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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 26.02.2004
Aktenzeichen: I-10 U 124/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 537 Abs. 2
1. Macht der Pächter erst mehr als 1 1/2 Jahre nach letztmaliger Mängelanzeige von seinem Kündigungsrecht aus §§ 542, 554 a BGB a.F. Gebrauch, ist ihm die Fortsetzung des Pachtverhältnisses nicht unzumutbar.

2. Zur Fälligkeit des Kautionsrückzahlungsanspruchs.


Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 13. Juni 2003 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.138,92 EUR nebst 2 % Zinsen für die Zeit vom 1.9.1996 bis 30.6.2003, sowie 8 % Zinsen über dem Basiszins seit dem 1.7.2003 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Zwischen den Parteien bestand ein Pachtvertrag über die Gaststätte "E." nebst Wirtewohnung in D. Der Kläger leistete zu Beginn des Pachtverhältnisses eine Kaution in Höhe von 10.138,92 EUR. Erstinstanzlich hat der Kläger Rückzahlung der Kaution und ordnungsgemäße Abrechnung der Nebenkosten für das Jahr 2000 begehrt. Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der getroffenen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil verwiesen (GA 83 ff.).

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger lediglich seinen Kautionsrückzahlungsanspruch weiter. Er wendet sich gegen die Auffassung des Landgerichts, der Kautionsrückzahlungsanspruch sei noch nicht fällig gewesen, weil das Pachtverhältnis erst zum 31.12.2002 und nicht bereits durch seine fristlose Kündigung zum 31.12.2000 beendet worden sei. Wegen der näheren Einzelheiten seines Vorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 8.10.2003 (GA 114 ff.) verwiesen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zu verurteilen, an ihn 10.138,92 EUR nebst 2 % Zinsen seit dem 1.9.1996 bis zum 19.12.2002 und ab 20.12.2002 nebst 8 % Zinsen über dem Basiszins zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte tritt der Berufung entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil. Erstmals in der mündlichen Verhandlung hat sie auf den Hinweis des Senats, dass die Fälligkeit zwischenzeitlich eingetreten sei, vorgetragen, ihr stünden noch Mietzinsansprüche für die Zeit von Januar 2001 bis Dezember 2002 in Höhe von 1.301,02 EUR monatlich zu und mit den Mietzinsforderungen für Januar bis August 2001 die Aufrechnung gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch erklärt.

Der Kläger hat die Berechtigung der zur Aufrechnung gestellten Mietforderungen wegen vorhandener Mängel bestritten und die Verspätung des Vorbringens gerügt.

II.

Die zulässige Berufung, mit der der Kläger sich lediglich gegen die Abweisung seines Kautionsrückzahlungsanspruchs wendet, hat in der Sache bis auf einen Teil des Zinsanspruchs Erfolg.

1.

Dem Kläger steht gemäß § 812 BGB i.V.m. Nr. XI Satz 3 des schriftlichen Pachtvertrages vom 1.8.1996 gegen die Beklagte ein allerdings erst nach der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz fällig gewordener Anspruch auf Rückzahlung der bei Vertragsschluss geleisteten Kaution in Höhe von 10.138,92 EUR nebst Zinsen zu.

(a) Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass der Kautionsrückzahlungsanspruch des Pächters erst nach Ablauf einer angemessenen Überlegungs- und Prüfungsfrist fällig wird, die im Streitfall nicht vor Ende Juni 2003 abgelaufen war.

Der Kläger wendet sich insoweit ohne Erfolg gegen die Auffassung der Kammer, das Pachtverhältnis sei nicht durch seine fristlose Kündigung vom 29.9.2000 beendet worden. Macht der Betroffene erst längere Zeit nach einer Vertragsverletzung von seinem Kündigungsrecht Gebrauch, gibt er damit zu erkennen, dass er diese nicht als so schwerwiegend empfunden hat, dass ihm die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden könnte (Senat, Urt. v. 5.9.2002, DWW 2003, 155 = OLGR 2003, 197 = WM 2002, 673 unter Hinweis auf BGH WM 1983, 661 + NJW-RR 1988, 77). Ein derartiger Fall ist nach den in zulässiger Weise getroffenen Feststellungen der Kammer, an die der Senat gemäß § 529 Abs. 1 ZPO gebunden ist, auch hier gegeben, denn der Kläger hat letztmalig mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 9.3.1999 Mängel der Gaststätte angezeigt und sich eine außerordentliche Kündigung vorbehalten. Wenn er gleichwohl hiervon erst mehr als 1 1/2 Jahre später Gebrauch macht, so hat er damit zu erkennen gegeben, dass ihm die Fortsetzung des Pachtverhältnisses nicht unzumutbar war. Dies schließt eine fristlose Kündigung nach §§ 542, 554 a BGB a.F. aus. Für die Berechtigung einer Kündigung gemäß § 544 BGB wegen der behaupteten Kellerfeuchte und deren Folgen fehlt es bereits an einer nachvollziehbaren Darlegung.

Es mag dahinstehen, ob die Berufung des Klägers auf eine nach dem 9.3.1999 erfolgte Korrespondenz über die vorhandenen Mängel und deren Beseitigung eine hiervon abweichende Beurteilung rechtfertigen könnte, denn mit diesem neuen Vorbringen ist der Kläger gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO präkludiert, weil er es unterlassen hat, dieses Vorbringen bereits im ersten Rechtszug geltend zu machen. Dass dies nicht auf Nachlässigkeit beruht, ist seinem Vorbringen nicht zu entnehmen.

(b) Der Anspruch auf Rückzahlung der Kaution ist aber nach Verkündung des angefochtenen Urteils fällig geworden.

Richtig ist allerdings, dass dem Vermieter nach Beendigung des Mietvertrages eine angemessene Frist einzuräumen ist, innerhalb derer er sich zu entscheiden hat, ob und in welcher Weise er die Kaution zur Abdeckung seiner Ansprüche verwenden will. Während dieser Zeit ist eine Aufrechnung des Mieters mit der Kaution ausgeschlossen (BGH, NJW 1972, 721) und erst danach wird der Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der Kaution fällig. Wieviel Zeit dem Vermieter zuzubilligen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Diese können so beschaffen sein, dass mehr als sechs Monate für den Vermieter erforderlich und dem Mieter zumutbar sind, so dass es dem Vermieter auch nach Ablauf der gewöhnlichen Abrechnungsfrist nicht verwehrt ist, die Kaution zurückzuhalten oder den Kautionsrückzahlungsanspruch durch Aufrechnung mit einer eigenen Forderung ganz oder teilweise zu tilgen (BGH NJW 1987, 2372). Die Zubilligung einer sechs Monate überschreitenden Prüfungs- und Überlegungsfrist setzt aber voraus, dass der Vermieter besondere Umstände aufzeigt, die eine zeitnahe Entschließung über die Abrechnung der Kaution erschwert haben könnten. Hieran fehlt es.

2. Soweit die Beklagte sich erstmals in der mündlichen Verhandlung auf Mietzinsansprüche für die Zeit von Januar bis August 2001 berufen und hiermit gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch aufgerechnet hat, ist das Vorbringen der Beklagten gemäß §§ 530, 296 Abs. 1 ZPO als verspätet zurückzuweisen, weil die Beklagte die Aufrechnung nicht innerhalb der ihr mit Verfügung des Vorsitzenden des Senats am 12.10.2003 in beglaubigter Abschrift zugestellten Frist zur Erwiderung auf die Berufung, die am 8.12.2003 abgelaufen ist, erklärt hat. Eine Entschuldigung für den verspäteten Sachvortrag hat sie nicht vorgebracht. Durch die Zulassung der Aufrechnung würde sich der Rechtsstreit verzögern. Die mündliche Verhandlung müsste wieder eröffnet und nunmehr für die Zeit ab Januar 2001 zunächst eine weitere Sachaufklärung hinsichtlich der behaupteten - aber bis zur Erklärung der Aufrechnung für die Streitentscheidung unerheblichen - Mängel (Auswirkungen der Feuchtigkeitsschäden in den im Untergeschoss der Gaststätte gelegenen Räumlichkeiten auf die Mietsache) und deren Folgen für die Miethöhe vorgenommen werden. Auf das Verfahren 1 O 359/01 LG Düsseldorf und die darin zuerkannte Minderungsquote kann sich die Beklagte in diesem Zusammenhang nicht berufen, weil die insoweit getroffenen rechtskräftigen Feststellungen nach dem Vorbringen der Parteien lediglich den Pachtzinsanspruch der Beklagten bis Dezember 2000, nicht aber die der Aufrechnung zugrunde gelegte Pachtforderung für die Zeit ab Januar 2001 betreffen.

3.

Einwendungen gegen die für die Laufzeit des Pachtvertrages in Höhe von 2 % geltend gemachte Verzinsung hat die Beklagte nicht erhoben. Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszins kann die Klägerin erst ab 1.7.2003 verlangen, §§ 291, 288 Abs. 2 BGB.

4.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, Abs. 2, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Streitwert: 10.138,92 EUR

Ende der Entscheidung

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