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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 17.11.2009
Aktenzeichen: I-15 U 67/08
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 416
BGB § 280
BGB § 282
BGB § 285
BGB § 286
BGB § 286 Abs. 2 Nr. 1
BGB § 288
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 13.03.2008 unter Aufrechterhaltung der Verurteilung im Übrigen teilweise dahingehend abgeändert, dass der Klageantrag auf Zahlung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 775,64 € nebst Zinsen seit dem 28.09.2007 abgewiesen wird.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I. Von der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen § 540 Abs. 1 ZPO.

II. Die zulässige Berufung hat lediglich in dem aus dem Tenor der Entscheidung ersichtlichem Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet.

1. Das Landgericht hat den Beklagten zu Recht zur Leistung von Schadensersatz (Zug-um-Zug gegen Abtretung der klägerischen Ansprüche gegen die P. AG) in Zusammenhang mit dem Erwerb von zwei Inhaberschuldverschreibungen der Deutschen P. AG und der vom Kläger vorgelegten Publikation dazu (Anlage K 1) verpflichtet. Dem Kläger steht nach den Grundsätzen der allgemeinen, bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung - die spezialgesetzlichen Regelungen des WpPG und des VerkProsG sind in diesem Fall nicht anwendbar - ein entsprechender Schadensersatzanspruch zu.

a) Gestützt auf den Gedanken der Vertrauenshaftung und die Grundsätze der culpa in contrahendo hat der Bundesgerichtshof in Parallele zur speziellen börsenrechtlichen Prospekthaftung (§§ 44 ff BörsG) eine bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung entwickelt, welche die Einstandspflicht namentlich von Initiatoren, Gründern und Gestaltern sogenannter Anlagegesellschaften auf dem freien Kapitalmarkt für die Richtigkeit und Vollständigkeit der von den Anlagegesellschaften herausgegebenen Werbeschriften betrifft. Danach haften Initiatoren, Gründer und solche Personen, die besonderen Einfluss in der Gesellschaft ausüben und deshalb Mitverantwortung tragen, dem Vertragspartner im Regelfall nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo für die Vollständigkeit und Richtigkeit der mit ihrem Wissen und Wollen in Verkehr gebrachten Werbeprospekte. Dabei knüpft die Prospekthaftung im engeren Sinne an einen durch zurechenbare Prospektangaben typisierten Vertrauenstatbestand auch ohne Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens an. Ziel der zunächst für die Publikums-Kommanditgesellschaft entwickelten und später auf das Bauherrenmodell, das Bauträgermodell und den Verkauf vorbörslicher Aktien übertragenen Grundsätze zur Prospekthaftung ist die Gewährleistung eines effektiven Anlegerschutzes. Bei diesen Anlagemodellen ist der Prospekt für den Anleger oftmals die einzige oder jedenfalls die wichtigste Informationsquelle und damit die maßgebliche Grundlage für seine Anlageentscheidung. Die Prospekthaftung dient dazu, die Haftung von Prospektverantwortlichen zu begründen, die einerseits durch den Prospekt maßgeblichen Einfluss auf die Anlageentscheidung nehmen, andererseits typischerweise dem Erwerber aber nicht als Verhandlungs- und Vertragspartner gegenüber treten und mit ihm keinen Vertrag abschließen (BGHZ 71, 284 - in Juris Rn. 9-13; BGHZ 111, 314 - in Juris Rn. 13-15; BGHZ 145, 121 in Juris Rn. 22-24, 52; BGH WM 2008, 391 in Juris Rn. 7 m.w.N.; Münchner Kommentar - Emmerich, BGB, 5. Aufl. 2007, § 311 Rn. 192, 193).

b) Die vom Kläger als Anlage K 1 vorgelegte Werbeschrift, welche der Beklagte als Werbe-Flyer bezeichnet und die dem Kläger unstreitig zusammen mit dem Schreiben vom 08.08.2005 vor der Zeichnung der beiden Schuldverschreibungen zugegangen ist, ist als Prospekt im Sinne der allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Prospektshaftung anzusehen.

Als Prospekt in diesem Sinne ist grundsätzlich jede marktbezogene, an eine bestimmte Zahl von Personen gerichtete schriftliche Erklärung anzusehen, die für die Beurteilung der Anlage erhebliche Angaben enthält oder den Eindruck eines solchen Inhalts erwecken soll (vgl. Assmann/Schütze - Assmann, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Auflage 2007, § 7 Rn. 67; BT-Druck 10/318 Seite 23 betreffend den Prospektbegriff im Sinne des § 264 a StGB). Zu unterscheiden ist ein solches Werbeprospekt von einer bloßen schriftlichen Verkaufsofferte bzw. einem Exposé, welche zum Zwecke der Förderung des Abschlusses einzelner noch auszuhandelnder Verträge zwischen einzelnen Privatpersonen angefertigt und einzelnen interessierten Kapitalanlegern unterbreitet wird und zwar selbst dann, wenn das Werbeschreiben für eine Mehrzahl von Personen bestimmt ist (vgl. BGH WM 1989, 1715 - in Juris Rn. 18).

Die Trennlinie zwischen einem möglicherweise haftungsbegründenden Prospekt und einer bloßen Werbeschrift ist an Hand der konkreten Merkmale des Einzelfalls zu ziehen. Dabei ist insbesondere auf die Frage abzustellen, ob das Schriftstück zumindest den Eindruck erweckt, über alle für die Beurteilung einer Kapitalanlage relevanten Umstände aufzuklären. Daneben ist von Bedeutung, ob die Werbeschrift zur Verwendung gegenüber einer größeren Zahl von Personen bestimmt ist oder nur Grundlage einer individuellen Verhandlung mit einer oder wenigen einzelnen Personen bestimmt ist (vgl. BT-Druck 10/318 Seite 23 betreffend den Prospektbegriff im Sinne des § 264 a StGB). Bei dieser Prüfung ist kein allzu strenger Maßstab anzulegen, da ansonsten dem Emittenten und der Vertriebsorganisation ein Ausweichen auf andere weniger kontrollierte Werbemittel allzu sehr erleichtert wird, was einem wirksamen Schutz der Kapitalanleger zuwiderlaufen würde. Ein entsprechend weites Verständnis hatte auch das OLG Frankfurt in seiner Entscheidung vom 18.02.1982 (AZ 21 U 296/81 unveröffentlicht, angeführt in Assmann/Schütze - Assmann, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Auflage 2007, § 7 Rn. 70 Fußnote 172), als es bereits eine Anzeige in einem Magazin oder einer Tageszeitung als Prospekt im Sinne der allgemein-zivilrechtlichen Prospekthaftung angesehen hat. Ähnlich weit wird der Prospektbegriff zum Teil auch in der Literatur verstanden. Dabei kann ein Serienbrief, selbst in der Form des persönlichen Anschreibens, die Voraussetzungen eines Prospektes ebenso erfüllen wie ein Flyer, ein Handzettel, eine Kurzinformation oder ein Exposé (vgl. Assmann/Schütze - Assmann, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Auflage 2007, § 7 Rn. 72 m.w.N.; demgegenüber etwas enger fassend: Münchner Kommentar - Emmerich, BGB 5. Auflage 2008, § 311 BGB Rn. 199). Auch wenn der Emittent ein berechtigtes Interesse daran hat, im Vorfeld einer zu bewerbenden

Emission mit einem eher kurz gehaltenen (bezogen auf das Anlageobjekt noch unvollständigen), kostengünstigen Werbeschrift ein gewisses Anfangsinteresse für spätere konkrete Vertragsverhandlungen wecken zu wollen, muss auch hier gewährleistet sein, dass dem Kapitalanleger die Möglichkeit geboten wird, sich in ausreichender Weise über die wesentlichen Umstände zu informieren. Dies bedeutet, dass sich eine einfache Werbeschrift, welche noch kein Prospekt im Sinne der Prospekthaftung sein soll, zumindest daran messen lassen muss, ob es den Interessenten darauf hinweist, dass es eine weitere umfassende und kostenlose Unterrichtungsmöglichkeit gibt, z.B. in Form eines echten Emissionsprospektes, und wie sie konkret zu erlangen ist.

Unter Berücksichtigung der Grundsätze ist die Anlage K 1 als Prospekt anzusehen. Die Anlage K1 enthält nicht nur konkrete Angaben zu den Konditionen der Emission bzw. einer Zeichnung, sondern wird ergänzt durch ausführliche Informationen zum Geschäftsfeld der P. AG, den Beteiligungen der P. AG und eine kurze Erläuterung dazu, was eine Schuldverschreibung ist. Unter weiterer Berücksichtigung des Fettdruckes "2. Emission" unter Hinweis auf eine erfolgreiche erste Emission und einen Zeichnungsschluss zum 31.12.2005 kann aus der Sicht eines objektiven Empfängers in der Situation des Klägers kein Zweifel daran bestehen, dass diese Schrift den Zweck verfolgt, den Empfänger über alle für die Beurteilung der Kapitalanlage relevanten Umstände aufzuklären. Für eine andere Betrachtungsweise ist nicht schon ausreichend, dass die Konditionen lediglich "im Überblick" genannt werden. Hieraus kann noch nicht geschlossen werden, dass der Flyer bewusst eine unvollständige Angabe machen will und den Empfänger dazu anhalten soll, den einen anderen, vollständigen Prospekt anzufordern. Hiergegen spricht nämlich, dass die Werbeschrift im Übrigen nicht darauf hinweist, dass noch ein anderer Prospekt mit weiteren Informationen existieren soll. Dies ergibt sich auch nicht aus dem unstreitig dem Kläger ebenfalls zugegangenen Anschreiben vom 08.08.2005. Soweit er am Ende darauf hingewiesen wird, dass es für den Fall eventueller Rückfragen eine kostenlose Service-Nummer gebe, stellt dies noch keinen Hinweis auf einen anderen Prospekt als die unstreitig beigefügte Werbeschrift dar. Schließlich ergeben sich die Konditionen im Detail aus den auf der Rückseite des dem Kläger ebenfalls übermittelten Kaufantrages abgedruckten Anleihebedingungen, so dass er auch deshalb die Existenz eines spezifischen Emissionsprospektes nicht erwarten musste.

Demgegenüber bleibt der weitere von dem Beklagten als Anlage 1 zu seinem Schriftsatz vom 01.02.2008 vorgelegte Emissionsprospekt vom 14.01.2005 (lose in der Akte) bei der Beurteilung des vom Kläger vorgelegten Werbeprospektes außer Betracht. Zwar könnte der Prospektcharakter des Werbe-Flyers entfallen, wenn dem Kläger der von der Beklagtenseite vorgelegte Emissionsprospekt vom 14.01.2005 tatsächlich zeitgleich oder wenigstens zeitnah zugegangen wäre. Dies hat der Beklagte jedoch trotz Bestreiten der Gegenseite nicht ausreichend dargelegt und unter Beweis gestellt. Die im ersten Rechtszug erhobene Behauptung der Übersendung mit dem Schreiben vom 08.08.2005 wurde nicht unter Beweis gestellt. Die weiteren Ausführungen des Beklagten in der Berufungsbegründung zur Geschäftsanbahnung und des Abschlusses durch Zeichnung beschränken sich auf die generellen Abläufe, wie sie üblicherweise in diesem Zusammenhang stattgefunden haben sollen. Ein konkreter Bezug zum Geschäft des Klägers fehlt; erst Recht eine Mitteilung darüber, welcher Mitarbeiter der Gesellschaft mit dem Kläger, wie es angeblich üblich gewesen sein soll, telefoniert haben soll. Unter diesen Umständen ist der Beweisantritt (Zeugnis W.) zu dem generellen Ablauf nicht geeignet, den Beweis zu führen, dass dem Kläger der Prospekt vom 14.01.2005 ebenfalls zugesandt wurde. Ob dieser Beweisantritt im Übrigen gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO verspätet wäre, weil er erstmals in der Berufungsinstanz erfolgt, kann hier offen bleiben.

Im Übrigen wird die Entgegennahme bzw. Kenntnisnahme des Prospektes vom 14.01.2005 durch den Kläger entgegen der erstinstanzlich vorgetragenen Behauptung des Beklagten auch nicht durch eine entsprechende Bestätigung des Anlegers auf dem Kaufantrag belegt. Der vom Kläger vorgelegte Kaufantrag enthält eine solche Bestätigung nicht.

Daneben lässt sich eine andere Beurteilung hinsichtlich des der Anlageentscheidung zugrunde liegenden Prospektes auch nicht daraus ableiten, dass der klägerische Vortrag hierzu widersprüchlich sein soll, wie der Beklagte meint. Soweit hinsichtlich des Vortrages des Klägers tatsächlich etwas unklar bleibt, ob er nur einmal (Anschreiben vom 08.08.2005 mit Werbe-Flyer und Kaufantrag) oder zweimal etwas von der Gesellschaft (Anschreiben mit Werbe-Flyer und Kaufantrag getrennt) zugesandt bekommen hat (der Hinweis im Anschreiben auf "den beigefügten Kaufantrag" spricht eher für einen einzigen schriftlichen Kontakt), ändert dies nichts daran, dass der Kläger stets (in der Klageschrift, in der Replik, im Termin und in der Berufungserwiderung) konsequent vorgetragen hat, dass er immer nur die Anlage K 1 und nicht das sogenannte Emissionsprospekt vom 14.01.2005 erhalten hat. Aus der verbleibenden Unklarheit kann noch nicht geschlossen werden, dass der Kläger hier gerade im Hinblick auf das Erhaltene etwas verheimlicht oder unrichtig darstellt, zumal der Beklagte seinerseits sich ebenfalls nicht festlegt, ob dem Kläger vor der Zeichnung etwas nur einmal oder zweimal zugesandt worden ist. Hinzu kommt, dass der Beklagte auch im Übrigen bezüglich des mit dem Kläger geschlossenen Vertrages auf jeglichen Vortrag dazu, wie es im konkreten Fall zur Zeichnung der Inhaberschuldverschreibungen gekommen ist, verzichtet.

Der Beklagte trägt die Beweislast dafür, dass dem Kläger neben dem unstreitig vorliegenden Flyer auch ein weiterer Prospekt vorgelegen haben soll. Zwar obliegt es nach allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen dem Anspruchsteller (hier also dem Kläger), darzulegen und zu beweisen, dass er fehlerhaft aufgeklärt worden ist (dies folgt bereits aus der unstreitig zugegangenen Anlage K 1). Soweit sich jedoch der nach Prospekthaftungsgrundsätzen Inanspruchgenommene darauf beruft, dass dem Anleger über die feststellbar übermittelten Prospektunterlagen hinaus zusätzliche und damit vollständige Informationen im Sinne der Prospektpflicht vorgelegen haben sollen, obliegt es wiederum dem Anspruchsgegner, dies konkret darzulegen und zu beweisen. Hiervon ist das Landgericht zutreffend ausgegangen.

c) Der Beklagte gehört als damaliges Vorstandsmitglied (zum Zeitpunkt der Zeichnung durch den Kläger) unzweifelhaft zu dem Personenkreis, dem die Einhaltung der in Zusammenhang mit der Prospekthaftung entwickelten Pflichten obliegt. Dies gilt erst Recht unter Berücksichtigung des ausdrücklich in das Prospekt aufgenommenen Zitates seiner Person, worauf der Kläger zuletzt zutreffend hinweist.

d) Den nach den Grundsätzen der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung erforderlichen Informationspflichten ist der Beklagte im Rahmen der vom Kläger als Anlage K 1 vorgelegten Werbeprospektes nicht ausreichend nachgekommen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Prospekt den potentiellen Anleger oder Erwerber über alle Umstände des Angebots sachlich richtig und vollständig informieren, die für seine Entscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können (vgl. BGHZ 145, 121 - in Juris Rn. 41; WM 2008, 381 - in Juris Rn. 7; jeweils m.w.N.). Dazu gehört auch eine Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln können (vgl. BGH NJW-RR 2007, 1329 - in Juris Rn. 8 m.w.N.), z.B. etwaige Kosten- und/oder Verlustrisiken. Ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist dabei nicht allein anhand der wiedergegebenen Einzeltatsachen, sondern auch nach dem Gesamtbild zu beurteilen, das er von den Verhältnissen des Unternehmens bzw. der Anlage vermittelt (vgl. BGH a.a.O.).

Unter diesen Umständen geht das Landgericht zu Recht davon aus, dass eine vollständige und richtige Aufklärung in dem Werbeprospekt erfordert hätte, auf die Möglichkeit des Totalverlustes des angelegten Kapitals ebenso hinzuweisen wie auf den erheblichen Umstand, dass sich die P. AG damals hinsichtlich einer ihrer drei Unternehmensbeteiligungen mit dem anderen Unternehmen in einem Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Kündigung der Beteiligung befand. Diese Hinweise enthält der Prospekt Anlage K 1 unstreitig nicht.

Zwar ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten, ob eine generelle Pflicht zum Hinweis auf das Risiko des Totalausfalls besteht (befürwortend BGH WM 1993, 1455 - in Juris Rn. 29-31; OLG Braunschweig WM 1996, 1484; OLG Celle WM 1993, 190; ablehnend OLG Frankfurt, Urteil vom 15.10.2008, 23 U 348/05 - in Juris Rn. 83; OLG Thüringen, Urteil vom 22.05.2005, 8 U 547/04 - in Juris Rn. 66; OLG Schleswig WM 1996, 1487; OLG Düsseldorf WM 1994, 1468 (17. Zivilsenat); offen lassend OLG Nürnberg WM 1998, 378 - in Juris Rn. 32, 33), wobei die ablehnende Haltung vornehmlich von der Auffassung getragen wird, dass über die allgemein bekannte Abhängigkeit von Rückzahlung und Rückzahlungsfähigkeit bzw. das allgemeine Insolvenzrisiko und das damit verbundene Risiko des Totalausfalls nicht aufzuklären sei.

Diese generelle Frage kann hier jedoch offen bleiben, da jedenfalls in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesgerichthofes vom 14.06.2007 (vgl. NJW-RR 2007, 1329 in Juris Rn. 14, bestätigt durch das spätere Urteil vom 06.03.2008, III ZR 256/06, zur gleichen Geldanlage, nur in Juris veröffentlicht Rn. 8) eine besondere Aufklärungspflicht über das Risiko des Totalausfalls jedenfalls dann besteht, wenn der Prospekt im Übrigen auch gegenüber einem gewissenhaft lesenden Anleger den Eindruck erweckt, dass das Verlustrisiko in Zusammenhang mit der Geldanlage begrenzt oder gar ausgeschlossen ist. Ein solcher Fall ist hier gegeben. Das für die Entscheidung maßgebliche Prospekt stellt an keiner Stelle heraus, dass es überhaupt irgendein Risiko für den Anleger gibt. Es wird vielmehr betont, dass es kein Kursrisiko gibt, dass es keine Kosten gibt und dass kein Haftungsrisiko für Verbindlichkeiten der Gesellschaften existieren (GA 8). Hinzu kommt, dass es in dem Anschreiben der Gesellschaft vom 08.08.2005 (GA 171) ausdrücklich heißt: " Wir garantieren Ihnen, dass nach Ablauf der Inhaberschuldverschreibung ihr eingesetztes Kapital zu 100 % zum Nennbetrag zurückgezahlt wird". Unter diesen Umständen wird mehr als deutlich der Eindruck erweckt, dass der Anleger praktisch gar kein Verlustrisiko eingeht. Unter diesen Umständen muss der Prospekt in Anlehnung an etwaige "worst-case-Szenarien" zumindest einen Hinweis darauf enthalten, dass ein Verlust des eingesetzten Kapitals (im schlechtesten Fall - worst-case - in vollständiger Höhe) für den Fall der Insolvenz der Gesellschaft möglich ist, was im Übrigen nach eigener Darstellung des Beklagten auch von der BaFin als Genehmigungsvoraussetzung für einschlägige Emissionsprospekte tatsächlich verlangt wird.

Daneben bedurfte es hier eines weiteren Hinweises darauf, dass sich die Gesellschaft zum Zeitpunkt des Angebotes der Schuldverschreibung und der Veröffentlichung des Werbeprospektes in einem Rechtsstreit (über die Wirksamkeit der Beteiligung bzw. einer Kündigung) mit einem der drei Gesellschaften befand (hier die E-P. M GmbH), an der sie ausweislich des Prospektes eine "viel versprechende" Beteiligung gehalten hat. Dies stellt entgegen der Ansicht des Beklagten eine erhebliche für die Anlageentscheidung relevante Information dar, da das werbende Unternehmen ausweislich des Prospektes nichts produziert und verkauft, sondern Gewinne ausschließlich durch Finanzbeteiligungen an anderen Gesellschaften erwirtschaftet. Hinzu kommt, dass die Beteiligung an der E-P. GmbH nach der weiteren Darstellung erkennbar die wichtigste Beteiligung darstellt, weil sie an erster Stelle genannt wird und zudem ausführliche Informationen zu diesem Unternehmen gegeben werden. Wenn in diesem Zusammenhang ein Rechtsstreit über die Beteiligung als solches besteht, stellt dies unabhängig von der Frage, welchen Ausgang der Rechtstreit später genommen hat (maßgeblich ist insoweit allein die ex-ante-Sicht, vgl. Assmann/Schütze - Assmann, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Auflage 2007, § 7 Rn. 108), ein wesentliches Risiko für die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens und damit auch für die Lukrativität der Geldanlage dar. Hinzu kommt, dass dem Anleger in diesem Zusammenhang in der Anlage K 1 weiter suggeriert wird, dass das eingeworbene Kapital zu Umsatzsteigerungen und damit zu Gewinnerhöhungen bei der M. GmbH führen würde. Hier werden die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse der M. GmbH bzw. der Beteiligung der P. AG daran in das Gegenteil beschönigt, wenn gleichzeitig verschwiegen wird, dass die M. GmbH in ihrer Bilanz zum 31.12.2004 einen Fehlbetrag in Höhe von 1.215.337,91 bei einer Bilanzsumme von 8.302.944,46 € aufgewiesen hat.

In der Anlage K 1 fehlen weiterhin auch Angaben dazu, in welchem Umfang die einzuzahlenden Einlagemittel nicht dem Anlageprojekt zufließen. Wenn bei einem Anlagemodell in nicht unerheblicher Höhe so genannte weiche Kosten anfallen, muss dies dem Anleger mitgeteilt werden (vgl. Assmann/Schütze - Assmann, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Auflage 2007, § 6 Rn. 95). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes handelt es sich um einen rechtlich relevanten Prospektmangel, wenn der Anleger aus dem Prospekt über die Beteiligung an einer Publikumsgesellschaft nicht ersehen kann, dass das von ihm aufgebrachte Kapital zu wesentlichen Teilen an den Initiator zurückfließt und für die beworbene Investition nicht zur Verfügung steht (vgl. WM 2000, 1503 - Juris Rn. 16). Dies gilt in gleicher Weise, wenn - wie hier - über 3/4 (laut Gutachten für das Jahr 2004 bis zu 77,68 %) der eingenommen Anlagegelder allein zur Akquisition neuer Anlagegelder verbraucht werden und damit für den Anlagezweck, Wachstum zu fördern, nicht mehr zu Verfügung stehen. Sollte sich aus dem in dem Bericht des Insolvenzverwalters Dr. F.vom 14.05.2007 erwähnten Gutachten des Universitätsprofessor Dr. N. tatsächlich etwas anderes ergeben, vermag dies den Senat nicht einmal ansatzweise zu überzeugen. Kein über einen Telefonverkäufer geworbener Anleger würde sein Geld in welche Kapitalanlage auch immer investieren, wäre er darüber aufgeklärt, dass das eingesammelte Kapital mit einem Anteil von mehr als 75 % ausschließlich für die Einwerbung weiteren Kapitals, statt wie versprochen, zur Liquiditätsstärkung wachstumsorientierter Wirtschaftsunternehmen verwendet werden soll.

Im Übrigen hätte die P. AG in ihrem Prospekt auch darauf hinweisen müssen, dass sie - wie es der Berichts des Insolvenzverwalters vom 14.05.2007 belegt - bereits zum Ende des Jahres 2004 buchmäßig überschuldet war und einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 401.408,11 € aufwies, der sich im Verlauf des Jahres 2005 auf einen Fehlbetrag von 1.387.277,33 € erhöhte. Soweit der Beklagte hiergegen einwendet, dass die Überschuldung durch eine Darlehenszusage der U. AD mit Rangrücktritt beseitigt worden sei und sich hierzu auf die vom ihm vorgelegte Anlage 3 beruft, überzeugt dies nicht. Abgesehen davon, dass die vorgelegte Kopie eines Schriftstückes in englischer Sprache im Hinblick auf § 416 ZPO erkennbar keinen Beweiswert hat, könnte die angebliche Darlehenszusage vom 14.12.2005 nicht die bereits zum Ende des Jahres 2004 und auch zum Zeitpunkt der Zeichnung durch den Kläger im Herbst 2005 fortbestehende Überschuldung beseitigen.

Zu ergänzen ist, dass hier bei der Beurteilung der Aufklärungspflichten keine Einschränkungen aufgrund des Adressantenkreises vorzunehmen sind. Soweit in der Literatur und Rechtsprechung je nach Kenntnisstand des Adressanten unterschiedliche Anforderungen an den Prospektinhalt gestellt werden, z.B. bei einem Fachmann anders als bei einem unbewanderten Laien (vgl. Assmann/Schütze - Assmann, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Auflage 2007, § 7 Rn. 83 m.w.N.), gibt es in diesem Fall keinen ausreichenden Hinweis darauf, dass der Kläger besondere Kenntnisse auf dem Geschäftsfeld der Kapitalanlage hatte oder gar ein Fachmann auf diesem Gebiet war. Soweit der Beklagte behauptet hat, der Kläger sei Rechtsanwalt (wobei hier schon generell fraglich ist, ob bei diesem ein besonderes Fachwissen für Kapitalanlagen und deren Risiken angenommen werden kann), ist dieser Vortrag trotz des ausdrücklichen Bestreitens des Klägers nicht unter Beweis gestellt worden.

e) Es ist weiter davon auszugehen, dass der Kläger bei richtiger und vollständiger Aufklärung, wie von ihm behauptet, von der Zeichnung Abstand genommen hätte.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes spricht die Lebenserfahrung dafür, dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich war (vgl. BGH WM 2008, 391 m.w.N. - in Juris Rn. 16). Diese Vermutung kann vom Anspruchsgegner widerlegt werden (vgl. BGH a.a.O.). Dies kann zum Beispiel dann angenommen werden, wenn der unrichtige Prospekt bei dem konkreten Vertragsschluss keine Verwendung gefunden hat oder aufgrund anderer Umstände anzunehmen ist, dass der Anleger das Anlagegeschäft in jedem Fall, also auch bei sachlich richtiger und vollständiger Aufklärung, abgeschlossen hätte. Der Vortrag des Beklagten bietet jedoch über das pauschale Bestreiten der Kausalität hinaus keine Anhaltspunkte, die zur Widerlegung der Vermutung geeignet wären.

f) Ein Verschulden des Prospektverantwortlichen ist analog §§ 282, 285 BGB widerleglich zu vermuten (vgl. Assmann/Schütze - Assmann, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Auflage 2007, § 7 Rn. 187 m.w.N.). Umstände, die eine entsprechende Vermutung zulasten des Beklagten erschüttern bzw. widerlegen könnten, werden von diesem nicht vorgetragen.

Dem Kläger ist entgegen der Ansicht des Beklagten auch kein Mitverschulden anzulasten, weil er von sich aus keine weiteren Informationen erfragt bzw. eingeholt hat. Eine solche Verpflichtung lässt sich nicht generell aus der vom Beklagten zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofes ableiten (vgl. NJW-RR 2007, 1329). Soweit hier ausgeführt wird, dass die Prospektverantwortlichen eine sorgfältige und eingehende Lektüre des Prospekts bei den Anlegern voraussetzen dürfen (vgl. BGH a.a.O. - in Juris Rn. 8), lässt sich daraus entgegen der Interpretation des Beklagten nicht weiter ableiten, dass die Prospektverantwortlichen auch darauf vertrauen dürfen, dass sich der Anleger im Falle der Unklarheit von sich aus weitere zusätzliche Informationen einholt. Insoweit will der Bundesgerichtshof eine Prospekthaftung lediglich für die Fälle ausnehmen, in denen ein Prospekt aus objektiver Sicht umfassend und richtig ist, der Anleger sich aber darauf beruft, das Prospekt nicht vollständig bzw. richtig gelesen zu haben und deshalb etwas missverstanden zu haben. Demgegenüber kann die (nach Ansicht des Bundesgerichtshofs) berechtigte Erwartung, dass der Prospekt sorgfältig und eingehend gelesen wird, nicht einen unvollständigen Prospekt "retten". Dabei kann es an dieser Stelle auch nicht auf die Frage ankommen, ob ein Prospekt "erkennbar" unvollständig ist oder nicht. Dies ist bereits bei der Vorfrage, ob es sich überhaupt um ein Prospekt handelt, zu klären, was in diesem Fall aus den oben genannten Gründen zu bejahen ist.

Soweit die Rechtsprechung unter "besonderen Umständen" die Möglichkeit eines Mitverschuldens des Anlegers in Betracht gezogen hat (vgl. Assmann/Schütze - Assmann, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Auflage 2007, § 7 Rn. 190, 191 m.w.N.), bestehen hierfür keine Anhaltspunkte. Solche werden seitens des Beklagten auch nicht konkret vorgetragen.

g) Den Schaden des Klägers hat das Landgericht in Bezug auf sein negatives Interesse nachvollziehbar und zutreffend ermittelt. Hiergegen werden seitens des Beklagten im Berufungsverfahren auch keine Einwendungen mehr erhoben. Dies gilt auch hinsichtlich des zugesprochenen mit der Hergabe der Einlage verbundenen Zinsverlustes in Höhe von 3,5 %.

h) Der Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen in Zusammenhang mit der Hauptforderung folgt aus §§ 280, 286, 288 BGB. Einwendungen werden seitens des Beklagten hiergegen nicht erhoben.

2. Das Landgericht hat weiterhin zu Recht festgestellt, dass der Beklagte sich mit der Annahme der Abtretung der Ansprüche des Klägers aus den Inhaberschuldverschreibungen in Verzug befindet. Auch hiergegen hat der Beklagte keine Einwendungen erhoben.

3. Dem Kläger steht jedoch kein Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu.

Unter dem Gesichtspunkt der notwendigen Rechtsverfolgung wären diese Kosten nur dann zu erstatten, wenn der Beklagte vor Entstehung dieser Kosten mit seiner Schadensersatzpflicht in Verzug geraten wäre. Diese Voraussetzung hat der Kläger bislang nicht schlüssig dargetan. Wann der Beklagte in Verzug geraten ist, trägt der Kläger bislang gar nicht vor. Soweit der Beklagte aufgrund der Übersendung der Zahlungsaufforderung vom 09.03.2007 (nur diese ging an die richtige neue Adresse des Beklagten) mit Ablauf der darin gesetzten Frist (16.03.2007) gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB in Verzug geraten sein dürfte, waren die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten bereits entstanden, da der Rechtsanwalt ersichtlich schon vorher beauftragt worden ist und seiner Beauftragung bereits die Geschäftsgebühr für die außergerichtliche Rechtsverfolgung angefallen ist.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO; das Unterliegen des Klägers ist lediglich äußerst gering und hat auch keine weiteren Kosten veranlasst.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

5. Es besteht kein begründeter Anlass für eine Zulassung der Revision. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Streitwert für das Berufungsverfahren: 10.500,00 € (Feststellungsantrag 500,00 €)

Ende der Entscheidung

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