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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 05.02.2004
Aktenzeichen: I-10 U 120/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 133 a.F.
BGB § 157 a.F.
BGB § 214 a.F.
BGB § 317 a.F.
BGB § 319 Abs. 1 Satz 2 a.F.
BGB § 326 a.F.
BGB § 535 a.F.
BGB § 558 Abs. 1 a.F.
1. Zu den Rechtsfolgen einer auch für die Auszugsrenovierung geltenden Schiedsgutachterklausel.

2. Zur Frage, ob die Hemmung der Verjährung mit der Klageerhebung analog § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB entfällt, wenn der Vermieter Klage auf Schadensersatz wegen nicht ausgeführter Renovierungsarbeiten erhebt, ohne vorher das schiedsgutachterliche Verfahren betrieben zu haben.


Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 11. Juni 2003 verkündete Urteil des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche der Klägerin aus einem beendeten Mietverhältnis über Räume zum Betrieb einer Anwaltskanzlei. Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der getroffenen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil (GA 199) Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 3.637,00 EUR nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz stattgegeben und darüber hinausgehende Ersatzansprüche der Klägerin verneint. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihre Schadensersatzforderung in Höhe von 10.222,58 EUR weiter verfolgt. Wegen der näheren Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 15.9.2003 (GA 242 ff.) verwiesen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und bittet nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 22.12.2003 (GA 269 ff.) um Zurückweisung der Berufung.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Über den zuerkannten Betrag von 3.637,00 EUR hinaus steht der Klägerin eine Schadensersatzforderung wegen nicht ausgeführter Schönheitsreparaturen in Höhe von weiteren 10.222,58 EUR nicht zu.

1.

Es mag dahin stehen, ob die geltend gemachte Schadensersatzforderung dem Grunde nach berechtigt ist. Jedenfalls ist der Beklagte gemäß § 222 Abs. 1 a.F. = § 214 Abs. 1 n.F. BGB dauerhaft berechtigt, die Leistung zu verweigern. Eine etwaige Schadensersatzforderung wegen nicht ausgeführter Schönheitsreparaturen gemäß § 326 Abs. 1 a.F. BGB ist jedenfalls verjährt. Der Beklagte hat die Verjährungseinrede erstinstanzlich erhoben, so dass es einer ausdrücklichen Wiederholung in der Berufung nicht mehr bedarf.

Gemäß § 558 Abs. 1 a.F. BGB verjähren die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der gemieteten Sache in sechs Monaten, beginnend mit dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter die Sache zurückerhält. Der kurzen Verjährung unterfallen sowohl der Wiederherstellungsanspruch als auch der wegen Nichterfüllung dieses Anspruchs nach § 326 BGB entstehende Schadensersatzanspruch (BGHZ 107, 179 [182]; BGHZ 128, 74 [79]). Die Verjährung des Schadensersatzanspruchs beginnt frühestens mit seiner Entstehung, d.h., wenn sich der auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands gerichtete Erfüllungsanspruch in einen Schadensersatzanspruch umgewandelt hat (BGHZ 107, 179 [184]). Ist dagegen der Erfüllungsanspruch verjährt, bevor die Voraussetzungen für seine Umwandlung in einen Schadensersatzanspruch eingetreten sind, kann ein Schadensersatzanspruch nicht mehr entstehen, weil der Schuldner nach Eintritt der Verjährung gegenüber dem Erfüllungsanspruch ein Leistungsverweigerungsrecht hat und sich von da an nicht mehr im Verzug befindet (BGH, NZM 1999, 478; NJW-RR 1992, 1226).

2.

Gemessen an diesen Grundsätzen ist der Schadensersatzanspruch der Klägerin verjährt, denn er ist nicht vor Ablauf der Verjährung des Erfüllungsanspruchs entstanden. Wie das Landgericht im Ergebnis zutreffend ausgeführt hat, war der Beklagte gemäß §§ 8 Ziffer 2, 12 b des Mietvertrages verpflichtet, bei Ablauf der Mietzeit zum 30.6.2001 die angemieteten Praxisräume in renoviertem Zustand zurückzugeben. Der Erfüllungsanspruch der Klägerin, dessen Verjährungsfrist mit der Rückgabe der Räume am 11.7.2001 begonnen hat und die am 10./11.1.2002 - bzw. wie noch auszuführen ist, spätestens am 18.2.2002 abgelaufen ist -, hat sich bis zu diesem Zeitpunkt nicht in einen Schadensersatzanspruch umgewandelt. Zwar hat die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 13.7. und 15.8.2001 unter Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung zur Renovierung aufgefordert und mit Schriftsatz vom 16.10.2001 Klage auf Schadensersatz erhoben, so dass die formellen Voraussetzungen des § 326 Abs. 1 BGB erfüllt sind. Gleichwohl hat sich der Erfüllungsanspruch der Klägerin hierdurch nicht in einen Schadensersatzanspruch umgewandelt. Die Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung ging ins Leere, weil zu diesem Zeitpunkt die nach den besonderen Umständen des Falles erforderlichen vertraglichen Voraussetzungen für eine Auszugsrenovierung nicht erfüllt waren. Insoweit haben die Parteien gemäß § 8 Ziff. 2 c des schriftlichen Mietvertrags vom 4.2.1992, der entgegen der Ansicht der Klägerin nicht nur auf die Quotenklausel, sondern insgesamt auf die Beendigungsregelung des § 12 anzuwenden ist, wirksam vereinbart, dass bei einem Streit über die Ausführung von Schönheitsreparaturen ein vereidigter und öffentlicher Sachverständiger entscheiden soll. Hierzu zählen - wie auch die in § 12 Ziff. 1 b Satz 3 enthaltene erneute Bezugnahme auf eine Streitentscheidung durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen belegt - gemäß §§ 133, 157 BGB auch die Differenzen über die Fälligkeit und Notwendigkeit einer Auszugsrenovierung. Mit dieser Schiedsgutachterabrede haben die Parteien entgegen der Auffassung der Klägerin die inhaltliche Bestimmung der von dem Beklagten in Bezug auf die Ausführung notwendiger Schönheitsreparaturen bei Auszug geschuldeten Leistung insgesamt gemäß § 317 BGB einem Dritten überlassen. Erst durch dessen Entscheidung sollte im Verhältnis der Parteien verbindlich festgestellt werden, ob und in welchem Umfang der Beklagte zur Vornahme von Schönheitsreparaturen bei Auszug verpflichtet sein sollte. Solange die Klägerin hiervon keinen Gebrauch machte, konnte der Beklagte mit der Vornahme von Schönheitsreparaturen bei Auszug nicht in Verzug geraten und sich ein etwaiger Erfüllungsanspruch nicht in einen Schadensersatzanspruch umwandeln. Die Klägerin hat dies vorprozessual genauso gesehen, denn sie hat dem Beklagten mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 15.8.2001 mitgeteilt, dass sie gezwungen sei, das vereinbarte Schiedsgutachten einzuholen, wenn dieser die Schönheitsreparaturen nicht innerhalb der gesetzten Frist durchführen würde. Gleichwohl hat sie hiervon in der Folgezeit keinen Gebrauch gemacht, sondern unmittelbar auf Schadensersatz geklagt.

Angesichts der besonderen Umstände des Falles (fehlende ausdrückliche vertragliche Fälligkeitsregelung, Ausführung der Schönheitsreparaturen "nach Erfordernis", unklare Endrenovierungsklausel; Schiedsgutachterabrede) vermag der Senat die anlässlich der Übergabe der Praxisräume unter Hinweis auf eine von ihm veranlasste Gesamtrenovierung im Jahr 1998 abgegebene Erklärung des Beklagten, er lehne weitere Arbeiten ab, auch nicht als ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung einzustufen, so dass offen bleiben kann, ob sich hieraus zugunsten der Klägerin eine andere Beurteilung der Verjährungsfrage ergeben könnte. Dies gilt umsomehr als auch nach dem Gutachten des Sachverständigen P. davon auszugehen ist, dass tatsächlich in 1998 eine Renovierung, wenn auch nicht in fachgerechtem Zustand, stattgefunden hat.

(a.) Zwar enthält ein Schiedsgutachtervertrag regelmäßig die Abrede, dass der Gläubiger für die Dauer der Erstattung des Gutachtens trotz der Fälligkeit der Forderung gegen den Schuldner nicht vorgehen werde (pactum de non petendo), so dass der Schuldner berechtigt ist, die Leistung jedenfalls vorübergehend zu verweigern, und die Verjährung deshalb nach § 202 Abs. 1 a. F. BGB gehemmt ist (BGH, NJW 1999, 1101; NJW 1990, 1231, 1232).

(b) Die Hemmung der Verjährung ist hier jedoch mit der Klageerhebung vom 16. August 2001 analog § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB entfallen, weil die Klägerin das schiedsgutachterliche Verfahren i.S. dieser Bestimmung jedenfalls verzögert hat, ohne dass es insoweit auf Verzug oder Verschulden ankommt (BGH NJW 1990, 1231). Die Klägerin hat entgegen der getroffenen Abrede keinen Schiedsgutachter benannt, sondern unmittelbar Klage auf Schadensersatz erhoben. Mit der Einreichung der Schadensersatzklage ist sie von ihrem Schreiben vom 15.08.2001 abgerückt und hat damit dokumentiert, dass sie von der vereinbarten Schiedsgutachtervereinbarung keinen Gebrauch mehr machen wollte. Sie kann sich daher nicht mehr mit Erfolg auf die Schiedsgutachterklausel und ihre verjährungshemmende Wirkung berufen (BGH, a.a.O.; vgl. auch OLG Hamm, ZMR 1996, 660).

Den jeweils andere Sachverhalte betreffenden Entscheidungen BGH NJW 1971, 1455, BGH NJW 1982, 1878, BGH NJW-RR 1996, 1409; BGH NJW 1998, 3486, BGH NJW 1999, 2215; BGHZ 39, 287, BGHZ 78, 1, BGHZ 103, 298, OLG Frankfurt VR 1982, 759 und OLG Hamburg NZV 1998, 414 lässt sich Gegenteiliges für den Streitfall nicht entnehmen.

3.

Soweit die Parteien erstmals aufgrund des gerichtlichen Hinweises in der mündlichen Verhandlung vom 26.3.2002 die Einholung eines Schiedsgutachtens besprochen haben, war der Erfüllungsanspruch zu diesem Zeitpunkt verjährt. Ein insoweit ggfs. anzunehmendes Anerkenntnis des Beklagten konnte hieran nichts mehr ändern.

Auch die mit Schriftsatz vom 16.8.2001 erhobene Zahlungsklage hat die Verjährung des Erfüllungsanspruchs nicht gemäß § 209 a.F. BGB unterbrochen, weil die Klägerin nicht auf Erfüllung, sondern auf Schadensersatz geklagt hat.

4.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Streitfall hat weder grundsätzliche Bedeutung noch weicht der Senat von einer entgegenstehenden BGH-Rechtsprechung ab. Die Frage einer Verjährungshemmung und deren Wegfall bei einer Verzögerung ist durch die Entscheidung BGH NJW 1990, 1238 geklärt.

Streitwert: 10.222,58 EUR

Ende der Entscheidung

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