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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 06.02.2006
Aktenzeichen: I-1 U 148/05
Rechtsgebiete: StVZO


Vorschriften:

StVZO § 29
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 8. Juli 2005 verkündete Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.

I.

Das Landgericht hat die Beklagten zu Recht verurteilt, an den Kläger einen Betrag von 10.864,58 € nebst Zinsen als Schadensersatz wegen des Verkehrsunfalls vom 10. April 2004 in Wuppertal zu zahlen. Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Im Einzelnen ist noch folgendes auszuführen:

1.

Das Landgericht hat zutreffend entschieden, dass keine hinreichenden Anhaltspunkte vorliegen, die den Schluss auf einen provozierten Verkehrsunfall - hier in der Form, dass der Kläger den Verkehrsverstoß des Beklagten ausgenutzt hat, indem er bewusst gegen dessen Fahrzeug gefahren ist, statt auszuweichen oder zu bremsen - zulassen.

Zur Beweisführung genügen insbesondere auch nicht die mit der Berufung hervorgehobenen Indizien.

So mag zwar ein Motiv für eine Unfallprovokation aufgrund der Vorschädigung des Fahrzeuges des Klägers vorgelegen und sich zudem die Unfallörtlichkeit zur Durchführung geeignet haben.

Jedoch schon die angesprochene hohe Kollisionsgeschwindigkeit ist nicht indiziell. Dem Gutachten des Sachverständigen C. lässt sich vielmehr die plausible Möglichkeit entnehmen, dass der Kläger aufgrund der sichtverdeckenden Position des haltenden Pkw des Zeugen Dr. B. eine Abwehrreaktion erst einleiten konnte, als der Beklagte zu 1. mit der Front seines Fahrzeuges die Mitte der zweistreifigen Richtungsfahrbahn erreicht hatte.

Im übrigen fehlt es an gewichtigen weiteren einschlägigen Indizien für eine Unfallprovokation (ein Anscheinsbeweis kommt nicht in Betracht, vgl. Senat NZV 1996, 321). So fehlt es etwa an dem Nachweis einer (verdachterweckenden) Häufigkeit von Unfällen in der Vergangenheit, bei denen der Kläger bereits ungewöhnlich häufig das (angebliche) Opfer irgendwelcher Unaufmerksamkeiten anderer Verkehrsteilnehmer geworden ist und dann jeweils in der Regel auch mit Erfolg den jeweiligen Haftpflichtversicherer in Anspruch genommen hat.

2.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht im übrigen die einfache Betriebsgefahr des klägerischen Mercedes hinter das unfallursächliche Verschulden des Beklagten zu 1. ganz zurücktreten lassen. Den Beklagten zu 1. belastet ein ganz erheblicher unfallursächlicher Verkehrsverstoß, indem er - verbotswidrig - nach links abzubiegen versucht hat und im übrigen die Vorfahrt des Klägers nicht hinreichend beachtet hat.

3.

Soweit es um den zugesprochenen Ersatzbetrag für die Reparatur der unfallbedingten Schäden des Pkw Mercedes geht, ist es zunächst zutreffend, dass der Geschädigte selbst kompatible Schäden nicht ersetzt verlangen kann, wenn nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO) auszuschließen ist, dass sie bereits im Rahmen eines Vorschadens entstanden sind. Wird nämlich ein Kfz in einem unfallvorgeschädigten Bereich durch einen erneuten Unfall betroffen, bedarf es der Darlegung des Vorschadens und dessen - nicht notwendig in einer Fachwerkstatt vorgenommener - zumindest aber "§ 29 StVZO-konformen" Reparatur, da sich der Ersatzanspruch lediglich auf den Ersatz derjenigen Kosten erstreckt, die zur Wiederherstellung des vorbestehenden Zustandes erforderlich sind.

Der vorliegende Fall weist jedoch die Besonderheit auf, dass die Vorschäden von den unfallbedingten Schäden, wie dies das Landgericht im einzelnen zutreffend ausgeführt hat, klar abgrenzbar sind, denkbare Überlagerungen also gerade nicht vorliegen.

So hat bereits der von der Beklagten zu 2. beauftragte Sachverständige Abel ausgeführt, dass es nicht zu bezweifeln sei, dass über das vorgefundene Vorschadensbild (gemäß dem Gutachten Kessel vom 6. August 2003), weitere Beschädigungen am rechten Kotflügel, am vorderen Bereich der rechten vorderen Stoßstangenflanke sowie an der rechten vorderen Tür hinzugekommen seien, sowie an der rechten vorderen Felge weitere Kontaktspuren und Schürfungen und hat sich aufgrund seiner Untersuchungen in der Lage gesehen, die Kosten der Instandsetzung der (rein) ereigniskausalen Beschädigungen zu kalkulieren. Der gerichtliche Sachverständige C. hat sich dem angeschlossen und befähigt gesehen, die in dem Gutachten des Sachverständigen K. festgehaltenen Schäden von den unfallkausalen Schäden abzugrenzen.

4.

Soweit die Beklagten einwenden, dass eine Abrechnung des Fahrzeugschadens allenfalls nach dem Wiederbeschaffungsaufwand möglich gewesen sei, so ist das unrichtig. Denn jedenfalls liegen die von dem Kläger für erforderlich gehaltenen, wie auch die von dem Landgericht zugesprochenen, Reparaturkosten noch unter dem von dem Sachverständigen A. kalkulierten Wiederbeschaffungswert (brutto 18.000 €, regelbesteuert 15.517,24 €, differenzbesteuert 17.647,06 €).

Bei dieser Sachlage können allgemeine Wirtschaftlichkeitsberechnungen dahinstehen. Der Geschädigte darf in diesen Fällen jedenfalls fiktiv abrechnen, wenn er nur sein Fahrzeug in Weiterbenutzungsabsicht (bzw. wenn er es weiter benutzt) in einer Weise instandgesetzt hat, dass es im Straßenverkehr sicher benutzt werden kann (BGH, DAR 2003, 372). Eine derartige Reparatur hat der Kläger durch die Bescheinigung der Fa. ATS (Bl. 37 GA) nebst Lichtbildern von dem reparierten Fahrzeug (Bl. 38 GA) hinreichend belegt. Dass es sich hierbei um eine sogenannte Verkaufsreparatur gehandelt haben könnte und das Fahrzeug von dem Kläger nicht weiter benutzt worden ist, wird von den Beklagten nicht geltend gemacht.

5.

Auch soweit das Landgericht dem Kläger den Ersatz von Mietwagenkosten zugesprochen hat, ist die Entscheidung nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat plausibel auf der Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse seine Schätzung entwickelt.

6.

Schließlich hat es dem Kläger zu Recht einen Anspruch auf Ersatz der Gutachterkosten zugebilligt.

Die Sachverständigenkosten sind dem Geschädigten grundsätzlich auch dann zu ersetzen, wenn das Gutachten fehlerhaft ist (vgl. OLG Hamm NZV 2001, 433). Davon, dass der Kläger den Sachverständigen nicht über Vorschäden aufgeklärt hat (vgl. dazu: KG, DAR 2004, 352; Landgericht Regensburg, NJW-RR 2004, 1474), kann nicht ausgegangen werden. Wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat, spricht hiergegen schon, dass die Vorschäden am Klägerfahrzeug bereits in dem Gutachten der Fa. ATS teilweise benannt worden sind.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 10.864,58 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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