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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 30.03.2006
Aktenzeichen: I-10 W 5/06
Rechtsgebiete: JVEG


Vorschriften:

JVEG § 4 Abs. 3
JVEG § 4 Abs. 8
JVEG § 9 Abs. 1 Satz 1
JVEG § 9 Abs. 1 Satz 3
Zur Bestimmung der Vergütung eines Sachverständigen, dessen Leistungen (hier: u.a. kriminaltechnische Untersuchung eines Schlosszylinders auf Einbruchspuren) nicht in einer bestimmten Honorargruppe genannt sind.
I-10 W 4/06 I-10 W 5/06

Tenor:

Auf die Beschwerden des Antragstellers werden

1. der Beschluss des Vorsitzenden der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Kleve vom 14.11.2005 (Bl. 303 ff GA) teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst: die Vergütung des Sachverständigen G. für seinen mit Rechnung vom 15.07.2005 liquidierten Aufwand (Bl. 248 GA) wird auf EUR 1.231,46 festgesetzt,

2. der Beschluss des Vorsitzenden der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Kleve vom 09.12.2005 (Bl. 333 ff GA) teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst: die Vergütung des Sachverständigen G. für seinen mit Rechnung vom 14.09.2005 liquidierten Aufwand (Bl. 277 GA) wird auf EUR 808,80 festgesetzt.

Das Verfahren über die Beschwerden ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die Beschwerden des Antragstellers gemäß Schriftsatz vom 25.11.2005 (Bl. 312 ff GA) und 22.12.2005 (Bl. 391 ff GA) richten sich gegen die Festsetzung der ihm zu gewährenden Vergütung in den angefochtenen Beschlüssen. Darin wurde anstelle des von ihm berechneten Stundensatzes von EUR 80,- lediglich ein Stundensatz von EUR 70,- berücksichtigt. Die Beschwerden sind nach § 4 Abs. 3 JVEG zulässig, insbesondere ist der nötige Beschwerdewert erreicht.

Der Antragsteller hat zunächst sein Gutachten mündlich erstattet und wurde noch im Termin mit der Erstellung eines schriftlichen Ergänzungsgutachtens beauftragt (vgl. Protokoll der Sitzung vom 14.07.2005, Bl. 218 ff, 236 ff, 243), so dass der jeweilige Aufwand, obwohl gesondert liquidiert, als Teil eines einheitlichen Auftrages anzusehen ist. Entsprechend ist für die Frage der Beschwer auf die beantragte und festgesetzte Gesamtvergütung abzustellen. In den angefochtenen Beschlüssen wurden von der Rechnung vom 15.07.2005 EUR 133,40 und von der Rechnung vom 14.09.2005 EUR 92,80 weniger festgesetzt als beantragt, so dass die Gesamtbeschwer EUR 226,20 beträgt.

II.

Die Beschwerden des Antragsstellers sind begründet. Er kann für seine in den Rechnungen vom 15.07. und 14.09.2005 aufgeführten Tätigkeiten einen Stundensatz von EUR 80,- verlangen, was zu Vergütungsfestsetzungen in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang führt.

1.

Entgegen den Ausführungen in den angefochtenen Beschlüssen und der Staatskasse kann die Tätigkeit des Antragstellers nicht gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 JVEG der Honorargruppe 5 zugeordnet werden. Der Antragsteller hatte ausweislich des Beweisbeschlusses vom 08.04.2005 (Bl. 189 ff GA) im Wesentlichen zu den Fragen Stellung zunehmen, ob ein Zylinderschloss durch Nachschlüssel geöffnet und ein Plexiglasfenster bereits vor dem Brand entfernt gewesen sein könnten.

Auch wenn sich Zylinderschloss und Plexiglasfenster in einem Tor befinden, rechtfertigt dieser Umstand allein nicht die Zuordnung zum Sachgebiet "Fenster, Türen, Tore". Zu diesem Sachgebiet gehören - worauf der Antragsteller zutreffend hinweist - in erster Linie Fragen der Fertigung/Herstellung und Funktionalität. Die liquidierte Tätigkeit des Antragstellers ging jedoch weit über diese Fragen hinaus. Sie erstreckte sich auf eingehende kriminaltechnische Untersuchungen von Spuren, die auf ein gewaltsames Eindringen in die in Brand geratene Lagerhalle hindeuten könnten. Der Antragsteller war im Rahmen des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens mit der Untersuchung der Frage betraut worden, wie sich die Verschlussverhältnisse im Schadenszeitpunkt darstellten und ob sich an den Verschlusseinrichtungen Spuren einer gewaltsamen Überwindung befinden. In diesem Rahmen erstreckte sich seine Tätigkeit unter anderem auf die Untersuchung von Spuren, die auf den Gebrauch eines Nachschlüssels bzw. den Ausbau des Plexiglasfensters im Lichtband eines Tores vor dem Brand hindeuten könnten. Dies erforderte eine rasterelektronische Untersuchung des Schlosszylinders nebst drei vorhandener Schlüssel sowie die Untersuchung von Rußspuren an dem Plexiglasfenster und der davor angebrachten Winkelschienen. Diese Untersuchungen waren Gegenstand der im hier fraglichen Zivilverfahren vorgenommenen Anhörung und des in Auftrag gegebenen schriftlichen Ergänzungsgutachtens.

Der soeben beschriebene Gegenstand der Begutachtung rechtfertigt ebenso wenig die Zuordnung zum Sachgebiet " Brandschutz und Brandursachen". Sie diente nicht der Klärung der eigentlichen Brandursache, sondern vielmehr des vorgelagerten Geschehens, namentlich der Frage, ob es Anzeichen für ein gewaltsames Eindringen in die Lagerhalle gab.

2.

Die Leistung des Antragstellers ist nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung der allgemein für Leistungen dieser Art außergerichtlich und außerbehördlich vereinbarten Stundensätze der Honorargruppe 7 zuzuordnen, § 9 Abs. 1 Satz 3 JVEG, und mit EUR 80,- je Stunde zu vergüten.

Der Antragsteller hat Leistungen auf einem Sachgebiet erbracht, das in keiner Honorargruppe genannt wird. Für diesen Fall ordnet das Gesetz an, dass die Leistung unter Berücksichtigung der allgemein für Leistungen dieser Art außergerichtlich und außerbehördlich vereinbarten Stundensätze einer Honorargruppe nach billigem Ermessen zuzuordnen ist, § 9 Abs. 1 Satz 3 JVEG. Der Antragsteller beziffert die Höhe der allgemein für Leistungen der von ihm erbrachten Art außergerichtlich und -behördlich vereinbarten Stundensätze mit seinem der Liquidation vom 15.07.2005 beigefügten Schreiben (Bl. 250 GA) nachvollziehbar und unbeanstandet auf EUR 99,- bis EUR 139,-. Hiervon nimmt er unter Bezugnahme auf die zu den Akten gereichte Rede der BMJ Zypries auf dem Deutschen Sachverständigentag vom 18.03.2004 in Berlin zum Thema "Rechtlichen Grundlagen und Vergütung für die Arbeit von Sachverständigen" einen Abschlag von etwa 20 % vor; in der Rede wird ausgeführt, dass die im Gesetz aufgeführten Stundensätze mit Rücksicht darauf, dass die Justiz ein häufiger, solventer und auch häufig die Kosten tragender Auftraggeber sei, um 20 % geringer festgelegt worden seien als die im Rahmen der umfangreichen Datenerhebung ermittelten Marktpreise. Ob ein solcher Abschlag vorzunehmen ist, bedarf hier keiner Klärung, da der liquidierte Stundensatz diesen in vollem Umfang berücksichtigt.

Hiervon ausgehend ergibt sich für den Antragsteller ein Stundensatz von EUR 80,- und damit eine Zuordnung zur Honorargruppe 7.

III.

Der Kostenausspruch folgt aus § 4 Abs. 8 JVEG.

Ende der Entscheidung

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