Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 13.07.2006
Aktenzeichen: I-10 U 145/05
Rechtsgebiete: BGB, AGBG


Vorschriften:

BGB § 307
AGBG § 6
AGBG § 9
1. Die Vereinbarung einer 10-jährigen Laufzeit bei der Vermietung von Telekommunikationsanlagen in allgemeinen Geschäftsbedingungen stellt regelmäßig keine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 9 AGBG (jetzt § 307 BGB) dar.

2. Die (Verlängerungs-) Klausel in einem Vertrag über die Anmietung einer Telekommunikationsanlage, "Wird eine Anlage vor Ablauf der Mindestvertragsdauer erweitert (ausgenommen um einfache Sprechapparate), ohne daß dabei eine Auswechslung der Zentralsteuerung stattfindet, so wird neben der Anpassung der laufenden Miete für die Erweiterung ... die Mindestvertragsdauer der Anlage verlängert: Die Verlängerung der Mindestvertragsdauer ergibt sich aus folgender Tabelle:

Restmietvertragslaufzeit

Jahre 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

Verlängerungsfaktor

Faktor 3,6 3,2 2,8 2,4 2,0 1,6 1,2 0,8 0,4 0,3 0,2 0,1 0,05 0,025 0,01

..." hält einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG nicht stand. Sie verstößt gegen das bei der Verwendung von allgemeinen Geschäftsbedingungen zu beachtende Transparenz- und Bestimmtheitsgebot.


Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 30. September 2005 verkündete Urteil des Vorsitzenden der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Das Versäumnisurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 07. Oktober 2004 wird aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage wird festgestellt, dass das mit Vertrag zur Anmietung einer Telekommunikationsanlage vom 01./08.07.1993 (Vertragsnummer: 30.1238.0010) begründete Vertragsverhältnis zum 31.12.2003 beendet worden ist.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen mit Ausnahme der durch die Säumnis der Beklagten veranlassten Kosten, welche der Beklagten auferlegt werden.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der F. Gesellschaft zur Lösung nachrichtentechnischer Probleme mbH (nachfolgend: f. GmbH) begehrt von der Beklagten, auf welche die C. E.-P. GmbH als seinerzeitige Vertragspartnerin verschmolzen worden ist, nach Klageerweiterung in der Berufungsinstanz um 113.840,96 € zuzüglich Zinsen für den Zeitraum vom 01.07.2005 bis zum 30.06.2006 nunmehr Zahlung von Miete nebst Zinsen für den Zeitraum von Januar 2004 bis einschließlich 30.06.2006 für die Vermietung (inklusive Wartung) einer Fernsprechnebenstellenanlage gemäß Vertrag vom 01./08.07.1993 (Anl. 1, Bl. 5 f GA). Hierzu stützt sie sich nach zahlreichen Erweiterungen der Anlage auf Ziffer 4 der Allgemeinen Vertragsbedingungen. Unter Abschnitt I des Vertrages heißt es:

"Die Vermieterin vermietet dem Mieter auf die Dauer von fünf/zehn/fünfzehn .... Jahren (gem. Abschnitt 3 der Allgemeinen Bedingungen) eine Fernsprechnebenstellenanlage laut Anlagenübersicht, die Vertragsbestandteil wird."

Die hierin in Bezug genommenen "Allgemeinen Bedingungen zum Mietvertrag" lauten auszugsweise wie folgt:

"...

3. Vertragsdauer, vorzeitige Vertragsauflösung

3.1 Das Vertragsverhältnis beginnt mit Abschluß dieses Vertrages. Es erstreckt sich auf das bei Betriebsbereitschaft der Anlage laufende Jahr und die sich anschließenden fünf/zehn/fünfzehn/..... Kalenderjahre. Es verlängert sich jeweils um zwei Jahre, wenn nicht spätestens 6 Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt wird. ...

4. Erweiterung der Anlage

Wird eine Anlage vor Ablauf der Mindestvertragsdauer erweitert (ausgenommen um einfache Sprechapparate), ohne daß dabei eine Auswechslung der Zentralsteuerung stattfindet, so wird neben der Anpassung der laufenden Miete für die Erweiterung ... die Mindestvertragsdauer der Anlage verlängert:

Die Verlängerung der Mindestvertragsdauer ergibt sich aus folgender Tabelle:

Restmietvertragslaufzeit

Jahre 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

Verlängerungsfaktor

Faktor 3,6 3,2 2,8 2,4 2,0 1,6 1,2 0,8 0,4 0,3 0,2 0,1 0,05 0,025 0,01

..."

Demgegenüber macht die Beklagte geltend, das Vertragsverhältnis sei jedenfalls zum 31.12.2003 beendet worden, und begehrt zuletzt widerklagend festzustellen, dass das streitige Vertragsverhältnis zum 31.12.2003 beendet worden ist, nachdem sie zunächst festgestellt wissen wollte, dass der Klägerin aus dem Vertrag nach dem 01.01.2004 und über die im Rechtsstreit anhängigen Forderungen hinaus keine Rechte mehr zukommen.

Mit seinem nach fristgerechtem Einspruch gegen das am 07.10.2004 im schriftlichen Vorverfahren erlassene Versäumnisurteil (Bl. 60 GA) und Klageerweiterung in der Hauptsache von 56.920,48 € (Miete für das erste und zweite Quartal 2004) auf insgesamt 170.761,44 € (Miete für 2004 und die ersten beiden Quartale 2005), jeweils zuzüglich Zinsen, ergangenen, den Parteien am 05.10.2005 (Bl. 194 f GA) zugestellten Urteil vom 30.09.2005 (Bl. 175 f GA), auf das zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Landgericht der Klage stattgegeben und unter Abweisung der weitergehenden Widerklage festgestellt, dass der Klägerin aus dem streitgegenständlichen Vertrag ab dem 01.07.2005 keine Rechte mehr zustehen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Parteien wirksam eine Vertragslaufzeit von 10 Jahren vereinbart hätten. Hieran ändere die unter Ziffer 4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgesehene Vertragsverlängerung im Falle einer Erweiterung der Anlage nichts, wonach im Hinblick auf die im Jahr 1997 erfolgte wesentliche Erweiterung der Anlage bei einer Restmietvertragslaufzeit von 6 Jahren eine Vertragsverlängerung um 1,5 Jahre bis zum 30.06. 2005 eingetreten sei. Die entsprechende Klausel entbehre entgegen der Auffassung der Beklagten nicht wegen Unklarheit der Wirksamkeit. Eine weitere Verlängerung sei angesichts der Kündigung der Beklagten vom 22.06.1998 nicht erfolgt. Denn die Kündigung sei jedenfalls als ordentliche Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt auszulegen. Die negative Feststellungsklage der Beklagten sei unzulässig, soweit hiervon auch der Zeitraum umfasst sei, für den die Klägerin Zahlung begehre. Im Übrigen komme der Beklagten, nachdem der Geschäftsführer der Klägerin erklärt habe, der Vertrag laufe bis zum 31.12. 2007, das erforderliche Feststellungsinteresse zu. Insoweit sei die Widerklage angesichts der Beendigung des Vertragsverhältnisses zum 30.06.2005 auch begründet.

Hiergegen richten sich die am 28.10.2005 eingelegte (Bl. 197 GA) und - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 13.02.2006 (Bl. 213, 226, 230 GA) - am 13.02.2006 begründete (Bl. 299 f GA) Berufung der Klägerin sowie die am 04.11.2005 eingelegte (Bl. 202 GA) und - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 13.02.2006 (Bl. 217, 223, 293 GA) - am 06.02.2006 (Bl. 232 f GA) sowie mit ergänzendem Schriftsatz am 13.02.2006 (Bl. 320 f GA) begründete Berufung der Beklagten.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihr Widerklageabweisungsbegehren fort und erweitert ihr erstinstanzlich erfolgreiches Zahlungsbegehren um die sich auf insgesamt 113.840,96 € belaufenden Quartalsmieten für den Zeitraum vom 01.07.2005 bis zum 30.06.2006 zuzüglich Zinsen. Hierzu vertritt sie die Auffassung, die Widerklage sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, da die von der Beklagten zur Überprüfung gestellte Rechtsfrage bereits im Rahmen des Klagebegehrens zu prüfen sei. Auch genügten weder die Äußerung des klägerischen Geschäftsführers, dass das Vertragsverhältnis bis zum 31.12.2007 fortbestehe, noch drohende weitere Rechnungslegungen zur Begründung eines Feststellungsinteresses. Im Übrigen fehle es an der Begründetheit. Die Kündigung vom 22.06.1998 könne nicht als Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt ausgelegt werden. Der Beklagten sei ersichtlich an einer kurzfristigen Beendigung des Mietverhältnisses gelegen gewesen. Habe sie, nachdem eine fristlose Kündigung unwirksam gewesen sei, in Kenntnis der Bestimmung unter Ziffer 4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen weitere Erweiterungen der Anlage in Auftrag gegeben, könne ihre Kündigung nicht zugleich als ordentliche Kündigung verstanden werden. Zudem sei bei der Bemessung der Vertragslaufzeit durch das Landgericht unberücksichtigt geblieben, dass es bereits seit 1993 fortwährend zu Erweiterungen und damit verbundenen Vertragsverlängerungen gekommen sei. Die letzte Erweiterung im Jahre 1997 habe zu einer abschließenden Verlängerung bis zum 31.12.2007 geführt. Selbst wenn es sich bei der - ebenso wie die Grundlaufzeit - individuell ausgehandelten strittigen Klausel entgegen den Ausführungen des Senats in seiner Entscheidung vom 01.08.2002, Az. 10 U 167/01, um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handele, benachteilige Ziffer 4 der Vertragsbedingungen die Beklagte nicht unangemessen. Zum einen habe diese selbst die Vertragserweiterungen gewählt. Zum anderen rechtfertigten das erhebliche wirtschaftliche Engagement und die Vorfinanzierung der Klägerin entsprechende Laufzeitverlängerungen.

Die Klägerin beantragt,

das am 30.09.2005 verkündete Urteil des Vorsitzenden der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten teilweise abzuändern und die Beklagte unter Abweisung der Widerklage und Einbeziehung des Versäumnisurteils vom 07.10.2004 zur Zahlung von 284.602,40 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

aus 28.460,24 € seit dem 02.01.2004,

aus weiteren 28.460,24 € seit dem 02.04.2004,

aus weiteren 28.460,24 € seit dem 02.07.2004,

aus weiteren 28.460,24 € seit dem 02.10.2004,

aus weiteren 28.460,24 € seit dem 02.01.2005,

aus weiteren 28.460,24 € seit dem 02.04.2005,

aus weiteren 28.460,24 € seit dem 02.07.2005,

aus weiteren 28.460,24 € seit dem 02.10.2005,

aus weiteren 28.460,24 € seit dem 02.01.2006 und

aus weiteren 28.460,24 € seit dem 02.04.2006

zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

das am 30.09.2005 verkündete Urteil des Vorsitzenden der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin teilweise abzuändern und unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 07.10.2005 die Klage abzuweisen sowie auf die Widerklage festzustellen, dass das mit Vertrag vom 01./08.07.1993 zur Anmietung einer Telekommunikationsanlage begründete Vertragsverhältnis zum 31.12.2003 beendet worden ist.

Die Beklagte verfolgt mit ihrer Berufung ihr Klageabweisungs- und ihr Feststellungsbegehren nach vorstehender Maßgabe unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiter. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei das Mietverhältnis spätestens mit Ablauf der ursprünglich vereinbarten Vertragslaufzeit von 10 Jahren zum 01.01.2004 beendet gewesen. Fehlerhaft sei das Landgericht von der Wirksamkeit der Bestimmung unter Ziffer 4 der Allgemeinen Vertragsbedingungen ausgegangen, welche vor § 9 AGBG bzw. § 307 BGB keinen Bestand habe. Soweit das Landgericht - ausgehend von der Restmietvertragslaufzeit - den in Ziffer 4 ausgewiesenen Faktor als hinzuzurechnende Jahreszahl betrachte, könne dem schon deshalb nicht gefolgt werden, weil der Begriff des Faktors typischerweise auf eine vorzunehmende Multiplikation hindeute. Dies zugrunde gelegt errechneten sich Vertragslaufzeiten, die in jedem Fall eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners bedeuteten. Jedenfalls fehle es angesichts dessen an der erforderlichen Transparenz. Auch stehe das Verhältnis zwischen Restlaufzeit und Verlängerungszeit in keinem Verhältnis. Schließlich lasse sich der Bestimmung nicht entnehmen, welcher Faktor bei einer mehrfachen Anlageerweiterung wie hier zur Anwendung gelange.

Der Senat hat im Termin zur mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass er die unter Ziffer 4 der Allgemeinen Vertragsbedingungen enthaltene Verlängerungsklausel wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG bzw. § 307 BGB für unwirksam erachtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist ebenso wie die erweiterte Klage unbegründet. Die Berufung der Beklagten ist hingegen begründet. Mit Erfolg wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Zahlung. Auch der im Wege zulässiger (§§ 533, 529 ZPO) Klageerweiterung eingeführte, weitergehende Zahlungsantrag, dessen Zulässigkeit die zuvor erhobene negative Feststellungsklage nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO nicht entgegen steht (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 256 Rz. 7 d), ist unbegründet. Die zuletzt auf Feststellung der Beendigung des Vertragsverhältnisses zum 31.12.2003 gerichtete Widerklage ist zulässig und begründet.

1.

Der Klägerin kommt als Rechtsnachfolgerin der f. GmbH kein Zahlungsanspruch aus dem im Wesentlichen mietvertragliche und - hinsichtlich der Wartung - dienstvertragliche Elemente enthaltenden Vertrag vom 01./08.07.1993 nach § 535 Satz 2 BGB a.F. bzw. § 535 Abs. 2 BGB i.V.m. § 611 Abs. 1 BGB gegenüber der Beklagten als Rechtsnachfolgerin der C. E.-P. GmbH zu. Denn das Vertragsverhältnis bestand lediglich bis zum 31.12.2003.

a.

Zutreffend hat das Landgericht - wie mit der Berufung der Beklagten auch nicht beanstandet - festgestellt, dass die Mindestvertragslaufzeit gemäß Abschnitt I Abs. 1 des Vertrages wirksam auf 10 Jahre festgelegt worden ist. Dabei kann offen bleiben, ob es sich hierbei um eine allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 1 Abs. 1 AGBG, welcher wie auch das übrige AGBG in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung nach Art. 229 § 5 EGBGB auf das Vertragsverhältnis Anwendung findet, oder eine Individualvereinbarung nach § 1 Abs. 2 AGBG handelt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (zuletzt Urt. vom 31.07.2003, Az. 10 U 171/02, NJW-RR 2003, 1496; Urt. vom 05.09.2002, Az. 10 U 146/00; Urt. vom 01.08.2002, Az. 10 U 167/01), die an die Rechtsprechung des BGH (NJW 1985, 2328 und 1993, 1133 [1134]) anschließt, ist die Vereinbarung einer 10-jährigen Laufzeit bei der Vermietung von Telekommunikationsanlagen in allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht zu beanstanden. Sie stellt regelmäßig keine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 9 AGBG dar.

Die im Rahmen des § 9 AGBG gebotene umfassende Abwägung der schützenswerten Interessen beider Parteien ergibt hier keine unangemessene Benachteiligung. Einerseits ist das billigenswerte Interesse der Vermieterin zu berücksichtigen, den von ihr getätigten Investitionsaufwand im Rahmen der Überlassung zu erwirtschaften und hierfür einen angemessenen Kalkulationszeitraum zugrunde zu legen. Andererseits konnte von der C. E.-P. GmbH als Wirtschaftsunternehmen erwartet werden, dass sie nicht nur ihren gegenwärtigen, sondern auch ihren künftigen Bedarf abschätzt. Dies gilt auch im Hinblick auf einen etwaigen - infolge rascher Entwicklung auf dem Gebiet der Telekommunikation - zukünftigen Bedarf, die Anlage vor Ablauf der Bindungsfrist durch eine andere und moderne Anlage zu ersetzen. Unter diesen Umständen besteht kein Anlass zu einem Abweichen von dem tragenden Grundsatz unserer Rechtsordnung, dass einmal geschlossene Verträge in aller Regel auch zu erfüllen sind, wenn sie als nicht mehr vorteilhaft oder gar lästig empfunden werden (vgl. Senat, a.a.O.).

Keine andere Wertung rechtfertigt sich im Hinblick auf Ziffer 4 der Allgemeinen Vertragsbedingungen. Zwar ist die Frage einer unangemessenen Benachteiligung durch eine Klausel nicht nur isoliert, sondern auch vor dem Hintergrund der übrigen Bestimmungen zu beurteilen (vgl. BGH, NJW 1983, 159 [160]; 1995, 254; 2004, 3045 [3046]). Ziffer 4 hält jedoch - anders als in dem unter dem Aktenzeichen 10 U 146/00 entschiedenen Fall - einer Inhaltskontrolle bereits für sich genommen nicht stand, so dass die nach § 9 AGBG unwirksame Bestimmung, deren Unwirksamkeit nach § 6 Abs. 1 AGBG nicht die Nichtigkeit auch der übrigen Regelungen nach sich zieht, im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung keine Berücksichtigung finden kann.

Hiervon ausgehend endete die Grundmietzeit - wie zwischen den Parteien bei Zugrundelegung einer 10-jährigen Bindung unstreitig - gemäß Ziffer 3.1 der Allgemeinen Vertragsbedingungen am 31.12.2003.

b.

Eine Verlängerung der regulären Mindestlaufzeit nach Ziffer 4 der Vertragsbedingungen ist nicht eingetreten. Die fragliche Bestimmung ist entgegen der Auffassung der Klägerin als allgemeine Geschäftsbedingung nach § 1 AGBG einzustufen und hält als solche einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG nicht stand.

aa.

Ziffer 4 der Allgemeinen Bestimmungen ist als allgemeine Geschäftsbedingung anzusehen. Wie sich dem äußeren Erscheinungsbild entnehmen lässt und von der Klägerin selbst nicht in Abrede gestellt wird, handelt es sich bei den dem Vertrag beigefügten Allgemeinen Bestimmungen um von der Rechtsvorgängerin der Klägerin für ein Vielzahl von Verträgen vorformulierte Bestimmungen. Demgegenüber macht die - insofern darlegungs- und beweisbelastete - Klägerin allein geltend, die Regelung unter Ziffer 4 ernsthaft zur Disposition gestellt und mit der C. E.-P. GmbH individuell ausgehandelt zu haben.

(1)

Soweit die Klägerin behauptet, die C. E.-P. GmbH habe auf einer Streichung von Ziffer 4.1 bestanden, folgt hieraus nicht zwangsläufig, dass die Bestimmungen unter Ziffer 4 ernsthaft zur Disposition standen. Denn der Regelungsgehalt beider Bestimmungen schließt sich - worauf die Beklagte zutreffend hinweist - nicht dergestalt aus, dass die eine Bestimmung die Negation der anderen enthält. Unter diesen Umständen war aber, selbst wenn der Regelungsgehalt von Ziffer 4.1 zur Disposition gestanden haben sollte, nicht zwangsläufig auch der Regelungsgehalt von Ziffer 4 verhandelbar.

(2)

Nichts anderes folgt aus der Behauptung der Klägerin, nicht nur die Grundlaufzeit sondern auch die Verlängerung individuell ausgehandelt zu haben. Hierzu hätte es näherer Konkretisierung bedurft, wann und zwischen wem dies der Fall gewesen sein soll. Im Übrigen ist die Klägerin mit ihrem dahin gehenden - erstmals in der Berufungsinstanz unterbreiteten - Sachvortrag nach § 531 Abs. 2 ZPO präkludiert.

(3)

Ungeachtet dessen ist das Vorbringen der Klägerin auch beweislos. Denn die Voraussetzungen für eine Parteivernehmung ihres Geschäftsführers sind nicht gegeben, nachdem die Beklagte hierzu weder ihre Zustimmung erteilt hat (§ 447 ZPO) noch eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der Behauptungen der Klägerin spricht (§ 448 ZPO). Zudem fragt sich, inwieweit der Geschäftsführer der Klägerin in die seinerzeit mit der fmt 3000 GmbH geführten Vertragsverhandlungen eingebunden gewesen sein soll.

(4)

Ohne Bedeutung ist schließlich, ob es sich bei den übrigen Bestimmungen des Vertrages um allgemeine Geschäftsbedingungen handelt oder nicht. Denn die Prüfung, ob eine allgemeine Geschäftsbedingung gegeben ist, hat für jede Klausel gesondert zu erfolgen. Darüber hinaus vermag die Klägerin aus dem Charakter des Abschnittes I des Vertrages schon deshalb nichts zu ihren Gunsten abzuleiten, weil es sich, wie der ausdrückliche Verweis in Abschnitt IV auf die gesonderten Bedingungen belegt, um einen inhaltlich von den Allgemeinen Bestimmungen zu unterscheidenden Vertragsteil handelt.

bb.

Soweit der Senat im Zusammenhang mit der Beurteilung der Wirksamkeit einer 10-jährigen Vertragslaufzeit bei einer Erweiterung der Anlage eine Verlängerung der regulären Vertragslaufzeit in Abhängigkeit von der sogenannten Restmietvertragslaufzeit für unbedenklich erachtet hat (vgl. Urt. vom 21.03.2002, Az. 10 U 146/00, und vom 01.08.2002, Az. 167/01), hält er hieran aus den maßgebenden Gründen seiner Entscheidung vom 31.07.2003 (NJW-RR 2003, 1496) auch unter Berücksichtigung dessen, dass es in den erstgenannten Entscheidungen nicht um die Wahrung des Transparenzgebotes ging, nicht fest.

(1)

Die gebotene Gesamtabwägung der schützenswerten Interessen beider Vertragsparteien ergibt, dass Ziffer 4 der Allgemeinen Bestimmungen die Mieterin unangemessen benachteiligt. Sie verstößt gegen das bei der Verwendung von allgemeinen Geschäftsbedingungen zu beachtende Transparenz- und Bestimmtheitsgebot (BGHZ 106, 42 [49]; BGH, NJW 2000, 651 [652]). Dieses verpflichtet den Verwender, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen möglichst klar und durchschaubar darzustellen (BGHZ 106, 42 [49]; BGH, NJW 2000, 651 [652]; BGH, NJW 2001, 2014 [2016]). Dabei gebieten Treu und Glauben auch, dass die Klausel wirtschaftliche Nachteile und Belastungen soweit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (BGH, NJW 1999, 2279 [2280]; BGH, NJW 2001, 2014 [2016]). Diesen Anforderungen genügt Ziffer 4 der Allgemeinen Vertragsbedingungen nicht.

(a)

Ziffer 4 sieht eine gestaffelte Verlängerung der Mindestvertragslaufzeit vor, von der Erweiterungen um "einfache Sprechapparate" ausdrücklich ausgenommen sind. Damit führt zwar nicht - wie in dem vom OLG Köln entschiedenen Fall (Urt. vom 21.01.1994, NJW 1994, 1483) - jede Erweiterung zum Neubeginn der Mindestlaufzeit des Vertrages mit der Folge, dass selbst geringfügige Erweiterungsmaßnahmen praktisch zu einer Unkündbarkeit des Vertrages führen. Indes bleibt vorliegend offen, unter welchen genauen Umständen eine Vertragsverlängerung eintritt. Zwar erschließt sich einem aufmerksamen und sorgfältigen Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr die Bedeutung des Begriffs des "einfachen Sprechapparates" ohne weiteres. Die Erweiterung um einen einfachen Sprechapparat ist jedoch untrennbar mit der Frage verbunden, welcher technische Aufwand hierfür erforderlich ist. Für die Mieterin einer Telekommunikationsanlage geht es im Ergebnis regelmäßig darum, die vorhandene Anlage um Sprechapparate zu erweitern. Welcher technische Aufwand hierzu notwendig ist und ab welchem Aufwand eine Vertragsverlängerung ausgelöst wird, ist für einen branchenfremden Mieter aber regelmäßig nicht erkennbar.

(b)

Überdies ist zu berücksichtigen, dass für den Fall mehrfacher Erweiterungen eine Kumulation von Vertragsverlängerungen eintritt, für die eine Begrenzung auf eine maximale Vertragsdauer fehlt. Zwar hat das Landgericht bei der Bemessung der Vertragsdauer lediglich die Erweiterung aus dem Jahr 1997 zugrunde gelegt. Diese Handhabe findet indes in dem Regelungswerk ebenso wenig eine Stütze wie die mit nachgelassenem Schriftsatz vom 16.06.2006 aufgezeigte Berechnungsweise der Klägerin, welche - ungeachtet der Zahl der jährlichen Erweiterungen - pro Jahr lediglich eine Verlängerung zugrunde gelegt hat. Vielmehr führt hiernach jede Erweiterung, welche nicht ausschließlich einen einfachen Sprechapparat umfasst, zu einer Vertragsverlängerung, so dass mehrere Erweiterungen zu einer Addition von Vertragsverlängerungen führen, ohne dass eine Begrenzung der Mindestvertragsdauer oder der Vertragsverlängerungen bestimmt ist. Hiervon ausgehend wird aber die Reichweite möglicher Pflichten - gerade auch vor dem Hintergrund einer sich immer weiter verlängernden Laufzeit - nicht hinreichend aufgezeigt. Dies gilt umso mehr, als sich die Restmietlaufzeit mit jeder nach Ziffer 4 beachtlichen Erweiterung der Anlage verlängert mit der Folge, dass bei mehrfachen Erweiterungen binnen eines Jahres sogar Verlängerungen um mehr als ein Jahr möglich sind, wobei nicht einmal klar ist, ob die Verlängerung in solchen Fällen alsdann nach der vereinbarten Grundmietzeit oder nach der (verlängerten) Restmietvertragslaufzeit zu berechnen ist. Eine Auslegung kommt zum einen wegen des eindeutigen Wortlautes, zum anderen wegen des Verbotes geltungserhaltender Reduktion nicht in Betracht.

(c)

Unklar ist die Bestimmung auch insofern, als ihr die Bedeutung der genannten Faktoren nicht zu entnehmen ist. Wie die Beklagte zu Recht geltend macht, bezeichnet der Begriff des Faktors typischerweise einen Multiplikator und nicht einen hinzuzurechnenden Betrag. Hierauf deutet auch die Verwendung von Zahlen mit bis zu drei Stellen hinter dem Komma hin. Würde der Faktor, wie das Landgericht meint, lediglich eine Jahreszahl benennen, fragt sich, weshalb der Zeitraum nicht in Jahren, Monaten, Wochen und Tagen ausgewiesen worden ist. Hiervon ausgehend bleibt zudem die Bezugsgröße, welche mit dem Faktor zu multiplizieren ist, offen, da es sich hierbei entweder um die Mindestvertragsdauer oder die Restmietvertragslaufzeit handeln kann. Nach alledem ist - auch unter Berücksichtigung der Frage, welche Rechtsfolgen mehrfache Erweiterungen nach sich ziehen - eine eindeutige Ermittlung der Vertragsverlängerung selbst dann, wenn dem Mieter ein gehöriger Rechenaufwand zumutbar wäre, unmöglich.

(d)

Offen bleiben kann schließlich, ob - wie teilweise jedenfalls im Hinblick auf die Neuregelung in § 307 BGB vertreten wird (Heinrichs, in: Palandt, BGB, 65. Aufl., § 307 BGB Rz. 20 m.w.N.) - die Gefahr einer inhaltlichen Benachteiligung für den anderen Teil bestehen muss, um die Unwirksamkeit einer Klausel wegen Verstoßes gegen das Transparenz- und Bestimmtheitsgebot zu begründen (für § 9 AGBG verneinend: BGHZ 140, 25 [31]). Denn eine solche folgt hier daraus, dass der andere Teil durch die Verletzung des Verständlichkeitsgebots daran gehindert wird, Verhandlungsmöglichkeiten oder Marktchancen wahrzunehmen bzw. durch die Verletzung des Bestimmtheitsgebots die Gefahr begründet wird, dass der Vermieter die ihm scheinbar eingeräumte Gestaltungsmacht unangemessen einsetzt (vgl. Heinrichs, in: Palandt, a.a.O., § 307 BGB Rz. 20).

(2)

Keiner Entscheidung bedarf nach alledem, ob Ziffer 4 der Allgemeinen Bestimmungen den Mieter zugleich auch unter anderen Gesichtspunkten unangemessen benachteiligt, insbesondere ob die vorgesehenen Vertragsverlängerungen für eine wirtschaftlich sinnvolle Vermarktung erforderlich sind.

c.

Eine Verlängerung des Vertrages nach Ziffer 3.1 der Allgemeinen Vertragsbedingungen ist nicht eingetreten. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist das Vertragsverhältnis mit der Kündigung vom 22.06.1998 wirksam zum 31.12.2003 beendet worden. Denn dem Schreiben ist der unbedingte Wille zu entnehmen, das Vertragsverhältnis auch für den Fall, dass lediglich eine ordentliche Kündigung möglich ist, zu beenden. Mag der Beklagten auch an einer kurzfristigen Beendigung des Mietverhältnisses gelegen gewesen sein, bedeutet dies nicht, dass die Kündigung andernfalls obsolet sein sollte. Vielmehr gab die Beklagte, indem sie um die Demontage und Abholung der Anlage bat, die in der Folge auch erfolgte, zu erkennen, das Vertragsverhältnis unter keinen Umständen fortzusetzen wollen. Soweit die Klägerin einwendet, die Beklagte habe durch die auf ihre Veranlassung in Kenntnis der Vertragsverlängerungsklausel durchgeführten Erweiterungen zu verstehen gegeben, an dem Vertrag festhalten zu wollen, geht ihr Vortrag ins Leere, da eine Erweiterung nach Vertragskündigung nicht behauptet ist.

2.

Zinsen kann die Klägerin mangels Hauptforderung nicht verlangen.

3.

Die widerklagend erhobene negative Feststellungsklage der Beklagten gemäß § 256 Abs. 2 ZPO ist zulässig und begründet.

a.

Angesichts der Rechtsauffassung der Klägerin, das Vertragsverhältnis bestünde bis zum 31.12.2007 mit der daraus abzuleitenden Zahlungsverpflichtung der Beklagten fort, ist das erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) mit dem Landgericht zu bejahen.

b.

Offen bleiben kann, inwieweit das Widerklagebegehren der Beklagten bei sach- und interessengerechter Auslegung von Beginn an auf die Feststellung der Beendigung des Vertragsverhältnisses zum 31.12.2003 gerichtet war oder eine Klageänderung vorliegt, da Letztere jedenfalls als sachdienlich zuzulassen ist (§§ 533, 529 ZPO).

c.

Nachdem der Vertrag mit Ablauf des 31.12.2003 geendet hat, ist die Widerklage auch begründet. Weitergehender Entscheidungen, insbesondere hinsichtlich der erstinstanzlichen Teilerledigungserklärungen der Beklagten, bedarf es jedenfalls angesichts des nunmehrigen Widerklageantrages nicht.

4.

Der nachgelassene Schriftsatz vom 16.06.2006 gibt aus den vorstehenden Erwägungen ebenso wenig wie der nicht nachgelassene Schriftsatz vom 26.06.2006 Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1, 344 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Streitwert: 455.363,84 € (Klage: 170.761,44 € + 113.840,96 €; Widerklage: 170.761,44 € [6 x 28.460,24 €; 3. Quartal 2006 bis 4. Quartal 2007])

Ende der Entscheidung

Zurück