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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 21.08.2007
Aktenzeichen: I-15 W 40/07
Rechtsgebiete: BBodSchG, WHG, ZPO


Vorschriften:

BBodSchG § 4 Abs. 3
BBodSchG § 24 Abs. 1
BBodSchG § 24 Abs. 1 S. 3
BBodSchG § 24 Abs. 2
BBodSchG § 24 Abs. 2 S. 1
WHG § 22 Abs. 2
ZPO § 3
ZPO § 148
ZPO § 252
ZPO § 567 Abs. 1
ZPO § 569 Abs. 1 S. 1
ZPO § 571 Abs. 1
ZPO § 571 Abs. 3 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1. gegen den Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 28. März 2007 (1 O 20/07) wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücke Gemarkung E., Flur ..., Flurstück ... und Gemarkung F. Flur ..., Flurstück ... ("H.-Grundstück") des ehemaligen Bahnhofgeländes F. Sie nimmt die Beklagten als Gesamtschuldner auf Ausgleichszahlungen für in der Vergangenheit bereits getätigte Aufwendungen und für zukünftige Sanierungsmaßnahmen als angebliche Verursacherinnen von Bodenkontaminationen durch Trichlorethylen (Tri) und Perchlorethylen (Per) im Rahmen des Betriebs einer Tankanlage in Anspruch. Die Klägerin stützt ihr Begehren sowohl auf den bodenschutzrechtlichen Ausgleichsanspruch des § 24 Abs. 2 Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG) als auch auf die wasserrechtliche Gefährdungshaftung des § 22 Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz (WHG).

Unter dem 13./18. Juni 2001 schlossen die Stadt G. als zuständige Untere Bodenschutzbehörde und die Klägerin eine erste öffentlich-rechtliche Vereinbarung, die die Klägerin zur Durchführung von Sanierungsuntersuchungen nach dem BBodSchG und der Erstellung eines sog. "Endberichts Machbarkeitsstudie" hinsichtlich des "H.-Grundstücks" verpflichtete. Ergänzend wurde unter dem 9./17. Januar 2002 eine weitere "öffentlich-rechtliche Ergänzungsvereinbarung" geschlossen. Darin verpflichtete sich die Klägerin unter anderem, bis zum 31. März 2002 den Betrieb einer hydraulischen Sicherung aufzunehmen und die hieraus gewonnenen Ergebnisse bei der Machbarkeitsstudie zu berücksichtigen. Insgesamt trägt die Klägerin Aufwendungen für Bodenschutzmaßnahmen bis zum 30. Juni 2006 in Höhe von 3.768.216,82 Euro vor.

Mit einem 1. Teilleistungsbescheid vom 06. August 2006, dem ein Entwurf vom 19. Dezember 2003 vorausging, forderte die Stadt G. als Untere Bodenschutzbehörde die Beklagte zu 1. auf, ihr die bisher erbrachten Leistungen für die Aufstellung eines Sanierungsplanes der Abfangmaßnahme J.-Straße in Höhe von 31.227,06 Euro binnen eines Monats nach Bestandskraft des Bescheides zu erstatten. Die Behörde nahm in der Begründung des Bescheides die öffentlich-rechtliche Verursacherstellung der Beklagten zu 1. im Sinne des § 4 Abs. 3 BBodSchG wegen des angeblichen Eigentums an den Tanks und Rohrleitungen und bestehender gefahrenabwehrrechtlicher Handlungspflichten an. Gleichzeitig wies die Stadt G. in der Begründung des Bescheides darauf hin, dass für die Zukunft - neben der Beklagten zu 1. - auch eine weitere ordnungsbehördliche Inanspruchnahme der Klägerin und der Beklagten zu 2. in Betracht komme und die Möglichkeit eines entsprechenden öffentlich-rechtlichen Vertrages zwischen den Beteiligten bestehe.

Die Beklagte zu 1. erhob fristgemäß Widerspruch gegen den alleine an sie adressierten 1. Teilleistungsbescheid, über den durch die zuständige Bezirksregierung noch nicht entschieden ist, und verteidigt sich gegen die angenommene Eigentümerstellung und ihre etwaige gefahrenabwehrrechtliche Verursacherposition. Die Beklagte zu 2. wurde zum verwaltungsbehördlichen Verfahren gegen die Beklagte zu 1. mit Bescheid vom 08. Juni 2006 förmlich hinzugezogen.

Den Antrag der Beklagten zu 1., den zivilgerichtlichen Rechtsstreit nach § 148 ZPO bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens betreffend den Teilleistungsbescheid der Stadt G. vom 08. Juni 2006 auszusetzen, hat das Landgericht Düsseldorf durch den angefochtenen Beschluss vom 28. März 2007 zurückgewiesen.

Das Landgericht hat dies damit begründet, die Voraussetzungen einer Aussetzung nach § 148 ZPO lägen nicht vor. Die Aussetzungsmöglichkeit bestehe nur dann, wenn im verwaltungsrechtlichen Verfahren über ein Rechtsverhältnis entschieden werde, dessen Bestehen für den Fall präjudizielle Bedeutung habe. Hieran fehle es aber, da die bodenschutzrechtliche Verantwortlichkeit der Beklagten im Verwaltungsverfahren nicht mit einer für den Rechtsstreit präjudiziellen Wirkung geklärt werde. Für die Frage des Innenausgleichs der Verantwortlichen nach dem BBodSchG sei ausreichend, dass die Sanierung aufgrund eines Bescheids erfolge, der nach dem Inkrafttreten des Gesetzes am 01. März 1999 ergangen sei. Die Frage der Bestandskraft der Bescheide gegenüber den Beklagten sei nur Vorfrage für das streitgegenständliche Verfahren. Zudem sei bei der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen, dass eine erhebliche zeitliche Verzögerung des Verfahrens zu erwarten sei, deren Abwarten der Klägerin angesichts erheblicher Sanierungskosten nicht zumutbar sei.

Gegen diese Entscheidung, die der Beklagten zu 1. am 04. April 2007 zugestellt worden ist, richtet sich ihre sofortige Beschwerde vom 18. April 2007, die sie zunächst nicht begründet hat. Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde durch Beschluss vom 03. Mai 2007 nicht abgeholfen.

In der am 19. Juli 2007 beim Beschwerdegericht eingegangenen Beschwerdebegründung vertritt die Beklagte zu 1. die Auffassung, dass eine präjudizielle Bedeutung der Feststellungen der Widerspruchsbehörde in dem anhängigen Widerspruchsverfahren der Beklagten zu 1. gegen den Teilleistungsbescheid vom 08. Juni 2006 für das auszusetzende Verfahren anzunehmen sei. Das Vorliegen eines Sanierungsbescheides sei für die Frage der Vorgreiflichkeit ohne Bedeutung, ebenso wenig dessen etwaige Bindungswirkung. Hingegen genüge die rechtliche Bedeutsamkeit der behördlichen Feststellungen als Vorfrage für den auszusetzenden Prozess, die anzunehmen sei. Das Landgericht habe sein Ermessen zudem fehlerhaft ausgeübt, indem es die Sachnähe der Verwaltung, die Möglichkeit der Einigung in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag und eine etwaige begrenzte Aussetzung bis zum Abschluss des behördlichen Verfahrens nicht hinreichend berücksichtigt habe.

Die Klägerin rügt die verspätete Begründung der sofortigen Beschwerde, die nach ihrer Ansicht als rechtsmissbräuchliches Verhalten zur Zurückweisung führen müsse. Angesichts der eingeschränkten richterlichen Kontrolldichte im Beschwerdeverfahren sei der angefochtene Beschluss nicht zu beanstanden. Es fehle an einer Vorgreiflichkeit im Sinne des § 148 ZPO; ein Ermessensfehlgebrauch durch das Erstgericht lasse sich nicht ausmachen.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

1.

Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1. ist gem. §§ 252, 148, 567 Abs. 1 ZPO statthaft und innerhalb der Notfrist des § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO eingelegt. Die zunächst fehlende Beschwerdebegründung steht gemäß § 571 Abs. 1 ZPO der Zulässigkeit der Beschwerde nicht entgegen. Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Beklagten zu 1. sind weder hinreichend vorgetragen, noch sonst ersichtlich, zumal die gemäß § 571 Abs. 3 S. 1 ZPO abschließend gesetzte Rechtfertigungsfrist eingehalten wurde.

2.

In der Sache ist die Entscheidung des Landgerichts nicht zu beanstanden, weil im Ergebnis bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Aussetzung im Sinne des § 148 ZPO nicht vorliegen.

a) Gemäß § 148 ZPO kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen ist.

Die demnach von Gesetzes wegen erforderliche Vorgreiflichkeit ist dann anzunehmen, wenn in dem behördlichen Verfahren ein Rechtsverhältnis festgestellt wird, das für den auszusetzenden Rechtsstreit präjudizielle Bedeutung hat (BGH Beschl. v. 30. März 2005, X ZB 26/04, juris Rz. 8 = NJW 2005, 1947 f.). Dabei muss das andere Verfahren nicht zwingend zwischen denselben Parteien oder Beteiligten geführt werden. Das Rechtsverhältnis muss jedoch nach herrschender Meinung, der der Senat folgt, den Gegenstand des anderen Verfahrens bilden und darf dort seinerseits nicht nur Vorfrage sein (OLG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 03. November 2006, 10 W 14/06, juris Rz. 22; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urt. v. 04. Mai 2005, 4 U 205/04 juris Rz. 33; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07. November 2001, 6 W 39/01, juris Rz. 7 = OLGR Düsseldorf 2003, 14 f.; Zöller-Greger, ZPO, 26. Auflage 2007, § 148 Rz. 5 m.w.N.). Ein lediglich rechtlicher Einfluss durch die Entscheidung einer Vorfrage reicht nach Auffassung des Senats nicht aus (so aber OLG Köln, NJW-RR 1988, 1172; OLG München NJW-RR 1995, 779, 780), zumal § 148 ZPO auf die Abhängigkeit vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abstellt (vgl. BGH Beschl. v. 30. März 2005, X ZB 26/04, juris Rz. 9 = NJW 2005, 1947 f.).

Die Entscheidung über die Anordnung der Aussetzung steht im Ermessen des Gerichts. Der Prüfung des Beschwerdegerichts unterliegt lediglich, ob sich diese Entscheidung als verfahrens- oder ermessensfehlerhaft darstellt (vgl. KG Berlin, Beschl. v. 10. Oktober 2006, 8 W 55/06, juris Rz. 3 = MDR 2007, 736 f. m.w.N.). Hinsichtlich der Ermessensausübung kann die angegriffene Entscheidung nur auf einen etwaigen Missbrauch des Ermessens überprüft werden, wobei das Beschwerdegericht nicht befugt ist, sein Ermessen an die Stelle des dem Erstgericht eingeräumten Ermessens zu setzen (KG Berlin, Beschl. v. 10. Oktober 2006, 8 W 55/06, juris Rz. 4 = MDR 2007, 736 f. m.w.N.; OLG Düsseldorf, OLGR Düsseldorf 1998, 83; Beschl. v. 18. Juni 2003, 5 W 20/03, juris, Rz. 10 = BauR 2004, 388 (Ls.)). Hingegen ist durch das Beschwerdegericht voll überprüfbar, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Aussetzung vorliegen (KG Berlin, Beschl. v. 10. Oktober 2006, 8 W 55/06, juris Rz. 5 = MDR 2007, 736 f. m.w.N.).

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Entscheidung des Landgerichts, den zivilgerichtlichen Rechtsstreit nicht auszusetzen, nicht zu beanstanden, da nicht von einer Vorgreiflichkeit der entsprechenden Entscheidung der Widerspruchsbehörde für das auszusetzende Verfahren auszugehen ist (aa)) und auch im Übrigen Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Ermessensausübung nicht vorliegen (bb)).

aa) Es kann dabei dahinstehen, ob es - entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts - für die Frage der Vorgreiflichkeit entscheidend auf die Frage des Vorliegens eines Sanierungsbescheides ankommt. Hiergegen spricht, dass nach § 24 Abs. 2 S. 1 BBodSchG bereits die abstrakte Ordnungspflichtigkeit für die Begründung des bodenschutzrechtlichen Ausgleichsanspruchs ausreicht. Denn die Voraussetzung der Vorgreiflichkeit im Sinne einer präjudiziellen Bedeutung für den zu entscheidenden Rechtsstreit scheidet nämlich bereits aus einem anderen Grunde aus.

Den Gegenstand des verwaltungsbehördlichen Verfahrens bildet nach Ansicht des Senats alleine die Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Beklagte zu 1. zur Erstattung der bisher durch die Ordnungsbehörden in Zusammenhang mit der Aufstellung des Sanierungsplans der sogenannten "Abfangmaßnahme J.-Straße" erbrachten Leistungen gemäß § 24 Abs. 1 S. 3 BBodSchG herangezogen wird. Nur dies kommt auch als verwaltungsbehördlich festzustellendes Rechtsverhältnis im Sinne des § 148 ZPO in Form der Anwendung eines bestimmten öffentlich-rechtlichen Rechtssatzes auf einen konkreten Lebenssachverhalt in Betracht.

Die Verursachereigenschaft gemäß § 4 Abs. 3 BBodSchG, auf die die Beklagte zu 1. in der Beschwerdebegründung maßgeblich abstellt, ist lediglich von der Verwaltungsbehörde als Vor- bzw. Begleitfrage der Heranziehung der Beklagten zu 1. mitzubeantworten, bildet aber nicht den eigentlichen Gegenstand des Verfahrens als festzustellendes Rechtsverhältnis, in dem Sinne, dass es hierauf für die Beurteilung der Vorgreiflichkeit ankommt. Die Störereigenschaft ist vielmehr im Rahmen der ordnungsbehördlichen Maßnahme grundsätzlich als zusätzliches Rechtsmäßigkeitserfordernis des verwaltungsbehördlichen Handelns zu überprüfen. § 4 Abs. 3 BBodSchG stellt aber lediglich eine spezialgesetzliche Ausprägung der allgemeinen ordnungsrechtlichen Störereigenschaft dar. Ein feststellender Verwaltungsakt über die Störereigenschaft ergeht - jedenfalls im streitbetroffenen Verwaltungsverfahren - nicht (vgl. dazu auch BVerwG, Urt. v. 26. April 2006, 7 C 15/05, juris Rz. 7 ff., Rz. 11 = NVwZ 2006, 1067). Die etwaige Verpflichtung der Beklagten zu 1. zur Erstattung von kostenpflichtigen Sanierungsmaßnahmen gegenüber der Ordnungsbehörde, die alleine das maßgebliche feststellungsfähige Rechtsverhältnis darstellen kann, erweist sich hingegen nicht als vorgreiflich für die im Zivilrechtsstreit zu beantwortende Frage des Ausgleichs für durch die Klägerin vorgenommene Sanierungsmaßnahmen, die zudem bislang im Wesentlichen auf der Grundlage von öffentlich-rechtlichen Verträgen erfolgten.

Aus der Entscheidung der Verwaltungsbehörde lässt sich nicht ohne weiteres und in rechtlich bedeutsamer Weise der Umfang der zivilrechtlichen Einstandspflicht der Beklagten im Verhältnis zur Klägerin ableiten. Hierüber ist durch eine Heranziehung zur Kostenerstattung gegenüber der Ordnungsbehörde, die diese im Wege der "Selbsttitulierung" durch Verwaltungsakt auf der Grundlage des § 24 Abs. 1 BBodSchG schafft, nichts ausgesagt. Der Ausgleichsanspruch des § 24 Abs. 2 BBodSchG stellt sich vielmehr als eigenständiger zivilrechtlicher Anspruch und nicht nur als Annexkompetenz zur verwaltungsbehördlichen Entscheidung dar (vgl. in diesem Sinne auch BGH, Urt. v. 02.04.2004, V ZR 267/03, juris, Rz. 13 = MDR 2004, 1178 (Ls.)). Er beruht demgemäß auch auf einer originären und eigenständigen Gewichtung der Verursachungsbeiträge durch das Zivilgericht.

Der Anspruch ermöglicht ein zivilgerichtliches Vorgehen gänzlich unabhängig von der behördlichen Heranziehung des Verursachers (vgl. Schwartmann, Umweltrecht, 2006, Rz. 248). Dabei sind etwa auch etwaige privatrechtliche Haftungsfreistellungen anders als gegenüber der Entscheidung der Ordnungsbehörde über eine gefahrenabwehrrechtliche Inanspruchnahme eines Störers von Bedeutung, weshalb mit einem ordnungsbehördlichen Bescheid im Sinne des § 24 Abs. 1 BBodSchG nichts über die Einstandspflichtigkeit im Rahmen des § 24 Abs. 2 BBodSchG ausgesagt ist (vgl. Schwartmann, Umweltrecht, 2006, Rz. 249).

Bei der Entscheidung über den geltend gemachten zivilrechtlichen Anspruch wird zudem ebenso maßgeblich der Umfang der Einstandspflicht der Beklagten zu 2. zu berücksichtigen sein. Diesbezüglich kann - entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1. - ohnehin nicht vorausgesagt werden, inwieweit die Widerspruchsbehörde deren Verantwortlichkeit zum Gegenstand des Widerspruchbescheides gegenüber der Beklagten zu 1. machen wird. Die förmliche Hinzuziehung der Beklagten zu 2. zum Verwaltungsverfahren alleine rechtfertigt eine solche Annahme jedenfalls nicht.

Diesem Ergebnis steht auch nicht entgegen, dass die maßgebliche Bestimmung der Verursachereigenschaft beziehungsweise der Verursachungsbeiträge der Beteiligten/Parteien sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Zivilrechtsstreit ein wesentlicher Gegenstand der Entscheidungsfindung sein wird. Allein hieraus lässt sich eine Vorgreiflichkeit in der für § 148 ZPO erforderlichen Weise nicht begründen. Hierfür genügt nämlich nicht, wenn die im anderen Verfahren zu erwartende Entscheidung lediglich geeignet ist, tatsächlichen Einfluss, zum Beispiel im Wege der Beweiswürdigung, auf das auszusetzende Verfahren auszuüben (Zöller-Greger, a.a.O., § 148 Rz. 5 m.w.N.).

Eine systemwidrige Verschleppung öffentlich-rechtlicher Fragestellungen in den Zivilprozess gilt es entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1. nicht zu befürchten. Insoweit räumt die Beklagte zu 1. in der Beschwerdebegründung vom 19. Juli 2007 selbst ein, dass das Zivilgericht notfalls auch ohne abschließende verwaltungsrechtliche Feststellungen zur Störerverantwortung, zum Vorliegen einer Gefahr oder zum notwendigen Sanierungsumfang entscheiden kann.

Demnach kann auch dahinstehen, ob eine Aussetzung nicht bereits deshalb ausscheiden musste, weil der zu erwartenden Entscheidung der Widerspruchsbehörde regelmäßig keine Rückwirkung zukommt und es auch unter diesem Gesichtspunkt an der Vorgreiflichkeit fehlt (vgl. OLG Brandenburg, Beschl. v. 15. Dezember 1999, 3 W 51/99, juris Rz. 8 = OLGR Brandenburg 2000, 112 f.). Ebenso wenig kommt es auf die Frage des Erfordernisses einer Rechtskraft- oder Bindungswirkung an.

bb) Unabhängig von der bereits fehlenden Vorgreiflichkeit kann schließlich nicht von einer missbräuchlichen Ermessensausübung durch das Landgericht ausgegangen werden.

Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung sein Ermessen ausgeübt, indem es unter Heranziehung der Gesichtspunkte der zeitlichen Verzögerung und der Höhe der zu erwartenden Sanierungskosten eine Aussetzung des Verfahrens als für die Klägerin nicht zumutbar erachtet hat. Der Beklagten zu 1. ist zwar zuzugeben, dass diese Erwägungen - eine Vorgreiflichkeit des Verwaltungsverfahrens hier unterstellt - unter Umständen nicht abschließend sein mögen. Jedoch rechtfertigt dies nicht die Annahme einer missbräuchlichen Ermessensausübung durch das Landgericht, weil sich das Landgericht zumindest vertretbar und mit erkennbar plausiblen Gründen mit der Frage, ob die Verhandlung auszusetzen ist, auseinander gesetzt hat. Insbesondere hat das Landgericht zu Recht dem Umstand Rechnung getragen, dass sich der Abschluss eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hinziehen kann und vorliegend mit einer baldigen Entscheidung nach dem gesamten bisherigen Verlauf des Verwaltungsverfahrens nicht zu rechnen ist.

Die von der Beklagten zu 1. genannten weiteren Gesichtspunkte, die für eine Aussetzung des Verfahrens sprechen sollen, führen auch nicht zu einer Ermessenreduzierung auf Null. Dies gilt im besonderen Maße für den angesprochenen Aspekt der Prozesswirtschaftlichkeit. Denn zum einen lässt sich eine erneute Beweisaufnahme im Zivilprozess schon deswegen nicht unbedingt vermeiden, weil das Ergebnis einer etwaigen Beweisaufnahme im Verwaltungsverfahren nicht bindend und nicht auszuschließen ist, dass die Beklagte zu 1. im Unterliegensfall versuchen wird, deren Ergebnis anzugreifen. Dem Gedanken der Prozesswirtschaftlichkeit kann in diesem Fall dadurch Rechnung getragen werden, dass das Landgericht für eine gegebenenfalls im Zivilprozess deswegen erforderliche (weitere) Beweisaufnahme den auch im Verwaltungsverfahren tätigen Sachverständigen beauftragt.

3.

Zu einer Kostenentscheidung sah sich der Senat nicht veranlasst, weil die entstandenen Kosten Teil der Prozesskosten und bei der Hauptsacheentscheidung zu berücksichtigen sind (BGH, Beschl. v. 12. Dezember 2005, II ZB 30/04, juris Rz. 12; = MDR 2006, 704; Zöller-Greger, a.a.O., § 252 Rz. 3 m.w.N.).

Der Beschwerdewert richtet sich nach dem gemäß § 3 ZPO zu schätzenden Interesse der Parteien an der Entscheidung über die Aussetzung (vgl. OLG Dresden, Beschl. v. 09. Juli 1999, 3 W 787/99, juris Rz. 32 = NJW 2000, 442 f.; Zöller-Herget, a.a.O., § 3 Rz. 16 " Aussetzungsbeschluss" ). Dieses bemisst der Senat mit rund 1/10 des Hauptssachewertes und setzt den Beschwerdewert auf 600.000,- € fest.

Ende der Entscheidung

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