehr gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung. So heißt es beispielsweise in der Entscheidung des BGH vom 06.04.1993 (NJW 1993, 1849 = DAR 1993, 251) unter II., 4.: "Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war die Klägerin schließlich auch nicht verpflichtet, vor der Veräußerung des beschädigten Fahrzeuges das von ihr eingeholte Gutachten den Beklagten zur Kenntnis zu bringen. ... Die Unterrichtung der Beklagten zu 2. hätte deshalb nur den Zweck haben können, ihr die Möglichkeit zu geben, eine ihr günstigere Schadensberechnung auf der Grundlage der Preise professioneller Restwertaufkäufer aufzumachen. Darauf muss sich aber ... der Geschädigte nicht verweisen lassen." Diese Rechtsprechung, der der Senat seit Jahren folgt (vgl. z.B. Urteil vom 29.03.2004, 1 U 185/03; Urteil vom 07.06.2004, 1 U 12/04, NJW-RR 2004, 1470 = NZV 2004, 584), ist weiterhin maßgebend. Allerdings verkennt der Senat nicht, dass in Teilen der Rechtsprechung und auch im Schrifttum (vor allem Ch. Huber, DAR 2002, 385, 393, 395) abweichende Auffassungen vertreten werden. Zur Untermauerung ihres Standpunktes berufen die Beklagten sich insbesondere auf den Beschluss des 15. Zivilsenats des OLG Köln vom 14. Februar 2005, 15 U 191/04. In diesem Beschluss, ergangen nach § 522 Abs. 2 ZPO, wird auf ein Schreiben des Senatsvorsitzenden vom 11. Januar 2005 Bezug genommen, in dem es auszugsweise heißt: "Dementsprechend besteht in Literatur und Rechtsprechung auch kein Zweifel, dass der Geschädigte zwar seiner Berechnung grundsätzlich den vom Sachverständigen geschätzten Restwert zugrunde legen kann, dem Schädiger aber das Gutachten übermitteln muss, damit er eine günstigere Verkaufsmöglichkeit nachweisen oder das Wrack selbst zu höherem Betrag übernehmen kann." Belegt wird diese - vom Senat nicht geteilte Auffassung - mit einem Hinweis auf Palandt/Heinrichs, Rdnr. 24 zu § 249 BGB. In der Tat heißt es in diesem Kommentar, auch in der 65. Auflage, unter der angegebenen Randnummer zu § 249 BGB, der Geschädigte müsse dem Schädiger das Gutachten übermitteln, damit dieser eine günstigere Verkaufsmöglichkeit nachweisen kann. Vom OLG Köln unbeachtet ist indes geblieben, dass Palandt/ Heinrichs ausdrücklich darauf hinweisen, dass der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 06.04.1993, NJW 1993, 1849, einen gegenteiligen Standpunkt vertritt. Außer dem erkennenden Senat teilen zahlreiche andere Instanzgerichte die Ansicht des Bundesgerichtshofes (z.B. OLG München DAR 1999, 407; LG Köln DAR 2003, 226; LG Augsburg NJOZ 2004, 3748; LG Konstanz, ZfS 2005, 491). Sie gilt zu Recht als herrschend. Das OLG Köln sieht in seiner bereits zitierten Entscheidung, abgedruckt in Schadenpraxis 2005, 196, vgl. auch NJW Spezial 10/2005, 449, die anstehenden Rechtsfragen als in seinem Sinne geklärt durch die Entscheidung des BGH vom 30. November 1999, NJW 2000, 800. Dort habe der BGH dem Geschädigten auferlegt, von einer ihm durch den Schädiger nachgewiesenen, ohne Weiteres zugänglichen günstigeren Verwertungsmöglichkeit Gebrauch zu machen. Dies setze "denknotwendig" voraus, dass dem Schädiger Gelegenheit eingeräumt werde, solches überhaupt zu versuchen. Der Senat versteht die o.a. Entscheidung des BGH nicht in diesem Sinne. Aus dem Umstand, dass ein Geschädigter gehalten sein kann, von einer grundsätzlich zulässigen Verwertung Abstand zu nehmen und im Rahmen des ihm Zumutbaren andere sich ihm darbietende Verwertungsmöglichkeiten zu ergreifen, kann nicht, schon gar nicht "denknotwendig", abgeleitet werden, dass der Geschädigte dem Schädiger/Versicherer Gelegenheit geben muss, eine für ihn günstigere Verwertungsmöglichkeit aufzuzeigen. Denn was der BGH dem Geschädigten als Obliegenheit aufbürdet, betrifft eine Ausnahmesituation ("besondere Umstände"). Gekennzeichnet ist sie zum einen dadurch, dass der Schädiger/Versicherer dem Geschädigten vor der Verwertung des Unfallfahrzeugs durch diesen ein Restwertangebot unterbreitet. Außerdem muss es bestimmten formalen und inhaltlichen Anforderungen genügen. Grundsätzlich ist der Geschädigte, wenn er von seiner Ersetzungsbefugnis nach § 249 Abs. 2 BGB Gebrauch macht, der Herr des Restitutionsgeschehens. Wie er mit seinem beschädigten Fahrzeug verfährt, ist deshalb seine Sache. Seine Verwertungsfreiheit erstreckt sich nicht nur auf das Ob, sondern auch auf den Zeitpunkt der von ihm beabsichtigten Veräußerung. Es kann ihm in der Regel nicht zum Nachteil gereichen, wenn er seine Absicht alsbald nach dem Unfall in die Tat umsetzt, sei es durch einen freien Verkauf, sei es durch eine Inzahlunggabe. Für eine zügige Veräußerung gibt es erfahrungsgemäß eine Reihe von Gründen, die der Schädiger/Versicherer zu respektieren hat. Davon abgesehen kann auch ihm zugute kommen, dass der Geschädigte seinen Unfallwagen ohne Verzögerung veräußert. Denn auf diese Weise kann der Geschädigte frühzeitig in den Besitz eines Ersatzfahrzeuges gelangen und damit den Ausfallzeitraum kostensparend abkürzen (zu diesem Aspekt siehe LG Konstanz, a.a.O.; Harneit, DAR 1994, 93). Es trifft zwar zu, dass den Geschädigten mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers ein gesetzliches Schuldverhältnis verbindet, in dem auch der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) Beachtung finden muss. Entgegen der Ansicht des LG Bochum (Beschluss vom 26.08.2005, 11 S 181/05) folgt daraus aber nicht, dass der Geschädigte vor der Veräußerung seines Fahrzeuges von sich aus Gelegenheit geben muss, den beschädigten Wagen kurzfristig zu besichtigen und er außerdem verpflichtet ist, ein von ihm eingeholtes Gutachten zu übermitteln. In dem Spannungsverhältnis zwischen der Ersetzungsbefugnis des Geschädigten einerseits und dem Interesse des Versicherers an einem höchstmöglichen Veräußerungserlös andererseits muss Letzteres unter den hier gegebenen Umständen zurücktreten. Für diese Wertung spricht nicht nur die gesetzliche Konzeption des § 249 Abs. 2 BGB mit der Ersetzungsbefugnis. Gegen die Annahme einer Obliegenheit zur Vorlage des Schadensgutachtens und erst recht gegen die Verpflichtung, im Falle einer überobligationsmäßigen Vorlage die Eigenverwertung eine zeitlang zurückzustellen, ist nach wie vor die Überlegung ins Feld zu führen, von der der BGH sich in seiner bereits zitierten Entscheidung vom 6. April 1993 (NJW 1993, 1849) hat leiten lassen. Auch ein Versicherer, der das Schadensgutachten kennt, kann bei Beachtung der Leitlinien des Bundesgerichtshofes zur Ermittlung des Restwertes (zuletzt BGH NJW 2005, 3134) nur in seltenen Fällen ein akzeptables Restwertangebot unterbreiten, das einen korrekt ermittelten Restwertbetrag im Schadensgutachten wesentlich übersteigt. Folglich kann eine Unterrichtung der Versicherung in der Tat wohl nur den Zweck haben, ihr die Möglichkeit zu geben, eine ihr günstigere Schadensberechnung auf der Grundlage der Angebote überregionaler Restwertaufkäufer aufzumachen. Dass der Geschädigte sich darauf nicht verweisen lassen muss, entspricht im Grundsatz gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (zuletzt NJW 2005, 3134). Bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen (umfassend dazu Ch. Huber, DAR 2002, 337 ff., 385 ff.) kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Versicherer gegen Fehlbewertungen des Restwertes im Schadensgutachten durch die Möglichkeit eines Schadensersatzanspruchs gegen den Sachverständigen geschützt ist (Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter). Von alledem abgesehen stellt sich dem Senat die Frage, wie lange eine etwaige Wartezeit zu bemessen ist. Die Befürworter einer Wartepflicht geben darauf keine überzeugende Antwort. Unangemessen beeinträchtigt würde die Selbstverwertungsfreiheit des Geschädigten, wenn der Versicherer es in der Hand hätte, durch die Dauer seiner Restwertrecherche mit anschließender Unterrichtung des Geschädigten den frühesten Zeitpunkt einer Eigenverwertung zu bestimmen. Aus Sicht des Geschädigten ist vielfach nicht einmal klar, dass der Versicherer auf diesem Gebiet überhaupt aktiv wird. Noch weniger kann er den Zeitraum bis zur Übermittlung eines (höheren) Restwertgebotes abschätzen. Dessen Überprüfung nimmt zudem Zeit und sachkundige Beratung (Anwalt und/oder Kfz-Sachverständiger) in Anspruch. Solange der Geschädigte durch sein eigenes Verhalten nicht die berechtigte Erwartung erzeugt, er werde die Verwertung zurückstellen, bis der Versicherer sich bei ihm gemeldet habe, muss er in seiner Disposition auch in zeitlicher Hinsicht frei bleiben. Ein solcher Fall der Selbstbindung liegt hier - entgegen der Einschätzung der Beklagten - nicht vor. Der Kläger hat durch nichts zu verstehen gegeben, dass er sein Fahrzeug erst veräußern wolle, wenn die Zweitbeklagte dafür "grünes Licht" gegeben habe. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Fristsetzung im Abrechnungsschreiben vom 17. Dezember 2004. Sie bezog sich allein auf das geforderte Anerkenntnis sowie auf die Zahlung eines Vorschusses. Gleichfalls ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der Umstand, dass der Anwalt des Klägers dem Schreiben vom 17. Dezember 2004 das Schadensgutachten des Sachverständigen L. mit Restwertschätzung beigefügt hat. Daran konnte die Beklagte zu 2. nicht die Erwartung knüpfen, der Kläger werde sein Unfallfahrzeug erst nach Ablauf einer Wartezeit veräußern. 2. Zur Geschäftsgebühr Gleichfalls ohne Erfolg wendet sich die Berufung dagegen, dass das Landgericht dem Kläger einen Betrag in Höhe von 361,75 € als Teil der Geschäftsgebühr, die auf die Verfahrensgebühr nicht anrechenbar ist, zuerkannt hat. Der Senat hat die diesbezüglichen Einwendungen geprüft. Einen Fehler zum Nachteil der Beklagten hat er nicht festgestellt. 3. Zur Anwendung des § 93 ZPO Zumindest im Ergebnis stimmt der Senat mit dem Landgericht darin überein, die Ausnahmeregelung des § 93 ZPO nicht zu Gunsten der Beklagten anzuwenden. Das Landgericht hat in dem Teilanerkenntnis der Beklagten in Höhe von 3.027,59 € (Umsatzsteuer) kein sofortiges Anerkenntnis im Sinne des § 93 ZPO gesehen. Es sei nicht in der mündlichen Verhandlung vom 4. Mai 2005 erklärt worden, sondern - nach Stellung des Antrags auf vollständige Klageabweisung - erst im nachgelassenen Schriftsatz vom 18. Mai 2005 ausgesprochen worden. Das genüge für ein sofortiges Anerkenntnis nicht. Ob diese Auffassung, die von der Berufung mit beachtlichen Gründen kritisiert wird, zutreffend ist, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn seiner Meinung nach ist § 93 ZPO deshalb unanwendbar, weil die Beklagten auch insoweit Veranlassung zur Klage gegeben haben, als es um den später anerkannten Umsatzsteuerbetrag geht. a) Veranlassung zur Erhebung einer Klage gibt man durch ein Verhalten, das vernünftigerweise den Schluss auf die Notwendigkeit eines Prozesses rechtfertigt. Daraus folgt, dass es für die Frage, ob die Beklagten Anlass zur Klage auch in Höhe des geforderten Umsatzsteuerbetrages gegeben haben, auf ihr Verhalten vor dem Prozess ankommt (vgl. BGH BB 2005, 1302; BGH NJW 1979, 2040; Senat, Beschluss vom 20.12.2004, 1 W 57/04). b) Das Verhalten der Beklagten vor dem Prozess gab dem Kläger Veranlassung dazu, Klage auch in Höhe des bis dahin nicht regulierten Umsatzsteuerbetrages zu erheben. Erwirbt der Geschädigte ein Ersatzfahrzeug zu einem Preis, der dem in einem Sachverständigengutachten ausgewiesenen (Brutto-)Wiederbeschaffungswert des unfallbeschädigten Kraftfahrzeuges entspricht oder diesen übersteigt, kann er im Wege konkreter Schadensabrechnung die Kosten der Ersatzbeschaffung bis zur Höhe des (Brutto-)Wiederbeschaffungswertes - unter Abzug des Restwertes - ersetzt verlangen (BGH NJW 2005, 2220 = DAR 2005, 500). Auf die Frage, ob und in welcher Höhe in dem im Gutachten ausgewiesenen (Brutto-)Wiederbeschaffungswert Umsatzsteuer enthalten ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (vgl. BGH a.a.O.). Als der Kläger seinen Fahrzeugschaden mit Anwaltsschreiben vom 17. Dezember 2004 auf Bruttobasis abrechnete, hatte er zwar noch kein Ersatzfahrzeug beschafft. Das geschah erst am 23. Dezember 2004. Gleichwohl ist es im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass der Anwalt des Klägers im Vorgriff auf die beabsichtigte Ersatzbeschaffung den Brutto-Wiederbeschaffungswert zum Ausgangspunkt der Schadensberechnung genommen hat. Dies um so weniger, als er die Bezifferung des Schadens im Schreiben vom 17. Dezember 2004 ausdrücklich als "vorläufig" bezeichnet hat. Von der ursprünglich fiktiven Schadensabrechnung ist der Kläger sodann mit Anwaltsschreiben vom 4. Januar 2005 auf eine konkrete Berechnung des Wiederbeschaffungsaufwands übergegangen. Nunmehr hat er seinen Fahrzeugschaden endgültig abgerechnet, verbunden mit der - wiederholten -Behauptung, ein Ersatzfahrzeug angeschafft zu haben. Zur Untermauerung dieser Tatsache hat sein Anwalt zwar keine Rechnung, aber eine Kopie des Fahrzeugscheins als Anlage beigefügt. Diesem Dokument konnte die zweitbeklagte Versicherung entnehmen, dass der Kläger Halter eines Fahrzeugs geworden war, das in Marke und Typ dem Unfallfahrzeug entsprach. Auch ohne Vorlage des Kaufvertrages und/oder einer Rechnung war für den Sachbearbeiter der beklagten Versicherung ohne Weiteres erkennbar, dass es sich bei dem Ersatzfahrzeug um einen noch jungen Wagen wie einen Jahreswagen handeln muss. Denn im Fahrzeugschein war das Datum der Erstzulassung (12. September 2003) ausgewiesen. Dass der Kläger dieses Fahrzeug nicht schenkweise erworben hat, sondern auf der Grundlage eines Kaufvertrages, war der beklagten Versicherung bereits infolge des Anwaltsschreibens vom 30. Dezember 2004 bekannt. Denn darin heißt es, dass der Kläger das angeschaffte Ersatzfahrzeug mangels genügender Barmittel habe finanzieren müssen. Bei dieser Sachlage hatte der Kläger auch ohne Vorlage des Kaufvertrages/ Rechnung genügend für eine konkrete Abrechnung vorgetragen. Für die beklagte Versicherung musste klar sein, dass der Kläger ein Ersatzfahrzeug zu einem Preis erworben hat, der mindestens so hoch ist, wie der im überreichten Gutachten ausgewiesene Brutto-Wiederbeschaffungswert von 21.950,-- €. Die Kosten der Ersatzbeschaffung durfte er bis zur Höhe dieses Betrages - unter Abzug des Restwertes - ersetzt verlangen, ohne den Beklagten Rechenschaft darüber zu schulden, in welchem Umfang bei der Ersatzbeschaffung Umsatzsteuer angefallen ist. Selbst wenn der Kläger ein gleichwertiges Fahrzeug von Privat ohne Umsatzsteuer zu einem Betrag von mindestens 21.950,-- € erworben hätte, wären die Beklagten in diesem Umfang unter Abzug des Restwertes ersatzpflichtig gewesen. Vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 1. März 2005 (NJW 2005, 2220) nicht mehr gerechtfertigt ist das Verlangen der beklagten Versicherung in ihrem Schreiben vom 30. Dezember 2004, der Kläger möge eine "geeignete" Ersatzbeschaffung durch Belege nachweisen, in denen die Mehrwertsteuer konkret nach Euro und Cent ausgewiesen ist. Diese Forderung verkennt den Unterschied zwischen fiktiver und konkreter Schadensberechnung. Hinzu kommt: die Beklagten haben auf das anschließende Anwaltsschreiben vom 4. Januar 2005 - konkrete Abrechnung unter Vorlage einer Kopie des Fahrzeugscheins - nicht mehr reagiert. Die gesetzte Frist zum 17. Januar 2005 haben sie verstreichen lassen. Der Kläger war somit in der Annahme schutzwürdig, durch sein zweites Abrechnungsschreiben vom 4. Januar 2005 in Verbindung mit dem früheren Schreiben vom 17. Dezember 2004 (Gutachtenübersendung) alles getan zu haben, um der beklagten Versicherung eine Überprüfung seiner konkreten Abrechnung des Fahrzeugschadens zu ermöglichen. Dies umso mehr, als die Zweitbeklagte nach Erhalt des Schreibens vom 4. Januar 2005 nicht mehr auf ihr früheres Verlangen nach Vorlage eines Beleges mit genauem Mehrwertsteuerausweis zurück gekommen ist. Nach alledem bestand für den Kläger hinreichender Grund für die Annahme, ohne Inanspruchnahme des Gerichts nicht zu seinem Recht zu kommen. III. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Ein Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht (§ 543 Abs. 2 ZPO). Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die Sache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die zur Entscheidung anstehenden Fragen hinsichtlich der Berechnung des Fahrzeugschadens unter Beachtung des § 254 BGB sind, wie ausgeführt, vom Bundesgerichtshof längst entschieden. Dass manche Instanzgerichte von dieser Rechtsprechung abweichen, ist kein Zulassungsgrund. Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer für die Beklagten: 5.761,75 €.

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