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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 29.01.2004
Aktenzeichen: I-10 U 85/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 119
BGB § 155
BGB § 307 n.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 30. April 2003 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach wie folgt abgeändert:

1.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Zug um Zug gegen Lieferung eines Kaffee-Frischbrühgerätes aus der Baureihe "Micro" nebst Zubehör (Unterschrank, Heißwassertaste, Pumpe/Tank) jeweils zum 1. eines jeden Monats einen Betrag von 175,39 EUR zu zahlen, und zwar beginnend mit dem 1. August 2002 bis einschließlich Januar 2008.

2.

Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Abnahme des vorstehend beschriebenen Geräts seit dem 8. April 2002 in Annahmeverzug befindet.

3.

Die Kosten des Rechtsstreits fallen dem Beklagten zur Last.

4.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

I.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist auch sachlich gerechtfertigt. Das klageabweisende landgerichtliche Urteil kann keinen Bestand haben.

Der von den Parteien am 28.01.2002 geschlossene Vertrag ist entgegen der Auffassung des Landgerichts wirksam, so dass der Beklagte, der mangels eines entsprechenden Antrags für den Fall des Erfolgs der Klage die zunächst erhobene Hilfswiderklage nicht aufrechterhalten hat (Bl. 37/38 GA), mit der Annahme des von ihm bestellten Geräts in Annahmeverzug geraten und verpflichtet ist, die vereinbarten monatlichen Ratenzahlungen zu den einzelnen Fälligkeitsterminen zu leisten. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

1. Ein Widerrufsrecht haben die Parteien nicht vereinbart. Das Schreiben des Beklagten vom 28.01.2002 (Bl. 16 GA) ist daher ohne rechtliche Relevanz.

2. Der Beklagte kann die mit der Klägerin getroffene Vereinbarung auch nicht mit der Begründung gemäß § 119 BGB anfechten, er habe irrtümlich angenommen, die Wartungsleistungen während der Vertragszeit würden von der Klägerin übernommen. In Ziff. 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin (Bl. 45 GA), die unstreitig dem streitgegenständlichen Vertragsschluss zugrunde lagen, ist ausdrücklich und unmissverständlich geregelt, dass die "Wartungs- und Inspektionsarbeiten" dem "Benutzer" obliegen sollten. Wirksamkeitsbedenken bestehen insoweit nicht, vielmehr ist es bei der Überlassung technischer Geräte die Regel, dass der Benutzer die Wartung übernimmt (vgl. z.B. Wolf/Eckert, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 6. Aufl., Rdn. 135 für den insoweit gleichgelagerten Fall eines Mietverhältnisses).

Entsprechendes gilt insoweit, als der Beklagte geltend macht, er sei sich nicht über die Vertragslaufzeit von 66 Monaten im Klaren gewesen. Auch dies ist Ziff. 2 Satz 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin (Bl. 45 GA) eindeutig zu entnehmen. Bedenken gegen die Vereinbarung einer derartigen Vertragslaufzeit sind ebenfalls nicht gegeben.

Sollte der Beklagte die Vertragsurkunde unterzeichnet haben, ohne die vorstehend gekennzeichneten Regelungen zur Kenntnis genommen zu haben, so handelte er auf eigenes Risiko mit der Folge, dass ihm ein Anfechtungsrecht wegen Irrtums nicht zur Verfügung steht (so z.B. Palandt/Heinrichs, 61. Aufl., § 119 BGB, Rdn. 9 unter Hinweis auf BGH NJW 1968, 2102).

3. Ein allein auch nur annähernd in Betracht kommender versteckter Dissens im Sinne des § 155 BGB lässt sich ebenfalls nicht andeutungsweise feststellen. Es kann keine Rede davon sein, dass die Parteien Erklärungen abgegeben hätten, die sich inhaltlich nicht deckten (vgl. statt aller Palandt/Heinrichs, a.a.O., Rdn. 8). Der Beklagte bestreitet nämlich auch weiterhin nicht, dass die handschriftlichen Änderungen innerhalb der Benutzungsvereinbarung vom 28.01.2002 (Bl. 13 GA) - 21 statt 16 Cent/30 statt 45 Tassen - vor seiner Unterschrift vorgenommen worden sind, so dass sich unter Zugrundelegung von jeweils 24 Arbeitstagen eine monatliche Belastung von 151,20 EUR (statt 172,80 EUR) ergab. Eine Einigung der Parteien auf der Grundlage der geänderten Faktoren kann daher nicht zweifelhaft sein.

4. Entgegen der Auffassung des Landgerichts liegt auch kein Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 BGB n.F. deswegen vor, weil die Gesamtkosten für die Gebrauchsüberlassung von 11.575,74 EUR den Bruttoanschaffungswert des in Rede stehenden Geräts von 6.275,60 EUR um ca. 85 % übersteigen.

Es erscheint bereits zweifelhaft, ob es sich bei der vom Landgericht beanstandeten Nutzungsvereinbarung überhaupt um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt oder ob sie deswegen einer Inhaltskontrolle unterliegt, weil sie mit der Vertragslaufzeit von 66 Monaten in Verbindung steht, die Gegenstand der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin ist. Die diesbezüglichen Bedenken werden zusätzlich dadurch verstärkt, dass ausweislich der handschriftlichen Änderungen jedenfalls einzelne Positionen offenbar individuell ausgehandelt worden sind.

Entscheidend ist jedoch, dass auch von einem Normalverbraucher, wie ihn der Beklagte als Arzt jedenfalls darstellt, die Gesamtbelastung von 11.575,74 EUR im Falle einer Gebrauchsüberlassung unschwer und ohne nennenswerten Aufwand errechnet werden konnte (21 Cent x 30 Tassen x 24 Arbeitstage = 151,20 EUR x 66 Monate = 9.979,20 EUR zzgl. 1.596,67 EUR Mehrwertsteuer = 11.575,87 EUR). Andererseits konnte der Nettokaufpreis von 5.410 EUR ohne weiteres dem entsprechenden Angebot der Klägerin (Bl. 12 GA) entnommen und zu dem vorgenannten Betrag in Relation gesetzt werden. Wenn sich der Beklagte bei dieser Sachlage für einen Gebrauchsüberlassungsvertrag mit einer entsprechenden Kostenbelastung entschied, so handelte es sich bei dieser Entscheidung um eine Willensäußerung, an die er unter den gegebenen Umständen angesichts der klar zu Tage liegenden Alternativen gebunden ist. Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof (NJW 1993, 2052, 2054) einen Verstoß gegen das Transparenzgebot verneint, wenn die Benutzungsdauer durch bloße Multiplikation ermittelt werden kann. Die Situation, in der sich der Beklagte bei Vertragsschluss befand, ist durchaus vergleichbar.

Hinzu kommt, dass die vom Landgericht errechnete Verzinsung von 15,45 % für sich genommen keineswegs als unangemessen oder gar sittenwidrig erscheint. Dies gilt umso mehr, als dem Beklagten zusätzlich die Möglichkeit des Abschlusses eines Leasingvertrages angeboten worden ist und er sogar nachträglich einen entsprechenden Vertragswechsel vornehmen kann. Auch kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Aufwendungen steuermindernd geltend gemacht werden können und dass es dem Beklagten außerdem überlassen ist, sie ganz oder teilweise an seine Patienten weiter zu geben. Schließlich behauptet der Beklagte selbst nicht, dass ihm keine hinreichende Überlegungszeit zur Verfügung gestanden habe.

Insgesamt kann aus den vorstehend dargelegten Gründen entgegen der Auffassung des Landgerichts keine Rede davon sein, eine unangemessene Benachteiligung des Beklagten sei deswegen gegeben, weil die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin nicht hinreichend klar und verständlich wären. Andererseits kann es der Klägerin nicht angelastet werden, dass es ihr - möglicherweise aufgrund des Verhandlungsgeschicks ihres Angestellten O. - gelungen ist, einen für sie gegenüber dem Abschluss eines Kaufvertrages günstigeren Vertragsschluss zu erreichen. Zudem war sie im Rahmen der Verhandlungen immerhin bereit, eine Reduzierung des monatlichen Benutzungsentgelts von 172,80 EUR auf 151,20 EUR zu akzeptieren.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Zur Zulassung der Revision bestand mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO kein Anlass.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt 175,39 EUR x 66 = 11.575,74 EUR.

Ende der Entscheidung

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