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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 30.03.2006
Aktenzeichen: I-10 U 166/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 536
1. Das Fehlen einer für die gewerbliche Nutzung an sich erforderlichen Nutzungsgenehmigung führt allerdings nicht automatisch zur Annahme eines Mangels gemäß § 536 BGB und damit zur Nichtgewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs. Voraussetzung ist vielmehr, dass die fehlende Genehmigung eine Aufhebung oder erhebliche Beeinträchtigung der Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch zur Folge hat. Eine solche liegt regelmäßig nur vor, wenn die zuständige Behörde die Nutzung des Mietobjekts untersagt oder wenn ein behördliches Einschreiten insoweit ernstlich zu erwarten ist

2. Die Klausel in einem Pachtvertrag über einen Pferdehof, "Es finden jeweils in den Monaten Oktober und April zwei Betriebsbesichtigungen statt. Ergeben sich hierbei Beanstandungen, zu der auch das Vorliegen von Mängeln gehört, so entscheidet - bei Nichteinigung der Parteien - über deren Berechtigung der noch zu bildende Gutachterausschuss...", ist gemäß §§ 133, 157 BGB bei verständiger Regelung dahingehend auszulegen, dass im Streitfall ein die Gebrauchstauglichkeit einschränkender Mangel durch den Gutachterausschuss bestätigt sein muss.


Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das am 3. November 2005 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, die von ihm angemieteten Teile des .-hofes in Düsseldorf - belegen...,...D... - nämlich

- Alter Pferdestall mit 17 Boxen,

- Sattelkammern,

- Reithalle mit Inneneinrichtung (z.B. Spiegel, Bande, Beleuchtung u. Reitbahnboden),

- Pferdestall-Anbau mit 36 Boxen,

- Vorbau südlich zur Reithalle mit Aufenthaltsraum ohne Inventar mit gefliestem Boden,

- darunter Lagerraum,

- eine Wohnung bestehend aus Küche, Bad und 2 Zimmern (diese ohne Fußbodenbelag und Tapeten),

- ein Schulungsraum (Fußboden gefliest, ohne Inventar),

- Toiletten neben dem Schulungsraum, voll ausgestattet,

- Reitplatz mit Nebenplatz,

- Weg westlich der Gebäude mit dem Hinweis "Reitschule"(nur dieser Weg ist vom Betrieb des Pächters zu benutzen)

geräumt an die Kläger als Gesamtgläubiger herauszugeben.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Räumungsvollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 61.335,00 € und die Zwangsvollstreckung hinsichtlich der Kosten in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Kläger vorab in gleicher Höhe Sicherheit leisten.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, den von den Klägern angepachteten Teil des -.hofes in D...zu räumen. Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der getroffenen Feststellungen - einschließlich der gestellten Anträge - wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen (GA 206-210). Das Landgericht hat die Räumungsklage mit der Begründung abgewiesen, die Kündigungen der Kläger hätten den Pachtvertrag nicht beendet. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen (GA 210 ff.).

Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger, mit der sie ihren erstinstanzlichen Räumungsantrag auch hinsichtlich der insoweit gestellten Hilfsanträge weiter verfolgen. Sie halten das klageabweisende Urteil für rechtsfehlerhaft. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei die fristlose Kündigung vom 31.8.2005 wirksam. Das Landgericht habe insoweit die Darlegungs- und Beweislast sowie die Bedeutung des § 8 PV (letzter Absatz) verkannt. Der Beklagte habe sich am 31.8.2005 mit mehr als einer Pacht in Rückstand befunden. Es sei dem Beklagten unbenommen geblieben, vor Gericht Mängel des Pachtobjekts vorzutragen und daraus resultierende angebliche Minderungsrechte einzuwenden. Dies habe das Landgericht verkannt. Die Auffassung des Landgerichts führe dazu, dass sie ihr fristloses Kündigungsrecht gemäß § 12 Abs. 3 PV erst ausüben könnten, wenn sie zuvor den Gutachterausschuss angerufen hätten und dieser die Mängelfreiheit festgestellt hätte. Im Übrigen halten sie auch ihre weiteren Kündigungen entgegen der Auffassung des Landgerichts für wirksam. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 16.1.2006 (GA 233 ff.) verwiesen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und bittet um Zurückweisung der Berufung. Das Landgericht habe zu Recht festgestellt, dass hinsichtlich der Kündigung vom 31.8.2005 ein Kündigungsgrund aufgrund des geltend gemachten Zurückbehaltungsrechts nicht bestehe. Der Zahlungsrückstand basiere nicht auf einem Zahlungsverzug, vielmehr habe er die Pacht wegen zahlreicher Mängel der Pachtanlage gemindert. Ein pflichtwidriger Zahlungsverzug liege erst dann vor, wenn er sich den Feststellungen des - bisher nicht eingeholten - Schiedsgutachtens widersetze. Im übrigen hält er auch die weiteren von den Klägern ausgesprochenen Kündigungen mit dem Landgericht für unwirksam. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 20.2.2006 (GA 279 ff.) Bezug genommen.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze der Parteien einschließlich der zu den Akten gereichten schriftlichen Unterlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache im Hauptantrag Erfolg, so dass es einer Entscheidung über die gestellten Hilfsanträge nicht bedarf. Entgegen der Auffassung des angefochtenen Urteils ist das Pachtverhältnis der Parteien jedenfalls durch die fristlose Kündigung der Kläger vom 31.8.2005 beendet und der Beklagte gemäß §§ 581 Abs. 2, 546 Abs. 1 BGB zur Räumung und Herausgabe an die Kläger verpflichtet. Das beruht im Einzelnen auf folgenden Erwägungen:

Die auf Zahlungsverzug gestützte fristlose Kündigung der Kläger vom 31.8.2005 ist gemäß §§ 581 Abs. 2, 543 Abs. 2 Nr. 3 a BGB begründet, so dass es auf die Frage, ob die in § 12 Abs. 2 PV (GA 15) getroffene Kündigungsregelung auch den Fall erfasst, dass der Pächter über einen längeren Zeitraum jeweils nur mit einem Teil des Pachtzinses in Rückstand gerät, selbst wenn dieser in der Summe mehr als eine Monatspacht erreicht, nicht ankommt. Nach §§ 581 Abs. 2, 543 Abs. 2 Nr. 3 a BGB ist der Verpächter berechtigt, das Pachtverhältnis aus wichtigem Grund zu kündigen, wenn der Pächter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Pacht oder eines nicht unerheblichen Teils der Pacht in Verzug ist. Diese Voraussetzungen liegen nach den gemäß § 529 Abs. 1 ZPO zugrunde zu legenden Feststellungen vor. Unstreitig hatte der Beklagte bei Ausspruch und Zugang der Kündigung die jeweils zum 3. eines jeden Monats (§ 5 PV) zu entrichtende Pacht (monatlich 5.112,92 €) für die Monate April bis August 2005 in einer Gesamthöhe von 9.669,10 € nicht gezahlt. Die nicht gezahlte anteilige Pacht betrug nach den vorgelegten Kontoauszügen (GA 129-133) in den Monaten April bis Juni 2005 je 1.533,82 € und in den Monaten Juli und August 2005 je 2.533,82 €. Der Gesamtrückstand von 9.669,10 € ist i.S. der gesetzlichen Regelung nicht unerheblich (vgl. BGH, NJW-RR 1987, 903).

Gründe für den Pachtrückstand, die der Beklagte nicht zu vertreten hat (§ 286 Abs. 4 BGB), liegen nicht vor. Der Beklagte konnte sich gegenüber dem fälligen Pachtzinsanspruch ohne Fahrlässigkeit weder aufgrund eines Zurückbehaltungsrechts noch wegen etwaiger Mängel des Pachtobjektes für berechtigt halten, die Pachtzahlung in vorbeschriebener Höhe einzustellen. Ein Recht zur Zahlungsverweigerung ergibt sich insbesondere nicht aus den im Schriftsatz vom 2.11.2005 (GA 142, 153 ff) behaupteten fehlenden öffentlich-rechtlichen Nutzungsgenehmigungen (für die Nutzung als Wohnung, für die Betonplatte vor den Außenboxen, für die Zufahrt, für die Verlaufsänderung des Baches, für den abgeladenen Bauschutt).

Zwar entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse und Gebrauchsbeschränkungen, die dem vertragsgemäßen Gebrauch entgegenstehen, dann einen Fehler der Mietsache im Sinne des § 537 BGB a.F. = § 536 BGB n.F. darstellen, wenn sie mit der Beschaffenheit der Mietsache zusammenhängen, nicht in persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache haben und mietvertraglich nichts Abweichendes vereinbart ist (vgl. BGH, Urt. v. 16.2.2000, NJW 2000, 1713 m.w.N.). In diesem Sinn kann auch das Fehlen einer öffentlich -rechtlichen Genehmigung einen Mangel darstellen und dem Mieter insoweit die Einrede des nicht erfüllten Vertrages (§ 320 BGB) bzw. ein Recht zur Minderung (§ 536 Abs. 1 BGB) geben. Das Fehlen einer - wie hier - für die gewerbliche Nutzung als Lagerfläche an sich erforderlichen Nutzungsgenehmigung führt allerdings nicht automatisch zur Annahme eines Mangels gemäß § 536 BGB und damit zur Nichtgewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs. Voraussetzung ist vielmehr, dass die fehlende Genehmigung eine Aufhebung oder erhebliche Beeinträchtigung der Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch zur Folge hat. Eine solche liegt regelmäßig nur vor, wenn die zuständige Behörde die Nutzung des Mietobjekts untersagt oder wenn ein behördliches Einschreiten insoweit ernstlich zu erwarten ist (vgl. BGH, Versäumnisurt. v. 9.1.2002, XII ZR 182/98; BGH, Urt. v. 20.1.1971, ZMR 1971, 220; Senat, Urt. v. 12.5.2005, DWW 2005, 235 = ZMR 2005, 707; KG, Urt. v. 7.3.2002, GE 2002, 664). Dass diese Voraussetzungen bei Ausspruch der Kündigung vom 31.8.2005 erfüllt waren, vermag der Senat den im Berufungsverfahren zu Grunde zu legenden Tatsachen (§§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, 529 Abs. 1 ZPO) nicht zu entnehmen. Das Vorbringen des Beklagten ist insoweit auch zweitinstanzlich substanzlos.

Auch die weiteren im Schriftsatz vom 2.11.2005 (GA 156 ff.) aufgelisteten Mängel berechtigten den Beklagten weder zur Zurückhaltung noch zur Minderung des Pachtzinses. Der Senat lässt dahin stehen, ob die von dem Beklagten behaupteten Mängel des Pachtobjekts vorliegen oder nicht. Ihrer Berücksichtigung im vorliegenden Rechtsstreit steht jedenfalls die in § 8 Abs. 7 PV (GA 12, letzter Absatz) zwischen den Parteien vereinbarte Schiedsklausel entgegen. Danach finden jeweils in den Monaten Oktober und April zwei Betriebsbesichtigungen statt. Ergeben sich hierbei Beanstandungen, zu der auch das Vorliegen von Mängeln gehört, so entscheidet - bei Nichteinigung der Parteien - über deren Berechtigung der noch zu bildende Gutachterausschuss (vgl. § 16 PV). Die insoweit getroffene Regelung hat ersichtlich den Sinn, im Fall der Nichteinigung weiteren Streit zwischen den Vertragsparteien zu vermeiden und die Berechtigung beiderseits vorgebrachter Beanstandungen dem Votum des Gutachterausschusses zu unterstellen. Sie ist gemäß §§ 133, 157 BGB bei verständiger Regelung dahingehend auszulegen, dass im Streitfall ein die Gebrauchstauglichkeit einschränkender Mangel durch den Gutachterausschuss bestätigt sein muss (in diesem Sinn, BGH, Urt. v. 21.9.2005, GuT 2006, 19 = NZM 2006, 54 - XII ZR 66/03 - zu der vergleichbaren Klausel, "Das Recht zur Minderung des Mietzinses gemäß § 537 Abs. 1 BGB ist von einer vorherigen Feststellung durch einen von der IHK zu benennenden öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen abhängig, es sei denn, die Vermieterin stimmt der geltend gemachten Minderung zu."). Den ihm hiernach obliegenden Nachweis für das Vorhandensein der behaupteten Mängel durch eine Entscheidung des Gutachterausschusses hat der Beklagte nicht erbracht, so dass er mit seiner Mängeleinrede nicht gehört werden kann.

Gegenteiliges ist der Berufungserwiderung nicht zu entnehmen. Soweit es um die erstinstanzlich bereits vorgetragenen Mängel geht, haben die Kläger deren Vorhandensein bereits mit der Berufungsbegründung bestritten, so dass es Sache des Beklagten war, die Voraussetzungen für die Beauftragung des Gutachterausschusses zu schaffen. Sofern das Besichtigungsprotokoll weitere bisher nicht vorgebrachte Mängel enthalten sollte, ist der Beklagte hiermit jedenfalls gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO präkludiert, weil er nicht dargelegt hat, diesen Vortrag erstinstanzlich nicht aus Nachlässigkeit unterlassen zu haben.

Selbst wenn die Kläger - wie der Beklagte meint - dem Inhalt des Mängelprotokolls vom 2.2.2006 nicht fristgerecht widersprochen haben sollten, führt dies nicht zum nachträglichen Wegfall der im Zeitpunkt ihres Zugangs berechtigten fristlosen Kündigung vom 31.8.2005. Auf die Berechtigung der weiteren von den Klägern ausgesprochenen Kündigungen kommt es bei dieser Sachlage nicht mehr an.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Streitwert: 61.335,00 €

Ende der Entscheidung

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