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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 24.08.2005
Aktenzeichen: I-15 U 190/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 513 Abs. 2
ZPO § 540
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 423
BGB § 426 Abs. 1
BGB § 826
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 20. Oktober 2004 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kleve wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor der Kläger in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe: I. Der Kläger verlangt von der Beklagten, einer Brokergesellschaft mit Sitz in X Schadensersatz in Höhe eines Betrages von 36.801,13 EUR für seine Verluste durch Warentermingeschäfte. Der Kläger hatte in den Monaten Februar bis Mai 2000 die Fa. G AG mit Sitz in N damit beauftragt, ihm Warentermingeschäfte an der X Börse zu vermitteln. Die dem Kläger vermittelten Geschäfte endeten verlustreich. Von dem vom Kläger insgesamt eingezahlten Kapital in Höhe von 250.000,00 DM zahlte die Fa. G AG dem Kläger am 29. August 2000 einen Betrag in Höhe von 3.024,24 DM zurück. Daraufhin nahm der Kläger die Fa. G AG in einem vor dem Landgericht Kleve geführten Rechtsstreit (Az.: 3 O 48/01) auf Schadensersatz wegen positiver Vertragsverletzung des Anlagevertrages in Anspruch. Durch Urteil des Landgerichts Kleve vom 10. Juli 2001 wurden die Fa. G AG und deren Vorstand zu einer Schadensersatzleistung in Höhe von 246.976,76 DM an den Kläger verurteilt. In dem sich hieran anschließenden Berufungsverfahren vor dem OLG Düsseldorf (Az.: 15 U 176/01) einigten sich der Kläger und die Fa. G AG im Rahmen eines am 4. September 2001 geschlossenen außergerichtlichen Vergleichs (Bl. 36 f GA) auf die Zahlung einer Schadensersatzleistung in Höhe von 175.000,-- DM. In dem Vergleichstext heißt es wörtlich: "(...) Mit vollständiger Zahlung des in Ziffer 1) genannten Vergleichsbetrages sind sämtliche Ansprüche des Herrn Wagner gegen die G AG, Herrn G sowie gegen mögliche weitere verantwortliche Personen, bekannt oder unbekannt, erledigt (...)". Den Differenzbetrag zwischen dem durch Urteil des Landgerichts Kleve vom 10. Juli 2001 zuerkannten Schadensersatzbetrag in Höhe von 246.976,76 DM und der gezahlten Vergleichssumme von 175.000,00 DM (=36.801,13 EUR) macht der Kläger nunmehr im vorliegenden Rechtsstreit gegen die Beklagte geltend. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht in seiner Entscheidung vom 20. Oktober 2004, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 ZPO Bezug genommen wird, ausgeführt, dass der Kläger zwar - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht gehindert sei, die streitigen Ansprüche gerichtlich gegen die Beklagte geltend zu machen. Denn der mit der Fa. G AG geschlossene Vergleich zeitige keine Wirkung für bzw. gegen die Beklagte. Dies ergebe eine Auslegung des Vergleichstextes nach §§ 133,157 BGB. Der Kläger habe aber weder einen Anspruch auf Zahlung von 36.801,13 EUR aus positiver Vertragsverletzung eines Anlagevertrages noch hafte die Beklagte auf Zahlung von 36.801,13 EUR gemäß § 826 BGB. Hiergegen richtet sich die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers. Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an ihn 36.801,13 EUR nebst 4 % Zinsen aus 15.338,76 EUR vom 19. Februar bis 8. März 2000, 51.129,19 EUR vom 9. März bis 28. März 2000, 76.693,78 EUR vom 29. März bis 7. April 2000, 102.258,37 EUR vom 8. April bis 10. Mai 2000, 127.822,96 EUR vom 11. Mai bis 28. August 2000, 126.277,20 EUR vom 29. August bis 19. Februar 2000 und aus 36.801,13 EUR seit dem 20. Oktober 2000 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf den zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen. II. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klage ist zulässig. Das angerufene Landgericht Kleve ist für die von dem Kläger in seiner Klageschrift vom 10. März 2004 (ausdrücklich nur) auf deliktische Anspruchsgrundlagen gestützte Klage international örtlich zuständig. Das Berufungsgericht ist verpflichtet, die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nach der EG-Verordnung-Nr. 44/2001 vom 22. Dezember 2000 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) zu überprüfen. § 513 Abs. 2 ZPO steht dem insoweit nicht entgegen. Zwar erstreckt sich nach dem Wortlaut dieser Vorschrift die berufungsrechtliche Zuständigkeitsprüfung nicht darauf, ob das Gericht des ersten Rechtszuges "seine" Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. Damit kann aber nur die Zuständigkeitsverteilung unter den deutschen Gerichten gemeint sein, nämlich die Frage der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit, ferner - abweichend vom bisherigen Recht - der funktionellen Zuständigkeit, der Abgrenzung zwischen Zivilkammer und Kammer für Handelssachen sowie zwischen Prozessgericht und Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. Musielak/Ball, ZPO 3. Aufl. Rn. 13 a.E zu § 545 ZPO.), nicht jedoch diejenige zwischen den deutschen und den ausländischen Gerichten (BGH NJW 2003, 426 ff zu dem mit § 513 Abs. 2 ZPO inhaltlich übereinstimmenden § 545 Abs. 2 ZPO). Die internationale Zuständigkeit hat nämlich ein ungleich größeres Gewicht. Sie betrifft die Abgrenzung zu den Souveränitätsrechten anderer Staaten. Es handelt sich darum, inwieweit die deutschen Gerichte in Rechtssachen mit Auslandsbeziehungen eine Entscheidungsbefugnis in Anspruch nehmen können. Es kommt hinzu, dass die internationale Zuständigkeit - anders als die örtliche, sachliche, funktionelle und ähnliche innerstaatliche Zuständigkeit - über das Verfahrensrecht entscheidet, dem der Rechtsstreit unterliegt. Denn nur das deutsche Gericht wendet deutsches Prozessrecht, das ausländische Gericht aber sein eigenes Verfahrensrecht an. Darüber hinaus hängt von der internationalen Zuständigkeit nicht selten ab, nach welchem materiellen Recht die Rechtssache entschieden wird. Wird die deutsche internationale Zuständigkeit bejaht, so bestimmt das deutsche internationale Privatrecht, nach welchem materiellen Recht das streitige Rechtsverhältnis zu beurteilen ist; wird aber die deutsche internationale Zuständigkeit verneint (und ruft deshalb der Kläger ein ausländisches Gericht an), so entscheidet dieses nach dem internationalen Privatrecht seines Landes über die anzuwendende Rechtsnorm. Demgemäss kann die Entscheidung über die internationale Zuständigkeit - im Gegensatz zu der Zuständigkeitsabgrenzung unter den deutschen Gerichten - die sachliche Entscheidung des Prozesses vorwegnehmen (BGH, a.a.O.). Die mithin zulässige berufungsrechtliche Prüfung ergibt, dass im Streitfall das angerufene Landgericht Kleve nach Art. 5 Nr. 3 EuGVVO international zuständig ist. Im Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zu Großbritannien ist das EuGVVO in Zivil- und Handelsachen (Art. 1 Abs. 1 EuGVVO) anwendbar. Die Vorschriften des EuGVVO zur internationalen Zuständigkeit der Gerichte verdrängen die entsprechenden Regelungen des autonomen internationalen Zivilprozessrechts (BGH RIW 1999, 456 zu der durch die EuGVVO ersetzten EuGVÜ). Grundsätzlich sind Personen, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates haben, vor den Gerichtes dieses Staates zu verklagen (Art. 2 Abs. 1 EuGVVO). Abweichend von dieser Regel können in einem Vertragsstaat ansässige Personen vor den Gerichten eines anderen Vertragsstaates verklagt werden, wenn dort einer der in Art. 5 ff EuGVVO genannten Wahlgerichtsstände besteht (Art. 3 Abs. 1 EuGVVO). Dabei tritt an die Stelle des Wohnsitzes gemäß Art. 60 Abs. 1 EuGVVO für Gesellschaften oder juristische Personen deren satzungsmäßiger Sitz. Die unstreitig in Großbritannien geschäftsansässige Beklagte kann somit vor einem deutschen Gericht verklagt werden, weil in der Bundesrepublik Deutschland die internationale Zuständigkeit der unerlaubten Handlung begründet ist, auf die der Kläger seine Klage in der Hauptsache stützt. Der gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVVO maßgebliche Ort, "an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist", liegt sowohl an dem Ort, an dem der Schaden eingetreten ist, als auch an dem Ort des ursächlichen Geschehens (EuGH, Urteil vom 30. November 1976 - Rs. 21/76 <Bier> - EuGHE 1976, 1735, 1746 f und vom 7. März 1995 - Rs. C-68/93 <Shevill> - EuGHE 1995 I S. 415, 460; BGH NJW 2003, 426 ff). Dementsprechend konnte die Beklagte an dem für den Geschäftssitz der G AG zuständigen Landgericht Kleve verklagt werden. Dort liegt nämlich aufgrund des Anwerbens und der Aufklärung des Klägers über die Verlustrisiken bei Optionsgeschäften durch die G AG und der Transferierung der vom Kläger angeworbenen Kundengelder auf die bei der Beklagten auf den Namen der G AG geführten Konten der Ort des ursächlichen Geschehens. Ebenso wurden die - nach dem Vorbringen des Klägers - vermögensschädigenden Handlungen der G AG, an denen sich die Beklagte nach der Behauptung des Klägers durch kollusives Zusammenwirken mit der G AG beteiligt haben soll, in der Bundesrepublik Deutschland vorgenommen. Die danach zulässige Klage ist aber unbegründet, weil der Kläger aufgrund des zwischen ihm und der G AG und Herrn G. zustande gekommenen Vergleichs vom 4. September 2001 (Bl. 36 ff GA) über die durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Kleve vom 10. Juli 2001 (AZ.: 3 O 48/01) titulierte Schadensersatzforderung über insgesamt 246.976,76 DM (= 126.277,21 EUR) nebst Zinsen der Beklagten jedenfalls die von ihm im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachte Schadensersatzforderung in Höhe von 36.801,13 EUR erlassen hat mit der Folge, dass eine etwa gegen die Beklagte etwa begründete Schadensersatzforderung erloschen ist. Im Einzelnen gilt folgendes. Durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Kleve vom 10. Juli 2001 wurden die G AG und Herr G. zur Schadensersatzersatzleistung in Höhe von 246.976,76 DM an den Kläger verurteilt, weil sie diesen ungenügend über die Risiken von Warenterminoptionsgeschäften aufgeklärt hatten und dieser daraufhin in der Zeit vom 18. Februar bis zum 10. Mai 2000 insgesamt 250.000,00 DM an die G AG zur Durchführung von Optionsgeschäften gezahlt hatte, von denen er bis auf 3.023,24 DM zunächst nichts zurückerhielt. Ob auch die Beklagte als dem bei der Durchführung von Kundenaufträgen eingeschalteten ausländischen Broker persönlich für die Folgen der ungenügenden Risikoaufklärung durch die G AG haftet, etwa weil sie die auf Täuschung und Schädigung der Kunden angelegten Geschäftspraktiken der G AG gekannt oder leichtfertig die Augen vor sich aufdrängenden Bedenken verschlossen und dabei an dem sittenwidrigen Verhalten des Vermittlers zum eigenen Vorteil mitgewirkt haben könnte (vergl. hierzu: BGH, Urteil vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, ZIP 1989, 830-833; Urteil vom 6. Februar 1990, -XI ZR 184/88 - WM 1990, 462-464; Urteil vom 13. Juli 2004, - VI ZR 136/03), braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden. Unterstellt, die Beklagte würde gegenüber dem Kläger ebenfalls für die ungenügende Risikoaufklärung der G AG und ihres Vorstands haften, hätte dies zur Konsequenz, dass zwischen der G AG, ihrem Vorstand und der Beklagten ein Gesamtschuldverhältnis bestünde. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haften nämlich mehrere Berater, die neben- oder nacheinander denselben Auftraggeber durch eine schuldhafte Vertragsverletzung schädigen, grundsätzlich als Gesamtschuldner (BGH, Urteil vom 18. März 1993 - IX ZR 120/92, NJW 1993, 1779, 1781; vom 20. Januar 1994, Az: IX ZR 46/, NJW 1994, 1211, 1212; vom 19. Juli 2001, Az: IX ZR 246/00, NJW 2001, 3477-3479). Ebenso liegt ein Gesamtschuldverhältnis vor, wenn zwei Schuldner dem Geschädigten für denselben Schaden Schadensersatz zu leisten haben und der eine Schuldner aus Vertrag und der andere aus Delikt haftet (BGH, Urteil vom 29. Juni 1972, - VII ZR 190/71, NJW 1972, 1802; vom 29. November 1990, - I ZR 45/89, NJW 1991, 1683-1686). Im Streitfall hatte der Kläger der G AG und deren Vorstand von der zu seinen Gunsten gegen diese titulierten Schadensersatzforderung in Höhe von 126.277,21 EUR nebst Zinsen nach Zahlung der vereinbarten Vergleichssumme von 89.476,08 EUR eine Forderung von 36.801,13 EUR nebst Zinsen erlassen. Nach § 423 BGB wirkt ein zwischen einem Gesamtschuldner und dem Gläubiger zustandgekommener Erlass auch für die anderen Gesamtschuldner, wenn die Vertragschließenden das ganze Schuldverhältnis aufheben wollen. Hiervon ist im Streitfall auszugehen: Wie bei Bestehen eines Gesamtschuldverhältnisses ein in einem Vergleich vereinbarter Forderungserlass des Gläubigers mit einem Gesamtschuldner auf das Verhältnis zu dem anderen Gesamtschuldner wirkt, ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls durch Auslegung festzustellen (BGH, Urteil vom 21. März 2000 - IX ZR 39/09, NJW 2000, 1942-1944). Schon der Wortlaut des zwischen dem Kläger und der G AG sowie deren Vorstand abgeschlossenen Vergleiches vom 4. September 2001 ist dahin auszulegen, dass alle Gesamtschuldner aufgrund der Zahlung der Vergleichssumme durch die G AG von der Restschuld befreit werden sollten. Denn in Ziffer 6 des Vergleiches vom 4. September 2001 ist ausdrücklich bestimmt, dass mit vollständiger Zahlung des in Ziffer 1) des Vergleiches genannten Vergleichsbetrages sämtliche Ansprüche des Klägers gegen die G AG, Herrn G. sowie gegen mögliche weitere verantwortliche Personen, bekannt oder unbekannt, erledigt sind. Dabei stellt die in dem Vergleich verwendete Formulierung "bekannt oder unbekannt" eine Generalklausel dar, die nichts anderes bezweckt als die uneingeschränkte Gesamtwirkung des im Vergleich vereinbarten Erlasses herbeizuführen. Nur in diesem Sinne kann der geschlossene Vergleich unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben verstanden werden. Im vorliegenden Fall haften nämlich die Fa G AG und deren Vorstand im Innenverhältnis zur Beklagten allein für den dem Kläger entstandenen Schaden, so dass ihnen also keine Ausgleichsansprüche gem. § 426 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte zustehen konnten. Dabei übersieht der Senat nicht, dass nach § 426 Abs. 1 BGB Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Teilen verpflichtet sind, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist. Eine solche anderweitige Bestimmung im Sinne dieser Vorschrift ist im vorliegenden Fall jedoch getroffen worden. Dafür ist nach ständiger Rechtsprechung keine besondere Vereinbarung der Beteiligten erforderlich; sie kann sich vielmehr aus dem Inhalt und Zweck eines zwischen den Gesamtschuldnern bestehenden Rechtsverhältnisses oder aus der Natur der Sache ergeben, mithin aus der besonderen Gestaltung des tatsächlichen Geschehens (BGH, Urteil vom 30. November 1994 - XII ZR 59/53, NJW 1995, 652 , 653). Im vorliegenden Fall ergibt sich eine anderweitige Bestimmung daraus, dass im Innenverhältnis zwischen der Beklagten und der G AG sowie ihrem Vorstand allein Letztere für die Anwerbung des Klägers und dessen ordnungsgemäße Aufklärung über die Verlustrisiken bei Warenterminoptionsgeschäften verantwortlich waren. Auch war es die G AG, die durch das von ihr berechnete Agio von 4,9 % auf die Anlagesumme und die von ihr vereinnahmte Geschäftsgebühr von ca. 105 USD je Optionstransaktion das Chancen/Risikoverhältnis zulasten des von ihr angeworbenen und betreuten Klägers so verschlechterte, dass dieser praktisch chancenlos war und nahezu sei gesamtes bei der G AG eingesetztes Kapital verlor. Demgegenüber erhielt die Beklagte für die Durchführung der von ihr von der G AG im eigenen Namen in Auftrag gegebenen Optionsgeschäfte nur die am Börsenplatz übliche Börsengebühr von ca. 15 USD (Bl. 77 GA), so dass es gerechtfertigt ist, im Innenverhältnis zwischen der G AG, deren Vorstand und der Beklagten Letztere von der Haftung auszunehmen. Haften somit die Fa. G AG und deren Vorstand im Innenverhältnis zur Beklagten allein für den dem Kläger entstandenen Schaden, konnten sie nur ein Interesse an einer endgültigen Beendigung des gesamten Schuldverhältnisses haben. Andernfalls mussten sie nämlich mit einer Rückgriffsforderung der Beklagten rechnen, wenn diese - wie im vorliegenden Verfahren denn auch tatsächlich geschehen - ihrerseits von dem Kläger in Anspruch genommen würde. Damit wäre die Vergleichswirkung über den Regress (§ 426 BGB) wieder aufgehoben. Dies ist auch der Grund dafür, weshalb nach einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum im Zweifel von einer Gesamtwirkung des Vergleichs dann auszugehen ist, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Vergleich (Erlass) gerade mit demjenigen Gesamtschuldner vereinbart wird, der im Innenverhältnis allein belastet ist (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2000, a.a.O. OLG Köln, Beschluss vom 18.05.1992 - 19 W 15/92, NJW-RR 1992, 1398; OLG Hamm, Urteil vom 29. 8. 1997 - 11 U 48-97; NJW-RR 1989, 486, 487; Bydlinski, Münchener Kommentar zum BGB, 4. Auflage 2003, Rdnr. 5 zu § 423 BGB). Demgegenüber kann der Kläger nicht mit Erfolg einwenden, bei Abschluss des Vergleiches seien die Vergleichsparteien davon ausgegangen, dass von der Abgeltungsklausel "mögliche weitere verantwortliche Personen, bekannt oder unbekannt" nur natürliche Personen, insbesondere etwa die Telefonverkäufer der G AG erfasst werden (Bl. 122 ff, 395 GA). Der unter anwaltlichem Bestand gewählte Wortlaut ist eindeutig. Hätten die Parteien des Vergleiches gewollt, dass dieser neben der G AG und deren Vorstand nur für natürliche Personen wie die Telefonverkäufer der G AG gelten sollte, wäre es ein Leichtes gewesen, dies durch eine entsprechende Formulierung auch zum Ausdruck zu bringen. Nachdem der Prozessbevollmächtigte des Klägers in dem Vergleichsverhandlungen mit der G AG zum Ausdruck gebracht hatte, dass er für seinen Mandanten möglicherweise auch eine Vergleichsquote von unter 70 % akzeptieren könne, um dann den Rest bis zur vollen Schadenssumme gegenüber den im Fall des Klägers tätig gewesenen Telefonverkäufern der G AG geltend zu machen (Bl. 122 GA), war die G AG nach dem eigenen Vorbringen des Klägers zur Zahlung einer gut 70-prozentigen Vergleichssumme nur bei Vereinbarung einer Abgeltungsklausel für "mögliche weitere verantwortliche Personen, bekannt oder unbekannt" bereit (Bl. 123 GA). Hierbei kam es der G AG nach dem eigenen Vorbringen des Klägers ersichtlich darauf an, sich vor jedweder Inanspruchnahme durch mögliche Gesamtschuldner zu schützen und die Sache endgültig erledigen. Zwar mag es sein, dass der Kläger bei Abschluss des Vergleichs überhaupt nicht bedacht hatte, dass neben den Telefonverkäufern möglicherweise auch das ausführende Brokerhaus für die ungenügende Risikoaufklärung durch die G AG und deren Vorstand haften könnte. Dies ändert aber nichts daran, dass durch die Klausel "bekannt oder unbekannt" alle in Betracht kommenden Personen erfasst werden sollten und nicht etwa nur die für die G AG tätig gewordenen Verkäufer. Die Nebenentscheidungen haben ihre Rechtsgrundlage in den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Es besteht kein begründeter Anlass, die Revision zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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