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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 10.04.2008
Aktenzeichen: I-10 W 18/08
Rechtsgebiete: GKG, ZPO, StPO


Vorschriften:

GKG §§ 22ff
GKG § 28 Abs. 2
GKG § 66 Abs. 2
ZPO § 81
ZPO § 83 Abs. 1
ZPO § 85 Abs. 1
ZPO § 299 Abs. 1
StPO § 147
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Beschwerde der Landeskasse vom 12.02.2008 gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 05.02.2008 wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die Beschwerde der Landeskasse vom 12.02.2008 (Bl. 91f GA) gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 05.02.2008 (Bl. 85ff GA) ist gemäß § 66 Abs. 2 GKG kraft ausdrücklicher Zulassung im angefochtenen Beschluss zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg und führt zur Zurückweisung der Beschwerde.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss auf die Erinnerung der Kostenschuldner vom 12.10.2007 (Bl. 74, 82f GA) den Kostenansatz des Landgerichts Krefeld vom 03.09.2007 in Verbindung mit der hierzu ergangenen Kostenrechnung vom 04.09.2007 (Kassenzeichen 70000494 250 9, Bl. II, IIa GA) zu Recht aufgehoben. Die Geschäftsstelle des Landgerichts Krefeld hat die Kostenschuldner zu Unrecht auf Zahlung der Aktenversendungspauschale nach GKG KV-Nr. 9003 in Höhe von EUR 12,- in Anspruch genommen, nachdem Rechtsanwalt B. mit Schriftsatz vom 07.04.2006 "Akteneinsicht in die Gerichtsakten für 3 Tage auf mein Büro" beantragt hatte (Bl. 13 GA).

In der Praxis werden unterschiedliche Ansichten dazu vertreten, ob im Zivilprozess Auslagenschuldner der Aktenversendungspauschale der Prozessbevollmächtigte (so LG Mainz Beschluss vom 18.06.2007, 3 T 52/07 (JURIS); für das verwaltungsgerichtliche Verfahren: VGH München Beschluss v. 18.01.2007, 19 C 05.3348 (JURIS); VG Meiningen JurBüro 2006, 36f) oder die von ihm vertretene Partei ist (so Meyer, GKG, 9. Aufl., § 28 Rn. 5; für das verwaltungsgerichtliche Verfahren: OVG Hamburg Beschluss v. 18.04.2006, 1 So 148/05 (JURIS); VG Düsseldorf Beschluss v. 25.10.2005, 4 L 122/05 (JURIS)). Der Senat schließt sich der Auffassung an, dass die Aktenversendungspauschale nach GKG KV-Nr. 9003 im Zivilprozess regelmäßig von der Partei geschuldet wird, für die der Prozessbevollmächtigte die Akteneinsicht beantragt hat.

Aus den Kostenvorschriften des GKG lässt sich nicht eindeutig entnehmen, wer Auslagenschuldner der Aktenversendungspauschale ist. Der Gebührentatbestand der GKG KV-Nr. 9003 selbst enthält insoweit keine Regelung. § 28 Abs. 2 GKG ordnet an, dass die Auslagen nur schuldet, "wer" die Aktenversendung beantragt hat. Auch dies klärt nicht zweifelsfrei, ob dies der handelnde Prozessbevollmächtigte selbst ist oder die von ihm vertretene Partei. Dies ergibt sich auch nicht aus der Systematik der sonstigen Vorschriften über Kostenschuldner, §§ 22ff GKG. Auch dort ist jeweils zu ermitteln, wem die jeweils die Kostentragungspflicht auslösenden Handlungen zuzurechnen sind. Die Gesetzesmaterialien geben keine Hinweise für die hier zu klärende Frage. Nach der Gesetzesbegründung soll mit § 28 Abs. 2 GKG eine ungerechtfertigte Haftung der "allgemeinen Kostenschuldner" vermieden werden (vgl. BT-Drcks. 12/6962, S. 66). Hierdurch wird klargestellt, dass die Aktenversendungspauschale stets von dem die Aktenversendung Beantragenden getragen werden soll und nicht etwa von anderen Kostenschuldnern, wie dem Antragsteller des Verfahrens (§ 22 Abs. 1 GKG), dem Entscheidungsschuldner (§ 29 Nr. 1 GKG) oder dem Übernahmeschuldner (§ 29 Nr. 2 GKG). Nur insoweit schafft § 28 Abs. 2 GKG für Auslagen aus Anlass der Aktenversendung "einen eigenen Schuldner". Rückschlüsse darauf, "wer" die Versendung der Akten beantragt hat, lässt diese kostenrechtliche Vorschrift nicht zu (anders VGH München aaO). Vielmehr ist vorab aufgrund der allgemeinen materiell- und prozessrechtlichen Vorschriften festzustellen, ob der Prozessbevollmächtigte bei Antragstellung im eigenen Namen oder namens und kraft Vollmacht seines Mandanten gehandelt hat (so auch OVG Hamburg aaO).

Aus den Regelungen der ZPO über das Akteneinsichtsrecht und die Prozessvollmacht ergibt sich, dass eine Aktenversendung regelmäßig als durch die Partei beantragt anzusehen sein wird. Wie das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt hat, nimmt der Prozessbevollmächtigte mit der Akteneinsicht ein Recht der Partei wahr. Das Recht auf Akteneinsicht folgt aus § 299 Abs. 1 ZPO und steht - anders als nach § 147 StPO - maßgeblich den Parteien zu. Sie können sich hierbei gemäß § 81 ZPO durch ihre Prozessbevollmächtigten vertreten lassen, die wiederum dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ihre schriftliche Vollmacht nachweisen müssen, sofern sich diese nicht zweifelsfrei aus dem Akteninhalt ergibt. Die Parteien können Akteneinsicht nur auf der Geschäftsstelle des Gerichts beanspruchen. Ob Akten zur Einsichtnahme herausgegeben werden, steht im Ermessen des Vorsitzenden des Prozessgerichts. Erfolgt aber eine Übersendung der Akten an den Prozessbevollmächtigten, so maßgeblich deshalb, weil er gemäß § 81 ZPO als von der Partei umfassend bevollmächtigt anzusehen ist und von der Prozessvollmacht auch die Akteneinsichtnahme nach § 299 Abs. 1 ZPO umfasst ist. Dann aber muss erst Recht der zuvor gestellte Antrag auf Aktenübersendung zum Zwecke der Einsichtnahme als von der Prozessvollmacht umfasst angesehen werden mit der Folge, dass der Antrag als im Namen der Partei gestellt anzusehen ist und diese gemäß § 85 Abs. 1 ZPO nicht nur die prozessualen Wirkungen, sondern auch die kostenrechtlichen Folgen treffen.

Dem steht nicht entgegen, dass der Prozessbevollmächtigte die Frage, auf welche Weise er Akteneinsicht nimmt, auch unter Berücksichtigung seiner eigenen Interessen und Arbeitsorganisation trifft (so aber VGH München aaO und VG Meinigen aaO) und möglicherweise Aktenübersendung beantragt wird, obwohl eine Einsichtnahme bei Gericht durchaus zumutbar gewesen wäre. Die Frage, ob eine Entscheidung auch unter Berücksichtigung der Interessen des Anwalts getroffen worden ist, berührt den Umfang der Prozessvollmacht aus Sicht des Gerichts nicht. Etwaige Vollmachtsbeschränkungen hätten insoweit im Verhältnis gegenüber dem Gericht keine Wirkung, § 83 Abs. 1 ZPO. Unsachgemäße Erwägungen bei der Wahl der Art der Akteneinsicht wären im Verhältnis zwischen Prozessbevollmächtigtem und Partei zu klären.

II.

Der Kostenausspruch folgt aus § 66 Abs. 8 GKG.

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