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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 28.09.2006
Aktenzeichen: I-10 U 115/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 137 Abs. 3
ZPO § 138 Abs. 2
ZPO § 139
ZPO § 139 Abs. 3
ZPO § 259
ZPO § 264 Nr. 2
ZPO § 283
ZPO § 295 Abs. 1
ZPO § 308 Abs. 1
ZPO § 314
ZPO § 416
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 3
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 5
ZPO § 592 Abs. 2
ZPO § 592 Satz 1
ZPO § 593 Abs. 2
ZPO § 595 Abs. 2
ZPO § 598
ZPO § 599 Abs. 1
BGB § 140
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 242
BGB § 280 Abs. 2
BGB § 286 Abs. 1
BGB § 286 Abs. 2 Nr. 1
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 320 Abs. 1
BGB § 398
BGB § 407 Abs. 1
BGB § 535 Abs. 2
BGB § 536
BGB § 536 c
BGB § 536 Abs. 1
BGB § 542
BGB § 543
BGB § 543 Abs. 3
BGB § 566 a.F.
BGB § 566 Abs. 1
BGB § 569 Abs. 1
BGB § 578 Abs. 1
BGB § 578 Abs. 2 Satz 2
BGB § 580 a Abs. 2
BGB § 550
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 08.06.2005 verkündete Urteil der 11. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 05.07.2006 teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 746.670,67 € nebst Zinsen in Höhe von 3 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 106.139,17 € ab dem 04.06.2004, 06.07.2004, 05.08.2004, 04.09.2004, 06.10.2004, 05.11.2004 und 04.12.2004 bis jeweils zum 31.12.2005 sowie aus 638.649,20 € ab dem 01.01.2006 und aus weiteren 108.021,47 € ab dem 06.01.2005 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin jeweils am 3. Werktag eines jeden Monats,

beginnend mit dem 04.02.2005 108.021,47 €,

beginnend mit dem 04.01.2006 109.941,33 €,

beginnend mit dem 04.01.2007 111.899,69 €,

beginnend mit dem 04.01.2008 113.897,21 €,

beginnend mit dem 05.01.2009 115.934,69 €,

beginnend mit dem 05.01.2010 118.012,91 €,

beginnend mit dem 05.01.2011 120.132,69 €,

beginnend mit dem 04.01.2012 122.294, 87 €

bis zum 31.12.2012 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 98 % und die Klägerin zu 2 %. Von den Kosten der einzelnen Streithelfer fallen der Beklagten jeweils 98 % und den jeweiligen Streithelfern 2 % zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die vollstreckende Partei Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Beklagten bleibt die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt von der aus der ehemals als M. S. Holding GmbH firmierenden M. Holding GmbH im Wege der Umwandlung hervorgegangenen Beklagten im Wege des Urkundenprozesses teils aus abgetretenem Recht der aus den Streithelfern zu 2) und 3) als Gesellschaftern bestehenden Streithelferin zu 1), teils in Prozessstandschaft für die aus der Klägerin und der F. E. AG & Co. KG (nachfolgend: F.) als Erwerbern des an die Beklagte seinerzeit von der Streithelferin zu 1) aufgrund durch Vereinbarung vom 10.08.1999 (Anl. K 2, Anlagenband) ergänzten Vertrages vom 10.10.1996 (Anl. K 1, gesonderter Anlagenband) vermieteten Grundstücks nebst Bürogebäude auf der M. Str. 15 in D. bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts Zahlung rückständiger Miete nebst Zinsen für den Zeitraum von Juni 2004 bis Januar 2005 in Höhe von 850.995,66 € (7 x 106.139,17 € [Juni bis Dezember 2004] + 108.021,47 [Januar 2005]). Daneben möchte sie die Beklagte, beginnend ab Februar 2005, zur Zahlung künftiger Miete in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang verurteilt wissen.

Mit seinem der Klägerin am 21.07.2005 (Bl. 208 GA) zugestellten Urteil vom 08.06.2005 (Bl. 181 f GA), berichtigt durch Beschluss vom 05.07.2006 (Bl. 529 f GA), auf das zur näheren Sachdarstellung ebenso Bezug genommen wird wie auf den vorstehenden Beschluss, hat das Landgericht Düsseldorf die Klage als im Urkundenprozess unstatthaft abgewiesen. Zwar könnten Mietzinsforderungen auch im Urkundenprozess geltend gemacht werden. Bestehe allerdings ein Minderungsrecht, gelte dies nur dann, wenn der Vermieter auch in der Lage sei, die Höhe des Mietanspruches mit den statthaften Beweismitteln zu belegen. Hieran fehle es hinsichtlich der von der Beklagten behaupteten Schadstoffbelastung. Letztere sei durch die in der mündlichen Verhandlung vorgelegten, als Parteivortrag zu wertenden Gutachten des Sachverständigen Dr. B. ausreichend substantiiert worden, denen die Klägerin und die Streithelfer durch lediglich pauschales Bestreiten nicht wirksam entgegen getreten seien.

Hiergegen richtet sich die am 18.08.2005 eingelegte (Bl. 284 GA) und nach Fristverlängerung bis zum 24.10.2005 (Bl. 298 GA) am 21.10.2005 begründete (Bl. 314 f GA) Berufung der Klägerin, welcher sich die Streithelfer am 22.08.2005 (Bl. 290 GA) mit nachfolgender Begründung vom 24.10.2005 (Bl. 399 f GA) angeschlossen haben.

Mit ihrer Berufung verfolgen die Klägerin und die Streithelfer das Klagebegehren weiter. Sie machen geltend, das Landgericht habe die Schlussgutachten des Sachverständigen Dr. B. vom 10., 11., 12., 14. und 26.01.2005 in unzulässiger Weise als Entscheidungsgrundlage herangezogen. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 23.02.2005 (Bl. 119 f GA) sei von einer Bezugnahme gemäß § 137 Abs. 3 ZPO auf den Schriftsatz vom 21.02.2005 abgesehen worden. Hiervon seien demgemäß auch die als Anlagen beigefügten Gutachten umfasst gewesen, die damit zu keinem Zeitpunkt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen seien. Soweit die Beklagte mündlichen Sachvortrag gehalten habe, seien die Klägerin und die Streithelfer diesem qualifiziert entgegen getreten. Soweit das Landgericht dies verneine, überspanne es die Anforderungen des § 138 Abs. 2 ZPO. Überdies hindere ein Minderungsrecht die Statthaftigkeit der Klage nicht. Vielmehr treffe auch im Urkundenprozess die Beweis- und Darlegungslast für die Mangelhaftigkeit der Mietsache und damit die Höhe einer etwaigen Minderung den Mieter. Im Übrigen habe das Landgericht gegen seine Hinweispflicht nach § 139 ZPO verstoßen, indem es weder darauf hingewiesen habe, dass es entgegen anders lautenden Ankündigungen das Beklagtenvorbringen für substantiiert erachte, noch auf die Unstatthaftigkeit des Urkundenprozesses hingewiesen habe. Die damit unter Verstoß gegen das nach Art. 103 GG sowie Art. 6 Abs. 1 MRK zu gewährende rechtliche Gehör ergangene Überraschungsentscheidung könne daher keinen Bestand haben. Bei entsprechendem Hinweis hätten die Klägerin und die Streithelfer, denen die Gutachten ohnehin erst am 17. bzw. 18.02.2005 übermittelt worden seien, eine Schriftsatzfrist nach § 283 ZPO zwecks dezidierter Stellungnahme beantragt und gegebenenfalls vom Urkundenprozess Abstand genommen. Ungeachtet dessen genüge die pauschale Bezugnahme auf Gutachten nicht den an einen wirksamen Parteivortrag zu stellenden Anforderungen. Überdies seien die Gutachten, wie auch das Gutachten des Sachverständigen K. vom 24.10.2005 (Anl. SB 2, Bl. 428 f GA) belege, unschlüssig, insbesondere widersprüchlich. Hierzu wird auf das Gutachten des Sachverständigen K. verwiesen. Die hiergegen gerichteten inhaltlichen Angriffe seien auch nach §§ 531 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3, 529 Abs. 1 Nr. 3 ZPO in zweiter Instanz beachtlich. Zudem sei die Beklagte, nachdem sie die Klägerin trotz der im Jahr 2003 begonnenen Untersuchungen nicht von den behaupteten Mängeln in Kenntnis gesetzt habe, ihrer Rechte nach § 536 c BGB verlustig gegangen.

Die Klägerin und Streithelfer beantragen,

das am 08.06.2005 verkündete Urteil der 11. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 05.07.2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,

1.

an die Klägerin 850.995,66 € nebst Zinsen in Höhe von 3 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 106.139,17 € seit dem 04.06., 05.07., 05.08., 04.09., 05.10., 04.11. und 04.12.2004 sowie aus 108.021,47 € seit dem 05.01.2005 zu zahlen,

2.

an die Klägerin jeweils am 3. Werktag eines jeden Monats,

beginnend mit dem 04.02.2005 108.021,47 €,

beginnend mit dem 04.01.2006 109.941,33 €,

beginnend mit dem 04.01.2007 111.899,69 €,

beginnend mit dem 04.01.2008 113.897,21 €,

beginnend mit dem 04.01.2009 115.934,69 €,

beginnend mit dem 04.01.2010 118.012,91 €,

beginnend mit dem 04.01.2011 120.132,69 €,

beginnend mit dem 04.01.2012 122.294, 87 €

bis zum 31.12.2012 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Nachdem bereits die Beklagte von Beginn an auf die Unstatthaftigkeit der gewählten Verfahrensart hingewiesen habe, sei das Landgericht zu einem entsprechenden Hinweis nicht mehr verpflichtet gewesen. Die Klägerin und Streithelfer könnten sich auch nicht darauf zurückziehen, die Vorlage der Gutachten vom 26.01.2005 sei verspätet erfolgt, da sie weder eine Vertagung nach § 593 Abs. 2 ZPO noch ein Schriftsatzrecht beantragt hätten. Vielmehr hätten sie auf ausdrückliche Nachfrage im Termin zur mündlichen Verhandlung erklärt, keinen weiteren Sachvortrag einführen zu wollen. Damit sei ein etwaiger Verfahrensmangel jedenfalls nach § 295 Abs. 1 ZPO geheilt. Auch seien die Gutachten im Termin zur mündlichen Verhandlung in Bezug genommen worden. Wie das Protokoll belege, sei lediglich der vom 21.02.2005 datierende Schriftsatz hiervon ausgenommen gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages sowie des Vorbringens der Streithelfer wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die Schriftsätze der Streithelfer nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung hat überwiegend Erfolg. Zu Unrecht hat das Landgericht die Klage als in der gewählten Prozessart unstatthaft zurückgewiesen. Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten Zahlung von Mietrückständen in Höhe von 746.670,67 € (Bruttogrundmiete für Juni bis Dezember 2004 [91.235,60 € x 7] sowie Bruttomiete einschl. Nebenkostenvorauszahlung für Januar 2005 [108.021,47 €]) nebst Zinsen sowie Zahlung künftiger Miete verlangen. Soweit die Klägerin allerdings monatliche Nebenkostenvorauszahlungen für das Jahr 2004 in Höhe von 14.903,57 € beansprucht, ist ihre Klage nach Eintritt der Abrechnungsreife am 31.12.2005 unbegründet. Entsprechend war der Zinsanspruch zu reduzieren.

1.

Die Klage ist zulässig.

a.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die Statthaftigkeit des Urkundenprozesses für die Geltendmachung rückständiger sowie künftiger Miete zu bejahen (§ 592 Satz 1 ZPO). § 592 Satz 1 ZPO öffnet den Urkundenprozess grundsätzlich unterschiedslos für die Geltendmachung aller Ansprüche, welche die Zahlung einer bestimmtem Geldsumme zum Gegenstand haben. Das ist bei Mietforderungen der Fall (BGH, DWW 2005, 285). Überdies hat die Klägerin durch Vorlage des Mietvertrages vom 10.10.1996 (Anl. K 1, Anlagenband), dessen Ergänzung vom 10.08.1999 (Anl. K 2, Anlagenband) sowie der Kaufverträge vom 13.02.2004 (Anl. K 7 und K 8, Anlagenband) und der gesonderten notariellen Vereinbarung vom 13.02.2004 (Anl. K 9, Anlagenband) zwischen der Klägerin und der Frankonia sämtliche zur Begründung ihrer Ansprüche erforderlichen und zwischen den Parteien streitigen Tatsachen durch Urkunden bewiesen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts und der Beklagten steht der Statthaftigkeit nicht entgegen, dass die Beklagte zur fristlosen Kündigung berechtigende Mängel der Mietsache behauptet hat und - diesen Vortrag als richtig unterstellt - der Mietanspruch daher - unabhängig von Ziffer 7.1.2 des Mietvertrages - entweder durch Kündigung oder gemäß § 536 Abs. 1 BGB von Gesetzes wegen ganz oder teilweise entfallen wäre. Das Vorliegen eines Sachmangels hat nicht zur Folge, dass die Höhe der Miete vom Vermieter nicht mehr durch Urkunden im Sinne von § 592 Satz 1 ZPO bewiesen werden kann. Die Mangelfreiheit gehört nicht zu den zur Begründung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen. Vielmehr begründet die infolge der Mangelhaftigkeit eintretende Mietminderung eine materiell-rechtliche Einwendung des Mieters gegen die Forderung, die im Prozess von dem Mieter darzulegen und zu beweisen ist (vgl. zum Vorstehenden: BGH, NJW 1999, 1408; BGH, NJW 2005, 2701). Entsprechendes gilt für die Kündigung. Inwieweit eine andere rechtliche Beurteilung geboten ist, wenn der Mieter die Einrede, das Mietobjekt sei mangelbehaftet und der Mietvertrag wirksam gekündigt, durch Urkunden gemäß § 595 Abs. 2 ZPO beweisen kann, während der Vermieter den Gegenbeweis mittels der im Urkundenprozess zugelassenen Beweismittel nicht erbringen kann, kann dahin stehen (vgl. dazu OLG Düsseldorf, NZM 2004, 946 [947]). Denn die Beklagte hat die Mangelhaftigkeit der Mietsache ebenso wenig wie die Voraussetzungen einer wirksamen fristlosen Kündigung durch Urkunden belegt.

b.

Die Klage begegnet auch keinen Zulässigkeitsbedenken, soweit die Klägerin gemäß § 259 ZPO künftigen Mietzins beansprucht. Vertritt die Beklagte die Auffassung, das Mietverhältnis sei durch die Kündigung vom 19.05.2004 (Anl. B 9, Anlagenband), jedenfalls durch die nachfolgende Kündigung vom 07.12.2004 (vgl. Bl. 100 GA) beendet worden, wobei die Miete ohnehin auf Null gemindert sei, bestreitet sie ernsthaft den Zahlungsanspruch der Klägerin, so dass die Besorgnis, die Beklagte werde sich der rechtzeitigen Leistung entziehen, gerechtfertigt ist (vgl. BGHZ 5, 342 [343]; BGH, NJW 1999, 954 [955]; Greger, in: Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 259 Rz. 3). An der Zulässigkeit der Klage ändert nichts, dass im Verlaufe des Rechtsstreits die eingeklagte Miete teilweise fällig geworden ist. Zwar kommt es für das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen regelmäßig auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung an. Auch kann der auf künftige Leistung gerichtete Zahlungsantrag im Hinblick auf § 308 Abs. 1 ZPO nicht ohne Klageerweiterung nach § 264 Nr. 2 ZPO in einen Antrag auf uneingeschränkte Verurteilung ausgelegt werden (vgl. Foerste, in: Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 257 Rz. 6 m.w.N.). Indes gebietet der Gesichtspunkt der Prozessökonomie vorliegend, die Zulässigkeit des Antrages zu bejahen, nachdem der Antrag bei Klageerhebung insgesamt zulässig war und andernfalls eine neue Klage mit gleichgelagertem Sachverhalt die Folge wäre (vgl. RGZ 88, 178 [179]).

c.

Soweit die Beklagte erstinstanzlich den Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit erhoben hat (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO), folgt hieraus nichts anderes, nachdem die Beklagte selbst eingeräumt hat, dass die seinerzeit erhobene Klage nicht zugestellt werden konnte und damit jedenfalls nicht vor Zustellung der vorliegenden Klage rechtshängig geworden ist (§ 253 Abs. 1 ZPO).

2.

Die Klägerin hat gemäß § 535 Abs. 2 i.V.m. §§ 578 Abs. 1, 566 Abs. 1 bzw. § 398 BGB und Ziffer 3.2 bis 3.4, 4.4, 4.7 des Mietvertrages i.V.m. Ziffer 4.2 der ersten Ergänzungsvereinbarung zum Mietvertrag vom 10.08.1999, welche auch gegenüber der durch Umwandlung aus der B. o. M. Holding GmbH, ehemals firmierend unter M. S. Holding GmbH, hervorgegangenen Beklagten entsprechende Wirkung entfalten, Anspruch auf Zahlung der - die Frage der Minderung ausgenommen - im Übrigen der Höhe nach unstreitigen Grundmiete einschließlich Mehrwertsteuer von monatlich 91.235,60 € für den Zeitraum von Juni bis Dezember 2004 sowie für Januar 2005 in Höhe von 108.021,47 € (Bruttomiete einschließlich Nebenkostenvorauszahlung). Ein Anspruch auf Nebenkostenvorauszahlungen von monatlich 14.903,57 € besteht nach Eintritt der Abrechnungsreife für das Jahr 2004 am 31.12.2005 nicht (mehr).

a.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert.

aa.

Für die Zeit vor der am 26.10.2004 erfolgten Grundbucheintragung der Klägerin hat die Streithelferin zu 1) als Grundstückseigentümerin und vormalige Vermieterin ihre Ansprüche gemäß § 4 Ziffer 3 a) des Kaufvertrages vom 13.02.2004 (Anl. K 7, Anlagenband) wirksam an die Klägerin abgetreten (§ 398 BGB). Dass die Nutzen und Lasten des angrenzenden, an die Frankonia verkauften Teilgrundstücks zu diesem Zeitpunkt bereits auf die F. übergegangen waren oder die F. vor dem 26.10.2004 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen worden ist, ist weder vorgetragen noch aus der Akte ersichtlich. Auf die Kaufpreiszahlung der Klägerin und den hiermit nach § 5 Ziffer 2 des Kaufvertrages verbundenen Übergang von Nutzen und Lasten kommt es demgemäß nicht an. Unschädlich ist schließlich die "Befristung" der Abtretung auch insofern, als diese bei sach- und interessengerechter Auslegung nach §§ 133, 157 BGB dahin zu verstehen ist, dass die künftigen Ansprüche lediglich bis zu dem genannten Zeitpunkt abgetreten sein sollen.

Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, die Abtretung habe der Zustimmung der Beklagten bedurft, verkennt sie, dass es sich hierbei - anders als bei der Schuld- oder Vertragsübernahme - nicht um ein drei- sondern ein zweiseitiges Rechtsgeschäft handelt.

bb.

Nach Eintragung im Grundbuch und hiermit einhergehendem Eintritt in die Rechtsposition der Streithelferin zu 1) (§ 566 Abs. 1 BGB) folgt im Ergebnis nichts anderes, weil weder Vortrag zu einer Grundbucheintragung der F. erfolgt ist, aufgrund derer die F. in die Rechtsposition der Streithelferin zu 1) eingetreten wäre, noch zu einer Abtretung der Rechte aus dem Mietvertrag zugleich an die F.

b.

Soweit die Beklagte geltend macht, das Mietverhältnis sei durch die Kündigungen vom 19.05.2004 und 07.12.2004 vorfristig beendet worden, ist ihr Vorbringen teilweise unerheblich, teilweise gemäß §§ 592 Abs. 2, 598 ZPO als im Urkundenprozess unstatthaft zurückzuweisen.

aa.

Die gegenüber der Streithelferin erklärte fristlose Kündigung vom 19.05.2004 ist als solche unwirksam. Angesichts der Befristung des Mietverhältnisses jedenfalls bis zum 31.12.2012 kommt auch eine Umdeutung in eine ordentliche Kündigung nicht in Betracht.

(1)

Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte darauf, die Kündigung vom 19.05.2004 habe das Mietverhältnis fristlos wegen unzureichenden Brandschutzes und einer hieraus abzuleitenden erheblichen Gesundheitsgefährdung nach §§ 578 Abs. 2 Satz 2, 569 Abs. 1, 543 BGB beendet.

(a)

Die an die Streithelferin zu 1) als seinerzeitiger Vertragspartnerin gerichtete Kündigung entfaltet allerdings gemäß § 407 Abs. 1 BGB auch Wirkung zu Lasten der Klägerin (vgl. OLG Düsseldorf, WM 1980, 95). Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte zum Zeitpunkt der Kündigung Kenntnis von der im Kaufvertrag zwischen der Klägerin und der Streithelferin zu 1) vereinbarten Abtretung hatte, finden sich nicht. Allein der Umstand, dass die Beklagte von dem Verkauf in Kenntnis gesetzt worden war, genügt hierzu nicht. Vielmehr müsste sie positive Kenntnis auch von der Abtretung durch die Streithelferin zu 1) besessen haben. Ein bloßes Kennenmüssen genügt hierfür nicht (vgl. Heinrichs, in: Palandt, BGB, 65. Aufl., § 407 Rz. 6).

(b)

Es mag dahin stehen, ob die Beklagte eine erhebliche Gesundheitsgefahr in Form einer erhöhten Brandgefahr substantiiert hat. Jedenfalls ist ihr unter den besonderen Umständen des Einzelfalles die Berufung auf Mängel des Brandschutzes nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt. Denn die Beklagte hätte unter den gegebenen Umständen vor einer Kündigung unter Fristsetzung Gelegenheit zur Nachbesserung geben müssen (vgl. KG, GE 2001, 1539; Blank, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 8. Aufl., § 569 Rz. 7).

Dabei kann offen bleiben, ob die Beklagte nicht bereits nach § 543 Abs. 3 BGB zur Abmahnung und Fristsetzung zur Mängelbeseitigung verpflichtet war. Jedenfalls nach Erhalt der Schreiben der Streithelferin zu 1) vom 19.02.2004 (Anl. S 7, Anlagenband) sowie vom 11.03.2004 (Anl. S 9, Anlagenband) und der seitens der Beklagten erfolgten Terminsabsage für den 04.03.2004 (Anl. S 8, Anlagenband) war die Beklagte nach Treu und Glauben gehalten, an der Durchführung der Restarbeiten mitzuwirken und hierzu eine Frist zu setzen, nachdem sie die behauptete Beeinträchtigung über einen Zeitraum von über drei Jahren hingenommen hat, ohne deren Beseitigung zu fordern oder gar fristlos zu kündigen. Denn spätestens seit dem Anhörungsschreiben vom 08.08.2001 (Anl. B 4, Anlagenband) besaß die Beklagte Kenntnis von den im Rahmen der Brandschau am 22.03.2001 festgestellten brandschutztechnischen Mängeln. Bereits zuvor hatte sie im Rahmen der Brandschau, vertreten durch die jedenfalls nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht vertretungsbefugte Frau B. als ständiger Ansprechpartnerin der Beklagten in Sachen Brandschutz, entsprechende Kenntnis erlangt. In der Folge hat sie zudem auf Bitte der Streithelferin zu 1) eine Mängelliste vom 31.03.2003 (Bl. 58 GA) erstellt, in der sie eigens zu erledigende Restarbeiten hinsichtlich der Brandschutzes aufgeführt hat. Erschwerend kommt zu dem langen Zeitraum des untätigen Zuwartens hinzu, dass die Beklagte trotz des durch Schreiben vom 19.02.2004 zum Ausdruck gekommenen Bemühens der Streithelferin zu 1) um Abhilfe den für den 04.03.2004 vereinbarten Termin abgesagt und auch auf Bitte der Streithelferin zu 1) vom 11.03.2004 um schnellstmögliche Terminsabstimmung hin einzig mit der Aufforderung vom 22.03.2004 (Anl. S 11, Anlagenband) reagiert hat, die behördlichen Auflagen nachzuweisen. Hat die Beklagte mithin die behauptete Beeinträchtigung über einen so langen Zeitraum hingenommen, ohne Maßnahmen zu ihrer Beseitigung einzuleiten, und hat sie solche im Gegenteil erschwert, war sie vor einer fristlosen Kündigung zumindest gehalten, eine Frist zur Mängelbeseitigung zu setzen und an den erforderlichen Maßnahmen mitzuwirken.

(2)

Soweit sich die Beklagte zur Begründung ihrer fristlosen Kündigung auf eine Gesundheitsbeeinträchtigung in Form der Schadstoffbelastung durch Schimmelpilze, hierdurch hervorgerufene Myko- und Endotoxine sowie schwerflüchtige organische Verbindungen stützt, ist ihr Vorbringen als im Urkundenprozess unstatthaft zurückzuweisen (§§ 592 Abs. 2, 598 ZPO).

(a)

Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass die Beklagte eine erhebliche Gesundheitsbeeinträchtigung ausreichend substantiiert hat.

Die Beklagte hat - ausgehend von dem nach § 314 ZPO Beweis erbringenden Urteilstatbestand - schriftsätzlich wie mündlich ohne Bezugnahme auf schriftsätzliches Vorbringen behauptet, das Vertragsobjekt sei mit Schadstoffen biologischen und chemischen Ursprungs belastet, welche sich in hoher Konzentration in der Raumluft befänden. Nach lang andauernder Durchfeuchtung des zweiten Untergeschosses sowie der Fahrstuhlschächte sei es zu mikrobiologischem Bewuchs gekommen. Die hiermit angereicherte Raumluft sei über vorhandene Reste des alten Rohrsystems sowie die Fahrstühle im gesamten Haus verbreitet worden. Hierdurch würden die Nutzer in ihrer Gesundheit geschädigt, wie der von Herrn Dr. B. festgestellte Zusammenhang zwischen dem Aufenthalt von fünfzehn durch ihn untersuchten Mitarbeiter in den angemieteten Räumlichkeiten und deren gesundheitlichen Beeinträchtigungen ergeben habe. Hierzu hat sie Gutachten der Sachverständigen Dr. B. und Dr. B. vorgelegt und - jedenfalls in zweiter Instanz - wirksam in Bezug genommen, nachdem es ihr nicht möglich war, die erst kurz vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung bei dem Landgericht fertig gestellten Gutachten zu einem früheren Zeitpunkt in den Rechtsstreit einzuführen (§ 531 Abs. 2 ZPO).

(b)

Zu Unrecht ist das Landgericht indes davon ausgegangen, die Klägerin und die Streithelfer hätten den Sachvortrag der Beklagten nur unzureichend bestritten. Vielmehr haben sich diese mit dem Vorbringen der Beklagten bereits erstinstanzlich unter Berufung auf das Gutachten des Sachverständigen K. vom 20.09.2003 (Anl. S 14, Anlagenband) dezidiert auseinandergesetzt. Keiner Entscheidung bedarf, inwieweit erstinstanzlich zugleich eine Auseinandersetzung mit den Gutachten des Sachverständigen Dr. B. vom 10., 11., 12., 14. und 26.01.2005 bzw. dem gegnerischen Vortrag erfolgt ist und möglich war. Denn eine solche ist zumindest in der Berufungsbegründung unter Beifügung des Gutachtens des Sachverständigen K. vom 24.10.2005 (Anl. BS 2, Bl. 428 f GA) erfolgt (vgl. Bl. 323 f, 409 f GA).

Das dahin gehende zweitinstanzliche Vorbringen ist auch nach § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen. Zu Recht macht die Berufung geltend, dass das Landgericht unter anderem gegen seine auf § 139 Abs. 3 ZPO beruhende Hinweispflicht verstoßen habe, indem es einen Hinweis auf die Unstatthaftigkeit der Klage im Urkundenprozess unterlassen habe. Unabhängig davon, dass auch bei einer ausreichenden Substantiierung des Sachvortrages der Beklagten eine Klageabweisung als unstatthaft unter keinem Gesichtspunkt in Betracht gekommen wäre, hätte das Landgericht die Klägerin und die Streithelfer in jedem Fall darauf hinweisen müssen, dass es den Sachvortrag der Beklagten als ausreichend erachtet. In diesem Fall hätten die Klägerin bzw. die Streithelfer auch ein Schriftsatzrecht beantragt und bereits erstinstanzlich in beachtlicher Weise auf die Gutachten entgegnet sowie gegebenenfalls vom Urkundenprozess Abstand genommen. Hieran ändert nichts, dass die Beklagte die Auffassung vertreten hat, die Klage sei in der gewählten Prozessart unstatthaft. Denn diese hat sich ersichtlich auf die unzutreffende Annahme gegründet, bereits die Geltendmachung einer Minderung schließe die Statthaftigkeit des Urkundenprozesses aus.

(c)

Der der Beklagten danach obliegende Beweis einer Schadstoffbelastung des Objektes kann im Urkundenprozess mit den hierzu von der Beklagten vorgelegten Privatgutachten nicht geführt werden (§§ 598, 595 Abs. 2 ZPO). Als Privaturkunden sind sie gemäß § 416 ZPO lediglich geeignet, Beweis dafür zu erbringen, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben worden sind, nicht aber für die Richtigkeit deren Inhalts. Vielmehr handelt es sich insofern um Parteivortrag. Soweit Privatgutachten im Einzelfall die Einholung eines Sachverständigengutachtens erübrigen können, kommt dies vorliegend schon deshalb nicht in Betracht, weil die Parteien widerstreitende Privatgutachten vorgelegt haben (vgl. BGH, NJW 1998, 2753; NJW 1993, 2382; Greger, in: Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 402 Rz. 6 c). Ungeachtet dessen scheiden im Urkundenprozess alle privatschriftlichen Urkunden als Beweismittel aus, die ihrem Inhalt nach auf einen Ersatzbeweis für ein Sachverständigengutachten hinauslaufen wie hier (BGHZ 1, 218 [220]; OLG München, MDR 1998, 1180; Greger, in: Zöller, a.a.O., § 592 Rz. 16).

Nach alledem ist die Beklagte insoweit auf das Nachverfahren zu verweisen.

(3)

Die Kündigung vom 19.05.2004 hat auch nicht nach §§ 542, 580 a Abs. 2 BGB zu einer vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses mit Ablauf des 31.12.2004 geführt. Zwar ist es möglich, eine fristlose Kündigung nach § 140 BGB in eine ordentliche Kündigung umzudeuten, wenn die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung nicht gegeben sind (BGH, Urteil vom 15.01.2003, Az. XII ZR 300/99). Indes ist der Mietvertrag nach Maßgabe von Ziffer 2.2 in der durch die Ergänzungsvereinbarung geänderten Fassung bis zum 31.12.2015 langfristig abgeschlossen mit der Möglichkeit einer vorzeitigen Kündigung lediglich zum 31.12.2012. Die Vereinbarung einer langfristigen Mietzeit ist auch nicht wegen Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis des § 566 BGB a.F. bzw. § 550 BGB unwirksam.

Für die Einhaltung der Schriftform ist erforderlich, dass alle Vertragsparteien die Vertragsurkunde unterzeichnen. Unterzeichnet für eine Vertragspartei ein Vertreter den Mietvertrag, muss dies in der Urkunde durch einen das Vertretungsverhältnis anzeigenden Zusatz hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen (BGHZ 125, 175 [179]; BGH, Urteil vom 15.01.2003, Az. XII ZR 300/99; BGH, NZM 2004, 97).

Nach dieser Maßgabe genügen sowohl der Mietvertrag vom 10.10.1996 als auch die Ergänzungsvereinbarung vom 10.08.1999, deren Formunwirksamkeit zugleich eine solche des ursprünglichen Mietvertrages nach sich ziehen kann mit der Folge, dass das Mietverhältnis insgesamt als unbefristetes Mietverhältnis gilt (vgl. BGHZ 50, 39 [43]; BGH, NJW 1987, 948; BGH, Urteil vom 15.01.2003, Az. XII ZR 300/99), den Anforderungen des § 566 BGB a.F. bzw. § 550 BGB. Aus der Mietvertragsurkunde geht hervor, dass die Streithelferin zu 1) als Mietvertragspartei durch Herrn F. als (alleinvertretungsberechtigten) Geschäftsführer (vgl. hierzu auch Bl. 81 GA) vertreten worden ist. Entsprechendes gilt für die durch den Verwalter O. als Vertreter der Streithelferin zu 1) unterzeichnete Ergänzungsvereinbarung.

bb.

Der Mietvertrag ist auch nicht durch die Kündigung vom 07.12.2004 (vgl. Bl. 100 GA) beendet worden. Als hilfsweise ordentliche Kündigung konnte sie nach Vorstehendem keine Wirkung entfalten. Die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung nach §§ 578 Abs. 2 Satz 2, 569 Abs. 1, 543 BGB hingegen hat die Beklagte nicht dargelegt bzw. den erforderlichen Beweis mit den im Urkundenprozess statthaften Beweismitteln nicht zu führen vermocht.

Ungeachtet dessen, dass die Beklagte jeden Vortrag zum Inhalt der Kündigung vermissen lässt und auch das Kündigungsschreiben nicht vorgelegt hat, ist ihr Vorbringen hinsichtlich der behaupteten Schadstoffbelastung aus den oben angeführten Gründen beweislos und daher als unstatthaft zurückzuweisen. Im Übrigen rechtfertigt sich die Kündigung auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Brandschutzes. Unabhängig davon, ob der diesbezügliche Sachvortrag der Beklagten prozessualen Anforderungen genügt, hätte die Beklagte nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) aus den oben angestellten Erwägungen Gelegenheit zur Mängelbeseitigung einräumen müssen. Hieran ändert der Wechsel der Forderungsberechtigung nichts. Trat die Klägerin durch Abtretung bzw. Rechtsnachfolge gemäß § 566 BGB in das Mietverhältnis ein, kommen ihr auch die bereits gegenüber der Streithelferin zu 1) begründeten Rechte zu.

Soweit die Beklagte darauf verweist, ihre Kündigung vom 19.05.2004 habe als Abmahnung gedient, folgt hieraus nichts anderes. Denn der Kündigung ist gerade nicht die Absicht zu entnehmen, Gelegenheit zur Vornahme der ausstehenden Brandschutzmaßnahmen zu geben. Vielmehr hat die Beklagte hiermit ihren ausdrücklichen Willen kundgetan, an einer Fortsetzung des Mietverhältnisses und damit der Beseitigung bestehender Brandschutzmängel kein Interesse zu besitzen. Aus diesem Grunde ist auch ohne Belang, ob eine Kündigung der Streithelferin zu 1) gegenüber auch Wirkung in Bezug auf die Klägerin entfalten kann und welche Auswirkungen gegebenenfalls die Unterrichtung der Klägerin von der Kündigung hat.

c.

Der Beklagten kann nicht darin gefolgt werden, dass die Miete über die zwischen den Parteien unstreitige Minderung von 2% der Grundmiete hinaus nach § 536 BGB gemindert war.

aa.

Eine Minderung wegen Brandschutzmängeln kommt nicht in Betracht.

(1)

Die Beklagte hat bereits einen zur Minderung berechtigenden Mangel nach § 536 BGB nicht dargetan. Hierfür hätte es, unabhängig davon, ob die Beklagte Brandschutzmängel ausreichend konkretisiert hat, näherer Ausführungen zu einer Beeinträchtigung des Mietgebrauchs bedurft. Denn der Umstand, dass im Falle eines zukünftig eintretenden Brandes möglicherweise das Gesundheitsrisiko für die Mitarbeiter der Beklagten wegen unzureichender Brandschutzeinrichtungen erheblich erhöht war, führt für sich genommen nicht zu einer Beeinträchtigung des Mietgebrauchs (vgl. KG Berlin, ZMR 2004, 41 [42]). Eine solche resultiert auch nicht aus einer ordnungsrechtlichen Verfügung, da die Nutzung der Mieträumlichkeiten weder im Ganzen noch partiell untersagt worden ist.

(2)

Überdies hat die Beklagte ihr Recht, sich auf eine Mietminderung zu berufen, gemäß § 242 BGB verwirkt, indem sie in Kenntnis der Brandschutzmängel ihre Miete bis zur Kündigung vom 19.05.2004 über einen Zeitraum von drei Jahren vorbehaltlos entrichtet hat.

Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht in Zukunft nicht geltend machen werde (BGHZ 84, 280 [281]; 105, 290 [298]; BGH NJW 2003, 824; BGH, Beschluss vom 16.02.2005, Az. XII ZR 24/02). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

(aa)

Das für die Verwirkung konstitutive Zeitelement ergibt sich im vorliegenden Fall aus der Tatsache, dass die Beklagte ab Kenntniserlangung von den Brandschutzmängeln anlässlich der Brandschau vom 22.03.2001 sowie der nachfolgenden Anhörung über einen Zeitraum von über drei Jahren vorbehaltlos ihre Miete entrichtete. Wegen der Einzelheiten der Kenntniserlangung kann auf vorstehende Ausführungen verwiesen werden.

(bb)

Die Streithelferin zu 1) und die Klägerin durften aufgrund der gegebenen Umstände auch darauf vertrauen und sich darauf einrichten, die Beklagte werde die streitgegenständliche Miete wegen der Brandschutzmängel nicht mindern. Zwar ist der bloße Zeitablauf nicht geeignet, derartiges Vertrauen zu begründen. Indes war der Streithelferin zu 1) aufgrund der Teilnahme der Beklagten, vertreten durch Frau B., an der Brandschau sowie des nachfolgenden - oben im Einzelnen dargelegten Schriftverkehrs, u.a. der Mängelliste vom 31.03.2003 - bewusst, dass die Beklagte Mangelkenntnis besaß. Forderte die Beklagte unter diesen Umständen keine Mängelbeseitigung, sondern wirkte sogar den Bemühungen um Erledigung der Restarbeiten zur Herstellung eines ausreichenden Brandschutzes entgegen, konnte die Streithelferin zu 1) darauf vertrauen, dass die Beklagte sich auch in Zukunft nicht auf eine etwaige Mietminderung berufen wird.

(cc)

Keine andere Beurteilung folgt schließlich aus der Abtretung der Rechte der Streithelferin zu 1) bzw. der mit dem Eigentumserwerb vollzogenen Rechtsnachfolge. War nämlich das Recht der Beklagten bereits bei Forderungsabtretung bzw. Eigentumserwerb verwirkt, konnte dieses hierdurch nicht neu entstehen. Jede andere Sichtweise hätte zudem eine allein durch die Abtretung bzw. Rechtsnachfolge bedingte Besserstellung der Beklagten zur Folge.

(dd)

Nach alledem kann dahin stehen, ob der Beklagten die Geltendmachung einer Minderung zudem im Hinblick auf die im Rahmen der Durchführung der brandschutztechnischen Restarbeiten unterbliebene Mitwirkung nach § 242 BGB verwehrt ist.

bb.

Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte auch auf eine durch die behauptete Schadstoffbelastung eingetretene Minderung, da sie den Beweis einer durch die Mieträumlichkeiten bedingten Gebrauchsbeeinträchtigung aus den oben im Einzelnen dargestellten Erwägungen nicht mit den im Urkundenprozess statthaften Beweismitteln erbracht hat (§§ 598, 592 Abs. 2 ZPO).

cc.

Hiervon ausgehend bedarf schließlich keiner Entscheidung, inwieweit der Berücksichtigung einer Minderung Ziffer 7.1.2 des Mietvertrages entgegensteht.

d.

Der sich hiernach ergebende Mietanspruch ist für das Jahr 2004 um die geltend gemachten Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von monatlich 14.903,57 € zu kürzen. Denn nach Eintritt der Abrechnungsreife am 31.12.2005 (Ziffer 4.3 des Mietvertrages) kann die Klägerin Nebenkostenvorauszahlungen nicht mehr beanspruchen.

e.

Auf ein Zurückbehaltungsrecht nach § 320 Abs. 1 BGB kann sich die Beklagte ebenfalls nicht berufen. Soweit sie Ansprüche auf Mängelbeseitigung geltend macht, ist ihre Verteidigung im Urkundenprozess schon deshalb unbeachtlich, weil sie den Nachweis für die angeblichen Mängel nicht mit den im Urkundenprozess statthaften Beweismitteln erbracht hat. Ohne Erfolg verweist die Beklagte zudem auf Schadensersatzansprüche, da sie solche nicht einmal ansatzweise dargelegt hat.

3.

Hat die Klägerin mithin Anspruch auf fortlaufende Mietzahlung, ist ihr auf künftige Mietzahlungen gerichteter Antrag begründet. Soweit einzelne der von der Klägerin angeführten Zahlungstermine vor dem in Ziffer 3.3 des Mietvertrages bestimmten Fälligkeitstermin liegen, waren diese der Fälligkeitsregelung anzupassen.

4.

Zinsen kann die Klägerin im zugesprochenen Umfang bei sach- und interessengerechter Auslegung nach Ziffern 14.2, 3.3, 4.4 des Mietvertrages i.V.m. § 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB bzw. §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB i.V.m. Ziffer 3.3 und 4.4 des Mietvertrages verlangen. Dabei kommen ihr Zinsansprüche hinsichtlich der Nebenkostenvorauszahlungen für das Jahr 2004 lediglich bis zum Eintritt der Abrechnungsreife am 31.12.2005 zu. Soweit die Klägerin Zinsen vereinzelt ab einem Zeitpunkt vor Ablauf des dritten Werktages des Monats fordert, war ihr Zinsanspruch entsprechend zu kürzen.

5. Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 22.09.2006 gibt keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

III.

Nach alledem war der Beklagten nach § 599 Abs. 1 ZPO die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorzubehalten.

Wegen des Nachverfahrens kommt eine Zurückverweisung an das Landgericht nicht in Betracht. Dabei kann offen bleiben, ob auf der Grundlage des seit dem 01.01.2002 geltenden Rechts grundsätzlich das Berufungsgericht zur Verhandlung und Entscheidung des Nachverfahrens zuständig ist, wenn das Landgericht die Klage abgewiesen hat und das Vorbehaltsurteil erst auf Rechtsmittel der Klagepartei ergeht (vgl. hierzu BGH, NJW 2005, 2701 [2703]). Jedenfalls bedürfte eine Zurückverweisung in analoger Anwendung von § 538 Abs. 2 Nr. 5 ZPO eines entsprechenden Antrages (BGH, NJW 2005, 2701 [2703]). Hieran fehlt es.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 4 und Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Streitwert: 4.682.890,86 € (850.995,66 € [bei Einreichung der Klage auf künftige Leistung bestehende Rückstände] + 3.831.895,20 € [3,5 x einjährige Bruttogrundmiete (12 x 91.235,60 €)])

Ende der Entscheidung

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