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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 27.07.2005
Aktenzeichen: I-15 U 198/04
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 264
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 13.10.2004 wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 7.000,- € vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Kläger begehren von der Beklagten im Berufungsverfahren nur noch Widerruf einer nach ihrer Auffassung in der Zeitschrift K. aufgestellten Äußerung, hilfsweise und äußerst hilfsweise den Widerruf einer etwas anders formulierten, in den Anträgen wiedergegebenen Äußerung.

Wegen der Feststellungen erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 ZPO).

Den in der Berufung nur noch gestellten Hauptantrag zu 2) hat das Landgericht mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte habe die von den Klägern im Antrag formulierte Äußerung in der Form nicht kund getan. Den Sinngehalt, den der Leser bei Abdruck des geforderten Widerrufs wahrnehmen würde, stünde in keinem Zusammenhang zu den Äußerungen der Beklagten. Auch der Vorwurf, der Kläger zu 1. informiere die Anleger falsch, finde sich nur in einer anderen Textpassage des Artikels, die nur zum Teil auf im Antrag enthaltene Umstände hindeute und bringe den Kläger zu 1. in mittelbaren Zusammenhang zum Verdacht des Kapitalanlagebetruges.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger, mit der sie den Hauptantrag zu 2) weiterverfolgen und zwei Hilfsanträge geltend machen. Die Kläger behaupten, der klar im Vordergrund stehende Antrag zu 2) sei im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht überhaupt nicht erörtert worden, was den Eindruck habe vermitteln müssen, der Antrag sei begründet. Die Kammer habe verfahrensfehlerhaft nicht darauf hingewiesen, dass sie der Auffassung gewesen sei, dass die Beklagte die im Antrag formulierte Äußerung nicht in dieser Form kundgetan habe. Die Entscheidung sei auch sachlich falsch, denn die Kammer habe sich nicht damit auseinandergesetzt, dass ein gerechtfertigtes Minus im Klageantrag enthalten gewesen sei. Für den Fall, dass der Senat die Bedenken der Kammer teile wollte, seien die Hilfsanträge formuliert. Im übrigen werde auf das Vorbringen erster Instanz verwiesen, in dem umfangreich Beweis angeboten worden sei. Die Kammer die im einstweiligen Verfügungsverfahren noch gemeint habe, es handele sich bei dem Verdacht des Kapitalanlagebetruges um eine Meinungsäußerung, nicht um eine Tatsachenbehauptung, habe hierzu im Hauptsacheverfahren nicht Stellung genommen.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte zu verurteilen, die in der Zeitschrift K. aufgestellte Behauptung, der Kläger zu 1. informiere Anleger des Immobilienhandelsfonds wider besseren Wissens falsch und versuche hierdurch, diese zu einer Beteiligung zu verleiten, was den Verdacht des Kapitalanlagebetruges begründe, zu widerrufen,

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, die in der Zeitschrift K. aufgestellte Behauptung, der Kläger zu 1. informiere Anleger des Immobilienhandelsfonds im Prospekt wider besseren Wissens nicht, in dem er durch das Beispiel seiner Privatimmobilie nicht mehr realisierbare Renditeaussichten vorgaukele und hierdurch versuche, diese zu einer eventuellen Beteiligung zu verleiten, was den Verdacht des Kapitalanlagebetrugs nahelege, zu widerrufen,

äußerst hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, in der nächsten Ausgabe der Zeitschrift K. intern folgenden Widerruf zu veröffentlichen:

In der Ausgab... haben wir berichtet:

"... Um so erstaunter waren wird, als wir im Prospekt eines neuen F. Fonds, dem a. Immobilienhandelsfonds das alte Beispiel der F. Privat-Immobilie erneut vorfanden, dass wiederum bei einer Realisierungszeit von 6 Monaten eine Rendite von weit über 200 % p.a. ermöglichen sollte: Denn dieser Prospekt wurde sieben Monate nach dem ersten aufgelegt, so dass bei Prospektherausgabe die Raumimmobilie schon gut ein Jahr in F. Besitz war und die Raumrendite offensichtlich längst ausgeräumt war. Da Anleger im Prospekt hierüber nicht informiert werden und statt dessen wider besseren Wissens durch Vorgaukelung tatsächlich nicht mehr realisierbare Renditeaussichten zu einer eventuellen Beteiligung verleitet werden, forderten wir F. unter Hinweis darauf, dass dies "u.E. den Verdacht des Kapitalanlagebetruges nahe legt", zu einer kurzfristigen Stellungnahme auf. ...

...."

... Damit haben die Düsseldorfer Richter in dem Verfahren bestätigt, dass wir unsere Auffassung, dass die zitierten Prospektbeispiele der F. Fonds u.E. den Verdacht des Kapitalanlagebetruges nahe legen, öffentlich äußern dürfen, was wir hiermit ausdrücklich tun."

Wir widerrufen hiermit unsere Behauptung, dass durch die Erwähnung der Prospektbeispiele der Verdacht des Kapitalanlagebetruges nahe gelegt wird.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Hinweise des Landgerichts im Termin zur mündlichen Verhandlung hätten sich auch auf den Antrag zu 2) bezogen, weil darauf hingewiesen worden sei, dass die geltend gemachten Widerrufsansprüche insoweit unbegründet seien, als sie die angegriffenen und in der Anlage AST2 bzw. AST 5 aufgestellten Behauptungen nicht wörtlich wiedergeben. Sie habe nicht geschrieben, dass der Verdacht des Kapitalanlagebetrugs begründet sei und auch nicht allgemein behauptet, der Kläger zu 1. informiere Anleger wider besseren Wissens falsch, weil sie die Äußerung ganz konkret im Zusammenhang mit einer einzigen von den Klägerin zu verantwortenden und unstreitig im Prospekt stehenden Aussage gemacht habe. Dass dieses Beispiel wider besseren Wissens angegeben worden sei, folge schon daraus, dass die Zeit, in der die Rendite verdient werden musste, schon bei Herausgabe des Prospekts abgelaufen gewesen sei. Sie habe zudem unmissverständlich durch die Ergänzungen "unserer Auffassung" und "u.E." hervorgehoben, dass sie lediglich eine persönliche Meinung geäußert habe, nicht aber eine Tatsachenbehauptung aufgestellt habe. Auch sei der Widerrufsanspruch aufgrund des Zeitablaufs zurückzuweisen, weil er erstmals abgestellt auf den Artikel in der k. nach mehr als 9 Monaten geltend gemacht worden sei. Die Ausführungen zum Hauptantrag sprächen auch gegen den Hilfsantrag zu 1). Dessen Formulierung sei gleichfalls zu allgemein und zu weitgehend. Sie, die Beklagte, habe auf ganz konkrete Umstände hingewiesen, die den Tatsachen entsprächen. Selbst wenn es sich bei der Aussage um eine Tatsachenbehauptung gehandelt habe, habe der Kläger deren Unwahrheit nicht nachgewiesen. Vielmehr sei den Anlegern der falsche Eindruck einer Renditeaussicht vermittelt worden: Darauf seien die Kläger unstreitig bereits im Prospekt-C. hingewiesen worden. Der Hilfsantrag zu 2) sei nicht einmal ein "minus" zum Hauptantrag, sondern gehe weit darüber hinaus, weil danach der Inhalt der Erstmitteilung vollständig widerrufen werden solle. Selbst wenn der Hilfsantrag dahin verstanden werden sollte, dass sich der Widerrufsantrag nur auf den letzten Satz beziehe, sei der Antrag unbegründet. Ein Rechtsschutzbedürfnis an der Erwähnung der Erstmitteilung in dem Umfang sei nicht ersichtlich. Diese Auszüge schafften Unklarheiten, weil sich der beantragte Widerruf auf eine Tatsachenbehauptung beziehe, die sie in den in diesem Hilfsantrag zitierten Auszügen nicht aufgestellt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

1.

Die Kläger haben keinen Anspruch auf Widerruf der mit dem Hauptantrag bezeichneten Äußerung, weil es sich um eine Meinungsäußerung handelt, die dem Widerruf nicht zugänglich ist.

a) Während unwahre Tatsachenbehauptungen grundsätzlich nicht durch Art. 5 I GG geschützt werden, stehen Meinungsäußerungen grundsätzlich ohne Rücksicht auf ihre Qualität, insbesondere ihre Richtigkeit unter dem Schutz des Art. 5 I GG, und dürfen nur in eng begrenzten Ausnahmefällen, etwa, wenn sie beleidigenden oder schmähenden Charakter haben, untersagt werden (BGH AfP 1998, 506, 507; NJW 1997, 2513).

Wesentlich für die Einstufung einer Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Meinungsäußerung ist es, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist. Auch eine Äußerung die auf Werturteilen beruht, kann sich als Tatsachenbehauptung erweisen. In solchen Fällen ist entscheidend, ob bei dem Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird, dann liegt eine Tatsachenbehauptung vor. Ist der Gehalt der Äußerung hingegen so substanzarm, dass er gegenüber der subjektiven Wertung in den Hintergrund tritt, mit der Folge, dass die Äußerung in entscheidender Weise durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, liegt eine Meinungsäußerung vor (vgl. statt vieler BGH NJW 1996, 1131, 1133 m.w.N., BGH MDR 2002, 640, 641; BGH Urt. v. 16.11.2004, VI ZR 298/03, www.jurisweb.de Rz. 23 = NJW 2005, 279; BVerfG NJW 1995, 3303; Löffler-Steffen, Presserecht, 4. Auflage 1997, § 6 LPG Rz. 83 m.w.N. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Auflage 2001, § 14 Rz. 3 f).

Diese Grundsätze sind auch dann anzuwenden, wenn es um juristische Fachbegriffe (BGH Urt. v. 16.11.2004, VI ZR 298/03, www.jurisweb.de Rz. 23 = NJW 2005, 279), insbesondere strafrechtliche Einstufungen geht (Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung , 5. Auflage 2003, Kap. 4 Rz. 61 ff m.w.N.). Grundsätzlich ist die Einstufung eines Vorgangs als strafrechtlich relevant prinzipiell keine Tatsachenbehauptung, sondern bringt in der Regel nur die persönliche Rechtsauffassung zur Geltung. Als Tatsachenäußerung ist eine solche Äußerung hingegen dann zu qualifizieren, wenn die Beurteilung nicht als bloße Rechtsauffassung kenntlich gemacht ist, sondern beim Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorruft, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind (BGH Urt. v. 16.11.2004, VI ZR 298/03, www.jurisweb.de Rz. 24 = NJW 2005, 279 m.w.N.; Senat Urt. v. 16.02.2005, I-15 U 167/04, www.jurisweb.de Rz. 9).

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze (insbesondere BGH a.a.O. Rz. 25) und des maßgeblichen Gesamtkontextes stellt sich die in dem Artikel in der k. enthaltene Äußerung

"Da Anleger im Prospekt hierüber nicht informiert werden und stattdessen wider besseren Wissens durch Vorgaukelung tatsächlich nicht mehr realisierbarer Renditeaussichten zu einer eventuellen Beteiligung verleitete werden, forderten wir F. unter Hinweis darauf, dass dies "u.E. den Verdacht des Kapitalanlagebetrugs nahelegt", zu einer kurzfristigen Stellungnahme auf. ..."

letztlich als eine Meinungsäußerung dar.

Soweit die Kläger diese Äußerung in ihrem Widerrufshauptantrag dahingehend zusammenfassen, die Beklagte habe die Behauptung aufgestellt,

"... der Kläger zu 1) informiere Anleger des Immobilienhandelsfonds wider besseren Wissens falsch und versuche hierdurch, diese zu einer Beteiligung zu verleiten, was den Verdacht des Kapitalanlagebetruges begründe."

verkürzt diese Wiedergabe den Inhalt des Artikels und verfälscht ihn dadurch. Denn hierdurch wird, worauf das Landgericht zutreffend hinweist, der unzutreffende Eindruck erweckt, die Beklagte erhebe gegenüber den Klägern generell den Vorwurf, letztere würden die Anleger wider besseren Wissens falsch informieren. Die isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils wird den Anforderungen an eine zuverlässige Sinnermittlung regelmäßig jedoch nicht gerecht (BGH Urt. v. 25.11.2003, VI ZR 226/02, www.jurisweb.de Rz. 15 = NJW 2004, 598).

Aber selbst wenn man davon ausginge, dass dies einem Widerrufsanspruch generell nicht entgegenstünde, weil die Äußerung, deren Widerruf begehrt wird, in dem Artikel als eine Art minus enthalten sei, so kommt ein Widerrufsanspruch nicht in Betracht, weil es sich letztlich um eine Meinungsäußerung handelt.

Der Artikel enthält im maßgeblichen Absatz zwar auch Tatsachenelemente. Diese bilden jedoch die Grundlage für ein Werturteil. In dem Absatz wird mitgeteilt, dass auch im neuen Prospekt das Beispiel der Privatimmobilie das bei einer Realisierungszeit von 6 Monaten eine Rendite weit über 200 % p.a. ermöglichen sollte, enthalten ist, sowie darauf hingewiesen, dass dieser Prospekt sieben Monate nach dem ersten aufgelegt worden ist und die Immobilie zu diesem Zeitpunkt schon über ein Jahr im Besitz des Klägers zu 1. gewesen sei. Aus diesen unbestritten wahren Tatsachen wird der richtige Schluss gezogen, dass bei Prospektherausgabe "die Traumrendite bereits ausgeträumt" war, d.h. sich diese Renditechance nicht realisiert hat. Das Landgericht hat dies im einstweiligen Verfügungsverfahren im einzelnen zutreffend ausgeführt. Dem haben die Kläger nichts Substantielles entgegenzusetzen.

Der sich anschließende Satz enthält eine Wertung dieses Verhaltens gestützt darauf, dass die Anleger hierüber - also über die Nichtrealisierung der Renditeaussichten - nicht informiert worden sind. Dass die Anleger "wider besseren Wissens" durch Vorgaukelung nicht mehr realisierbarer Renditeaussichten zu einer eventuellen Beteiligung verleitet werden sollen, ist die von der Beklagten aus der wiederholten Benutzung des Beispiels gezogene Schlussfolgerung, die auf die Tatsache gestützt ist, dass die als Beispiel gebrachte Renditeaussicht schon zum Zeitpunkt der Prospektherausgabe nicht mehr bestanden hat. Diese Schlussfolgerung ist zugleich eine Wertung des Verhaltens der Kläger.

Selbst wenn man diesen Teil insoweit als Tatsachenbehauptung ansehen würde, als man es als dem Beweis zugänglich ansähe, ob die Kläger "wider besseren Wissens" gehandelt haben, wäre insoweit ein Widerrufsanspruch nicht gegeben, weil diese Tatsache wahr ist. Denn die Kläger legen nicht dar, dass sich die Renditeaussichten bezüglich der Privatimmobilie im angegebenen Zeitraum verwirklicht hätten. Es kommt auch nicht darauf an, ob es Kaufinteressenten gegeben hat oder nicht oder aus welchem Grund die Immobilie schließlich nicht mehr zum Verkauf gestanden hat, weil durch dieses Beispiel gerade die mögliche Erwirtschaftung einer hohen Rendite angepriesen worden ist, die sich tatsächlich nicht realisiert hat. Dieses Beispiel, welches für einen Interessenten von großer Bedeutung ist, weil es die Chancen einer Beteiligung an einem solchen Fonds aufzeigen soll, war damit gerade nicht geeignet, um die Renditeaussichten und zwar eine überdurchschnittliche Gewinnchance zu belegen, die sich durch das Fachwissen des Initiators (des Klägers zu 1.) und die Entwicklung in der Kreditwirtschaft und auf dem Immobilienmarkt ergeben sollte (Prospekt der Klägerin zu 2. S. 12). Die Kläger haben dadurch, dass sie in Kenntnis dieser Tatsache gleichwohl dieses Beispiel weiterverwendet haben, ohne die Anleger im Prospekt darüber zu informieren, dass sich diese Renditechance nicht verwirklich hat, wider besseren Wissens damit geworben.

Da die Beklagten konkret auf das Beispiel im Prospekt und darauf abstellen, dass dadurch mit einer Renditeaussicht geworben worden ist, die tatsächlich nicht mehr bestanden hat, stellt sich auch der von ihr selbst zitierte Hinweis in dem Schreiben an den Kläger zu 1., das Gegenstand des einstweiligen Verfügungsverfahrens war, als Wertung des Verhaltens der Kläger dar. Durch die Verwendung der Abkürzung "u.E." wird dabei schon in der Einleitung der Äußerung ersichtlich, dass eine Wertung und zwar eine Rechtsauffassung folgen soll. Die vorsichtige Formulierung, dass nicht etwa deswegen ein Verdacht des Kapitalanlagebetruges besteht, sondern die zuvor geschilderten Tatsachen einen solchen Verdacht nahe legen, gibt die persönliche Auffassung des Verfassers des Schreibens wieder, dass es sich hierbei um ein strafbares Verhalten handeln kann. So hat es zutreffend auch das Landgericht bezüglich der Passage des entsprechenden Schreibens vom 17.09.2003 (Anlagenhefter, Anlage 3 Seite 2) im einstweiligen Verfügungsverfahren gesehen. Es kommt auch nicht darauf an, dass grundsätzlich die Frage, ob ein Kapitalanlagebetrug i.S.d. § 264 StGB gegeben ist, einer Beweisaufnahme zugänglich ist. Denn die Beklagte hat lediglich aus - unbestritten - zutreffenden Tatsachen den Schluss gezogen, dass ein solcher Verdacht begründet sein könnte. Ob diese Indizien ausreichen, um einen solchen Verdacht zu begründen, ist jedoch ersichtlich eine Wertung der Beklagten.

Letztlich wird der Charakter des Werturteils auch dadurch gestützt, dass sich die Beklagte in der Schilderung des einstweiligen Verfügungsverfahrens in diesem artikel darauf beruft, die Düsseldorfer Richter hätten bestätigt, dass "... wir unsere Auffassung, dass sie zitierten Prospektbeispiele der F.-Fonds u.E. den Verdacht des Kapitalanlagebetruges nahelegen, öffentlich äußern dürfen ...". Die Wahl des Begriffes "Auffassung" unterstreicht noch einmal den wertenden Charakter des Verdachts.

c) Da es sich bei der Äußerung der Beklagten um eine Meinungsäußerung handelt, ist sie grundsätzlich über Art. 5 GG geschützt.

Zwar können auch Werturteile einen Unterlassungsanspruch geben, wenn die Belange des Betroffenen durch ihren ehrverletzenden Gehalt in einem mit der Ausübung grundgesetzlich garantierter Meinungsfreiheit nicht mehr zu rechtfertigenden Maß tangiert sind. Auch eine auf ein Unternehmen bezogene Äußerung kann wegen eines Eingriffs in das Unternehmens unzulässig sein, wenn es sich um Schmähkritik handelt (Wenzel-Burkhardt, a.a.O., Kap. 5 Rz. 153) oder eine solche Meinungsäußerung nach den allgemeinen Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung wegen einer unbegründeten Verdachterweckung unzulässig ist (Wenzel-Burkhardt, a.a.O., Kap. 10 Rz. 154 ff).

Diese Fälle liegen hier zum einen bereits nicht vor. Denn bei der inkriminierten Äußerung steht nach dem Gesamtkontext die Auseinandersetzung mit der Sache und nicht die Diffamierung der Person im Vordergrund. Die Berichterstattung der Beklagten entsprach vielmehr den Anforderungen an eine zulässige Verdachtberichterstattung. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die überzeugende Begründung des Landgerichts im Urteil im einstweiligen Verfügungsverfahren Bezug genommen. Soweit der Verdacht der Beklagten auf - unstreitig wahre - Tatsachen gestützt worden ist, deckten diese im übrigen den objektiven Tatbestand eines Betruges, nämlich die Täuschung und Irrtumserregung, ab. Die Hartnäckigkeit, mit der der Kläger zu 1. an den Prospektangaben festgehalten hat, rechtfertigte es zudem, ihm gegenüber den Verdacht zu äußern und diesen, nachdem der Kläger zu 1. keine überzeugende Antwort darauf gegeben hat, warum dieses Beispiel weiterhin verwandt wird, der Öffentlichkeit mitzuteilen.

Zum anderen, kommt es auf diese Abwägung der beiderseitigen Rechte schon deswegen nicht an, weil die Kläger nach ihrem bereits in erster Instanz geänderten Klageantrag zu 2) nur noch einen Widerruf der Äußerung begehren, einen Unterlassungsanspruch jedoch nicht mehr geltend machen. Einer Widerrufsforderung sind jedoch nur Tatsachenbehauptungen zugänglich (Wenzel-Gamer, a.a.O., Kap. 13 Rz. 14).

2.

Die Hilfsanträge sind schon deswegen unbegründet, weil auch sie auf den Widerruf von Äußerungen gerichtet sind, ein solcher bei Meinungsäußerungen jedoch nicht in Betracht kommt.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

Ein begründeter Anlass, die Revision zuzulassen, ist nicht gegeben (§ 543 ZPO).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 50.000,- € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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