Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 27.07.2005
Aktenzeichen: I-15 U 173/04
Rechtsgebiete: HGB, GmbHG


Vorschriften:

HGB § 119
GmbHG § 47
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die Unwirksamkeit von Beschlüssen der Gesellschafterversammlulng einer KG durch Anfechtungsklage gegen die Gesellschaft geltend gemacht werden kann.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 14. Oktober 2004 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf (Aktenzeichen: 32 O 151/03) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Das Versäumnisurteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 5. August 2004 wird aufgehoben.

Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 17. November 2003, wonach der Antrag unter TOP 2. A) mit dem Inhalt, Herrn Andre S. als geschäftsführenden Kommanditisten der Beklagten festzustellen, abgelehnt worden ist, wird für nichtig erklärt.

Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 17. November 2003, wonach der Antrag unter TOP 2. B) mit dem Inhalt, Herrn C. als geschäftsführenden Kommanditisten der Beklagten festzustellen, angenommen worden ist, wird für nichtig erklärt.

Es wird festgestellt, dass in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 17. November 2003 beschlossen worden ist, Herrn Andre S. als neuen geschäftsführenden Kommanditisten der C GmbH & Co. KG zu wählen.

Der Kläger trägt vorab die Kosten seiner Säumnis im Verhandlungstermin vom 5. August 2004. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, eine Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aus dem Urteil beitreibbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweils andere Teil vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Der Kläger ist als Kommanditist an der Beklagten beteiligt. Das Handelsregister weist per 13. Dezember 2000 insgesamt 28 Kommanditisten aus, zur Zeit sind etwa 30 Kommanditisten vorhanden.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt der Kläger die Nichtigerklärung von Gesellschafterbeschlüssen und die Feststellung, dass die Gesellschafterversammlung zugestimmt habe, Herrn Andre S als neuen geschäftsführenden Kommanditisten festzustellen.

Der Gesellschaftsvertrag der Beklagten, auf dessen Ablichtung (Anlage K3, Bl. 15 ff. GA) hinsichtlich der Einzelheiten Bezug genommen wird, weist unter § 3 b) aus, dass eine Frau Heike R als "geschäftsführende Kommanditistin (nachfolgend "Geschäftsführerin" genannt)" als Kommanditistin der Gesellschaft angehört. Weiter heißt es dazu, "Die geschäftsführende Kommanditistin hat die nach dem Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Aufgaben, insbesondere auch die Geschäftsführung mit wahrzunehmen." Nach § 9 des Gesellschaftsvertrages ist die geschäftsführende Kommanditistin neben der Komplementärin zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet. Die Komplementärin ist an Weisungen der geschäftsführenden Kommanditistin im Innenverhältnis gebunden.

§ 9 Nr. 7 des Gesellschaftsvertrages lautet:

"Die Geschäftsführerin kann ihr Geschäftsführeramt mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Kalenderjahres aufkündigen. In diesem Fall ist sie verpflichtet, unverzüglich eine Gesellschafterversammlung einzuberufen, um einem anderen Kommanditisten, der eine natürliche Person ist, die Geschäftsführeraufgaben zu übertragen. Bis zur wirksamen Bestellung eines Nachfolgers kann die Geschäftsführerin einen anderen Kommanditisten, der eine natürliche Person ist, als geschäftsführenden Kommanditisten für die Interimsphase benennen. Während der Investitionsphase kann der geschäftsführende Kommanditist sein Geschäftsführeramt nur aus wichtigem Grunde niederlegen."

§ 16 Nr. 5 des Gesellschaftsvertrages hat folgenden Wortlaut:

"Alle Gesellschafterbeschlüsse bedürfen der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen, soweit in diesem Vertrag oder durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Stimmenthaltungen gelten als abgegebene Stimmen. Bei Stimmengleichheit gilt ein Antrag als abgelehnt."

§ 16 Nr. 10 lautet:

"Gesellschafterbeschlüsse können nur durch Klage angefochten werden. Die Klage hat binnen einer Frist von einem Monat nach Zugang des Protokolls, das den anzufechtenden Beschluss enthält, erhoben werden. Nach Ablauf von sechs Monaten ab dem Tage der Beschlussfassung kann keine Anfechtung mehr erfolgen. Nach Ablauf dieser Frist gilt ein etwaiger Mangel als geheilt."

§ 16 Nr. 12 lautet, soweit es für die Entscheidung des Rechtsstreites von Bedeutung ist, wie folgt:

" Abgesehen von den sonstigen in diesem Vertrag genannten Fällen ist für einen Gesellschafterbeschluss eine Mehrheit von 75% der abgegebenen Gesellschafterstimmen in folgenden Fällen erforderlich:

a. ...

b. Entziehung der Geschäftsführungs- oder Vertretungsbefugnis der geschäftsführenden Kommanditisten;

c. Kapitalerhöhung oder Kapitalherabsetzung;

d. Änderungen des Gesellschaftsvertrages;

e. ..."

Schließlich hat § 23 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages folgenden Wortlaut:

"Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam sein oder werden, so wird hierdurch die Wirksamkeit des Vertrages im Übrigen nicht berührt. In einem solchen Fall gilt die unwirksame Bestimmung durch eine wirksame ersetzt, die dem mit der unwirksamen Bestimmung beabsichtigten wirtschaftlichen Zweck am nächsten kommt. Entsprechendes gilt für Vertragslücken."

Die im Gesellschaftsvertrag genannte geschäftsführende Kommanditistin legte diese Funktion nieder.

Zum 17. November 2003 war die Gesellschafterversammlung der Beklagten einberufen worden. Der Tagesordnungspunkt 2 sah wegen der Amtsniederlegung durch die bisherige geschäftsführende Kommanditistin die Neuwahl des geschäftsführenden Kommanditisten vor. Das vom Geschäftsführer der Komplementärin verfasste Protokoll hält hierzu folgendes fest:

"TOP 2: Neuwahl des geschäftsführenden Kommanditisten gemäß § 3 Nr.2b und § 16 Nr.12d

Erster Vorschlag erfolgte durch den Beirat Herrn R - er schlug Herrn Andre S zur Wahl vor. Seitens der Geschäftsführung wurde Herr C vorgeschlagen.

A)

Es erfolgte die Abstimmung bzgl. der Wahl von Herrn S. Für Herrn S wurde wie folgt abgestimmt:

2.680 Ja-Stimmen = 56,7 % 2.035 Nein-Stimmen = 43,3 %. 0 Enthaltungen

Der Versammlungsleiter wies darauf hin, dass für die Wahl des geschäftsführenden Kommanditisten, da es sich dabei um eine Änderung des Gesellschaftsvertrages (§ 3, Nr. 2 b)) handele, nach § 16 Nr. 12 d) eine Mehrheit von 75 % der abgegebenen Gesellschafterstimmen erforderlich sei. Da lediglich 56,7 % der Stimmen für die Wahl von Herrn S abgegeben wurden, stellte der Versammlungsleiter als Wahlergebnis fest, dass Herr S nicht gewählt ist.

B)

Es erfolgte die Abstimmung bzgl. der Wahl von Herrn C. Für Herrn C wurde wie folgt abgestimmt:

2.035 Ja-Stimmen

0 Nein-Stimmen

2.280 Enthaltungen

Da nach § 16, Nr. 5 Stimmenthaltungen als nicht abgegebene Stimmen gelten, stellte der Versammlungsleiter als Wahlergebnis fest, dass Herr C einstimmig zum geschäftsführenden Kommanditisten gewählt und damit § 3, Nr. 2 b) des Gesellschaftsvertrages entsprechend geändert wurde."

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass nach dem Gesellschaftsvertrag eine einfache Mehrheit für dise Wirksamkeit von Beschlüssen ausgereicht hätte und deshalb die Feststellung des Beschlussergebnisses zu Tagesordnungspunkt 2 A) rechtswidrig gewesen sei. Soweit zu Tagesordnungspunkt 2 B) 2.680 Enthaltungen aufgeführt seien, sei das nicht wahrheitsgemäß. Es handele sich um Nein-Stimmen. Er hat ferner die Ansicht vertreten, bei der Beklagten handele es sich um eine Publikums-KG, weshalb nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Bestimmung in § 16 Nr. 10 des Gesellschaftsvertrages dahingehen auszulegen sei, dass die Anfechtung von Beschlüssen durch eine Klage gegen die Gesellschaft zu richten sei.

Nachdem das Landgericht die Klage mit Versäumnisurteil vom 5. August 2004 abgewiesen hatte, hat der Kläger fristgerecht Einspruch eingelegt und beantragt,

1. das Versäumnisurteil vom 5. August 2004 aufzuheben,

2. den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 17. November 2003, wonach der Antrag unter Top 2. A) mit dem Inhalt, Herrn Andre S als geschäftsführenden Kommanditisten der Beklagten festzustellen, abgelehnt worden ist, für nichtig zu erklären,

3. den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 17. November 2003, wonach der Antrag unter TOP 2. B) mit dem Inhalt, Herrn C als geschäftsführenden Kommanditisten der Beklagten festzustellen, angenommen worden ist, für nichtig zu erklären,

4. festzustellen, dass in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 17. November 2003 dem Antrag zugestimmt worden ist, Herrn Andre S als neuen geschäftsführenden Kommanditisten der C GmbH & Co. KG festzustellen.

Die Beklagte hat beantragt,

das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Sie hat die Ansicht vertreten, nicht passivlegitimiert zu sein. Derartigen Klagen seien gegen die Gesellschafter und nicht gegen die Gesellschaft zu richten. Herr S sei im übrigen nicht wirksam zum geschäftsführenden Kommanditisten gewählt worden, weil die Wahl hierzu nach der Satzung einer Mehrheit von 75 % bedürfe. Herr C sei hingegen einstimmig gewählt worden, da der Kläger und andere Gesellschafter "aus Protest" ihre Stimme nicht abgegeben hätten.

Das Landgericht hat das Versäumnisurteil mit Urteil vom 14. Oktober 2004, auf dessen tatsächliche Feststellungen im Übrigen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, aufrecht erhalten und zur Begründung ausgeführt, der Streit über die Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen sei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unter den Gesellschafter auszufechten. Daher fehle der Gesellschaft für die beantragte Feststellung die Sachlegitimation. Abgesehen davon, dass angesichts der geringen Gesellschafterzahl fraglich sei, ob die Beklagte eine Publikums-KG sei, gelte dies auch bei der Publikums-KG. Eine Klagemöglichkeit gegen die Gesellschaft sei auch nicht zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes geboten, denn die Gesellschafter könnten eine solche in der Satzung der Gesellschaft ermöglichen. § 16 Nr. 10 des Gesellschaftsvertrages regele dies aber nicht abweichend vom Normalfall sondern bestimme lediglich eine Klagefrist.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt.

Der Kläger ist der Ansicht, bereits das Gebot effektiven Rechtsschutzes mache es erforderlich, dass die Klage gegen die Gesellschaft zulässig sein müsse. Hierzu behauptet er, es sei ihm gar nicht möglich, innerhalb der kurzen Anfechtungsfrist die Anschriften sämtlicher Kommanditisten zu erlangen. Er meint weiter, § 16 Nr. 10 des Gesellschaftsvertrages sei nach der Rechtsprechung des BGH bei einer kapitalistisch organisierten Publikums-KG, zu denen die Beklagte zähle, dahingehend auszulegen, dass die Anfechtung von Beschlüssen durch Klage gegen die Gesellschaft zu erfolgen habe. Dies folge schon aus der Verwendung des Begriffes "anfechten". Weiter vertritt er die Ansicht, nach der klaren Regelung des § 16 Nr. 5 des Gesellschaftsvertrages hätte es zur Beschlussfassung über die Bestellung eines geschäftsführenden Kommanditisten nur der einfachen Mehrheit bedurft. Ein Umkehrschluss aus der Regelung über die Abberufung des geschäftsführenden Kommanditisten sei nicht gerechtfertigt, da diese Bestimmung als Ausnahmevorschrift eng auszulegen sei; er hält sie im Übrigen für unwirksam. Eine Satzungsänderung liege nicht vor, weil die namentliche Benennung der ursprünglichen geschäftsführenden Kommanditistin nur beispielhaft erfolgt sei. Schließlich vertritt er die Ansicht, die Beklagte sei trotz der geringen Gesellschafterzahl eine Publikums-KG, weil es maßgeblich nicht auf die tatsächliche Gesellschafterzahl sondern darauf ankomme, dass die Publikums-KG auf den Beitritt einer Vielzahl von Kommanditisten ausgerichtet sei. Die Beschlussfassung über die Bestellung von Herrn C sei auch deshalb unwirksam, weil dieser auf Vorschlag des Geschäftsführers der persönlich haftenden Gesellschafterin erfolgt sei; diese sei aber mangels kapitalmäßiger Beteiligung nicht stimmberechtigt und daher auch nicht vorschlagsberechtigt.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 14. Oktober 2004 (32 O 151/03) entsprechend den Anträgen der I. Instanz zu erkennen, d.h.

1. das Versäumnisurteil vom 5. August 2004 aufzuheben,

2. den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 17. November 2003, wonach der Antrag unter Top 2. A) mit dem Inhalt, Herrn Andre S als geschäftsführenden Kommanditisten der Beklagten festzustellen, abgelehnt worden ist, für nichtig zu erklären,

3. den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 17. November 2003, wonach der Antrag unter TOP 2. B) mit dem Inhalt, Herrn C als geschäftsführenden Kommanditisten der Beklagten festzustellen, angenommen worden ist, für nichtig zu erklären,

4. festzustellen, dass in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 17. November 2003 dem Antrag zugestimmt worden ist, Herrn Andre S als neuen geschäftsführenden Kommanditisten der C GmbH & Co. KG festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie meint, die Beklagte sei keine Publikums-KG, weil nur 28 Kommanditisten vorhanden seien. Sie ist weiter der Auffassung, die Bestellung eines neuen geschäftsführenden Kommanditisten stelle eine Änderung des Gesellschaftsvertrages dar, weil der Gesellschaftsvertrag auf die ursprüngliche geschäftsführende Kommanditistin zugeschnitten sei.

II.

Die zulässige Berufung hat auch der Sache nach Erfolg.

Das angefochtene Urteil war abzuändern und unter Aufhebung des Versäumnisurteils nach den Anträgen des Klägers zu erkennen, denn die Klage ist zulässig und begründet.

A) Die Klage ist zulässig. Die Frage, ob der Streit über die Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen zwischen den Gesellschaftern oder mit der Gesellschaft auszutragen ist, ist - wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, eine Frage der Passivlegitimation und damit eine Frage der Begründetheit. Entgegen der Ansicht des Klägers hat das Landgericht die Klage mit dem aufrecht erhaltenen Versäumnisurteil nicht als unzulässig, sondern - von seinem Standpunkt aus richtig - als unbegründet abgewiesen.

Die Klage ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere hat der Kläger ein rechtliches Interesse daran, dass die Feststellung gemäß seinem Klageantrag zu Ziffer 4.) getroffen wird, § 256 Absatz 1 ZPO. Die Anfechtung der Beschlüsse alleine reicht nämlich nicht aus, weil die Vernichtung des angefochtenen Beschlusses keinen positiven Beschlussinhalt schafft. Die Beschlussanfechtung kann daher mit der Klage auf positive Beschlussfeststellung verbunden werden (vgl. zur vergleichbaren Rechtslage bei der GmbH: Roth in Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., § 47 Rn. 156 m.w.N.)

B) Die Klage ist auch begründet.

1. Die Beklagte ist entgegen der Ansicht des Landgerichts passiv legitimiert.

Im Ansatz zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass bei Personengesellschaften anders als bei Kapitalgesellschaften nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der der Senat folgt, grundsätzlich der Streit über die Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen zwischen den Gesellschaftern auszutragen ist. Nach der Rechtsprechung des II. Zivilsenats des BGH gilt dies auch bei Publikumsgesellschaften (BGH, Urt. v. 24. März 2003, II ZR 4/01, www.jurisweb.de Rn. 9 = NJW 2003, 1729; Urt. vom 7. Juni 1999, II ZR 278/98, www.jurisweb.de Rn. 9 = NJW 1999, 3113; Urt. vom 13. Februar 1995, II ZR 15/94, www.jurisweb.de Rn. 8;Urt. vom 11. Dezember 1989, II ZR 61/89, www.jurisweb.de Rn. 10 f. = NJW-RR 1990, 474 jeweils m.w.N.). Hiervon kann jedoch im Gesellschaftsvertrag abgewichen werden (BGH a.a.O.), und zwar nicht nur bei der Publikums-KG. Der Gesellschaft wird in diesem Fall materiell-rechtlich die Befugnis übertragen, an Stelle der Gesellschafter über die Gesellschafterbeschlüsse zu disponieren. Damit kann zwar über die Frage der Wirksamkeit eines Beschlusses nicht mit Rechtskraft gegenüber den Mitgesellschaftern entschieden werden. Nach Sinn und Zweck einer solchen Vertragsbestimmung hat aber ein zwischen dem klagenden Gesellschafter und der Gesellschaft ergangenes Urteil die Folge, dass die übrigen Gesellschafter schuldrechtlich verpflichtet sind, sich an die in diesem Rechtsstreit getroffene Entscheidung zu halten (BGH, Urt. v. 11. Dezember 1989, II ZR 61/89, www.jurisweb.de Rn. 11 = NJW-RR 1990, 474)

Dies hat das Landgericht im Grundsatz auch nicht verkannt. Allerdings stellt das Landgericht an eine Regelung im Gesellschaftsvertrag, durch die die Anfechtungsmöglichkeit von Beschlüssen gegenüber der Gesellschaft ermöglicht wird, zu hohe Anforderungen. Der vorliegende Gesellschaftsvertrag ist vielmehr dahingehend auszulegen, dass der Streit über die Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen durch Klage gegen die Gesellschaft auszutragen ist.

Dies ergibt sich schon aus der Formulierung in § 16 Nr. 10 des Gesellschaftsvertrages. Die dort getroffene Regelung, dass Beschlussmängelstreitigkeiten nur - wie im Aktien- und im GmbH-Recht - fristgebunden ausgetragen werden können und dass dies auf dem Wege der Anfechtung zu geschehen hat, schließt die für die Personengesellschaft typische zwischen den Gesellschaftern zu führende Feststellungsklage aus und verweist den Gesellschafter darauf, den Streit auf dem Wege der "Anfechtung" mit der Gesellschaft selbst auszutragen. Die von den Gesellschaftern gewählte Formulierung, es sei der angeblich fehlerhafte Beschluss "anzufechten" und zwar binnen einer bestimmten knappen Frist, bringt den Willen hinreichend deutlich zum Ausdruck, es sollten die personengesellschaftsrechtlichen Grundsätze nicht zur Anwendung kommen. (zu einer gleichlautenden Bestimmung: BGH, Urt. v. 24. März 2003, II ZR 4/01, www.jurisweb.de Rn. 11 = NJW 2003, 1729; vgl. auch BGH, Urt. v. 11. Dezember 1989, II ZR 61/89, www.jurisweb.de Rn. 13 ff. = NJW-RR 1990, 474).

Entsprechendes ergibt sich aus weiteren Regelungen des Gesellschaftsvertrages. So ist nach § 16 Ziffer 2 des Gesellschaftsvertrages zur Gesellschafterversammlung schriftlich unter Beifügung der Tagesordnung und unter Einhaltung bestimmter Mindestfristen zwischen dem Tag der Absendung und der Durchführung der Versammlung einzuladen (vgl. § 51 Abs. 1 und 2 GmbHG). Das Einberufungsrecht einer Minderheit ist besonders geregelt (§ 16 Ziffer 3 Gesellschaftsvertrag). Ferner spricht dafür, dass der maßgebliche objektive Wille des Gesellschaftsvertrages dahin geht, dass personengesellschaftsrechtliche Grundsätze nicht zur Anwendung kommen sollen, dass ein Gesellschafter seine Kündigung nach § 7 Ziffer 2 des Gesellschaftsvertrages nicht gegenüber seinen Mitgesellschaftern, sondern gegenüber der Gesellschaft zu erklären hat (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 24. März 2003, II ZR 4/01, www.jurisweb.de Rn. 12 = NJW 2003, 1729).

Schließlich spricht dafür noch die Regelung in der salvatorischen Klausel des Gesellschaftsvertrages, nach der auch im Falle von Lücken des Vertrages diese durch eine Regelung zu ersetzen ist, die dem beabsichtigten wirtschaftlichen Zweck am nächsten kommt. Da der Gesellschaftsvertrag - wie ausgeführt - eine ganze Reihe von Regelungen enthält, die den Schluss darauf zulassen, dass personengesellschaftsrechtliche Grundsätze gerade nicht zur Anwendung kommen sollen, ist selbst dann, wenn man in § 16 Nr. 10 des Gesellschaftsvertrages nicht schon eine ausreichende Regelung sehen will, eine Lücke im Gesellschaftsvertrag vorhanden, da dieser nach seinem Inhalt insbesondere des § 16 Nr. 10 eine Anfechtung gegenüber der Gesellschaft offenbar voraussetzt. Diese ist dann entsprechend dem dahinter stehenden Willen zu schließen, so dass jedenfalls im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ein Anfechtungsrecht gegenüber der Gesellschaft nicht verneint werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 7. Juni 1999, II ZR 278/98, www.jurisweb.de Rn. 9 = NJW 1999, 3113).

Da eine entsprechende gesellschaftsvertragliche Regelung nicht davon abhängig ist, ob es sich bei der KG um eine Publikums-KG handelt (BGH, Urt. v. 13. Februar 1995, II ZR 15/94, www.jurisweb.de Rn. 8 = NJW 1995, 1218 m.w.N.), braucht diese Frage nicht entschieden zu werden.

Die Klage richtet sich daher gegen die richtige Beklagte.

2. Der Beschluss, dass Herr Andre S nicht zum geschäftsführenden Kommanditisten gewählt worden ist, ist auf die Anfechtungsklage des Klägers hin für nichtig zu erklären und es ist festzustellen, dass Herr S gewählt wurde.

Wie bereits unter 1.) dargelegt, finden auf die Anfechtung von Beschlüssen die für Kapitalgesellschaften geltenden Grundsätze Anwendung. Danach ist der im Protokoll der Gesellschafterversammlung niedergelegte Beschluss, dass der Antrag, Herrn Andre S zum geschäftsführenden Kommanditisten zu bestimmen, abgelehnt sei, anzufechten; eine bloße Feststellung reicht nicht aus. Hat nämlich - wie hier - eine förmliche Beschlussfeststellung stattgefunden, ist im Interesse der Rechtssicherheit der vom Versammlungsleiter festgestellte Beschluss als vorläufig verbindlich anzusehen, weshalb er mit der Anfechtungsklage anzufechten ist (vgl. BGH, Urt. v. 21. März 1988, II ZR 308/87, www.jurisweb.de Rn. 7 = BGHZ 104, 66; Roth in Roth/Altmeppen, GmbHG, § 47 Rn. 131 m.w.N.). Die zwischen den Parteien der Sache nach streitige Frage, welche Mehrheit für die Bestellung zum geschäftsführenden Kommanditisten erforderlich ist, ist danach im Wege der Beschlussanfechtung zu klären.

Der Kläger ist der Ansicht, die Gesellschafterversammlung habe beschlossen, dass Andre Schumacher zum geschäftsführenden Kommanditisten gewählt ist, weil auf ihn 56,7 % Ja-Stimmen entfallen sind. Die Beklagte ist der Ansicht, zur Wahl des geschäftsführenden Kommanditisten sei eine Mehrheit von 75% erforderlich, weil dies auch für die Abberufung gelte (unten a)) und weil es sich um eine Satzungsänderung handele (unten b)).

a) Es kann dahin stehen, ob die Klausel, nach der die Entziehung der Geschäftsführungs- oder Vertretungsbefugnis der geschäftsführenden Kommanditisten einer Mehrheit von 75% bedarf, wirksam ist oder nicht, denn aus dieser Bestimmung lässt sich nicht im Umkehrschluss herleiten, dass auch die Bestellung eines neuen geschäftsführenden Kommanditisten nur mit dieser Mehrheit möglich ist. Die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis ist nämlich schon nicht als actus contrarius zu der Wahl eines neuen geschäftsführenden Kommanditisten anzusehen. Es ist keinesfalls widersprüchlich, für die Entziehung von bereits erworbenen Rechten höhere Hürden aufzustellen, als für deren Verleihung. Zu recht weist der Kläger auch darauf hin, dass der Gesellschaftsvertrag ein Regel- Ausnahmeverhältnis beinhaltet, wonach in der Regel die einfache Mehrheit entscheidet und nur in Ausnahmefällen eine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist. Dann ist es aber auch richtig, dass Ausnahmevorschriften grundsätzlich eng auszulegen sind. Damit ist eine entsprechende Anwendung aber nicht vereinbar.

Für eine entsprechende Anwendung im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung des Gesellschaftsvertrag ist aber schon deshalb kein Raum, weil eine planwidrige Regelungslücke nicht vorliegt. Der Fall, dass die bisherige geschäftsführende Gesellschafterin ihr Amt niederlegt, ist in § 9 Nr. 7 des Gesellschaftsvertrages geregelt. Danach ist unverzüglich eine Gesellschafterversammlung einzuberufen, um einem anderen Kommanditisten die Geschäftsführeraufgaben zu übertragen. Die Satzung hat die Möglichkeit, dass über die Neubestellung eines geschäftsführenden Kommanditisten entschieden werden muss, berücksichtigt. Wenn dann in § 16 des Gesellschaftsvertrages ein besonderes Quorum für die Abberufung, nicht aber für die nach § 9 Nr. 7 des Gesellschaftsvertrages ausdrücklich vorgesehene Neubestellung vorgesehen ist, besteht keine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke; vielmehr bestimmt sich die erforderliche Mehrheit nach § 16 Nr. 5 des Gesellschaftsvertrages, wonach die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen reicht.

b) Die Bestimmung eines neuen geschäftsführenden Kommanditisten stellt auch keine Änderung des Gesellschaftsvertrages dar. Das Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit ergibt sich daher auch nicht aus § 16 Ziffer 12 d) des Gesellschaftsvertrages.

Eine Änderung des Gesellschaftsvertrages liegt nicht wegen der namentlichen Erwähnung der zunächst benannten geschäftsführenden Kommanditistin in § 3 Nr. 2 b) des Gesellschaftsvertrages vor. Deren Funktion als geschäftsführende Kommanditistin ist durch die in § 9 Nr. 7 des Gesellschaftsvertrages ausdrücklich vorgesehene Amtsniederlegung beendet. Die Regelung in § 3 Nr. 2 b) des Gesellschaftsvertrages hat damit, soweit sie die Person der dort genannten Kommanditistin mit der Funktion der geschäftsführenden Kommanditistin verknüpft bereits hierdurch ihren Regelungsgehalt verloren. Auch für diese im Vertrag ausdrücklich vorgesehen Folge ist eine Änderung des Gesellschaftsvertrages nicht erforderlich; sie hat sich vielmehr außerhalb des Regelungsbereiches der Norm vollzogen. Die in § 9 Nr. 7 des Gesellschaftsvertrages ausdrücklich vorgesehene Bestellung eines Nachfolgers stellt schon aus diesem Grunde keine Änderung des Gesellschaftsvertrages in § 3 Nr. 2 b) dar.

Wäre die in § 9 Nr. 7 des Gesellschaftsvertrages vorgesehene Bestellung eines neuen geschäftsführenden Kommanditisten eine Änderung des Gesellschaftsvertrages, wäre im Übrigen die - in ihrer Wirksamkeit zweifelhafte - Regelung in § 16 Ziffer 12 b) des Gesellschaftsvertrages überflüssig. In der Satzung ist die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis der geschäftsführenden Kommanditistin ausführlich geregelt. Die Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis würde sich dann ebenfalls als Änderung des Gesellschaftsvertrages darstellen und ohnehin der qualifizierten Mehrheit bedürfen. Eine ausdrückliche Erwähnung wäre dann aber überflüssig.

Gegen die Annahme einer Änderung des Gesellschaftsvertrages spricht schließlich, dass nicht erkennbar ist, dass die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages individuell auf die Person der ersten Amtsinhaberin zugeschnitten wären.

Zwar hat der geschäftsführende Kommanditist eine herausgehobene Stellung. Diese steht aber im Zusammenhang mit seiner Funktion und nicht mit seiner Person. § 9 Nr. 7 des Gesellschaftsvertrages sieht vielmehr ausdrücklich einen möglichen Wechsel in der Person des geschäftsführenden Kommanditisten vor.

c) Eine ergänzende Auslegung des Gesellschaftsvertrages kommt nicht in Betracht, weil es an einer planwidrigen Lücke fehlt. Wie oben bereits ausgeführt, ist eine Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung über den Nachfolger ausdrücklich vorgesehen. Wenn die Gesellschafter hierfür ein besonderes Quorum gewollt hätten, so hätten sie dies im Gesellschaftsvertrag niederlegen können und müssen. Das Schweigen des Gesellschaftsvertrages lässt insoweit nur den Schluss zu, dass für die in § 9 Nr. 7 des Vertrages vorgesehene Beschlussfassung die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen ausreicht.

Danach ist Herr S zum geschäftsführenden Kommanditisten gewählt worden; das durch den Versammlungsleiter festgestellte Abstimmungsergebnis ist falsch und daher für nichtig zu erklären. Zugleich war festzustellen, dass Herr Andre S zum geschäftsführenden Kommanditisten gewählt worden ist. Soweit der Senat in der Formulierung des Feststellungstenors von der Fassung des Antrages abgewichen ist, dient dies allein der besseren Verständlichkeit, ohne ein Abweichung vom Klageantrag in der Sache darzustellen.

3. Der Beschluss bezüglich der Bestellung von Herrn C ist folgerichtig ebenfalls für nichtig zu erklären, da nach der Bestellung von Herrn S zum geschäftsführenden Kommanditisten für eine weitere Abstimmung schon kein Raum mehr bestand.

Der Beschluss bezüglich der Bestellung des Herrn C ist allerdings nicht schon deshalb unwirksam, weil der Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin ihn vorgeschlagen hat.

Es kommt insoweit nicht darauf an, ob Herr Dr. U seinen Vorschlag als Geschäftsführer der Komplementärin gemacht hat oder als Kommanditist, denn, dass die Komplementärin selbst auf der Gesellschafterversammlung kein Stimmrecht hat, weil sie nicht kapitalmäßig beteiligt ist (vgl. § 3 Ziffer 1 und § 16 Ziffer 6 des Gesellschaftsvertrages) besagt nicht, dass sie keine Anträge stellen kann. Als Gesellschafterin darf sie an der Versammlung teilnehmen. Nach § 16 Ziffer 3 des Gesellschaftsvertrages kann sie die Einberufung einer Gesellschafterversammlung veranlassen. Das ist aber nur sinnvoll, wenn sie auch Anträge stellen darf, da nicht ersichtlich ist, wie ohne Anträge im Interesse der Gesellschaft die Durchführung einer Gesellschafterversammlung notwendig sein soll.

Der Beschluss ist aber unwirksam, weil zum Zeitpunkt der Abstimmung bereits ein neuer geschäftsführender Kommanditist bestellt war.

Der Gesellschaftsvertrag sieht nur einen einzigen geschäftsführenden Kommanditisten vor. Dafür, dass die Gesellschafter in Abweichung von der gesellschaftsvertraglichen Regelung zwei geschäftsführende Kommanditisten bestellen wollten, ist nichts ersichtlich. Auch die Tagesordnung der Gesellschafterversammlung sah nur die Wahl eines geschäftsführenden Kommanditisten vor.

Nachdem Herr S ordnungsgemäß gewählt war, würde die Wahl von Herrn C dazu führen, dass mehrere geschäftsführende Kommanditisten bestellt wären. Abgesehen davon, dass völlig unklar wäre, wie das Verhältnis der beiden zueinander wäre, entsprach es dem erkennbaren Willen aller Gesellschafter, einen geschäftsführenden Kommanditisten zu wählen. Die Parteien streiten nur über die Frage, wer zum geschäftsführenden Kommanditisten gewählt worden ist.

III.

Ein begründeter Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, § 543 Abs. 2 ZPO

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 344, 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert für die Berufungsinstanz: 16.000,00 EUR

Ende der Entscheidung

Zurück