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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 06.12.2007
Aktenzeichen: I-10 U 138/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, BeurkG, AGBG, EGBGB


Vorschriften:

BGB § 13
BGB § 24 a Nr. 2
BGB § 119
BGB § 121
BGB § 123
BGB § 133
BGB § 138
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 140
BGB § 157
BGB § 254
BGB § 286
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 288 Abs. 2
BGB § 557 Abs. 1
BGB § 765
BGB § 766
BGB § 768 Abs. 1
ZPO § 139
ZPO § 167
ZPO § 415 Abs. 1
ZPO § 415 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
BeurkG § 13 Abs. 1 Satz 3
BeurkG § 17 Abs. 1
AGBG § 1 Abs. 1 Satz 1
AGBG § 3
AGBG § 9
AGBG § 11 Nr. 14 a
AGBG § 24 a
AGBG § 24 a Nr. 1
EGBGB Art. 229 § 5 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 18. September 2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte unter Klageabweisung im übrigen verurteilt wird, an die Klägerin 466.501,66 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2005 zu zahlen.

Die Kosten der Berufung trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte der Klägerin aus der Übernahme einer selbstschuldnerischen Bürgschaft in Höhe zuerkannter 466.501,66 € auf Zahlung haftet. Wegen der getroffenen Feststellungen wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (GA 151 - 156 oben). Das Landgericht hat den Beklagten mit dem seinem Prozessbevollmächtigten am 6.10.2006 zugestellten Urteil unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von 466.501,66 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2005 verurteilt. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Klägerin stehe gegen den Hauptschuldner G. K. ein Anspruch auf Ersatz des Mietausfallschadens für den Zeitraum März 2000 bis September 2001 zu. Hierfür habe sich der Beklagte in § 22 des Vertrages vom 30.12.1996 wirksam verbürgt. Die Bürgschaft sei weder formnichtig noch könne der Beklagte seine diesbezügliche Willenserklärung widerrufen. Der Beklagte könne seine Bürgschaftserklärung weder nach § 123 BGB anfechten noch sei die Bürgschaft wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Auch seien die klägerischen Forderungen weder verjährt noch liege ein Mitverschulden der Klägerin an dem entstandenen Mietausfall vor. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen (GA 156 ff.).

Hiergegen richtet sich die am 24.10.2006 eingegangene und nach Fristverlängerung (GA 179) mit Schriftsatz vom 08.01.2007 fristgerecht begründete Berufung des Beklagten, mit der er seinen erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter verfolgt. Der Beklagte hält das angefochtene Urteil für rechtsfehlerhaft. Das Landgericht habe es versäumt, § 22 der notariellen Urkunde entsprechend den Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB unter Einbeziehung aller wesentlichen Umstände auszulegen. Hätte die Kammer seinen gesamten Sachvortrag zu den in 1996 maßgeblichen Umständen vollständig gewürdigt, hätte sie zu dem Ergebnis kommen müssen, dass eine wirksame Bürgschaftsübernahme durch ihn selbst nicht erfolgt sei. Das Landgericht habe ferner verkannt, dass eine vermeintlich eigene Bürgschaftserklärung jedenfalls nichtig, nämlich formnichtig sowie sittenwidrig und im Übrigen wirksam angefochten sei. Der Einzelrichter habe die fehlende Sittenwidrigkeit allein damit begründet, dass er nicht seiner Darlegungslast hinsichtlich seiner finanziellen Überforderung nachgekommen sei. Mangels Hinweises liege hierin ein Verstoß gegen § 139 ZPO. Der Zeuge G. K. hätte bei der gebotenen Beweisaufnahme bestätigen können, dass er am 30.12.1996 über kein eigenes Vermögen verfügt habe. Rechtsirrig sei das Landgericht zudem davon ausgegangen, dass er darlegen und beweisen müsse, weshalb die Immobilie über einen Zeitraum von 20 Monaten nicht weitervermietet worden sei. Obwohl er der Klägerin bereits in der Klagebeantwortung vorgeworfen habe, sie habe in Wahrung ihrer Schadensminderungspflicht nichts Konkretes zur Weitervermietung unternommen, habe diese nur pauschale, unsubstantiierte und unbelegte Ausflüchte vorgetragen. Zudem sei das gesamte Geschäft für die Klägerin ein Steuersparmodell gewesen, so dass sie sich im Wege der Vorteilsausgleichung ersparte Steuern aus Verlusten bei Vermietung und Verpachtung i.H.v. 50 % der monatlichen Nettomieten anrechnen lassen müsse. Im Übrigen sei der geltend gemachte Anspruch verjährt. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 08.01.2007 verwiesen (GA 180 ff.).

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und bittet nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 14.03.2007 (GA 227 ff.) um Zurückweisung der Berufung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze der Parteien einschließlich der zu den Akten gereichten schriftlichen Unterlagen Bezug genommen.

Die Akten 13 O 537/00 LG Düsseldorf waren zu Informationszwecken Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Die zulässige Berufung hat - bis auf die Herabsetzung des zuerkannten Zinsanspruchs von acht auf fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz - in der Sache keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, 546 ZPO) noch rechtfertigen die im Berufungsverfahren zu Grunde zu legenden Tatsachen (§§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, 529 Abs. 1 ZPO) eine abweichende Beurteilung. Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung festgestellt, dass der Klägerin gegen den Beklagten als selbstschuldnerischen Bürgen gemäß §§ 765, 766 BGB ein Zahlungsanspruch in Höhe von 466.501,66 € zusteht. Der Senat folgt den Gründen der angefochtenen Entscheidung nach Maßgabe der folgenden durch das Berufungsvorbringen veranlassten Ausführungen.

1.

Der Senat geht mit dem Landgericht davon aus, dass der Beklagte gemäß § 22 des Notarvertrages vom 30.12.1996 gegenüber der Klägerin für die streitgegenständliche Forderung eine gemäß § 766 BGB formwirksame Bürgschaft übernommen hat. Ungeachtet der in der Berufungsbegründung, auf die insoweit verwiesen wird (GA 182 - 185 vor III), dargestellten Vorgeschichte lässt die in § 22 enthaltene Erklärung entsprechend den Ausführungen der Kammer, die der Senat sich zu eigen macht, in Anwendung der Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB keine Zweifel daran aufkommen, dass der Beklagte neben seiner Erklärung als Vertreter für den Hauptschuldner G. K. objektiv eine eigene, auf Abschluss eines Bürgschaftsvertrages mit der Klägerin gerichtete Erklärung abgegeben hat. Der Umstand, dass der Beklagte im Übrigen als Vertreter seines Vaters aufgetreten ist, ändert hieran nichts, zumal der Notarvertrag soweit es die Bezeichnung des Vertretenen und die von diesem übernommenen Verpflichtungen betrifft, in seinem Kontext immer nur die Formulierung "Käufer" bzw. "Verkäufer" benutzt, während in § 22 expressis verbis von einer persönlichen Verpflichtung des Beklagten die Rede ist. Dass es sich insoweit nicht um eine Bürgschaft seines Vaters handeln konnte, ergibt sich im Übrigen auch daraus, dass nach § 765 BGB Hauptschuldner und Bürge nicht identisch sein dürfen. Ob dem Beklagten dies bekannt war, mag für eine etwaige fristgerechte Anfechtung von Bedeutung gewesen sein, nicht aber für die Frage, ob der Beklagte die Erklärung abgegeben hat. Insoweit muss er sich am objektiven Erklärungsgehalt seiner Erklärung, die die Klägerin nach dem Inhalt der Urkunde und nach der Verkehrsauffassung als eigene Bürgschaftserklärung des Beklagten verstehen durfte und musste, festhalten lassen (BGH, NJW 2005, 2620). Dies gilt umso mehr als zum einen eine eigene Bürgschaft des Beklagten schon im letter of intent vorgesehen war und zum anderen danach ursprünglich nicht der Vater des Beklagten, sondern eine mit diesem nicht identische Firma Mieterin und damit i.S. des § 765 BGB Hauptschuldnerin werden sollte. Weder die im Berufungsvorbringen wiederholte Vorgeschichte noch der Inhalt der "eidesstattlichen Versicherung" des verstorbenen Zeugen S. vom 8.11.2002 (lose Anlage B 6), worin der Zeuge u.a. bestätigt, dass der Beklagte keine persönliche selbstschuldnerische Bürgschaft übernommen hat, rechtfertigen eine hiervon abweichende Auslegung.

Nach § 415 Abs. 1 ZPO begründen Urkunden, die von einem Notar in der vorgeschriebenen Form aufgenommen und über eine vor dem Notar abgegebene Erklärung errichtet worden sind, vollen Beweis des beurkundeten Vorganges. Gemäß § 415 Abs. 2 ZPO ist demgegenüber nur der Beweis zulässig, "dass der Vorgang unrichtig beurkundet sei". Diesen Beweis hat der Beklagte nicht geführt. Haben die Parteien die notarielle Urkunde eigenhändig unterschrieben, ist gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 BeurkG zu vermuten, dass die Urkunde in Gegenwart des Notars vorgelesen und von den Beteiligten genehmigt worden ist. Selbst wenn der Beklagte keine Bürgschaftsverpflichtung hätte abgeben wollen und er mit der Aufnahme einer solchen nach der Historie des Notarvertrags seiner Behauptung folgend nicht rechnen musste, streitet die eigenhändige Unterschrift dafür, dass ihm die Urkunde mit der die Übernahme der persönlichen Bürgschaft betreffenden Klausel vorgelesen und von ihm genehmigt worden ist. Der "Vorgang" des Verlesens, der Genehmigung und des Unterschreibens ist damit in Übereinstimmung mit dem wirklichen Geschehen beurkundet worden. Der Beklagte hat hiernach erklärt, er sei mit dem ihm verlesenen Inhalt der Urkunde einverstanden. War der Beklagte über den Inhalt seiner Erklärung im Irrtum oder wollte er eine Erklärung dieses Inhalts nicht abgeben, hätte nur eine erfolgreiche Anfechtung nach § 119 BGB zur Unwirksamkeit der Erklärung führen können. Soweit der Beklagte behauptet, er sei über die Bedeutung des § 22 nicht aufgeklärt worden, betrifft dies die Pflicht des Notar gemäß § 17 Abs. 1 BeurkG, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts zu belehren. Sollte der Notar dies pflichtwidrig unterlassen haben, mag dies seine Schadensersatzpflicht auslösen, die Wirksamkeit der Urkunde wird hiervon nicht berührt.

2.

Die Bürgschaft ist entgegen der Auffassung des Beklagten auch formwirksam. Die nach § 766 BGB für die Gültigkeit der Bürgschaftsverpflichtung notwendige schriftliche Erteilung der Bürgschaftserklärung ist durch die Aufnahme in § 22 des Notarvertrages und die Unterschrift des Beklagten unter die Vertragsurkunde gewahrt. Insoweit handelt es sich nicht um die der Form des § 766 BGB allerdings nicht genügende bloße Mitunterzeichnung einer fremden Haftungserklärung (OLG Schleswig, MDR 1981, 496), sondern um die Abgabe einer eigenständigen Bürgschaftserklärung, die einer besonderen Unterzeichnung als Bürge entgegen der Auffassung des Beklagten nicht bedurfte. Gegenteiliges ist der Entscheidung des BGH vom 19.7.2001 (IX ZR 411/00) nicht zu entnehmen. Zwar soll es danach grundsätzlich an der gesetzlich geforderten gesonderten Erklärung fehlen, wenn in der über den Hauptvertrag aufgenommenen Urkunde die Bestimmung über die Eigenhaftung des Vertreters räumlich in den Text des Hauptvertrages integriert ist, die Entscheidung ist jedoch zum hier nicht relevanten Anwendungsbereich des § 11 Nr. 14 a AGBG ergangen und nicht auf den hier vorliegenden Einzelvertrag übertragbar.

Aus § 24 a AGBG, der gemäß Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB auf die streitige Bürgschaft anzuwenden ist, ergibt sich zugunsten des Beklagten keine andere Beurteilung. Es mag insoweit dahinstehen, ob es für die Anwendung dieser Bestimmung darauf ankommt, ob auf Seiten des Hauptverpflichteten ein Vertretergeschäft vorliegt oder ob die Voraussetzungen des § 13 BGB für jeden (Mit-) Verpflichteten getrennt festzustellen sind. Offen bleiben kann auch, ob der Beklagte bei Abschluss des Notarvertrages Verbraucher i.S. des § 13 BGB war (zur fehlenden Verbrauchereigenschaft eines GmbH-Geschäftsführers vgl. BGH, Urt. v. 24.7.2007, XI ZR 208/06). Jedenfalls setzt die Anwendung des § 24 a Nr. 1 AGBG voraus, dass es sich bei den vorformulierten Vertragsbedingungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Das erfordert nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AGBG, dass die in § 22 enthaltene Bürgschaftsverpflichtung für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert war. Der Vortrag des Beklagten, dem hierfür die Darlegungs- und Beweislast obliegt, enthält keine ausreichenden Anhaltspunkte, die diese Annahme rechtfertigen. Allein der Umstand, dass die Bürgschaftsübernahme in einem Notarvertrag enthalten ist, reicht hierfür nicht aus.

Soweit § 22 des Notarvertrags als vorformulierter Einzelvertrag i.S. des 24 a Nr. 2 AGBG einzustufen sein sollte, kann sich der Beklagte nicht darauf berufen, es habe sich hierbei um eine "überraschende" Klausel i.S. des § 3 AGBG gehandelt, weil § 24 a Nr. 2 BGB den Einzelvertrag nur hinsichtlich der §§ 5, 6 und 8 bis 11 einer Kontrolle nach dem AGB-Gesetz unterwirft. Gemessen am hier den Umständen danach allein in Betracht kommenden Prüfungsmaßstab des § 9 AGBG lässt sich eine unangemessene Benachteiligung des Beklagten nicht feststellen, weil dieser - wie nachfolgend dargestellt ist - zu einer wirtschaftlichen Überforderung keine hinreichenden Angaben gemacht hat.

Im Übrigen hat der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht ausreichend substantiiert, dass er aufgrund der Vorformulierung nicht in der Lage war, auf den Inhalt der in § 22 getroffenen Regelung Einfluss zu nehmen.

3.

Der Beklagte beruft sich auch ohne Erfolg auf die Sittenwidrigkeit der Bürgschaft. Eine Bürgschaft ist regelmäßig wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nach § 138 BGB unwirksam, wenn deren Verpflichtungsumfang die finanzielle Leistungsfähigkeit des Bürgen erheblich übersteigt und weitere Umstände hinzukommen, durch die ein unerträgliches Ungleichgewicht zwischen den Vertragspartnern hervorgerufen wird, welches die Verpflichtung des Bürgen auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Gläubigers als rechtlich nicht mehr hinnehmbar erscheinen lässt. Solche Umstände können darin liegen, dass die Entscheidungsfreiheit des Bürgen in anstößiger Weise beeinträchtigt wurde und der Gläubiger sich dies zurechnen lassen muss. In Betracht kommen hauptsächlich Fälle, in denen Hauptschuldner und Bürge durch Verwandtschaft, Ehe oder eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft persönlich eng miteinander verbunden sind. Sind die finanziellen Mittel des Bürgen, bezogen auf die Höhe der gesamten Hauptschuld, praktisch bedeutungslos und ist unter keinem Gesichtspunkt ein rechtlich vertretbares Interesse des Gläubigers an einer Verpflichtung in dem vereinbarten Umfang erkennbar, so ist regelmäßig davon auszugehen, dass der Bürge sich auf eine solche Verpflichtung nur aufgrund emotionaler Bindung an den Hauptschuldner infolge mangelnder Geschäftsgewandtheit und Rechtskundigkeit eingelassen und der Gläubiger dies in verwerflicher Weise ausgenutzt hat. Einem solchen wirtschaftlich sinnlosen Geschäft, das nicht maßgeblich von unabhängigen, eigenverantwortlichen Erwägungen des Bürgen gesteuert wird, die ihre Ursache außerhalb der persönlichen Beziehung zum Hauptschuldner haben, versagt die Rechtsordnung durch § 138 Abs. 1 im Regelfall jegliche Wirkung (BGH, NJW 2000, 1182; NJW 1999, 58; NJW 1998, 597).

Der Senat geht mit dem Landgericht davon aus, dass der Beklagte, den insoweit die Darlegungs- und Beweislast trifft, schon nicht schlüssig dargelegt hat, durch die Bürgschaft im Zeitpunkt ihres Zustandekommens in krasser Weise überfordert worden zu sein. Im Schriftsatz vom 11.04.2006 (GA 58) hat er hierzu vorgetragen, er sei weder im Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung in seinem jugendlichen Alter als Student, noch nachfolgend wirtschaftlich in der Lage gewesen, eine unbeschränkte, selbstschuldnerische Bürgschaft für sämtliche sich aus dem Notarvertrag ergebenden Ansprüche zu übernehmen. Im Schriftsatz vom 28.06.2006 ist im Zusammenhang mit dem letter of intent die Rede davon, dass bis zur Beurkundung veränderte wirtschaftliche Eckdaten ausgehandelt worden seien und im Zuge dessen sei die gesamte angedachte Involvierung des Beklagten in den Vertrag gegenstandlos geworden, habe also nicht mehr stattfinden sollen, eben weil er noch zu jung, unerfahren und im Übrigen unvermögend gewesen sei (GA 82). Zur sittenwidrigen Überforderung des Beklagten wird sodann lediglich darauf verwiesen, diese ergebe sich bereits allein aus der fast 20-jährigen Laufzeit der von seinem Vater begründeten Verpflichtungen und aus dem Umstand, dass er über die mietvertraglichen Verpflichtungen hinaus auch für die außerordentliche Fülle weiterer Verkäuferpflichten nicht nur auf der Erfüllungs-, sondern auch auf der Schadensersatzebene hätte einstehen sollen. Damit hat der Beklagte die nach der Rechtsprechung des BGH für die Annahme der Sittenwidrigkeit erforderliche krasse Überforderung in finanzieller Hinsicht nicht substantiiert. Das Landgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass jede Ausführung zu seinen Vermögensverhältnissen fehlt und dass die Bezeichnung "Student" rein gar nichts über seine Vermögensverhältnisse aussagt. Entgegen der Annahme des Beklagten hat das Landgericht insoweit seine Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO nicht verletzt. Zwar ist das Gericht nach § 139 ZPO grundsätzlich verpflichtet, die Parteien auf Mängel zur Schlüssigkeit des Klagevortrags oder zu einer Einwendung hinzuweisen. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn - im Anwaltsprozess - bereits der Prozessgegner Kritik an der Schlüssigkeit des Klagevorbringens oder der Erheblichkeit der Verteidigung angebracht hat. Hiervon ist vorliegend auszugehen, weil die Klägerin bereits in ihrer Erwiderung auf den Schriftsatz des Beklagten vom 11.04.2006 ausgeführt hat, sein Vortrag zu einer ohnehin nicht gegebenen wirtschaftlichen Überforderung sei unsubstantiiert (GA 66) und dies nachfolgend weiter ausgeführt hat, ohne dass der Beklagte seine wirtschaftliche Überforderung bis zur mündlichen Verhandlung in nachvollziehbarer Weise dargelegt hat. Hinzukommt, dass das Landgericht Düsseldorf bereits im Verfahren 13 O 537/00 mit Urteil vom 12.10.2001 ausgeführt hat, der "nicht geschäftsunerfahrene Beklagte habe schon seine krasse finanzielle Überforderung nicht schlüssig dargetan. Es fehlten jegliche Ausführungen zu den Vermögensverhältnissen des Beklagten im Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Die bloße Angabe eines Jahrseinkommens genüge nicht..." (BA 198). Zwar betrifft die Entscheidung eine erst am 25.06./06.08.1998 durch den Beklagten übernommene Bürgschaft. Dem Beklagten, der das Urteil vom 12.10.2001 in seiner Klageerwiderung selbst angeführt hat (GA 58), musste aufgrund der Ausführungen des Landgerichts aber klar sein, dass die behauptete Sittenwidrigkeit der Bürgschaft ohne Konkretisierung seiner Vermögensverhältnisse im Zeitpunkt ihrer Übernahme nicht substantiiert dargelegt werden konnte. Angesichts dieser besonderen Umstände war ein weiterer Hinweis durch die Kammer entbehrlich.

Nicht einmal der nachgelassene Schriftsatz vom 28.08.2006 (GA 112, 113), dem zu entnehmen ist, dass die Kammer die Frage der wirtschaftlichen Überforderung im Termin zur mündlichen Verhandlung sogar angesprochen hat, enthält die schlüssige Darlegung einer wirtschaftlichen Überforderung, sondern lediglich den unsubstantiierten Hinweis, der Beklagte sei damals Student und ohne Einkommen gewesen. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung war danach nicht veranlasst.

Soweit der Beklagte in seiner Berufungserwiderung erstmals aufführt, sein Vater könne bestätigen, dass er über kein eigenes Vermögen verfügt habe (GA 182), ist er hiermit ebenso präkludiert wie mit seinem weiteren, auf die Darlegung einer krassen wirtschaftlichen Überforderung abzielenden Vorbringen im Schriftsatz vom 21.06.2007 (GA 336 ff.). Seinem Vorbringen ist nicht zu entnehmen, dass er den neuen Vortrag nicht aus Nachlässigkeit unterlassen hat.

Im Übrigen hat der Beklagte auch nicht schlüssig dargetan, dass er die Bürgschaft allein aus emotionaler Verbundenheit zwischen ihm und seinem Vater übernommen hat. Zwar hat er im Schriftsatz vom 11.04.2006 (GA 59) vorgetragen, ein weiteres Kriterium für seine finanzielle Überforderung sei die emotionale Verbundenheit zwischen ihm und dem Hauptschuldner, seinem Vater. Er sei - gerade einmal 25 Jahre alt - von diesem lediglich beauftragt und bevollmächtigt worden, ihn in dem Beurkundungstermin in Berlin zu vertreten. Hiergegen spricht, dass der Beklagte schon vorher in die Vertragsverhandlungen eingeschaltet war und dass er hiermit - wie schon aus dem letter of intent hervorgeht - jedenfalls zunächst eigene wirtschaftliche Interessen verfolgte. Auch die Aufrechnungs- und Sicherungsvereinbarung vom 20.11.1996 (GA 100 f) belegt, dass der Beklagte schon zum damaligen Zeitpunkt mit den unter seinem Namen geführten Firmen "K. P. G. K. GmbH N." und "K. P. G. K. R." in das Firmengeflecht seines Vaters eingebunden war. An dieser Einschätzung ändert auch sein Vorbringen vom 21.06.2007 (GA 336 ff.) nichts.

4.

Der Beklagte hat seine Bürgschaftserklärung auch nicht wirksam gemäß § 119 BGB angefochten. Nach den Feststellungen des Landgerichts ist seinen Prozessbevollmächtigten im Verfahren 13 O 537/00 LG Düsseldorf unter dem 8.11.2000 eine Anspruchsbegründungsschrift zugegangen, aus der ersichtlich war, dass er als Bürge aus dem streitgegenständlichen Vertrag in Anspruch genommen werden sollte. Gleichwohl hat der Beklagte die Anfechtung ausdrücklich nur wegen arglistiger Täuschung erklären lassen. Eine Umdeutung nach § 140 BGB in eine Anfechtung nach § 119 BGB kommt im Hinblick darauf, dass die Anfechtungserklärung anwaltlich formuliert ist, nicht in Betracht. Selbst wenn die Anfechtungserklärung vom 27.03.2001 (BA 138) aber in eine solche nach § 119 BGB umzudeuten wäre, wäre diese nicht unverzüglich i.S. des § 121 BGB erfolgt. Dem Berufungsvorbringen ist hierzu zu entnehmen, dass dem Beklagten sogar bereits im Sommer 2000 (siehe Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 24.7.2000; Bl. 188 BA) bekannt war, dass sich die Klägerin aus dem Vertrag einer Bürgschaft gegen ihn berühmte. Auf eine Irrtumsanfechtung im Sommer 2000 kann sich der Beklagte indes schon deshalb nicht berufen, weil nicht erkennbar ist, wem gegenüber und auf welche Weise eine Anfechtung erfolgt sein soll. Im Übrigen ist sein Vortrag auch gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO verfristet.

Eine arglistige Täuschung gemäß § 123 BGB kommt nach den zutreffenden Erwägungen des Landgerichts, die der Senat sich zu eigen macht (UE S. 9, 10), nicht in Betracht. Das gesamte Berufungsvorbringen zeigt auch mit Blick auf die Vorgeschichte des Notartermins keine ausreichenden Umstände auf, die eine hiervon abweichende Beurteilung rechtfertigen. Dies gilt auch, soweit der Beklagte eine eigene Täuschung der Klägerin durch mittelbare Täterschaft konstruieren will.

5.

Aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die der Senat sich zu eigen macht, ist die streitgegenständliche Forderung auch nicht verjährt. Rechtserhebliches hierzu ist dem Vorbringen des Beklagten nicht zu entnehmen. Nur ergänzend vermerkt der Senat, dass selbst wenn die Rechtsanwälte T. W. im Zeitpunkt der ersten Zustellung des Mahnbescheides nicht (mehr) zustellungsbevollmächtigt gewesen wären, die erst am 06.05.2005 erfolgte Zustellung des Mahnbescheids an den Beklagten fristwahrend wäre, weil sie i.S. des § 167 ZPO (vgl. auch § 693 Abs. 2 ZPO a.F.) demnächst erfolgt ist. Angesichts des von den seinerzeitigen Bevollmächtigten mit der übermittelten Vollmachtsurkunde gesetzten Rechtsscheins (GA 16) war es den Prozessbevollmächtigten der Klägerin jedenfalls nicht als Verschulden anzulasten, den Mahnbescheid zunächst an die Rechtsanwälte T. W. zustellen zu lassen. Soweit der Beklagte sich in zweiter Instanz darauf berufen hat, zwischen den Parteien habe Einigkeit bestanden, dass nach dem Einredeverzicht keine Anwälte mehr eingeschaltet werden sollten und sich hierfür auf die Parteivernehmung des Gesellschafters der Klägerin Dr. F. berufen hat, ist er hiermit gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO präkludiert.

6.

Zu Unrecht wendet sich der Beklagte gegen die Auffassung der Kammer, ihm obliege es, die Voraussetzungen eines Mitverschuldens der Klägerin für den geltend gemachten Mietausfallschaden zu substantiieren. Das folgt bereits daraus, dass es sich bei dem geltend gemachten Anspruch entgegen der Auffassung der Kammer nicht um einen Schadensersatzanspruch, sondern um einen Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung i.S. des § 557 Abs. 1 BGB handelt, auf die die Vorschrift des § 254 BGB keine Anwendung findet. Die Klägerin hat bis zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer weder in der Klagebegründung noch in ihrem Schriftsatz vom 18.05.2006 (GA 66 ff.) einen Mietausfallschaden verlangt. So heißt es in der Klagebegründung unter Hinweis auf die Höhe der mit dem Hauptschuldner vereinbarten Miete, klägerseits würde Nutzugsentschädigung in Höhe der ursprünglich vereinbarten Miete eingefordert. Damit hat die Klägerin konkludent behauptet, dass ihr das Mietobjekt für den streitgegenständlichen Zeitraum von dem Hauptschuldner vorenthalten worden sei. Dem Einwand des Beklagten, Mehrwertsteuer stehe ihr ohnehin nicht zu, weil es sich insoweit um einen Schadensersatzanspruch handele (GA 61), ist die Klägerin mit dem zutreffenden Hinweis begegnet, dass auf die Nutzungsentschädigung wie auf die Miete Mehrwertsteuer zu leisten sei und es völlig unbedeutend sei, ob der Mieter die Mietsache tatsächlich nutze. Die Nutzungsentschädigung erfasst auch den Erbbauzins, weil dieser gemäß § 2 des Mietvertrages vom 30.12.1996 Teil der vereinbarten Miete ist. Zwar kann der Bürge gemäß § 768 Abs. 1 BGB gegenüber seiner Inanspruchnahme die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Hierzu gehört auch der Einwand, die Mietsache sei der Klägerin für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht vorenthalten worden. Dem Vorbringen des insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten sind jedoch keine nachvollziehbaren Tatsachen zu entnehmen, wann und auf welche Weise eine Rückgabe des Mietobjekts an die Klägerin erfolgt sein soll.

Selbst wenn der Annahme der Kammer zu folgen ist, dass die Klägerin einen Schadensersatzanspruch geltend gemacht hat, hat das Landgericht ihr zu Recht kein Mitverschulden angelastet. Endet ein befristetes Mietverhältnis vorzeitig durch fristlose Kündigung des Mietverhältnisses aus vom Mieter zu vertretenden Gründen (hier: wegen Zahlungsverzugs des Hauptschuldners), hat der Mieter dem Vermieter grundsätzlich den Schaden zu ersetzen, der diesem in Gestalt der bis zum Ablauf der fest vereinbarten Vertragsdauer entgehenden Miete entsteht. Zwar muss der Vermieter sich nach § 254 BGB darum bemühen, den Schaden, gegebenenfalls durch anderweitige Vermietung, gering zu halten. Die Beweislast für einen Verstoß des Vermieters gegen seine Schadensminderungspflicht trägt jedoch der Mieter. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 18.05.2006 (GA 75) vorgetragen, sie habe sich redlich um eine Neuvermietung bemüht, in einschlägigen Tageszeitungen Annoncen veröffentlicht und Kontakt zu zahlreichen Maklern aufgenommen, und hierfür Beweis durch Vernehmung eines Herrn M. S. angetreten. Damit ist sie der ihr obliegenden Darlegungslast nachgekommen und es hätte nunmehr dem Beklagten oblegen, darzulegen und zu beweisen, dass die Klägerin es pflichtwidrig unterlassen hat, das Mietobjekt zu einem früheren Zeitpunkt und zu einem höheren Mietzins weiterzuvermieten (BGH, Urt. v. 16.2.2005, BGHReport 2005, 766 = DWW 2005, 151 = GE 2005, 607 = GuT 2005, 113 = MDR 2005, 618 = NZM 2005, 340 = ZfIR 2005, 411 = ZMR 2005, 433). Rechtserhebliches hierzu ist seinem Vorbringen nicht zu entnehmen. Zu einer Veräußerung des Grundstücks war die Klägerin entgegen der Annahme des Beklagten für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht verpflichtet.

7.

Soweit der Beklagte erstmals in zweiter Instanz geltend macht, im Rahmen der Vorteilsausgleichung müsse sich die Klägerin ersparte Steuern aus Verlusten bei Vermietung und Verpachtung i.H.v. 50 % der monatlichen Nettomieten anrechnen lassen, fehlt seinem Vorbringen jegliche Substanz. Allein der wiederholte Hinweis für die Klägerin sei das gesamte Geschäft ein Steuersparmodell gewesen, lässt verwertbare Einzelheiten nicht erkennen. Hierauf hat der Senat mit Beschluss vom 05.06.2007 (GA 325 a.E.) hingewiesen, ohne dass der Beklagte seinen Vortrag in rechtserheblicher Weise ergänzt hat. Im Übrigen ist er hiermit auch gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO präkludiert.

8.

Der Zinsanspruch folgt in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB. Die weitergehende Zinsforderung ist nicht gemäß § 288 Abs. 2 BGB begründet. Weder handelt es sich bei dem Anspruch aus § 765 BGB um einen Entgeltforderung i.S. des § 288 Abs. 2 BGB noch hat die Klägerin bewiesen, dass der Beklagte kein Verbraucher ist.

9.

Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 28.08.2006 (GA 136 f.) geltend gemachte hilfsweise Klageänderung hat das Landgericht zu Recht unberücksichtigt gelassen (Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 296 a, RdNr. 2 a). Da die Klägerin keine Anschlussberufung eingelegt hat, ist der Hilfsantrag dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen.

10.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Streitwert: 466.501,66 €

Ende der Entscheidung

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