Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 23.11.2007
Aktenzeichen: I-16 U 170/06
Rechtsgebiete: WpHG, BGB


Vorschriften:

WpHG § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
WpHG § 37a
BGB § 249
BGB § 254
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 291
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 14. Juni 2006 verkündete Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 45.195,92 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.4.2006 sowie weitere 932,00 € zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Sicherheitsleistungen können auch durch Bürgschaft eines der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegenden Kreditinstituts erbracht werden.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die verklagte Rechtsanwälte-GbR auf Schadensersatz wegen Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrags in Anspruch.

Am 13. Juli 2000 begab sich die damals 52 Jahre alte Klägerin in die Geschäftsräume der ... AG in ... (im Folgenden: ...), um das von ihrer Mutter geerbte Vermögen anzulegen. Bis zu diesem Zeitpunkt besaß die Klägerin Anlagen nur in Form von Sparbüchern oder Festgeld. Sie übte den Beruf einer Sekretärin aus und verfügte über einen Volkschulabschluss. In dem mit Frau ..., einer Bankmitarbeiterin (im Folgenden: Zeugin) geführten Beratungsgespräch wurden ausweislich eines Erhebungsbogens die Anlagekenntnisse der Klägerin der Gruppe A - geringes Risiko/Sicherheit - zugeordnet (Bl. 9 BA). Die Kategorie A umfasst den Bereich der Anlageformen wie Bundesschatzbriefe oder Geldmarktfonds. Im Rahmen dieses Gespräches wurde ein Rahmenvertrag für eine Einzelkundenbeziehung geschlossen und unterzeichnet sowie ein Girokonto für die Klägerin bei der ... eröffnet. Im Verlaufe dieses Gesprächs entschied sich die Klägerin, Anteile an dem sogenannten CB-Geldmarktfonds, einem Fonds, dessen Fondsvermögen sich aus Termingeldguthaben und kurz laufenden festverzinslichen Wertpapieren zusammensetzt, zu kaufen. Bis Mitte September 2000 investierte die Klägerin so etwa 139.000 €.

Am 4.10.2000 fand ein weiteres Beratungsgespräch statt, in dem ein neuer Erhebungsbogen ausgefüllt und unterzeichnet wurde (Bl. 31 BA). In diesem Erhebungsbogen wurden die Anlagekenntnisse der Klägerin nunmehr der Gruppe E, der höchsten Produkt- Risikokategorie zugeordnet. Das Anlageziel wurde nunmehr auf der dritten von fünf Stufen mit "konservativ orientiert" gewählt, was nach der von der ... gegebenen Definition bedeutet, dass die Anlage gute Wertentwicklungschancen haben soll, aber auch Wertverluste auftreten können. Die nächsthöhere Stufe "wachstumorientiert" ist gekennzeichnet durch "überdurchschnittliche Wertentwicklungschancen; Wertverluste sind jederzeit möglich; Aktienanteil ist größer als Rentenanteil". Die fünfte Stufe "chancenorientiert" beschrieb die ... mit "außergewöhnlich hohe Wertentwicklungschancen; sehr hohe Wertverluste sind jederzeit möglich; Aktien und Derivate bilden den Hauptanteil im Depot". In diesem Gespräch empfahl die Zeugin der Klägerin verschiedene Anlagemöglichkeiten. Die Klägerin entschied sich daraufhin, etwa 22.000 € in dem Geldmarktfonds zu belassen; von den restlichen etwa 117.000 € investierte die Klägerin 25.637 € in einen geschlossenen Immobilienfonds und 91.834,85 € (dies entspricht 66 % des gesamten Anlagebetrages von 139.000 €) in 6 Aktienfonds (Global Expert, Nürnberger Adig, Welt Vision, Convest 21 VL und Adifonds und CB Basisbranchen), wobei der Fonds Global Expert eine Rentenbeimischung aufweist. In den CB-Basis-Branchen-Fonds investierte die Klägerin 38.858,19 € (insgesamt etwa 28 % des gesamten Anlagebetrages von 139.000 €). Mit diesem Fonds hat es Folgendes auf sich: Das sog. COBAS Vermögens Basis Anlagesystem bietet ausweislich des der Klägerin überreichten Informationsmaterials/Auftrags (Bl. 33 f. BA) vier unterschiedliche Anlagestrategien mit entsprechenden Chancen und Risiken, wobei "jede der vier Strategien (...) eine eigenständige, klar definierte Anlagepolitik" verfolgt. Bei den vier Strategien handelt es sich zum einen um Anlagen in Renten und offene Immobilienfonds, wobei diese Strategie umschrieben wird mit einer kontinuierlichen Wertentwicklung; Wertverluste auf Jahressicht unwahrscheinlich; die zweite Strategie ist die CB Basis Aktien/Renten, die sich durch gute Wertentwicklungschancen auszeichnet, wobei zeitweilig Wertverluste auftreten können. Die dritte Strategie ist die CB Basis Aktien, die sich durch überdurchschnittliche Wertentwicklungschancen auszeichnet, wobei Wertverluste jederzeit möglich sind. Die von der Klägerin tatsächlich getätigte Anlage fällt in die vierte Strategie CB Basis Branchen, die sich durch "außergewöhnlich hohe Wertentwicklungschancen" auszeichnet; "sehr hohe Wertverluste durch eine Konzentration auf einzelne Branchen sind jederzeit möglich". Dieser sog. Branchenfonds hat das Ziel, einen attraktiven Wertzuwachs zu erreichen; die Steuerung des Risikos erfolgt durch die Nutzung positiver Tendenzen ausgewählter Branchen an internationalen Aktienmärkten. Diesbezüglich unterzeichnete die Klägerin einen Auftrag, in dem dieser Fonds wie folgt umschrieben wurde: "Sie sind der chancenorientierte Anleger, der durch eine Spezialisierung seiner Fondsanlage mit ausgewählten Branchen an den internationalen Aktienmärkten partizipieren möchte. Das damit verbundene Risiko wird durch die breite Streuung innerhalb der Fonds reduziert. Den höheren Chancen stehen höhere Risiken gegenüber, die sie bewusst in Kauf nehmen.". Zugleich gab die Klägerin an, die erforderlichen Kenntnisse im Wertpapierbereich zu haben bzw. vermittelt bekommen zu haben.

In der Folgezeit kam es bei den Aktienfonds zu starken Wertverlusten.

Deshalb wandte sich die Klägerin im März 2003 an die Beklagte mit der Bitte um Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen gegenüber der .... Eine tatsächliche Geltendmachung von Ansprüchen der Klägerin gegen die ... durch die Beklagte erfolgte nicht. Die Beklagte wies die Klägerin nicht auf eine drohende Verjährung etwaiger Schadensersatzansprüche gegen die ... hin.

Aufgrund weiterer Wertverluste der Aktienfonds nahm die Klägerin - ihrer Darstellung nach in Absprache mit Mitarbeitern der ... - am 13.5., 14.5. und 17.5.2004 einen Verkauf der Anlagen vor. Insgesamt wurde ein Verkaufserlös von 46.643,53 € erzielt. Die Differenz zwischen dem eingesetzten Gesamtbetrag in Höhe von 91.834,85 € (abzüglich eines Rabatts von 777,16 € und zuzüglich Depotgebühren von 781,87 €) sowie dem durch den Verkauf erzielten Erlös (insgesamt 45.195,92 €) machte die Klägerin gegenüber der ... zunächst außergerichtlich geltend. Die ... lehnte eine Zahlung ab.

Unter dem 28.9.2004 erhob die Klägerin, vertreten durch ihre derzeitigen Prozessbevollmächtigten, gegen die ... Klage auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe der Klageforderung wegen Verletzung ihrer Beratungspflichten. Mit Urteil vom 6.5.2005, Az. 19 0 384/04, wies die 19. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal die Klage nach Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen mit der Begründung ab, dass der Klägerin der Nachweis einer Pflichtverletzung der Beklagten nicht gelungen und außerdem sämtliche Schadensersatzansprüche nach § 37 a Wertpapierhandelsgesetz verjährt seien. Die hiergegen gerichtete Berufung hat der Senat mit Urteil vom 27.1.2006 (Az. I-16 U 93/05) zurückgewiesen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 22.12.2005 forderte die Klägerin die Beklagte zur Stellungnahme zu dem Vorwurf auf, durch den mangelnden Hinweis auf die Verjährungsgefahr einen Schaden verursacht zu haben. Die Beklagte wies jegliche Schadensersatzansprüche zurück. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin berechneten dieser für ihre außergerichtliche Tätigkeit Gebühren in Höhe von 1.843,24 €.

Die Klägerin hat behauptet, dass sie zum Zeitpunkt der Anlage am 4.10.2000 keinerlei Anlageerfahrung, insbesondere was die von der ... vorgeschlagenen Anlageformen betreffe, gehabt habe. Sie habe im Rahmen des Beratungsgesprächs die Mitarbeiterin der Bank darauf hingewiesen, dass sie keinerlei Risiko bei der Geldanlage einzugehen gewillt sei. Sie habe ferner erklärt, sie wolle weder eine spekulative noch eine auf Aktien basierende Anlageform vornehmen. Im Hinblick auf ihr Alter habe sie auch keine längerfristige Geldanlage vornehmen wollen. Die Mitarbeiterin der ... habe ihr entgegen der aufgezeigten Zielrichtung hinsichtlich ihrer Anlageform überwiegend aktienorientierte, stark risikoreiche Anlagen mit einem hohen Wertverlust empfohlen. Die hauseigenen Produkte seien sehr gelobt und als sicher bezeichnet verkauft worden. Informationen bezüglich des Risikos der einzelnen Anlageformen habe die Klägerin nicht erhalten. Die getätigten Anlagen seien nicht konservativ orientiert und daher nicht dem Anlageziel entsprechend. Daher habe die Zeugin eine gravierende Pflichtverletzung begangen, als sie ihr die letztlich erworbenen Geldanlagen empfohlen habe. Der daraus resultierende Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Bank sei nur wegen Verjährung nicht mehr durchsetzbar. Die Beklagte habe ihre anwaltlichen Pflichten verletzt, indem sie sie, die Klägerin, - unstreitig - nicht auf die drohende Verjährung ihrer Schadensersatzansprüche gegen die Bank hingewiesen habe. Wäre sie auf die drohende Verjährung hingewiesen worden, hätte sie (was die Beklagte nicht in Abrede gestellt hat) rechtzeitig Klage erhoben.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 45.195,92 € nebst Zinsen in Höhe von 5%Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.4.2006 sowie Nebenforderungen in Höhe von 933,22 € zu zahlen.

Die Beklage hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, dass die Klägerin in dem Beratungsgespräch bei der ... am 4.10.2000 an einer höheren Rendite interessiert gewesen sei. Deshalb sei ihr die gesamte Palette an möglichen Anlagen vorgestellt und im Einzelnen erläutert worden. Eine Aktienbeimischung sei von der Klägerin gewünscht gewesen, weil es ihr auch auf den Ausbau des vorhandenen Vermögens angekommen sei. Vor dem Erwerb sei die Klägerin im Einzelnen über die zu erwerbenden Wertpapiere und über das Risiko der Anlagegeschäfte informiert worden. Daher habe sich die ... in keiner Weise schadensersatzpflichtig gemacht. Infolgedessen liege im mangelnden Hinweis der Beklagten auf den Ablauf der Verjährungsfrist etwaiger Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen die Bank auch kein für einen Schaden ursächliche Pflichtverletzung der Beklagten, da von vorneherein kein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Bank bestanden habe.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Unabhängig von der Frage der Verjährung hätten bereits keine durchsetzbaren Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen die ... bestanden. Auch eine auf Anraten der Beklagten innerhalb der Verjährungsfrist erhobene Schadensersatzklage der Klägerin gegen die ... hätte keinen Erfolg gehabt. Dies ergebe sich unmittelbar daraus, dass die nach Ablauf der Verjährungsfrist vor dem Landgericht Wuppertal erhobene Schadensersatzklage der Klägerin gegen die ... nicht nur wegen der eingetretenen Verjährung, sondern auch deshalb mit Recht abgewiesen worden sei, weil der Klägerin der Nachweis einer Pflichtverletzung der beklagten Bank nicht gelungen sei. In seiner rechtsfehlerfreien Entscheidung habe das Landgericht Wuppertal im Vorprozess festgestellt, dass der Klägerin ein Schadensersatzanspruch gegen die ... wegen mangelhafter Beratung nicht zugestanden habe. Die Klägerin habe den Beweis der Tatsache, dass die damals beklagte ... ihre Beratungs- und Informationspflichten verletzt habe, nicht führen können. Dieser Beweis sei der Klägerin selbst unter der Annahme, dass die Klägerin über nur sehr geringe Kenntnisse im Hinblick auf das Kapitalanlagegeschäft verfügte, nicht möglich gewesen. Dies habe die erkennende Kammer in dem Verfahren 19 0 384/04 zutreffend festgestellt. Die Beweisführung und Beweiswürdigung des Landgerichts Wuppertal zu der Frage des Vorliegens einer Pflichtverletzung lasse Rechtsfehler nicht erkennen. Insoweit werde auf die umfassende, widerspruchsfreie und in Begründung wie Ergebnis fehlerfreie und überzeugende Beweiswürdigung des Landgerichts Wuppertal im Vorprozess Bezug genommen. Aus dieser rechtsfehlerfreien, rechtskräftigen Entscheidung des Landgerichts Wuppertal folge automatisch die Unbegründetheit der Regressklage. Da das Landgericht Wuppertal nicht nur über die Frage der Verjährung entschieden, sondern auch das Vorliegen einer Pflichtverletzung und damit eines Schadensersatzanspruchs der Klägerin gegen die damals beklagte Bank verneint habe, stelle das Unterlassen eines Hinweises auf eine Verjährung möglicher Schadensersatzansprüche durch die Beklagten keine für einen Schaden ursächliche Pflichtverletzung dar. Dabei sei im vorliegenden Rechtsstreit nicht erneut über die Frage einer Pflichtverletzung der ... Beweis zu erheben. Zwar sei im Rahmen einer Anwaltshaftungsklage, in der wie vorliegend der mangelnde Hinweis auf die Verjährung eines Anspruchs gerügt wird, grundsätzlich für die Frage der Pflichtverletzung des beklagten Rechtsanwalts und den daraus resultierenden Schaden zu prüfen und gegebenenfalls darüber Beweis zu erheben, ob die gerichtliche Durchsetzung des Anspruchs, der infolge von Verjährung jedenfalls nicht mehr durchsetzbar ist, im Übrigen Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Im Regelfall habe das über den Anwaltsregress entscheidende Gericht dann den Prozess über den verjährten Anspruch nachzuvollziehen und durch eine Beweisaufnahme über die sich in diesem fiktiven Prozess stellenden Fragen die Erfolgsaussichten eines solchen Rechtsstreits zu klären. Dies sei jedoch, wie im vorliegenden Fall, dann nicht erforderlich, wenn der Prozess über den verjährten Anspruch tatsächlich geführt wurde und das Gericht in diesem Rechtsstreit die Klageabweisung nicht (nur) mit der Verjährung der Ansprüche begründet, sondern (auch) mit dem Verneinen einer den Anspruch erst zur Entstehung bringenden Tatbestandsvoraussetzung. In diesem Fall habe das über den Anwaltsregress entscheidende Gericht die Möglichkeit, grundsätzlich von dem Ausgang des erfolgten Verfahrens auszugehen, und nur zu prüfen, ob die in dem vorangegangenen Verfahren ergangene Entscheidung rechtsfehlerfrei ergangen ist.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin mit dem Antrag,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie 45.195,92 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.4.2006 sowie Nebenforderungen in Höhe von 932,00 € zu zahlen.

Zur Begründung führt die Klägerin aus, entgegen der von der Zeugin im Vorprozess vertretenen Einschätzung habe diese keine konservative Anlage empfohlen, sondern eine hoch spekulative Anlageform. Ein Anlageportfolio bei 66-prozentiger Beimischung von Aktienfonds können weder als konservativ beschrieben werden, noch sei diese Anlageform geeignet, eine Altersabsicherung zu gewährleisten, die nach der Aussage der Zeugen einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren umfassen solle. Unzutreffenderweise habe das Landgericht im Vorprozess die Kapitalanlage noch als insgesamt konservativ orientiert bezeichnet. Ausweislich des Musterdepots der ... solle bei der Beurteilung konservativ der Aktienanteil 30% nicht überschreiten. Insoweit habe eine Fehlberatung der Zeugin vorgelegen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie vertritt die Ansicht, es sei unzulässig, im Regressprozess den Prozess über einen vermeintlich verjährten Anspruch nachzuvollziehen und die Erfolgsaussichten eines solchen Rechtsstreits zu klären, nachdem bereits eine rechtskräftige Entscheidung zur materiellen Rechtslage im Primärrechtsverhältnis vorliege. Es sei rechtskräftig festgestellt, dass der ... AG keinerlei Beratungsverschulden zur Last gelegt werden kann. Bei anderweitiger Sichtweise bedürfe es zwingend der Durchführung einer Beweisaufnahme zum bestrittenen Beratungsverschulden. Die von der ... AG empfohlene Geldanlage habe sehr wohl und durchaus dem Anlageziel "konservativ orientiert" entsprochen. Die Klägerin sei vor dem Erwerb im Einzelnen über die zu erwerbenden Wertpapiere und deren Risiken informiert worden und habe genau diese Anlage gewollt. Der Klägerin sei bewusst gewesen, dass es sich bei der Anlage des CB-Basisbranchenfonds um eine ausschließliche Aktienanlage handelt; sie habe die Risiken gekannt und sie bewusst in Kauf genommen. Die Zeugin habe sämtliche ihr zugänglichen Informationsmaterialien offen gelegt und somit der Klägerin auch die Risikosituation erläutert. Es liege einerseits eine noch konservative Anlage in Aktien vor und andererseits eine Individualweisung der Klägerin für das Anlagesystem COBAS. Mit letzterer hätte die Klägerin mit Wissen und Wollen dann zumindest einer etwa risikoerhöhenden Anlageform ausdrücklich zugestimmt. Im Übrigen greife aufgrund neuer Tatumstände die kurze Verjährung beziehungsweise der frühzeitige Verjährungsbeginn mit Erstanlage nicht ein. Unmittelbar nach dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 14. September 2007 habe der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin mitgeteilt, dass die ... für die damaligen Anlagen Rückvergütungen der von ihr empfohlenen Fondsgesellschaften erhalten habe. Bei der Feststellung solcher Rückvergütung hätten die Gerichte im Ursprungsprozess eine besondere Aufklärungsberatungspflicht der ... aus dieser Tatsache heraus prüfen müssen, was seinerzeit nicht geschehen sei. Eine entsprechende Pflichtverletzung der Bank unterfalle nicht der kurzen Verjährung des § 37a WpHG. Die Klägerin habe im Ursprungsprozess selbst eingeräumt, dass - wenn überhaupt - sie allenfalls einen Kernschaden in Höhe von 16.314 € habe. Auf S. 11 der Berufungsschrift der Klägerin im Ursprungsprozess finde sich der Hinweis, dass der Klägerin mindestens ein nicht verjährter Schaden in vorgenannter Höhe entstanden sei. Hätte die Klägerin sich entsprechend ihrer eigenen Anlageentscheidung verhalten und hätte sie die Anlagen nicht veräußert, hätten sich kurzfristige Wertverluste ausgeglichen und hätte das Depot heute einen erheblichen Wert im Rahmen der Gesamtbewertung. Sofern es überhaupt zu einer Schadensrealisierung gekommen sei, beruhe der konkrete Schaden deshalb nur auf Handlungen der Klägerin, die diese aus eigener Veranlassung gegen ihre eigene Anlageentscheidung vollzogen habe. Selbst wenn ein Verstoß gegen die Anlagerichtlinien gegeben wäre, wären für eine konkrete Schadensberechnung die Papiere herauszunehmen, die im Rahmen einer aktienrechtlichen Beimischung nach Ansicht des Senats zulässigerweise hätten gekauft werden dürfen. Durch die wöchentliche Beratung der Klägerin durch die Zeugin und den Zeugen ..., von welcher die Beklagte erstmals durch Einsichtnahme in die Gerichtsakte aus dem Ursprungsprozess erfahren habe, folge ein Dauerberatungsvertrag zwischen der Klägerin und der ..., für den besondere Aufklärungspflichten gelten würden und auf den die kurze Verjährung des § 37a WpHG nicht anwendbar sei.

Wegen des Sachverhaltes im Übrigen und der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf das angefochtene Urteil verwiesen sowie auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Die Akten 19 O 384/04 LG Wuppertal waren informationshalber Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nach § 280 Abs. 1 BGB wegen schuldhafter Verletzung der der Beklagten aus einem Anwaltsvertrag obliegenden Pflichten begründet.

A.

Im Rahmen des zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Anwaltsvertrages hätte die Beklagte die Klägerin im März 2003 auf die drohende Verjährung etwaiger Schadensersatzansprüche gegen die ... hinweisen müssen, was unstreitig unterblieben ist.

Dieses Unterlassen war schuldhaft. Bereits vor der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 8. 3. 2005 (XI ZR 170/04, abgedruckt u. a. in NJW 2005, 1579 ff.) entsprach es der in Rechtsprechung und Schrifttum ganz überwiegend vertretenen Auffassung, dass ein auf der Beratungspflichtverletzung beruhender Schadensersatzanspruch bereits mit dem Erwerb der Wertpapiere entstanden ist (vgl. die Nachweise in BGH NJW 2005, 1579, 1580). Die Beklagte hätte deswegen die Klägerin darauf hinweisen müssen, dass ein etwaiger Schadensersatzanspruch gegen die ... in etwa einem halben Jahr nicht mehr durchgesetzt werden kann, falls die Klägerin nicht bis dahin verjährungshemmende Maßnahmen ergreift.

B.

Hierüber streiten die Parteien auch nicht. Streit besteht daher allein darüber, ob der Klägerin durch die anwaltliche Pflichtverletzung ein Schaden entstanden ist.

1.

Der Rechtsanwalt, der wegen Verletzung vertraglicher Pflichten Schadensersatz schuldet, hat den Auftraggeber nach § 249 BGB so zu stellen, wie er bei Beachtung der anwaltlichen Sorgfalt stünde. Im Falle eines Prozessverlusts ist für diese Differenzhypothese maßgebend, wie der Vorprozess nach Auffassung des Gerichts, das mit dem Schadensersatzanspruch gegen den Prozessbevollmächtigten befasst ist, richtigerweise hätte entschieden werden müssen, nicht, wie seinerzeit bei pflichtmäßigem Anwaltsverhalten mutmaßlich entschieden worden wäre (BGH NJW 2002, 1417, 1418; NJW 2005, 3071, 3072; NJW 2006, 288, 289, jeweils mwN).

Welche rechtliche Beurteilung das mit dem Vorprozess befasste Gericht seiner Entscheidung zu Grunde gelegt hätte, ist ohne Belang. Vielmehr ist die Sicht des Regressgerichts maßgeblich (BGH aaO). Dies gilt selbst dann, wenn feststeht, welchen Ausgang das frühere Verfahren bei vertragsgerechter Arbeit des Anwalts genommen hätte (Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Hdb. der Anwaltshaftung, 2. Aufl. 2006, Rdnr. 1063). Diese wertende Betrachtungsweise führt indessen niemals dazu, dass der Anwalt einen lediglich fiktiven, mit der Realität nicht zu vereinbarenden Schadensersatz schuldet; denn Voraussetzung ist immer, dass dem Mandanten infolge des Fehlers eine ihm günstige, Gesetz und Recht entsprechende Entscheidung entgangen ist (Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, aaO). Denkbar ist es indes, dass die Beteiligten am Ende nicht so dastehen, wie wenn der Vorprozess tatsächlich durchgeführt worden wäre (vgl. Borgmann/Jungk/Grams, Anwaltshaftung, 4. Auflage 2005, § 46 Rdnr. 44). Dies gilt beispielsweise, weil im Regressprozess Beweismittel zu berücksichtigen sind, die im Vorprozess nicht zur Verfügung standen (vgl. Rinsche/Fahrendorf/Terbille, Die Haftung des Rechtsanwalts, 7. Auflage 2005, Rdnr. 851). So kann beispielsweise die Gegenpartei des Vorprozesses nunmehr als Zeuge gehört werden (vgl. Borgmann/Jungk/Grams, aaO, § 46 Rdnr. 39). Dies ist jedoch letztlich keine Besonderheit des Anwaltshaftungsprozesses, sondern allgemein des Schadensersatzrechts. Leidet die Beurteilung des Regressgerichts an einem Rechtsfehler, ist der Fehler deswegen auch nicht deshalb unerheblich, weil derselbe Spruchkörper auch über den Vorprozess zu befinden hatte (BGH NJW 2002, 1417, 1418).

Unzutreffend ist deswegen die Ansicht des Landgerichts, aus der rechtskräftigen Entscheidung im Vorprozess folge für die Regressklage "automatisch" deren Unbegründetheit, weil im Vorprozess nicht nur über die Frage der Verjährung entschieden, sondern auch das Vorliegen einer Pflichtverletzung verneint wurde. Tatsächlich besteht weder eine Bindungs- noch eine Rechtskraftwirkung des Vorprozesses für den Regressprozess.

Unzutreffend ist weiterhin die Ansicht des Landgerichts, in einem derartigen Fall habe das über den Anwaltsregress entscheidende Gericht die Möglichkeit, grundsätzlich von dem Ausgang des erfolgten Verfahrens auszugehen, und nur zu prüfen, ob die in dem vorangegangenen Verfahren ergangene Entscheidung rechtsfehlerfrei ergangen ist, sofern das Landgericht hiermit eine Einschränkung der Pflicht zur Prüfung, wie der Vorprozess richtigerweise hätte entschieden werden müssen, zum Ausdruck bringen wollte.

Dem im Vorprozess ergangenen Senatsurteil kann nicht entnommen werden, dass der Senat die Berufung der Klägerin gegen die ... auch dann zurückgewiesen hätte, wenn die Klageforderung nicht eindeutig verjährt gewesen wäre. Wie sich dem im Vorprozess ergangenen Senatsurteil entnehmen lässt, hat der Senat dort vertieft allein zur Frage der Verjährung Stellung genommen und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es auf die Einzelheiten der Anforderungen an eine ordnungsgemäße Kapitalanlageberatung nicht ankomme, weil etwaige Ersatzansprüche verjährt sind (vgl. die Ausführungen des Senats unter II. A. erster Absatz: "Dabei kommt es auf die Einzelheiten der Anforderungen an eine ordnungsgemäße Kapitalanlageberatung im Hinblick auf das Beratungsgespräch vom 4. Oktober 2000 nicht an, weil etwaige Ersatzansprüche der Klägerin im Hinblick auf dieses Gespräch verjährt sind" und unter II. A. 2.: "Auf all dies kommt es allerdings ohnehin nicht an, weil das Landgericht etwaige Ersatzansprüche aufgrund von Pflichtverletzungen, welche die Beklagte am 4. Oktober 2000 begangen haben könnte, zu Recht als verjährt angesehen hat").

2.

Einer rechtzeitig gegenüber der ... erhobenen Klage hätte stattgegeben werden müssen. Denn die ... hat die ihr nach dem Vertrag obliegenden Pflichten gegenüber der Klägerin schuldhaft verletzt und war daher nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung zum Schadensersatz verpflichtet.

Auf das Schuldverhältnis zwischen der Klägerin und der ... findet das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

a)

Zwischen der Klägerin und der ... ist ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Tritt ein Anlageinteressent an eine Bank oder deren Anlageberater an einen Kunden heran, um über die Anlage von Geld beraten zu werden bzw. zu beraten, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgespräches angenommen (BGHZ 123, S. 126 ff.; 100, 117, 118 f.).

b)

Inhalt und Umfang der Beratungspflichten einer Bank im Rahmen einer Anlageberatung sind von einer Reihe von Faktoren abhängig, die sich einerseits auf die Person des Kunden (anlegergerechte Beratung) und andererseits auf das Anlageprojekt (anlagegerechte Beratung) beziehen. Die konkrete Ausgestaltung der Pflicht hängt entscheidend von den Umständen des Einzelfalls ab (BGHZ 123, 126; BGH NJW 1996, 1744; BGH NJW-RR 2000, 1497, 1498; BGH NJW 2002, 1868 f.).

aa)

Zu den Umständen in der Person des Kunden gehören insbesondere dessen Wissensstand über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art und dessen Risikobereitschaft; zu berücksichtigen ist also vor allem, ob es sich bei dem Kunden um einen erfahrenen Anleger mit einschlägigem Fachwissen handelt und welches Anlageziel der Kunde verfolgt (BGHZ 123, 126; BGH NJW-RR 2000, 1497, 1498; BGH NJW 2002, 1868). Verfügt der Anlageberater nicht über entsprechendes Wissen, muss er Informationsstand und Anlageziel des Kunden erfragen (BGHZ 123, 126). Die Beratung hat sich daran auszurichten, ob das beabsichtigte Anlagegeschäft der sicheren Geldanlage dienen soll oder spekulativen Charakter hat. Die empfohlene Anlage muss unter Berücksichtigung dieses Ziels auf die persönlichen Verhältnisse des Kunden zugeschnitten, also "anlegergerecht" sein. Je unerfahrener ein Kunde ist, desto intensiver und allgemeinverständlicher muss die Beratung ausfallen. Die Beratung hat sich am Kundeninteresse auszurichten und darf nicht in erster Linie durch das Gewinnstreben des Anlageberaters geleitet sein.

In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können (BGHZ 123, 126; OLG Düsseldorf WM 1996, 1082, 1085). Dabei ist zwischen den allgemeinen Risiken (Konjunkturlage, Entwicklung des Börsenmarktes) und den speziellen Risiken zu unterscheiden, die sich aus den individuellen Gegebenheiten des Anlageobjekts (Kurs-, Zins- und Währungsrisiko) ergeben (BGHZ 123, 126; BGH NJW-RR 2000, 1497, 1498).

Die sich hieran auszurichtende Beratung des Anlageberaters muss richtig und sorgfältig, dabei für den Kunden verständlich und vollständig sein, der Anlageberater muss zeitnah über alle Umstände unterrichten, die für das Anlagegeschäft von Bedeutung sind (BGHZ 123, 126).

Bei der Bestimmung der von der Bank geschuldeten Informationen ist grundsätzlich darauf abzustellen, dass das Informationsungleichgewicht zwischen Anlageberater und Anleger behoben und der Anleger in die Lage versetzt werden soll, eine eigenverantwortliche Entscheidung entsprechend seinen Bedürfnissen zu treffen. Die der Bank auferlegten vertraglichen Pflichten dürfen hingegen nicht dazu führen, dass der Anleger im Ergebnis besser gestellt wird, als er bei einem zutreffenden originären Informationsstand stünde; ihm darf also das Anlagerisiko nicht gänzlich abgenommen und auf den Anlageberater abgewälzt werden. Daher kann eine Haftung sinnvollerweise nur für die Richtigkeit und Vollständigkeit von erforderlichen Informationen und allenfalls für deren sorgfältige Auswertung gegeben sein, nicht aber dafür, dass eine etwa gegebene Anlageempfehlung sich im Nachhinein als falsch herausstellt oder eine bestimmte Anlageempfehlung nicht gegeben wurde. Zudem beschränken sich die Pflichten der Bank auf den Zeitpunkt der Anlageentscheidung; ohne eine ausdrückliche Vereinbarung treffen eine Bank in der Regel keine über die abgeschlossene Beratung hinaus gehenden fortdauernden Warn- oder Überwachungspflichten im Hinblick auf die getätigte Anlage (Senat, Urt. vom 26.11.2004 - I-16 U 210/03 -; OLG Düsseldorf OLGR 2003, 222, 223; OLG Düsseldorf WM 1994, 1468, 1469).

Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Bank eine ihr obliegende Pflicht objektiv verletzt hat, trägt der Anleger (BGH, Urt. vom 24. Januar 2006 - XI ZR 320/04 -; OLG Düsseldorf OLGR 2003, 222, 223).

bb)

Nach Maßgabe dessen ist eine konkrete Pflichtverletzung der ... zu bejahen, weil die von der Zeugin ... der Klägerin empfohlenen Anlagen nicht der Risikobereitschaft der Klägerin entsprachen (vgl. zu einem ähnlich liegenden Fall KG, KGR Berlin 2005, 191).

Unstreitig wurde zwischen der Klägerin und der Zeugin als Anlagestrategie "konservativ orientiert" gewählt (vergleiche den von der Klägerin unterschriebenen Anlagebogen Anl. B 2, Bl. 31 BA und das Vorbringen der ... im Vorprozess, Blatt 25 Beiakte).

Die ... hat in dem am 4. Oktober 2000 ausgefüllten und von der Klägerin unterschriebenen Anlagebogen (Anl. B 2, Bl. 31 BA) selbst definiert, wie sie die verschiedenen Strategiestufen einschätzt und in welchem Umfang Aktien dem jeweiligen Portfolio beigemischt werden sollen. Von dieser von der ... vorgenommenen Definition und Einschätzung der verschiedenen Strategiestufen durfte und musste die Klägerin, als sie ihre Anlagestrategie gegenüber der ... festlegte, ausgehen. Hiernach sollen in der Stufe "sicherheitsorientiert" keine Aktien, in der Stufe "rentenorientiert" "eher" keine Aktien beigemischt werden, in der Stufe "konservativ orientiert" sind Aktien "beigemischt"; in der Stufe "wachstumsorientiert" ist der Aktienanteil größer als der Rentenanteil, in der Stufe "chancenorientiert" schließlich bilden Aktien und Derivate den Hauptanteil im Depot. Aus einem Vergleich der bei der jeweiligen Stufe angegebenen Aktienbeimischung lässt sich verhältnismäßig genau einschätzen, welchen Aktienanteil nach der der Klägerin erkennbaren Definition der ... das Portfolio in der Stufe "konservativ orientiert" aufweisen soll. Während nämlich in den Stufen "sicherheitsorientiert" und "rentenorientiert" keine oder "eher" keine Aktien beigefügt werden sollen, soll ("ist") in der Stufe "wachstumsorientiert" der Aktienanteil größer als der Rentenanteil sein, während in der Stufe "chancenorientiert" Aktien und Derivate den Hauptanteil im Depot bilden. Dieser Vergleich sowie die in der Stufe "konservativ orientiert" verwandte Formulierung, dass Aktien "beigemischt" sind, lässt nur den Schluss darauf zu, dass in der Stufe "konservativ orientiert" die Aktienbeimischung auf jeden Fall unter 50 % betragen soll. Insbesondere die Formulierung, dass Aktien "beigemischt" sind, verträgt sich nur mit einem Aktienanteil von unter 50%. Ein Stoff A ist dann nicht mehr einem Stoff B "beigemischt", wenn A den überwiegenden Bestandteil des Gemischs bildet. Dann ist vielmehr B A beigemischt. Auch wenn A und B gleichgewichtig sind, ist A nicht mehr B beigemischt. Da in der Stufe "chancenorientiert" Aktien und Derivate den Hauptanteil im Depot bilden, dürfen Aktien nicht auch bereits in der zwei Risikostufen darunter angesiedelten Strategie "konservativ orientiert" den Hauptanteil im Depot bilden, wie sich im Übrigen aus der Skizze zu der Anlagestrategie, die den Aktienanteil gegenüber dem Rentenanteil farblich hervorhebt, ergibt (Bl. 31 BA).

Insoweit ist dem Anlagebogen eine Obergrenze für die Aktienbeimischung bei konservativ orientierter Anlagestrategie zu entnehmen. Zutreffend ist zwar, dass nach dem ebenfalls auf diesem Formular enthaltenen Schaubild zu den verschiedenen Anlagestrategien die Grenzen der verschiedenen Strategien fließend sind. Dies vermag aber nichts daran zu ändern, dass dem Anlagebogens zu entnehmen ist, dass bei der konservativ orientierten Strategie nicht mehr als 50% Aktien beigemischt sein dürfen.

Daran vermag die ausweislich des Anlagebogens der Klägerin gegebene Beratung zu der Risikokategorie E, der höchsten Risikogruppe, nichts zu ändern. In dem ersten Teil des Anlagebogens ist auszufüllen, "in welcher der folgenden Produkt-Risikokategorien" der Anleger "heute die für eine ausgewogene Anlageentscheidung notwendigen Kenntnisse hat"; hier wurde für die Klägerin unstreitig die höchste Kenntnisstufe E eingetragen. Aus dem auf dem Anlagebogen enthaltenen vorgedruckten Eintrag, dass die Beratung zu dieser Produkt-Risiko-Kategorie erfolgte, lässt sich indes nicht der Schluss ziehen, dass der Anleger nicht die in dem zweiten Teil des Bogens festgelegte Anlagestrategie zu verfolgen beabsichtigt, sondern eine Strategie, die zu der Beratung passt. Es kann daher dahin stehen, ob nicht eher die umgekehrte Betrachtungsweise zutreffend ist: Wenn der Anleger eine konservativ orientierte Strategie verfolgt, ist eine Beratung, die allein zu der Produkt-Risikokategorie E erfolgt, nicht anlagegerecht. Der Umstand, dass der Klägerin Basisinformationen über Vermögensanlagen in Wertpapieren überreicht wurden, besagt nichts über die von der Klägerin gewünschte Anlagestrategie.

Wie oben ausgeführt, betrug der Anteil der Aktienfonds 66% des gesamten Anlagebetrags. Selbst wenn man den Fonds Global Expert komplett aus dem Aktienanteil herausrechnen wollte, weil er eine Rentenbeimischung aufweist, so beträgt der Anteil der reinen Aktienfonds an der gesamten Anlage noch immer 56,6%. Eine gänzliche Nichtberücksichtigung des Fonds Global Expert bei der Frage, inwieweit das Portfolio aus Aktien/Aktienfonds bestand, ist aber ohnehin nicht angebracht, weil dieser Fonds gemäß seiner Anlagestrategie (vgl. Anl. Z 4 im losen Anlagenkonvolut zum Schriftsatz der Bevollmächtigten der Klägerin vom 18. Juli 2005 im Vorprozess) die Strategie einer flexiblen Anlage in internationale Aktien- und Rentenwerte verfolgt, weswegen ihm zumindest teilweise die einem reinen Aktienfonds innewohnenden Risiken immanent sind. Es kommt daher nicht darauf an, dass nach der Seite 31 des derzeit gültigen, im Internet allgemeinen einsehbaren Verkaufsprospekts (WKN 926266 Unterfonds Global Expert) der Fonds die eingezahlten Gelder auch ausschließlich in Aktien investieren darf.

Bei der Frage, ob die von der Zeugin empfohlenen Geldanlagen in ihrer Gesamtheit noch als der vereinbarten Strategie zugehörend zu bezeichnen sind, müssen auch die Besonderheiten des CB-Basis-Branchen-Fonds berücksichtigt werden, da er etwa 28 % des gesamten Portfolios ausmachte und ihm daher bei der Frage, ob die vorgegebene Anlagestrategie eingehalten wurde, ein hohes Gewicht zukommt. Der CB-Basis-Branchen-Fonds wird von seinen Initiatoren selbst in die höchste Risikostufe eingestuft. Auf die in dem Informationsmaterial/Auftrag (Bl. 33 f. BA) gestellte Frage "Welche grundsätzliche Anlagestrategie verfolgen Sie mit ihrer Vermögensanlage bei der ...?" hat der Anleger die Möglichkeit, zwischen vier verschiedenen Strategien zu wählen, wobei der von der Zeugin empfohlene CB-Basis-Branchen-Fonds in die höchste Risikostufe fällt, da dort "sehr hohe Wertverluste durch eine Konzentration auf einzelne Branchen (...) jederzeit möglich" sind. Deswegen ist dieser Fonds nach eigener Einschätzung der Initiatoren bestimmt für "chancenorientierte Anleger", die "höhere Risiken. (...) bewusst in Kauf nehmen.". Es liegt auf der Hand, dass der CB-Basis-Branchen-Fonds für sich gesehen nicht der für die Gesamtanlage unstreitig vereinbarten Strategie "konservativ orientiert" entspricht. Selbst die Zeugin hat diesen Fonds als mit größeren Risiken als andere Aktienfonds behaftet eingeschätzt. Auch unter Berücksichtigung dessen, dass eine konservative Anlagestrategie die Beimischung spekulativer Anlageformen nicht von vornherein ausschließt, dürfte bereits für sich gesehen eine Anlage von ca. 28% des gesamten Anlagebetrages in einem einzigen Fonds, bei dem nach eigener Einschätzung der Fondsinitiatoren sehr hohe Wertverluste jederzeit möglich sind, außerhalb des Bereichs einer konservativen Anlagestrategie liegen. Dies gilt aber erst Recht, wenn weitere etwa 28,6 % der gesamten Geldanlage in Aktienfonds und darüber hinaus etwa weitere 9,5% in einen Aktienfonds, der lediglich eine Rentenbeimischung aufweist, investiert werden.

Auch in der gebotenen Gesamtschau enthielt die Anlage in die genannten Aktienfonds ein mit der vereinbarten Strategie "konservativ orientiert" nicht mehr in Einklang stehendes hohes Risikopotential; die Gefahr eines erheblichen Kapitalverlusts hat sich realisiert, wie die Wertverluste von fast 50 % zeigen, die die von der Klägerin erworbenen Aktienfonds in der Folgezeit erlitten haben.

An der Nichteinhaltung der von der Klägerin mit der Zeugin vereinbarten Anlagestrategie vermag der Umstand nichts zu ändern, dass sich die Aktienfonds in erster Linie aus Standardwerten großer deutscher und internationaler Unternehmen zusammensetzten. Wie ausgeführt, hat die ... selbst die im Rahmen der Anlageberatung von ihrer vorgesehenen Anlagestrategien definiert; mit der von der ... vorgesehenen Definition der Strategie "konservativ orientiert" ist eine Quote von reinen Aktienfonds von über 50% auch dann nicht zu vereinbaren, wenn es sich um Fonds handelt, die in Standardwerte investieren. Zudem können, wie die tatsächliche Entwicklung gezeigt hat, auch Aktienfonds, die ausschließlich in Standardwerte großer deutscher und internationaler Unternehmen investieren, durchaus heftigen Wertverlusten ausgesetzt sein. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Klägerin den Auftrag zum Erwerb des CB-Basis-Branchen-Fonds selbst unterzeichnet hat und sie hierin ausdrücklich auf die hohen Risiken dieser Kapitalanlage hingewiesen wurde. Der ... gereicht nicht zum Vorwurf, die Klägerin nicht hinreichend über die jeder einzelnen Anlageform zukommenden Risiken hingewiesen zu haben. Maßgeblich ist, dass die ... die Klägerin darauf hätte hinweisen müssen, dass die empfohlenen Anlagen nicht der zuvor einvernehmlich zwischen der Klägerin und der Zeugin vereinbarten Anlagestrategie "konservativ orientiert" entsprach, sondern vielmehr der Strategie "wachstumsorientiert", wenn nicht gar derjenigen der Stufe "chancenorientiert". Für einen derartigen Hinweis der Zeugin und ein Einverständnis der Klägerin, die gerade zuvor vereinbarte Anlagestrategie zu ändern und nunmehr eine Strategie einzuschlagen, die mit einem höheren Risiko verbunden ist, ist nichts ersichtlich. Ein derartiges Einverständnis der Klägerin ist nicht darin zu sehen, dass die Klägerin auf die Zeugin nach deren Angaben den Eindruck gemacht hat, "sehr an guten Gewinnen interessiert" zu sein und bereit gewesen sei, "gewisse Risiken in Kauf zu nehmen, um entsprechende Gewinne zu erzielen". Gegen die Annahme, dass die Risikobereitschaft der Klägerin über der vereinbarten Strategie "konservativ orientiert" lag, spricht bereits, dass der nicht liquide angelegte Teil des Geldes nach den eigenen Bekundungen der Zeugin für die Altersvorsorge angelegt werden sollte (Bl. 116 f. GA). Unter Berücksichtigung dieser von der Klägerin kenntlich gemachten und von der Zeugin erkannten Zielrichtung der Klägerin war es beratungspflichtwidrig, der Klägerin zu empfehlen, 28 % des gesamten Anlagebetrages in eine ersichtlich spekulative Anlage wie den CB-Basis-Branchen-Fonds und insgesamt 66 % des gesamten Anlagebetrags in Aktienfonds zu investieren (vgl. BGH WM 2000,1441; Thüringer Oberlandesgericht, OLGR Jena 2005, 626; KG, KGR Berlin 2005, 191). Denn mit der von der Klägerin kundgemachten Zielsetzung ist ein - dann eingetretenes - Risiko, etwa die Hälfte des angelegten Kapitals in wenigen Jahren zu verlieren, nicht in Einklang zu bringen.

Sollte die Zeugin als Mitarbeiterin der ... davon ausgegangen sein, dass es sich bei den von ihr vorgeschlagenen Anlagen insgesamt um eine Anlage handelt, die der Risikomentalität der Klägerin entspricht (Bl. 119 BA), läge die Pflichtverletzung in der auf der Grundlage dieser Bewertung der Anlagen vorgenommenen Beratung (vgl. KG, KGR Berlin 2005, 191).

Den Beweisantritten der Beklagten in deren Schriftsatz vom 12. Oktober 2007 auf den Seiten 6 bis 10 (Bl. 270 ff. GA) ist nicht nachzugehen. Die Frage, ob die von der ... empfohlene Anlage dem vereinbarten Anlageziel entspricht, ist eine Rechtsfrage, die unter Auslegung insbesondere des von der ... verwandten Anlagebogens zu beantworten ist; die hierzu vertretene Einschätzung von Mitarbeitern der ... ist unerheblich. Ebenso wenig ist zu dieser Rechtsfrage ein Gutachten eines Sachverständigen einzuholen.

Die im vorgenannten Schriftsatz auf der S. 7 (Blatt 271 GA) aufgestellte Behauptung der Beklagten, die Klägerin habe genau die ihr empfohlenen Anlagen gewollt, ist zum einen unsubstanziiert; zum anderen lässt sich diesem Vorbringen ein Einverständnis der Klägerin nicht entnehmen, die schriftlich festgelegte Anlagestrategie zu ändern.

c)

Die schuldhafte Beratungspflichtverletzung der ... ist für die Anlageentscheidung und den eingetretenen Verlust auch ursächlich geworden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der vertragliche Aufklärungs- oder Beratungspflichten verletzt, dafür beweispflichtig, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte also den Rat oder Hinweis nicht befolgt hätte (vgl. BGHZ 124, 151, 159 f. = NJW 1994, 512; BGHZ 151, 5, 12 = NJW 2002, 2703; BGH, v. 13.1.2004 - XI ZR 355/02, NJW 2004, 1868, 1869 m.w.N.; KG, aaO). Jedenfalls soweit die Aufklärungs- bzw. Beratungspflichten - wie vorliegend - dazu bestimmt sind, dem Partner eine sachgerechte Entscheidung über den Abschluss gewisser Geschäfte zu ermöglichen, handelt es sich dabei nicht um einen bloßen Anwendungsfall des Anscheinsbeweises, sondern um eine vom Aufklärungspflichtigen zu widerlegende Vermutung (vgl. BGHZ 124, 151, 160 = NJW 1994, 512; OLG Düsseldorf, v. 7.9.2000 - 6 U 186/99, OLGR 2002, 69, 72). Die Darlegungs- und Beweislast für das Gegenteil trägt daher der Aufklärungspflichtige.

Dass die Klägerin, die ihr geerbtes Geld vor Oktober 2000 in einen sicheren Geldmarktfonds angelegt hatte, sich bei vollständiger und zutreffender Beratung für die gleichen Anlagen entschieden hätte, hat die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nicht aufgezeigt, so dass der Klägerin die Vermutung einer Schadenskausalität zugute kommt.

Unerheblich ist, ob sich gerade das Risiko verwirklicht hat, über welches der Kunde nicht aufgeklärt worden ist (KG, aaO).

Ist damit nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass die Klägerin die hier getätigten Anlagen bei vollständiger und zutreffender Beratung nicht erworben hätte, ist die Klägerin auch nicht so zu stellen, als wenn die Zeugin ... ihr eine auf der Grundlage des Beratungsbogens gerade noch zulässige Quote von Aktien und Fondsanteilen verkauft hätte. Es fehlt bereits jeglicher Vortrag der Beklagten dazu, welche Aktien und Fondsanteile die Klägerin bei einer vollständigen und zutreffenden Beratung erworben hätte und wie sich diese Anteile entwickelt hätten. Dies vorzutragen, oblag der ... als der Aufklärungspflichtigen und damit im Regressprozess nunmehr der Beklagten.

d)

Die ... hatte die Klägerin wegen schuldhafter Verletzung ihrer Beratungspflichten so zu stellen, als ob die Klägerin die in Rede stehenden Fondsanteile nicht erworben hätte. Die Verluste aus diesen Geschäften wären dann nicht eingetreten.

Ist auf dem Kapitalmarkt ein Anlageinteressent durch Verletzung von Aufklärungspflichten bewogen worden, eine Kapitalanlage zu erwerben, kann er beanspruchen, so gestellt zu werden, wie er ohne den Erwerb gestanden hätte (vgl. KG, aaO). Der zu ersetzende Vertrauensschaden geht dahin, den Kunden so zu stellen, wie er ohne die Vermögensanlage gestanden hätte, die er als Folge der fehlerhaften Beratung getätigt hat. Der geschädigte Anleger hat deshalb Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihm dadurch entstanden ist, dass er auf die ihm gegebenen unrichtigen Erklärungen vertraut hat. Wenn der Anleger bei gehöriger Aufklärung die Kapitalanlage nicht erworben hätte, ist ihm der Kaufpreis zu ersetzen. So liegt der Fall hier.

Damit konnte die Klägerin hier als Schadensersatz von der ... die Differenz zwischen Anlagesumme und Verkaufserlös (abzüglich eines Rabatts von 777,16 € und zuzüglich Depotgebühren von 781,87 € unstreitig 45.195,92 €) beanspruchen. Dieser Schadensberechnung der Klägerin ist weder die ... im Vorprozess noch die Beklagte im hiesigen Prozess entgegen getreten.

e)

Eine Kürzung dieses Anspruches wegen Mitverschuldens der Klägerin nach § 254 BGB kam nicht in Betracht.

§ 254 BGB verlangt allgemein einen vorwerfbaren Verstoß gegen ein eigenes Interesse. Der Verletzte muss eine Obliegenheit verletzt haben, die ihm selbst gegenüber besteht (BGH, NJW 1997, S. 2234; BGHZ 3, S. 46). Mitverschulden scheidet in der Regel aus, wenn die Verhütung des entstandenen Schadens nach dem Inhalt des Vertrages gerade dem Schädiger oblag (BGH, NJW 1992, 309).

Bei der Verletzung einer Beratungspflicht kann deswegen der Aufklärungspflichtige grundsätzlich dem Geschädigten nicht entgegenhalten, er habe den Angaben nicht vertrauen dürfen und sei deshalb für den entstandenen Schaden mitverantwortlich. Die gegenteilige Annahme würde im Widerspruch zum Grundgedanken der Aufklärungs- und Beratungspflicht stehen (ständige Rechtsprechung des BGH: WM 2004, S. 422 ff.; NJW-RR 1998, S. 16; Urteil vom 26.09.1997, Az.: X ZR 65/96, jeweils m.w.N.).

Etwas anderes kann gelten, wenn der Geschädigte über eigene Sachkunde oder zusätzliche Informationen von dritter Seite verfügt. Ein derartiger Ausnahmefall liegt nicht vor. Insbesondere verfügte die Klägerin nicht über besondere Sachkunde.

Der Klägerin kann auch nicht mit Erfolg vorgeworfen werden, sie habe die Anteile zu früh abgestoßen. Das gilt hier sogar ungeachtet der Frage, ob die Klägerin überhaupt verpflichtet war, sich Gedanken über den günstigsten Veräußerungszeitpunkt für die nur aufgrund von Pflichtverletzungen des Beklagten erworbenen Fondsanteile zu machen, schon deshalb, weil die weiteren Kursentwicklungen nicht voraussehbar waren. Die Folgen eines etwa ungünstigen Veräußerungskurses gehen deshalb zu Lasten der Beklagten (vgl. a. OLG Düsseldorf, v. 7.9.2000 - 6 U 186/99, OLGR 2002, 69, 72). Überdies erscheint es aber auch sachgerecht und angemessen, dass dem Anleger, der sich auf Grund unterlassener oder fehlerhafter Beratung für ein riskantes Anlagegeschäft entschlossen und dieses getätigt hat, das weitere Risiko, wann er aus diesem Investment wieder aussteigt, grundsätzlich nicht auferlegt werden kann. Ohnehin hat die Klägerin nach ihrem Vorbringen die Verkäufe nach Rücksprache mit Mitarbeitern der ... vorgenommen. Dass es sich anders verhalten hat, hat die Beklagte, die für die Voraussetzungen eines Mitverschuldens darlegungs- und beweisbelastet ist, nicht dargetan.

3.

Die Klägerin hat von der Beklagten unbestritten vorgetragen (Bl. 11 GA), sie hätte rechtzeitig Klage gegen die ... erhoben, wenn die Beklagte sie auf die drohende Verjährung hingewiesen hätte. Hiervon hat der Senat daher auszugehen.

Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 8. März 2005 - XI ZR 170/04 -, erfasst die Verjährungsvorschrift des § 37a WpHG auf Aufklärungs-, Informations- und Beratungspflichtverletzungen beruhende, vertragliche oder vorvertragliche Schadensersatzansprüche und darüber hinaus selbst deliktische Ansprüche, sofern der Deliktsverstoß auf eine Verletzung des § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG gestützt wird und lediglich fahrlässig begangen worden ist. Danach sind, wie der Senat in seinem im Vorprozess erlassenen Urteil ausgeführt hat, sämtliche vorliegend geltend gemachten Ansprüche, die auf ein Fehlverhalten der ... im Zusammenhang mit den Beratungsgesprächen am 4. Oktober 2000 und davor gestützt werden, verjährt. Dies gilt auch, falls die ... für die damaligen Anlagen Rückvergütungen der von ihr empfohlenen Fondsgesellschaften erhalten haben sollte. Auch hieraus resultierende Schadensersatzansprüche der Klägerin unterlagen der kurzen Verjährung des § 37a WpHG.

Unstreitig hat die Klägerin die streitgegenständlichen Anlagen am 4. Oktober 2000 oder unmittelbar danach getätigt, ohne innerhalb des dreijährigen Verjährungszeitraums eine verjährungsunterbrechende bzw. -hemmende Maßnahmen zu ergreifen. Die Verjährungsfrist begann bereits mit dem Erwerb der empfohlenen Fondsanteile (BGH aaO). Die Klageerhebung im Vorprozess erfolgte erst am 9. November 2004 und damit nach Verjährungseintritt. Als sich die Klägerin im März 2003 an die Beklagte mit der Bitte um Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen gegenüber der ... wandte, bestand ausreichend Zeit, gegenüber der ... verjährungsunterbrechende bzw. -hemmende Maßnahmen zu ergreifen.

Hieran ändert es nichts, dass die Klägerin im Vorprozess in zweiter Instanz die Rechtsansicht vertreten hat, auch unter Zugrundelegung der neueren, gerade genannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei ihr mindestens ein nicht verjährter Schaden in Höhe von 16.314,09 € entstanden. Diese Rechtsansicht basierte auf der Annahme, die Auskünfte der Mitarbeiter im Nachgang zum Beratungsgespräch stellten eigenständige Beratungsverträge da (Berufungsbegründung der Klägerin vom 18. Juli 2005 auf S. 11, Blatt 208 BA sowie Schriftsatz der Klägerin vom 6. Dezember 2005 auf S. 4, Blatt 259 BA). Dass diese Rechtsansicht der Klägerin unzutreffend ist, hat der Senat bereits in seinem im Vorprozess ergangenen Urteil unter II. A. 3. c) im Einzelnen ausgeführt. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

4.

Soweit die Beklagte mit ihrem Vorbringen auf den Seiten 12 und 13 ihres Schriftsatzes vom 12. Oktober 2007 ein Mitverschulden der Klägerin darin erblicken möchte, dass sie es unterlassen hat, ihnen gegenüber bei der vorgerichtlichen Beratung eine Rückvergütung der ... anzugeben, scheidet ein Mitverschulden bereits deswegen aus, weil nicht ansatzweise ersichtlich ist, dass die Klägerin von einer Rückvergütung zur damaligen Zeit wusste. Auch ein Mitverschulden im Vorprozess wegen unterbliebenen Vortrags zu einer Rückvergütung scheidet aus. Zum einen ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin von einer Rückvergütung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Vorprozesses wusste. Zum anderen wären auch auf eine Rückvergütung gestützte Schadensersatzansprüche gegen die ... bei Erhebung der Klage im Vorprozess bereits verjährt gewesen.

C.

Gegen die Ersatzfähigkeit der halben Geschäftsgebühr in Höhe von 932 € hat die Beklagte keine Einwendungen erhoben.

Gemäß § 291 BGB stehen der Klägerin Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.4.2006, dem Datum der Klagezustellung (Bl. 72 GA), zu.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Den Streitwert für das Berufungsverfahren hat der Senat auf 45.196,-- Euro festgesetzt.

Der nachgelassene und vom Senat berücksichtigte Schriftsatz der Beklagten vom 12. Oktober 2007 bietet zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung keine Veranlassung.

Ein Grund zur Zulassung der Revision besteht nicht. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

Zurück