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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 24.11.2004
Aktenzeichen: I-15 U 29/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, TKG


Vorschriften:

ZPO § 304
ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 4
ZPO § 540
BGB § 823 Abs. 1
TKG § 50
TKG § 50 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 19. Januar 2004 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Klageantrag wird dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Im Übrigen wird der Rechtsstreit zur Durchführung des Höheverfahrens an das Landgericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens vorbehalten ist.

Gründe:

I. Die Klägerin bietet Telekommunikationsdienstleistungen an. Sie hat in mehreren europäischen Ländern unterirdisch Telekommunikationslinien verlegt, deren Länge allein in Deutschland 2.800 Kilometer beträgt. Die Beklagte war am 27. September 2001 als Tiefbauunternehmen in der Nstraße in A mit Bauarbeiten befasst, wobei sie neu errichtete Reihenhäuser an das öffentliche Versorgungsnetz für Wasser, Gas, Strom und Telefon anschließen sollte. Im Zuge der Ausschachtungsarbeiten erfasste der von ihr eingesetzte Bagger, der von dem bei ihr angestellten Zeugen Dittert bedient wurde, in Höhe des Hauses Nr. 39 im Bereich des Gehwegs ein Glasfaserkabel, welches die Klägerin zuvor im Auftrag der Firma I GmbH durch ihre Subunternehmerin, die Firma F GmbH beim Bau der Telekommunikationslinie im Bereich der Sektion 3 mit der Bezeichung "L; Abschnitt O" verlegt hatte. Die Klägerin, die die Beklagte sowohl aus eigenem wie aus abgetretenem Recht der F GmbH (Abtretungserklärung vom 1. August 2003, Bl. 96 GA) und der A (Abtretungserklärung vom 13. Januar 2004, Bl. 247 GA) wegen Beschädigung des Glasfaserkabels auf Schadensersatz in Anspruch nimmt, macht geltend, die Beklagte habe die dieser obliegenden Erkundigungs- und Sicherungspflichten bezüglich ihres Telekommunikationskabels verletzt. Da sich die Beklagte bei der Stadt A nicht nach dem Verlauf des von ihr verlegten Telekommunikationskabels erkundigt habe, hätte sie zumindest vor Beginn der Bauarbeiten über das Internet eine aktuelle Liste derjenigen Unternehmen, die von der Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation eine Lizenz zum Verlegen von Telekommunikationsleitungen erhalten haben, abrufen können und müssen. Sie behauptet, bei dem Vorfall sei ein Glasfaserkabel so beschädigt worden, dass es habe ersetzt werden müssen. Dadurch seien ihr Kosten in Höhe von 84.120,66 EUR entstanden; wegen der Einzelheiten wird auf die Seiten 4 bis 6 der Klageschrift (Bl. 4 bis 6 GA) verwiesen. Die Beklagte macht geltend, sie habe vor Beginn der Bauarbeiten bei allen in Frage kommenden Stellen einschließlich der Stadt A Auskünfte und Kabelpläne zur genauen Lage etwaiger Leitungen eingeholt. Danach verliefen in der Straßenmitte die Wasserleitung und im Bürgersteigbereich vor den Neubauten die Telefon-, Elektro- und Gasleitungen. Von weiteren Versorgungsleitungen habe sie nichts gewusst, geschweige denn davon, dass die Klägerin im Stadtgebiet von A Telekommunikationskabel verlegt habe. Wie sich im Nachhinein herausgestellt habe, seinen zwar bei der Stadt A Informationen über die Verlegung von Telekommunikationskabel der Klägerin vorhanden gewesen. Allerdings habe ihr die Stadt A bestätigt, dass sie über private Leitungstrassen und Kabelbetreiber wegen des zu hohen Verwaltungsaufwandes keine Auskünfte erteile und sich Tiefbauunternehmer, die im Stadtgebiet tätig werden wollten, mit eigenen Recherchen auch nach der Existenz solcher Kabelbetreiber selbst behelfen müssten. Andere Möglichkeiten, die Klägerin als Kabelverlegungsunternehmen und Kabelnetzbetreiberin im Stadtgebiet von A mit zumutbarem Rechercheaufwand herauszufinden, hätten nicht bestanden, nachdem die Stadt als Auskunftsstelle nicht zur Verfügung gestanden habe. Bei der Ausführung der Arbeiten habe sie zunächst sämtliche Kopflöcher und Gräben durch Suchschlitze erkundet und erst anschließend in der sondierten Tiefe mit dem Bagger ausgeschachtet. Trotz der Suchschlitze habe sie die Telekommunikationsleitung der Klägerin nur deshalb nicht festgestellt, weil diese anders als die übrigen Leitungen im Bereich der Schadensstelle - unstreitig - nicht in gleichbleibender Tiefe verlaufen sei, sondern ein Gefälle aufgewiesen habe. Die Beklagte bestreitet schließlich die Aktivlegitimation der Klägerin und die Höhe des Schadens und beruft sich auf ein Mitverschulden der Klägerin wegen unzureichender Hinweise auf die Leitung. Das Landgericht hat durch Vernehmung der Zeugen F und H Beweis über die von der Beklagten vor Beginn der Bauarbeiten eingeholten Auskünfte zur Verlegung der Versorgungsleitungen und der Einzelheiten der durchgeführten Arbeiten erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 22. Dezember 2003 (Bl. 212 bis 220 GA) verwiesen. Auf der Grundlage dieser Beweisaufnahme hat das Landgericht sodann die auf Zahlung von 84.120,66 EUR nebst Zinsen gerichtete Schadensersatzklage abgewiesen. In seinem Urteil vom 19. Januar 2004, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht ausgeführt, dass die Beklagte bei der Beschädigung der Telekommunikationsleitung der Klägerin nicht schuldhaft gehandelt habe und deshalb der Klägerin nicht gemäß § 823 Abs. 1 BGB auf Schadensersatz hafte. Zwar habe ein Tiefbauunternehmer bei Bauarbeiten in öffentlichen Straßen insbesondere beim Einsatz von Baggern äußerste Vorsicht im Hinblick auf unterirdisch verlegte Versorgungsleitungen walten zu lassen. Die Beklagte habe jedoch diesen Anforderungen sowohl im Hinblick auf ihre Erkundigungspflichten vor Beginn der Arbeiten als auch in Bezug auf ihre Sicherungspflichten bei Durchführung der Arbeiten genügt. Es sei unstreitig, dass die Stadt A keine Informationen über die Verlegung von anderen als im Eigentum der Stadt stehenden Versorgungsleitungen erteile. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei die Beklagte auch nicht verpflichtet gewesen - was die einzige Erkenntnisquelle gewesen wäre -, über das Internet eine Liste derjenigen Unternehmen, die von der Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation eine Lizenz zum Verlegen von Telekommunikationsleitungen erhalten hatten, abzurufen und sich bei ihnen zu erkundigen, ob sie im Bereich der Baustelle Leitungen verlegt hätten. Die von der Klägerin vorgelegte Internet-Liste weise Dutzende von Firmen auf, die für den Bereich der Nordstraße in A als Lizenznehmer in Betracht kämen, wobei für die meisten von ihnen als Lizenzgebiet pauschal die Bundesrepublik Deutschland ohne weitere örtliche Konkretisierung vermerkt ist. Letzteres gilt auch für die i GmbH als Auftraggeberin der Klägerin. Es sei für ein Tiefbauunternehmen grundsätzlich unzumutbar, vor Beginn von - unter Umständen kurzfristig durchzuführenden - Straßenbauarbeiten in jedem Einzelfall mit einer solchen Vielzahl von Unternehmen in Kontakt zu treten. Ebenso wenig habe die Beklagte während der Durchführung der Arbeiten ihre Sorgfaltspflichten verletzt. Aus den glaubhaften Aussagen der Zeugen F und D ergebe sich, dass jeweils zunächst die erforderlichen Suchgrabungen mit der Hand vorgenommen worden seien und anschließend bis zu der erreichten Tiefe mit dem Bagger nachgearbeitet worden sei. Auch der Umstand, dass - so der Zeuge D - mit dem Bagger parallel und unterhalb der Gasleitung gearbeitet worden sei, sei nicht zu beanstanden, da diese Leitung bereits freigelegt war, so dass die Gefahr ihrer Beschädigung nicht bestanden habe. Für die Beklagte seien auch keine Anhaltspunkte für die Existenz von Telekommunikationsleitungen privater Anbieter wie der Klägerin vorhanden gewesen. Mit der Existenz solcher Leitungen müsse ein Straßenbauunternehmer auch nicht in gleichem Maße rechnen wie mit Strom-, Gas- oder Wasserleitungen der Versorgungsunternehmen oder mit Telefonleitungen (BGH, NJW 1996, 387). Die Beklagte, die in fortlaufender Reihe unmittelbar benachbarte Häuser an die Versorgungsleitungen anzuschließen hatte, habe zudem zumindest nach den Arbeiten an dem zweiten Haus davon ausgehen können, dass bei den übrigen Häusern - mithin auch bei dem letzten Haus, bei dem der Unfall passiert ist - keine unbekannten Leitungen vorhanden waren. Insbesondere habe sie nicht damit rechnen müssen, dass - wie im vorliegenden Fall - eine Leitung in wechselnder Tiefe verlegt worden sei. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin. Die Klägerin wiederholt und ergänzt ihr erstinstanzliches Vorbringen und beantragt, die Beklagte unter Abänderung des am 19. Januar 2001 verkündeten Urteils der 2. Zivilkammer des Landgericht Duisburg zu verurteilen, an sie 84.120,66 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 20. Oktober 2001 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen; hilfsweise, das Verfahren und das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf den zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen. II. Die zulässige Berufung der Klägerin ist im tenorierten Umfang begründet. Die Beklagte hat für den der Klägerin bzw. ihren Zedenten entstandenen Schaden gemäß § 823 Abs. 1 BGB dem Grunde nach einzustehen. Soweit die Klägerin aus abgetretenem Recht der F GmbH (Abtretungserklärung vom 1. August 2003, Bl. 96 GA) und der A (Abtretungserklärung vom 13. Januar 2004, Bl. 247 GA) klagt, hat die Beklagte die Wirksamkeit der Abtretungen und damit die Aktivlegitimation der Klägerin im Berufungsrechtsstreit nicht mehr bestritten. Es entspricht gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH NJW 1971, 1313 ff.; VersR1985, 1147 ff.; NJW 1996, 387, jeweils m. w. Nachw. OLG Düsseldorf NJW-RR, 1994, 22; NJW-RR 1998, 675), dass Tiefbauunternehmer bei Bauarbeiten an öffentlichen Straßen einer Stadt mit dem Vorhandensein unterirdisch verlegter Versorgungsleitungen zu rechnen, äußerste Vorsicht walten zu lassen und sich der unverhältnismäßig großen Gefahren bewusst zu sein haben, die durch eine Beschädigung von Strom-, Gas-, Wasser- oder Telefonleitungen hervorgerufen werden können. Deshalb sind an die im Bereich von Versorgungsleitungen tätigen Tiefbauunternehmer, vor allem bei Verwendung von Baggern und ähnlichen schweren Arbeitsgeräten, hohe Anforderungen hinsichtlich der Erkundigungs- und Sicherungspflichten bezüglich der verlegten Versorgungsleitungen zu stellen; der Tiefbauunternehmer muss sich im Rahmen der allgemeinen technischen Erfahrung die Kenntnisse verschaffen, welche die sichere Bewältigung der auszuführenden Arbeiten voraussetzt. In diesem Zusammenhang ist der Tiefbauunternehmer insbesondere verpflichtet, sich den erforderlichen Grad von Gewissheit über den Verlauf der Leitungen zu verschaffen, und zwar dort, wo die entsprechenden zuverlässigen Unterlagen vorhanden sind. Entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts hatte die Beklagte im Streitfall mit der Existenz von Telekommunikationsleitungen privater Anbieter wie der Klägerin in gleichem Maße zu rechnen wie mit Strom-, Gas- oder Wasserleitungen der Versorgungsunternehmen oder mit Telefonleitungen der T. Seit dem Inkrafttreten des Telekommunikationsgesetzes am 1. August 1996 und dem dadurch bedingen Wegfall des Netzmonopols der T muss jedes Tiefbauunternehmen grundsätzlich damit rechnen, im öffentlichen Straßenraum nicht nur Telekommunikationslinien, also insb. Telekommunikationskabel der T sondern auch anderer Telekommunikationsdienstleister, welche eine vom Bund erteilte Lizenz besitzen, vorzufinden (vergl. § 50 Telekommunikationsgesetzt - TKG). Der Schadensfall ereignete sich Ende September 2001. Zu diesem Zeitpunkt, also fünf Jahre nach dem Wegfall des Netzmonopols der T, waren die Aktivitäten privater Netzbetreiber bereits soweit fortgeschritten, dass gerade in dem westdeutschen Ballungsraum "Ruhrgebiet" mit der Verlegung neuer Telekommunikationslinien im Straßenraum zu rechnen war. Auf die Frage, ob die Beklagte im September 2001 positive Kenntnis davon hatte, dass die Klägerin im A Stadtgebiet bereits eine Telekommunikationslinie verlegt hatte, kommt es deswegen nicht an. Ausgehend davon, dass die Beklagte mit der Verlegung von Telekommunikationskabeln privater Netzbetreiber rechnen musste, war sie verpflichtet, sich den erforderlichen Grad von Gewissheit über den Verlauf dieser Leitungen, wie auch sonstiger Versorgungsleitungen zu verschaffen und zwar dort, wo die entsprechenden zuverlässigen Unterlagen vorhanden sind. Da die Versorgungsleitungen im Regelfall ohne Mitwirkung staatlicher oder kommunaler Baubehörden verlegt und unterhalten werden, besteht die Erkundigungspflicht im allgemeinen gegenüber den zuständigen Versorgungsunternehmen (BGH NJW 1971, 1313 ff). Hier bedurfte die Verlegung neuer Telekommunikationslinien nach § 50 Abs. 3 (TKG) allerdings der Zustimmung des Trägers der Baulast, bei dem es sich für das A Stadtgebiet unstreitig um die Stadt A handelt. Dort musste von der Beklagten zumindest zu erfahren sein, welchen privaten Netzbetreibern die Stadt A ihre Zustimmung für die Verlegung von Telekommunikationslinien im Stadtgebiet erteilt hatte. Wie sich der Aussage des Zeugen F unmissverständlich entnehmen lässt, hat aber die Beklagte erst gar nicht den Versuch unternommen, Erkundigungen nach der Existenz von Telekommunikationslinien anderer Telekommunikationsunternehmen als der T bei der Stadt A einzuholen. Vielmehr hat sie sich auf die Einholung von Auskünften bei den Versorgungsunternehmen für Gas, Wasser, Strom und der T beschränkt. Von daher konnte sie die Verlegung der Telekommunikationslinie der Klägerin auch nicht in Erfahrung bringen und handelte deshalb in Bezug auf ihre Erkundigungspflicht fahrlässig. Diese Unterlassung war auch kausal für den späteren Schadenseintritt. Dass die Stadt A nicht verpflichtet war, der Beklagten eine Auskunft zu der hier relevanten Fragestellung zu erteilen und deswegen ein Auskunftsersuchen in jedem Fall zurückgewiesen hätte, hat die Beklagte nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. Als von dem Hauseigentümer, dessen Hausgrundstück an die öffentlichen Straßenflächen angrenzte, beauftragtes Tiefbauunternehmen hatte die Beklagte ein berechtigtes Interesse daran, von der Stadt A zumindest zu erfahren, welchen alternativen Telekommunikationsdienstleistern sie eine Konzession nach § 50 TKG erteilt hatte.. Zwar mag es sein, dass die Stadt A vor dem Hintergrund, dass die nichtstädtischen Versorgungsunternehmen wie RWE, RWW und Deutsche Telekom einem im A Stadtgebiet tätigen Tiefbauunternehmen bekannt sein müssen, im Regelfall keine Auskunft darüber erteilt, ob und auf welchen öffentlichen Wegen Versorgungsleitungen nichtstädtischer Unternehmen verlegt sind, so wie dies die Stadt A in ihrem Schreiben vom 9. November 2001 an die Beklagte auch betätigt hat. Bei der Klägerin handelt es sich jedoch nicht um ein allgemein bekanntes nichtstädtisches Versorgungsunternehmen. Dass die Stadt A auch insoweit dem von dem betroffenen Hauseigentümer beauftragten Tiefbauunternehmen auf nachdrückliche Nachfrage hin die Auskunft darüber verweigert hätte, welchen alternativen Telekommunikationsdienstleistungsanbietern sie überhaupt eine Konzession nach § 50 TKG erteilt hat, hat die Beklagte zum einen nicht hinreichend konkret vorgetragen und ist zum anderen auch nicht anzunehmen. Zwar ist das Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen vom November 27. November 2001 (GVNW 5806), aus dessen § 4 sich eine solche Auskunftspflicht ohne weiteres ableiten lässt, erst am 1. Januar 2002, mithin kurze Zeit nach dem streitgegenständlichen Vorfall in Kraft getreten. Wie sich indessen aus der Aussage des seinerzeitigen Bauleiters der Beklagten, des Zeugen F ergibt, hat die Beklagte auf ihre dem Schadensereignis nachfolgenden Erkundigungen beim Tiefbauamt der Stadt A sowohl in Erfahrung gebracht, dass der noch nicht vollständig fertiggestellte "Lichtwellenleiter" der Klägerin "gerade im Bau" sei, als auch die Telefonnummer erhalten, über welche sie sodann den zuständigen Ansprechpartner auf Seiten der Klägerin zu erreichen in den Stand gesetzt war. Dass etwa dessen ernsthafte und mit dem nach Lage der Dinge notwendigen Nachdruck vorgetragene vorherige Anfrage bei dem - noch dazu ihm nach eigenen Angaben "gut bekannten" - Sachbearbeiter tatsächlich abschlägig bescheiden worden wäre, vermag der Senat nicht zu glauben. Letztlich kommt es hierauf aber noch nicht einmal an. Sind nämlich im Bereich innerstädtischer Tiefbauarbeiten die örtlichen Gegebenheiten nicht hinreichend durch Pläne zu klären, müssen ergänzende Erkundungen durch Probebohrungen erfolgen, die unter Verzicht auf den Einsatz schwerer Geräte vorgenommen werden müssen (BGH NJW 1971, 1313, 1314; 1996, 387 f; OLG Köln NJW-RR 1992, 983, 984). Entsprechendes gilt für den hier vorliegenden Fall, dass der Tiefbauunternehmer mit der Verlegung von Telekommunikationslinien privater Netzbetreiber rechnen musste, er aber keine ausreichenden Erkundigungen zu deren Vorhandensein im Straßenraum vor dem Hausgrundstück, das er an die Versorgungsleitungen anschließen sollte, unternommen hatte. Dies vorausschickend blieben die Vorkehrungen der Beklagten hinter den Erfordernissen des Falles zurück. Da die Beklagte mit Telekommunikationslinien privater Netzbetreiber rechnen musste, musste sie sich bei jedem einzelnen Hausanschluss durch Such- und Handausschachtungen vom Vorhandensein und der Lage eventueller Telekommunikationskabel überzeugen. Zudem erreichten die durchgeführten Suchschachtungen nach der Aussage des Zeugen F nur eine Tiefe von 1,40 bis 1,50 Meter. Das konnte keinen hinreichenden Aufschluss über die Verhältnisse geben. Die notwendige Sicherheit, dass man bei der Ausschachtung vor dem Haus Nstr. Nr. 39 nicht auf die Telekommunikationskabel der Klägerin treffen würde, nachdem man bei den vorangegangenen Ausschachtungen auf keine Telekommunikationskabel der Klägerin gestoßen war, wurde damit nicht erzielt. Denn man durfte weder von einer uneingeschränkt geradlinigen Trassenführung noch von einer Verlegungstiefe von durchschnittlich lediglich 1,5 Meter ausgehen. Das lehrte bereits die allgemeine Erfahrung (OLG Koblenz, BauR 2002, 1412-1414). Vor diesem Hintergrund verletzte die Beklagte die ihr obliegenden Sicherungspflichten. Hätte sie - so, wie es geboten war - dafür gesorgt, dass die Suchschachtungen bei jedem Hausanschluss in enger Folge in Handausschachtung durchgeführt wurden und dass dabei zudem tiefer gegraben wurde, bevor sie den Bagger einsetzte, hätte sie nach der Überzeugung des Senats das beschädigte Telekommunikationskabel zuverlässig vorab orten können. Dann wären die späteren Schadensereignisse nicht eingetreten. Ein Mitverschulden bei der Schadensentstehung muss sich die Klägerin nicht zurechnen lassen. Da sie ihre Telekommunikationslinie durch Bohrungen verlegt hatte, kann bei dieser Bauweise schon aus technischen Gründen kein Trassenwarnband genau über dem Kabel verlegt werden, so dass es nicht ihr zuzurechnen ist, wenn die Beklagte bei der von ihr mithilfe des Baggers vorgenommenen Ausschachtung nicht durch ein Kabelwarnband vorgewarnt worden ist. Es ist auch nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen die Klägerin verpflichtet gewesen sein sollte, während der noch andauernden Bauarbeiten in regelmäßigen Abständen ihre Leitungstrasse abfahren zu lassen, um eventuell in ihrer Nähe durchgeführte Tiefbauarbeiten festzustellen und die betreffenden Unternehmen zu warnen. Entsprechendes gilt für den von der Beklagten vermissten Auftragsdienst. Die Beklagte übersieht, dass der vorliegende Schaden allein darauf zurückzuführen ist, dass sie überhaupt keine Erkundigungen in Bezug auf Telefonleitungen privater Anbieter eingeholt hatte, obgleich sie mit Telekommunikationslinien privater Netzbetreiber rechnen musste und sie ohne Gewissheit über den Verlauf etwaiger Telekommunikationsleitungen privater Anbieter den Bagger wegen der erkennbaren Gefahr schwerwiegender Leitungsschäden bei ihren Bauarbeiten nicht einsetzen durfte (BGH NJW 1996, 387, 388). Der Senat hat gemäß § 304 ZPO ein Grundurteil erlassen und den Rechtsstreit zur Entscheidung über die Höhe der Schadensersatzforderung auf den Hilfsantrag der Beklagten gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO an das Landgericht zurückverwiesen, da die Klageforderung in erster Instanz hinsichtlich Grund und Höhe streitig war, das Landgericht die Klage insgesamt abgewiesen hatte und der nach wie vor bestehende Streit über die Höhe des Anspruchs nicht zur Entscheidung reif ist. Insoweit bedarf es noch der umfassenden Aufklärung u.a. zu folgenden Fragen: War im Zeitpunkt der Schädigung der Telekommunikationslinie überhaupt ein Glasfaserkabel bereits verlegt; war dieses gegebenenfalls vorgeschädigt; mussten im Rahmen der Schadensbeseitigung 6060 m Glasfaserkabel neu verlegt werden; Kosten des Kabels. Es besteht kein begründeter Anlass, die Revision zuzulassen (§ 543 ZPO).

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