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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 20.12.2004
Aktenzeichen: I-1 W 57/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 93
ZPO § 99 Abs. 2 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen die Kostenentscheidung des am 26. Oktober 2004 verkündeten Anerkenntnisurteils des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beklagten.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist zulässig, jedoch unbegründet. I. Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger die Beklagten auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall in Anspruch genommen, der sich am 01.02.2004 ereignet hatte; die alleinige Haftung der Beklagten für die dem Kläger entstandenen Schäden war unstreitig. Der Kläger hatte den ihm entstandenen Sachschaden unter Bezugnahme auf ein Sachverständigengutachten vom 06.02.2004 zunächst auf 22.034,09 EUR (Reparaturkosten von 21.034,09 EUR sowie Wertminderung von 1.000,- EUR) zuzüglich Gutachterkosten und Allgemeinkosten beziffert und die Beklagte zu 2) mit Schreiben vom 12.02.2004 zur Zahlung eines Kostenvorschusses aufgefordert. Das Gutachten wies einen Wiederbeschaffungswert von ca. 30.000,- EUR, jedoch keinen Restwert des Fahrzeuges aus. Die Beklagte zu 2) war dieser Aufforderung nachgekommen, indem sie am 17.02.2004 einen Vorschuss von 10.000,- EUR zahlte. Mit anwaltlichem Schreiben vom 08.03.2004 forderte der Kläger die Beklagte zu 2) sodann auf, den Schaden binnen einer Woche endgültig abzurechnen. Die Beklagte zu 2) reagierte hierauf zunächst nicht, so dass der Kläger am 14.04.2004 beim Landgericht Duisburg Klage einreichte, die dem Beklagten zu 1) am 17.05.2004 und der Beklagten zu 2) am 24.05.2004 zugestellt wurde. Bereits zuvor, nämlich am 10.05.2004, hatte die Beklagte zu 2) einen weiteren Betrag von 2.686,68 EUR an den Kläger gezahlt, woraufhin der Kläger die Klage am 19.05.2004 in Höhe dieses Betrages zurücknahm. Von dem verbleibenden Restbetrag der Klageforderung erkannten die Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung 7.769,88 EUR an, nachdem der Kläger die Bestätigung eines Sachverständigen vorgelegt hatte, dass das Fahrzeug fachgerecht instandgesetzt worden sei. Die verbleibende Klage, bei der es sich im Wesentlichen um den Mehrwertsteueranteil handelte, nahm der Kläger später zurück. Das Landgericht hat den Beklagten in seinem Anerkenntnisurteil vier Fünftel der Kosten auferlegt. Es hat angenommen, § 93 ZPO finde keine Anwendung, weil die Beklagten Veranlassung zur Klageerhebung gegeben hätten, indem sie das anwaltliche Schreiben des Klägers vom 08.03.2004 unbeantwortet gelassen hätten. Außerdem habe es auch keinen Anlass gegeben, auf Totalschadensbasis abzurechnen. Da der Reparaturaufwand geringer gewesen sei als der Wiederbeschaffungswert, habe der Kläger fiktiv auf der Grundlage des Gutachtens abrechnen dürfen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten. Sie sind der Auffassung, die Kosten des Rechtsstreits müssten in vollem Umfang dem Kläger auferlegt werden. Fiktive Reparaturkosten könnten nur bis zur Differenz von Wiederbeschaffungswert und Restwert geltend gemacht werden; letzteren beziffern sie auf 14.500,- EUR. Über diesem Differenzbetrag liegende Kosten seien nur zu ersetzen, wenn die Reparatur tatsächlich durchgeführt worden sei und das Fahrzeug vom Geschädigten noch genutzt werde. Bis zum Nachweis der durchgeführten Reparatur habe der Kläger daher keinen Anspruch auf die geltend gemachten Kosten gehabt. II. Das Rechtsmittel der Beklagten ist nach § 99 Abs. 2 Satz 1 ZPO zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet. Das Landgericht hat die Kosten des Rechtsstreits zutreffend zu vier Fünfteln den Beklagten auferlegt. § 93 ZPO findet zu ihren Gunsten keine Anwendung. Erkennt der Beklagte den Klageanspruch sofort an, fallen gemäß § 93 ZPO dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte nicht durch sein Verhalten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Zwar haben die Beklagten die Klage - soweit sie nicht zurückgenommen worden ist - sofort anerkannt; sie hatten jedoch durch ihr Verhalten Anlass zur Klageerhebung gegeben. Veranlassung zur Klage hat der Beklagte gegeben, wenn sein Verhalten vor Prozessbeginn gegenüber dem Kläger so war, dass dieser annehmen musste, ohne Klage nicht zu seinem Recht zu kommen; hierbei kommt es weitgehend nicht auf die materielle Rechtslage an (BGH, NJW-RR 2004, 999f.; Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., § 93, Rn. 3). 1. Im vorliegenden Rechtsstreit hatte die Beklagte zu 2) zwar auf das Anspruchsschreiben des Klägers vom 12.02.2004 zunächst eine Vorschusszahlung von 10.000,- EUR erbracht, auf das weitere Schreiben vom 08.03.2004, mit dem der Kläger um endgültige Abrechnung binnen einer Woche gebeten hatte, bis zur Einreichung der Klage am 14.04.2004 aber nicht mehr reagiert. Gründe für ihre Untätigkeit hatte die Beklagte zu 2) dem Kläger nicht mitgeteilt; insbesondere hatte sie keinen Aufklärungsbedarf hinsichtlich der Schadenshöhe oder der Reparatur des beschädigten Fahrzeuges angemeldet. Darüber hinaus hatten der Beklagten zu 2) bei Einreichung der Klage bereits zwei Monate und damit ein mehr als angemessener Zeitraum (vgl. hierzu Baumbach/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., § 93, Rn. 54/55) zur Überprüfung des klägerischen Anspruchs zur Verfügung gestanden. Hiernach durfte der Kläger annehmen, ohne Klage nicht zu seinem Recht zu kommen. 2. Auf die Frage, ob und in welchem Umfang die klägerische Forderung berechtigt gewesen wäre, wenn der Kläger sein Fahrzeug nicht instandgesetzt, sondern ggf. unrepariert veräußert und seinen Schaden fiktiv auf Gutachtenbasis abgerechnet hätte, kommt es hiernach nicht an. Zutreffend weisen die Beklagten allerdings darauf hin, dass jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Reparaturkosten zuzüglich des verbleibenden Minderwerts zwischen 70 und 100% des Wiederbeschaffungswertes liegen, der Schadensersatzanspruch des Geschädigten auf den Wiederbeschaffungsaufwand, also die Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert beschränkt ist, es sei denn der Geschädigte behält sein Fahrzeug und repariert es. Nur bei tatsächlicher Durchführung einer solchen - nicht notwendig den Anforderungen eines Sachverständigen entsprechenden - Reparatur und Weiterbenutzung des Fahrzeuges bleibt der Restwert bei der erforderlichen Vergleichsbetrachtung der jeweils wirtschaftlicheren Schadensberechnung außer Betracht; veräußert der Geschädigte dagegen sein Fahrzeug unrepariert, realisiert sich für ihn dessen Restwert, so dass er in die Vergleichsberechnung einzustellen ist (BGH, Urteil vom 29.04.2003, NJW 2003, 2085f.; Urteil vom 05.03.1985, VersR 1985, 593ff.; Senat, Urteil vom 07.06.2004, NZV 2004, 584f.; Urteil vom 27.11.2000, DAR 2001, 125 ff.). Nachdem die Beklagten mit ihrer Klageerwiderung zu erkennen gegeben hatten, dass sie die Reparatur des Fahrzeuges bestreiten würden, war es dementsprechend Sache des Klägers, Beweis für die tatsächlich erfolgte Reparatur des Fahrzeuges anzutreten, um ohne Berücksichtigung des Restwertes abrechnen zu können; denn der Geschädigte ist für die Frage der Wirtschaftlichkeit der verlangten Reparaturkosten darlegungs- und beweispflichtig (Senat, Urteil vom 07.06.2004, NZV 2004, 585). Diesen Nachweis hat der Kläger mit Vorlage einer Bestätigung eines Sachverständigen, dass das Fahrzeug fachgerecht instandgesetzt worden sei, erbracht. Zu einer früheren Vorlage eines solchen Nachweises - insbesondere vor Erhebung der Klage - war der Kläger demgegenüber nicht verpflichtet. Wie bereits ausgeführt, hatten die Beklagten die Problematik der Reparatur erstmals mit ihrer Klageerwiderung vom 02.06.2004 thematisiert; zuvor hatte die Beklagte zu 2) nicht erkennen lassen, dass sie die Absicht der Fahrzeugreparatur bzw. ihre Durchführung und die Weiterbenutzung des Pkw in Zweifel ziehen werde; somit bestand entgegen der Auffassung der Beklagten kein Anlass für den Kläger, einen entsprechenden Nachweis vorzulegen. Ob sich die Sachlage anders darstellen würde, wenn die in Anspruch genommene Haftpflichtversicherung bereits vorprozessual die Durchführung der Reparatur bestreitet und den Geschädigten ggf. ausdrücklich zur Vorlage eines entsprechenden Nachweises auffordert, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf bis zu 3.000,- EUR festgesetzt (Summe der den Beklagten auferlegten Kosten 1. Instanz). Zur Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand kein Anlass, weil die Voraussetzungen des § 574 ZPO nicht vorliegen.

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