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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 16.03.2005
Aktenzeichen: I-11 U 33/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, AnfG, LPartG


Vorschriften:

ZPO § 529
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 739
ZPO § 766
ZPO § 771
ZPO § 771 Abs. 1
ZPO § 857
BGB § 749 Abs. 1
BGB § 1006
BGB § 1006 Abs. 1 Satz 1
BGB § 1006 Abs. 1 Satz 2
BGB § 1008
BGB § 1253 Abs. 1
BGB § 1362
BGB § 1362 Abs. 1 S. 2
AnfG § 4
AnfG § 9
LPartG § 1 Abs. 1
LPartG § 8 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 26. August 2004 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts K. - 3 O 172/03 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe von 3.000,- € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

A.

Die Klägerin begehrt, die von der Beklagten gegen den Schuldner L., den früheren Lebensgefährten und jetzigen Ehemann der Klägerin, betriebene Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts K. vom 19.12.2002 - 3 O 163/02 - und dem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts H. vom 27.02.2003 - 03-2048192-0-8 - in den im Klageantrag näher bezeichneten Pkw der Marke Audi Typ A6 TDI unter Berufung auf ihr Eigentum an dem Fahrzeug im Wege der Drittwiderspruchsklage für unzulässig zu erklären.

Das Landgericht hat der Klage durch Urteil des Einzelrichters vom 26.08.2004 mit der Begründung stattgegeben, der Klägerin stehe ein die Veräußerung hinderndes Recht im Sinne des § 771 Abs. 1 ZPO zu, da sie aufgrund der von der Beklagten nicht widerlegten Vermutung gemäß §§ 1006, 1008 BGB zumindest als Miteigentümerin des Fahrzeugs anzusehen sei. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Ergänzend ist festzustellen, dass die Klägerin und der Zeuge L. am 26.06.2003 geheiratet und zuvor in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft auf der ....Straße ... in ... zusammen gelebt haben. Abweichend von den erstinstanzlichen Feststellungen war die Rechnung des Autohauses "T" vom 27.09.2002 nicht an "Firma M. J.S.", sondern an "Fr. M. J. S." adressiert.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung. Sie macht geltend, die Klägerin sei zum Zeitpunkt der Pfändung des Fahrzeugs am 11.04.2003 weder Allein- noch Miteigentümerin desselben gewesen. Das Fahrzeug habe stattdessen im Eigentum des Zeugen L. gestanden. Die Sicherungsübereignung des Fahrzeugs an die Stadtsparkasse M. sei rechtlich ohne Bedeutung, da die Klägerin den gesicherten Kredit in vollem Umfang zurückgeführt habe und der Stadtsparkasse daher gegenüber der Beklagten keine Rechte zustünden. Ferner habe der Zeuge L. das in seinem Eigentum stehende Fahrzeug der Klägerin geschenkt, so dass die Sparkasse sich die Anfechtbarkeit des Rechtserwerbs gemäß § 4 AnfG entgegenhalten lassen müsse. Zu Unrecht sei das Landgericht von der Vermutungswirkung der §§ 1006, 1008 BGB zugunsten der Klägerin ausgegangen. Im Rahmen der Zwangsvollstreckung sei die Vermutung des § 1362 BGB analog zugunsten der Beklagten auf die seinerzeit bestehende nichteheliche Lebensgemeinschaft zwischen der Klägerin und dem Zeugen L. anzuwenden. Beide seien - was damit in der Berufungsinstanz nunmehr unstreitig geworden ist - Mitbesitzer des Fahrzeugs gewesen, da sie es im Rahmen der zwischen ihnen bestehenden nichtehelichen Lebensgemeinschaft auf der H.-K.Straße .. in K. beide nutzten. Die Voraussetzungen des § 1006 BGB zugunsten der Klägerin habe das Landgericht zu Unrecht angenommen, da es die Aussagen der Zeugen H. und K. fehlerhaft gewürdigt habe. Der Zeuge L. habe sich in der Vergangenheit mehrfach in leitenden Positionen umfangreich wirtschaftlich betätigt und mehrfach Besuch von Gerichtsvollziehern erhalten. Seine Erklärung gegenüber dem Zeugen H. anlässlich der Pfändung am 11.04.2003, er habe das Fahrzeug an die Klägerin oder an die Firma der Klägerin übertragen, könne daher nur so verstanden werden, dass der Zeuge L. zuvor Eigentümer des Fahrzeugs war. Sei die Klägerin hingegen von Anfang an Eigentümerin des Fahrzeugs gewesen, ergebe die Erklärung des Zeugen L. keinen Sinn. Diese Würdigung werde durch die Aussage des Zeugen K. bestätigt, wonach der Zeuge L. im gegenüber erklärt habe, er habe das Fahrzeug gekauft und bar bezahlt. Auch die Aussage des Zeugen H. spreche für den Eigentumserwerb des Zeugen L., da bei einem Erwerb des Fahrzeugs durch die Klägerin eine nachträgliche Umschreibung auf diese nicht erforderlich gewesen wäre. Die Angaben des Zeugen B. seien hinsichtlich der Frage, wer das Eigentum an dem Fahrzeug erworben habe, nicht eindeutig. Zudem seien Kauf und Übergabe des Fahrzeugs am 06.09.2002, also zu einem Zeitpunkt erfolgt, als die Klägerin - unstreitig - noch keine Firma unterhielt. Die Klägerin habe auch nicht über die finanziellen Mittel verfügt, um den Kaufpreis für das Fahrzeug zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts K. vom 26.08.2004 - 3 O 172/03 - die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin klargestellt, dass sie ausschließlich aus eigenem Recht klagt, da das Eigentum an dem Fahrzeug nach Rückzahlung des gesicherten Darlehens an die Sparkasse M. an sie, die Klägerin, zurückübertragen worden sei. Die Beklagte hat klargestellt, dass sie weiterhin Rechte der Sparkasse M. an dem Fahrzeug bestreite.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze und zu den Akten gereichten Anlagen Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung. Das Landgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung der Sach- und Rechtslage.

I.

Die Klage ist als Drittwiderspruchsklage gemäß § 771 Abs. 1 ZPO zulässig. Mit der Pfändung durch den Gerichtsvollzieher am 11.04.2003 hat die Zwangsvollstreckung in den streitbefangenen Pkw begonnen; sie ist noch nicht beendet, sondern durch Beschluss des Landgerichts K. - 3 O 172/03 - vom 03.06.2003 lediglich vorläufig gegen Sicherheitsleistung eingestellt worden. Die Klägerin ist auch "Dritter" im Sinne des § 771 ZPO, da sie selbst nicht Vollstreckungsschuldnerin ist. Die Klägerin macht ihr Eigentum als eigenes Recht im eigenen Namen geltend und ist damit ohne weitere Voraussetzungen prozessführungsbefugt. Denn die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übereinstimmend klargestellt, dass der Sparkasse M. unstreitig keine Rechte an dem Fahrzeug zustehen und die Klägerin die Klage ausschließlich auf ihr Eigentum stützt. Auf die Zulässigkeit der Drittwiderspruchsklage neben einer möglichen Vollstreckungserinnerung gemäß § 766 ZPO hat das Landgericht bereits zutreffend hingewiesen (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 25. Aufl., § 771, Rdnr. 2).

II.

Die Klage ist begründet. Denn der Klägerin steht ein die Veräußerung hinderndes Recht zu, das nicht durch Einwendungen der Beklagten ausgeschlossen ist. Die Klägerin ist Miteigentümerin des Fahrzeugs. Klagegrund im Sinne des § 771 ZPO kann jedes Recht sein, aufgrund dessen der Dritte den Gegenstand der Zwangsvollstreckung für sich in Anspruch nehmen kann. Ein solches Recht ist das Eigentum einschließlich des Miteigentums (Zöller-Herget, a.a.O., § 771 Rdnr. 14, Stichwort: "Eigentum"; OLG Hamm, OLGR 1994, S. 94; RGZ 144, S. 236). Für das Eigentum der Klägerin spricht die Vermutungswirkung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB.

1.

§ 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB ist anwendbar.

a)

Die Vermutung des § 1006 BGB gilt im Rahmen aller Ansprüche, die Eigentum voraussetzen (Palandt-Bassenge, BGB, 64. Aufl., § 1006 Rdnr. 3; Müko-Medicus, BGB, 4. Aufl., § 1006 Rdnr. 8), also auch für die Geltendmachung des Eigentums im Rahmen einer Interventionsklage nach § 771 ZPO (vgl. OLG Köln, NJW 1989, S. 1737; Senat, Urteil vom 29.08.2001 - 11 U 44/00 -).

b)

§ 1006 BGB wird hier auch nicht von der Sondervorschrift des § 1362 BGB verdrängt. Danach wird zugunsten der Gläubiger des Mannes und der Gläubiger der Frau vermutet, dass die im Besitz eines Ehegatten oder beider Ehegatten befindlichen Sachen dem Schuldner gehören. § 1362 BGB verdrängt im Interventionsprozess den § 1006 BGB, das heißt der nichtschuldende Ehepartner muss die Vermutung widerlegen, dass der Schuldner Eigentümer der gepfändeten Sache ist (BGH NJW 1976, S. 238). Zum Zeitpunkt der hier streitgegenständlichen Zwangsvollstreckung in das Fahrzeug am 11.04.2003 waren der Schulder L. und die Klägerin jedoch nicht miteinander verheiratet, sondern lebten in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen. Auf Letztere ist § 1362 BGB - ebenso wie § 739 ZPO - weder unmittelbar noch analog anzuwenden. Diese Frage wird indessen in Literatur und Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt.

aa)

Nach einer in der Literatur zunehmend vertretenen Auffassung gilt § 1362 BGB wie auch § 739 ZPO analog zu Gunsten der Gläubiger des Partners einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft (Palandt-Brudermüller, a.a.O., Einl. vor § 1297 Rdnr. 28 und § 1362 Rn. 1; Müko-Wacke, a.a.O., § 1362 Rdnr. 10; grundlegend Thran, NJW 1995, S. 1458 ff., jeweils mit weiteren Nachweisen).

bb)

Die Rechtsprechung und ein Teil der Literatur lehnen die analoge Anwendung des § 1362 BGB - und des § 739 ZPO - auf nichteheliche Lebensgemeinschaften ab (OLG Köln, NJW 1989, S. 1737 ff.; LG Frankfurt, NJW 1986, S. 729; Jauernig-Berger, BGB, 11. Aufl., § 1362 Rn. 2; Zöller-Stöber, a.a.O., § 739 Rn. 14). Der Senat hält an dieser von ihm ebenfalls vertretenen Ansicht (Urteil vom 29.08.2001 - 11 U 44/00 -) fest. Die gegen die Anwendung des § 1362 BGB auf nichteheliche Lebensgemeinschaften vorgebrachten Argumente sind nach wie vor zutreffend und rechtfertigen die Fortsetzung der bisherigen Rechtsprechung.

(1)

Bei § 1362 BGB handelt es sich um eine einer Analogie nicht zugängliche Ausnahmevorschrift zu Gunsten der Gläubiger von Ehepartnern, die zudem nicht getrennt leben dürfen, § 1362 Abs. 1 S. 2 BGB, also eine eheliche Wohnungsgemeinschaft bilden müssen. Eine Ausdehnung der Regelung auf andere Wohnungsgemeinschaften wie die nichtehelichen Lebensgemeinschaft oder Wohnungsgemeinschaften von Freunden oder Verwandten, die nicht miteinander verheiratet sind, aber einen gemeinsamen Haushalt führen, widerspricht dem Zweck des § 1362 BGB, allein im Ausnahmefall der ehelichen Lebensgemeinschaft die Gläubiger vor einer tatsächlichen Vermengung der beweglichen Sachen der Wohnungsgenossen zu schützen (BGH NJW 1976, S. 238). Für andere als eheliche Wohnungsgemeinschaften ist ein dem § 1362 BGB vergleichbarer Schutz der Gläubiger im Gesetz nicht vorgesehen, da zumindest bei freundschaftlichen oder anderweitig zweckgebundenen Wohnungsgemeinschaften eine Vermengung der bewegliche Habe nicht in gleicher Weise stattfindet wie bei ehelichen Wohnungsgemeinschaften (OLG Köln, a.a.O., S. 1737).

(2)

Für eine analoge Anwendung des § 1362 BGB nur auf nichteheliche Lebensgemeinschaften fehlt es bis heute an einer gesetzlichen Regelungslücke. Seit der Neufassung der Vorschrift durch das Gleichberechtigungsgesetz vom 18.06.1957 (BGBl. I S. 609), das die auch damals schon bekannte nichteheliche Lebensgemeinschaft bewusst nicht geregelt hat, haben sich die gesellschaftlichen Anschauungen und damit auch die Akzeptanz nichtehelicher Lebensgemeinschaften zwar stark verändert; auch ist die Zahl der nichtehelichen Lebensgemeinschaften inzwischen deutlich angestiegen. Das rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, die Ausdehnung der Vorschrift auf nichteheliche Lebensgemeinschaften sei vom Gesetzgeber gewollt und und aus anderen als voluntativen Gründen bisher nicht umgesetzt worden. Gerade das Ehe- und Familienrecht war in den letzten Jahrzehnten Gegenstand zahlreicher und tiefgreifender Reformen. Eine Gleichstellung von Ehe und nichtehelicher Lebensgemeinschaft ist jedoch im Zivilrecht - anders als etwa teilweise im Sozialrecht - weitgehend unterblieben. Soweit der Gesetzgeber durch das Gesetz über die eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz - LPartG) vom 16.02.2001 für bestimmte Lebensgemeinschaften, denen die Eingehung der Ehe verwehrt ist, Sonderregelungen geschaffen hat, führt dieser Umstand zu keiner anderen Beurteilung. Zwar bestimmt § 8 Abs. 1 LPartG eine dem § 1362 BGB entsprechende Eigentumsvermutung bei der Zwangsvollstreckung für Gläubiger eines Lebenspartners. Das Lebenspartnerschaftsgesetz gilt jedoch gemäß § 1 Abs. 1 ausdrücklich nur für Lebenspartnerschaften zwischen zwei Personen gleichen Geschlechts, die der genannten Vorschrift entsprechende Erklärungen gegenüber der zuständigen Behörde abgegeben haben. Eine weitergehende Regelung für nicht eingetragene nichteheliche Lebensgemeinschaften zwischen zwei Personen verschiedenen Geschlechts hat der Gesetzgeber zwar erwogen (vgl. Müko-Wacke, a.a.O.), bisher aber nicht erlassen.

(3)

Fraglich ist auch, ob eine vergleichbare Interessenlage bei ehelichen und nichtehelichen Lebensgemeinschaften eine Gleichbehandlung im Hinblick auf § 1362 BGB und damit eine Analogie der Vorschrift rechtfertigt. Gemäß § 1253 Abs. 1 BGB wird die Ehe auf Lebenszeit geschlossen; die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet. Dieses weiterhin geltende gesetzliche Leitbild der Ehe führt regelmäßig zu einer Vermischung der beweglichen Habe der Eheleute mit der Folge, dass es schwierig ist, das Eigentum an bestimmten Gegenständen jeweils einem Ehegatten zuzuordnen (vgl. BGH a.a.O.). Ein der Ehe vergleichbares, für die Partner verbindliches Leitbild besteht bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft gerade nicht. Ihnen steht es frei, ihr Zusammenleben als Partnerschaft auf Probe, auf Zeit oder auf Dauer zu definieren und dabei zugleich den Umfang der sich aus dem Zusammenleben ergebenden Rechte und Pflichten selbst zu bestimmen. Aufgrund dieser Umstände wird es bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften in der Regel entweder nicht oder in deutlich geringerem Umfang zu einer Vermengung der im jeweiligen Eigentum der Partner stehenden beweglichen Sachen kommen als dies bei bei ehelichen Lebensgemeinschaften der Fall ist mit der Folge, dass die für die rechtliche Wertung entscheidenden Aspekte der ehelichen und der nichtehelichen Lebensgemeinschaft gerade nicht übereinstimmen.

(4)

§ 1362 BGB ist auch nicht mit der verfassungsrechtlichen Begründung analog auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft anzuwenden, es handele sich bei der Vorschrift um eine ausschließlich Ehegatten diskriminierende Sondervorschrift, die mit dem besonderen Schutz- und Förderungsgebot des Art. 6 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren sei (so Müko-Wacke, a.a.O. m.w.N.). Denn § 1362 BGB ist verfassungsgemäß (vgl. BVerfG, ZIP 1991, S. 736, 737; BGH, FamRZ 1992, S. 409, 410; OLG Köln, a.a.O., S. 1738).

(5)

Schließlich ist eine analoge Anwendung des § 1362 BGB in Verbindung mit § 739 ZPO auf die nicht eheliche Lebensgemeinschaft nicht praktikabel (OLGKöln, a.a.O.). Die Prüfung und Beurteilung der Lebensbeziehungen sowie die Wertung der Eheähnlichkeit des Zusammenlebens und damit auch die Abgrenzung zu sonstigen in häuslicher Gemeinschaft zusammenlebenden Personen (bloße Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaften) ist dem Gerichtsvollzieher als Vollstreckungsorgan im formalisierten Zugriffsverfahren verwehrt (Zöller-Stöber a.a.O., § 739 Rdnr. 14; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, 7. Aufl., Rdnr. 241). Soweit der Gerichtsvollzieher überhaupt Tatsachen festzustellen hat, kann er regelmäßig nur an leicht überprüfbare Fakten wie den Gewahrsam oder evidentes Fremdeigentum anknüpfen. Die Ermittlung des Wesens von Wohnungsgemeinschaften nicht miteinander verheirateter Personen und der ihnen jeweils zugrunde liegenden Vereinbarungen bereitet naturgemäß besondere Schwierigkeiten (OLG Köln, a.a.O.). Weder der Zweck noch die Entstehungsgeschichte des § 739 ZPO gebieten daher eine Erleichterung des Zugriffs auf das Schuldnervermögen mit der vollstreckungsrechtlichen Gleichsetzung des Partners einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit dem Ehegatten oder Lebenspartner (Brox/Walker a.a.O.; Zöller-Stöber a.a.O., m.w.N), was ebenso gegen die analoge Anwendung des damit korrespondierenden § 1362 BGB spricht.

2.

Die Voraussetzungen des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB liegen vor. Die Vermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB baut auf dem Zusammentreffen von Besitz- und Eigentumserwerb auf. Es wird nicht das Eigentum des Besitzers vermutet, sondern dass die in § 1006 genannten Besitzer bei Erwerb dieses Besitzes Eigenbesitz begründeten, dabei unbedingtes Eigentum erwarben und es während der Besitzzeit behielten (BGH NJW 1994, S. 939).

Das streitbefangene Fahrzeug wurde im September 2002 vom Autohaus "T-T" in K. erworben. Wie in der Berufungsinstanz nunmehr unstreitig geworden ist, haben die Klägerin und der Zeuge L. von Anfang an Mitbesitz an dem Fahrzeug gehabt. Beide lebten damals in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft auf der H.K.-Straße ... in K. und haben das Fahrzeug gemeinsam genutzt. Das Vorbringen der Beklagten zum Mitbesitz bedarf keiner Zulassung unter den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO. Das Vorbringen der Beklagten ist nicht neu, da die Klägerin bereits in erster Instanz vorgetragen hat, gemeinsam mit dem Zeugen L. Mitbesitz an dem streitbefangenen Pkw gehabt zu haben, und dieses Vorbringen im Berufungsverfahren lediglich unstreitig geworden ist.

Bei Mitbesitz wird Miteigentum im Sinne des § 1008 BGB vermutet (BGH NJW 1993, S. 935; Senat, NJW 1992, S. 1707). Auch Miteigentum berechtigt zur Drittwiderspruchsklage (Zöller-Herget, a.a.O., § 771 Rdnr. 14, Stichwort: "Eigentum"; OLG Hamm, OLGR 1994, S. 94; RGZ 144, S. 236).

3.

Die Beklagte vermag die für die Klägerin sprechende Eigentumsvermutung nicht zu widerlegen.

Es obliegt der Beklagten, die Vermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB zu widerlegen, also einen Fall des § 1006 Abs. 1 Satz 2 BGB oder aber darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass die Klägerin lediglich Fremdbesitz nach eigener Willensrichtung oder kein Eigentum trotz Erwerbs zu Eigenbesitz erworben hat oder ihr Eigentum nach Besitzerwerb wieder verloren hat. Dass es hier an einem Eigentumserwerb der Klägerin trotz Erwerbs zu Eigenbesitz fehlt, weil der Zeuge L. im September 2002 das Alleineigentum an dem Fahrzeug erworben hat, kann jedoch nicht festgestellt werden. Weder die äußeren, unstreitigen Umstände des Erwerbs des Fahrzeugs noch die in erster Instanz durchgeführte Beweisaufnahme lassen den Schluss zu, dass der Zeuge L. Alleineigentümer geworden ist.

Der Umstand, dass das Fahrzeug zunächst auf den Namen des Zeugen L. zugelassen und versichert wurde, spricht nicht zwingend für das Alleineigentum des Zeugen am Fahrzeug. Zum einen können der Eigentümer, der Halter und der Versicherungsnehmer verschiedene Personen sein. Zum anderen lebte der Zeuge L. seinerzeit mit der Klägerin in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen. Beide haben das Fahrzeug gemeinsam genutzt. Daher kommt dem Umstand, dass das Fahrzeug - aus welchen Gründen auch immer - auf den Namen eines der beiden Partner der nichtehelichen Lebensgemeinschaft zugelassen und versichert wurde, keine Indizwirkung bezüglich der Eigentumsfrage zu. Aus den gleichen Gründen ist der Umstand, dass das Fahrzeug am 10.03.2003 auf die Klägerin zugelassen wurde, ohne Bedeutung für die Eigentumsfrage. Aus diesem Umstand kann nicht geschlossen werden, dass das Fahrzeug zunächst im Eigentum des Zeugen L. stand und von diesem im März im Jahre 2003 an die Klägerin übereignet wurde.

Die durchgeführte Beweisaufnahme hat weder unmittelbar den von der Beklagten behaupteten Erwerb des Alleineigentums durch den Zeugen L. bestätigt noch Indiztatsachen ergeben, die für einen solchen Eigentumserwerb sprechen.

Der Veräußerer des Fahrzeugs, der Zeuge B., hat bekundet, die Klägerin und der Zeuge L. seien gemeinsam bei ihm gewesen, um das Fahrzeug zu erwerben. Er habe mit beiden verhandelt. Letztlich habe die Klägerin das Fahrzeug erworben. Damit hat der Zeuge jedenfalls den Erwerb des Alleineigentums durch den Zeugen L. nicht bestätigt. Daher kommt es auf die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen nicht weiter an. Bezüglich der Bezahlung des Fahrzeugs hat der Zeuge bekundet, es seien bei Übergabe 10.000 € angezahlt worden. Der Rest sei in Raten bezahlt worden. Zum Zwecke der Bezahlung seien Wechsel ausgestellt worden. Wer Bezogener der Wechsel gewesen sei, konnte der Zeuge zunächst nicht angeben. Er hat aber bekundet, das Geld von der Klägerin erhalten zu haben und anschließend erklärt, die Klägerin sei Bezogene der Wechsel gewesen. Damit kann nicht festgestellt werden, wer das Fahrzeug letztlich bezahlt hat. Dieser Umstand kann daher auch nicht zur Beantwortung der Frage herangezogen werden, ob der Zeuge L. das Alleineigentum am Fahrzeug erworben hat. Unstreitig ist in diesem Zusammenhang, dass die Rechnung des Autohauses "T-T" vom 27.09.2002 an die Klägerin gerichtet war, was jedenfalls nicht für einen Eigentumserwerb des Zeugen L. spricht.

Der Zeuge L. hat ebenfalls nicht bestätigt, das Fahrzeug zu Alleineigentum erworben zu haben. Er hat ferner ausgesagt, dass die Klägerin das Auto bezahlt hat. Auf die Glaubhaftigkeit seiner Aussage kommt es daher nicht an.

Der Zeuge P. war an dem Erwerb des Fahrzeugs nicht beteiligt. Er konnte keine Angaben dazu machen, wer das Fahrzeug erworben und Eigentum daran begründet hat. Er war lediglich mit der Versicherung des Fahrzeugs befasst. Auf die Glaubhaftigkeit seiner Aussage kommt es daher ebenfalls nicht an. Das gilt entsprechend für den Zeugen H., den Steuerberater der Klägerin. Er vermochte lediglich zu bekunden, ihm sei mitgeteilt worden, Eigentümerin des Fahrzeugs sei die Klägerin. Letztere hat anlässlich ihrer Parteivernehmung ebenfalls nicht bestätigt, dass der Zeuge L. das Fahrzeug erworben habe.

Auch der Zeuge Kl. vermochte keine brauchbaren Angaben zum Erwerb des Eigentums an dem streitbefangenen Fahrzeug zu machen, da er daran ebenfalls nicht beteiligt war. Er konnte lediglich bekunden, anlässlich des Termins zur erstinstanzlichen Beweisaufnahme am 15.03.2004 auf dem Gerichtsflur gehört zu haben, dass der Zeuge B. erklärt habe, der Zeuge L. habe das Auto gekauft, dafür 10.000 € angezahlt und auch die Wechsel unterschrieben. Die Richtigkeit dieser Aussage unterstellt, wäre sie allenfalls geeignet, Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen B. zu begründen. Auf die Glaubhaftigkeit dieser Aussage kommt es jedoch nicht an, da der Zeuge B. einen Eigentumserwerb des Zeugen L. gerade nicht bestätigt hat. Das gilt entsprechend für die Aussage des Zeugen K., der ebenfalls mit dem Erwerb des Fahrzeugs nichts zu tun hatte. Er vermochte lediglich zu bekunden, dass der Zeuge L. erklärt habe, er habe das Fahrzeug gekauft und bezahlt. Die Richtigkeit dieser Angaben unterstellt, wäre die Aussage geeignet, die Glaubhaftigkeit der Bekundungen des Zeugen L. in Frage zu stellen, auf die es jedoch nicht ankommt. Dass der Zeuge L. sich Dritten gegenüber als Eigentümer des Fahrzeugs ausgegeben hat, spricht nicht zwingend dafür, dass er tatsächlich auch Eigentümer desselben war. Zum einen könnte der Zeuge L. lediglich Miteigentümer gewesen sein, so dass seine Erklärung dazu nicht falsch gewesen wäre. Zum anderen könnte ihm aus persönlichem Interesse daran gelegen gewesen sein, gegenüber dem Zeugen K. als Eigentümer des Fahrzeugs zu erscheinen, auch wenn es in Wahrheit seiner Lebensgefährtin gehörte.

Schließlich ist die Aussage des Zeugen H., der das Fahrzeug am 11.04.2003 im Auftrag der Beklagten bei dem Zeugen L. gepfändet hat, ohne Beweiswert. Der Zeuge H. vermochte lediglich zu bekunden, der Zeuge L. habe anlässlich der Pfändung erklärt, er habe das Fahrzeug an die "Klägerin oder an die Firma der Klägerin übertragen". Daraus folgt jedoch nicht zwingend, dass der Zeuge L. zuvor Alleineigentümer des Fahrzeugs war. Mit der Angabe, er habe das Fahrzeug an die Klägerin "übertragen", kann auch gemeint gewesen sein, dass das Fahrzeug in das Betriebsvermögen der Firma der Klägerin eingebracht und auf deren Namen zugelassen wurde. Das schließt nicht aus, dass die Klägerin auch vorher schon (zumindest) Miteigentümerin des Fahrzeugs war.

4.

Die von der Beklagten gegenüber der Drittwiderspruchsklage erhobene Anfechtungseinrede gemäß § 9 AnfG greift nicht durch, da es an einer anfechtbaren Rechtshandlung des Zeugen L. fehlt. Denn es kann nicht festgestellt werden, dass der Zeuge L. zunächst Alleineigentümer des Fahrzeugs geworden ist (siehe oben). Damit scheidet eine - anfechtbare - Übertragung des Eigentums am Fahrzeug vom Zeugen L. an die Klägerin ebenfalls aus.

5.

Geht man nach der derzeitigen Beweislage von Miteigentum der Klägerin und des Zeugen L. an dem streitbefangenen Fahrzeug aus, bleibt der Beklagten nur eine Pfändung des Miteigentumsanteils im Wege der Rechtspfändung gemäß § 857 ZPO (vgl. Zöller-Stöber, a.a.O., § 857 Rdnr. 12 a), mit der der Anspruch auf Aufhebung der Bruchteilsgemeinschaft aus § 749 Abs. 1 BGB und auf Teilung des Erlöses sowie Auszahlung des Erlösanteils gepfändet und zur Einziehung überwiesen würde. Erst im Rahmen einer dagegen gerichteten Interventionsklage käme es auf das Alleineigentum der Klägerin an.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 ZPO.

Beschwerde der Beklagten und Streitwert für das Berufungsverfahren: 30.000,- €.

Gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO wird die Revision zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Angesichts der weiter steigenden Anzahl nichtehelicher Lebensgemeinschaften und den damit verbundenen Problemen der Zuordnung des Eigentums insbesondere im Fall der Zwangsvollstreckung sowie der im Schrifttum zunehmend und nachhaltig vorgetragenen Kritik an der bisherigen Rechtsprechung erscheint die Frage der analogen Anwendung des § 1362 BGB auf andere Lebensgemeinschaften als die Ehe, insbesondere auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft, klärungsbedürftig.

Ende der Entscheidung

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