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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 06.02.2004
Aktenzeichen: I-16 U 69/03
Rechtsgebiete: HGB, BGB


Vorschriften:

HGB § 87
HGB § 89 a Abs. 2
HGB § 89 b Abs. 4
BGB § 242
BGB § 284 Abs. 1 a. F.
BGB § 285 a. F.
BGB § 288 Abs. 1 a. F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 4. April 2003 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert.

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 57.998,60 EUR mit Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14. November 2000 zu zahlen.

Im Übrigen werden die Widerklage abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des ersten Rechtszuges haben die Klägerin 43 % und die Beklagte 57 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht diese vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Sicherheitsleistungen können auch durch Bürgschaft eines der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegenden Kreditinstituts erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin vertreibt Spielgeräte und Spielanlagen. Die Beklagte ist Handelsvertreterin.

Unter dem Datum des 17. Juni 1992 schloss die Klägerin mit der T... & H... OHG einen schriftlichen Handelsvertretervertrag, durch welchen die Klägerin die OHG mit der Vertretung in bestimmten Gebieten betraute. Am 29. September 1992 schloss die Klägerin ferner mit der Beklagten einen schriftlichen Handelsvertretervertrag, durch welchen die Beklagte mit der Vertretung in bestimmten weiteren Gebieten betraut wurde.

In § 8 der beiden Verträge ist Folgendes vereinbart:

(1)

Die dem Handelsvertreter zu zahlende Provision beträgt für die Zeit bis zum 31.12.1993 20 % (i.W. zwanzig Prozent).

Ab 01.01.1994 beträgt die Provision 12 % (i.W. zwölf Prozent) des Entgelts.

Als Entgelt gilt der Rechnungsbetrag abzüglich der Mengen- und Treuerabatte, sowie gesondert in Rechnung gestellter Nebenkosten wie Fracht, Verpackung, Montage, Zoll und Steuern. Nachlässe bei Barzahlung (Skonto) sind nicht abzuziehen.

(2)

Darüber hinaus erhält der Handelsvertreter, als vertragliche Vorausregelung des Ausgleichsanspruchs und zu dessen voller Abgeltung ab 01.01.1994 3 % Sondervergütung. Der Handelsvertreter ist zu deren sofortiger Rückzahlung verpflichtet, wenn ein Ausgleichsanspruch nicht gegeben ist.

Unter dem Datum des 20. Dezember 1999 übersandte die Klägerin der Beklagten ein die "Änderung der Handelsvertreterverträge vom 17. Juni 1992 und vom 29. September 1992" betreffendes Schreiben, welches die Beklagte - wie gewünscht - unterschrieben an die Klägerin zurücksandte. In diesem Schreiben heißt es:

"entsprechend der zwischen uns erzielten Einigung auf Grund des geltenden Handelsvertretervertrages fassen wir nachfolgend die Änderungen und Ergänzungen schriftlich zusammen mit der Bitte, uns ein unterschriebenes Exemplar zurückzusenden.

Die Firma T... & H... GmbH und die Firma L... S...-P...-, F... GmbH sind sich über die nachfolgenden Änderungen bzw. Ergänzung der zwischen Ihnen bestehenden Handelsvertreterverträge vom 17.06.1992 und vom 29.09.1992 einig:

1.) Die bis zum 31.12.1999 geleistete Vorauszahlung des Ausgleichanspruches in Höhe von DM 101.206,05 zum Vertrag vom 17.06.1992 und in Höhe von DM 27.921,42 zum Vertrag vom 29.09.1992 wird auf einen späteren Ausgleichsanspruch angerechnet.

2.) Sollte dieser spätere Ausgleichsanspruch niedriger ausfallen als die bis zum 31.12.1999 gezahlte Summe, so verzichtet die Firma L... GmbH auf eine Rückzahlung des überbezahlten Betrages durch die Firma T... & H... GmbH.

3.) Ab dem 01.01.2000 ruht der Anspruch der Firma T... & H... GmbH auf Leistung von Vorauszahlungen hinsichtlich des Ausgleichsanspruches. Sollten in Zukunft seitens der Firma T... & H... GmbH Umsätze erzielt werden, die den bisher vorausgezahlten Betrag übersteigen, so wird die Firma L... GmbH unaufgefordert die Vorauszahlungen auf den Ausgleichsanspruch entsprechend der vertraglichen Vereinbarung wiederaufnehmen.

4.) Um der Firma T... & H... GmbH eine Steigerung der Umsätze zu ermöglichen und zu fördern, zahlt die Firma L... GmbH zunächst für den Zeitraum vom 01.01.2000 bis zum 31.12.2000 einen pauschalen Zuschuss hinsichtlich der Werbekosten, die durch zusätzliche Werbeaktionen seitens der Firma T... & H... entstehen, in Höhe von 3% des in diesem Zeitraum von der Firma T... & H... erzielten Warennettoumsatzes."

Mit Schreiben vom 19. Juni 2000 kündigte die Beklagte beide Vertragsverhältnisse fristlos.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte wegen einer dem Grunde und der Höhe nach unstreitigen Kaufpreisforderung Klage erhoben auf Zahlung von 20.263,59 DM mit Zinsen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und Widerklage erhoben auf Zahlung von 291.716,-- DM mit Zinsen. Sie hat vorgetragen:

Die Klageforderung sei durch Aufrechnung erloschen. Aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Handelsvertretervertrag stünden ihr Gegenforderungen zu, welche die Klageforderung bei weitem überstiegen und zum Gegenstand der Widerklage gemacht würden.

Der erste Handelsvertretervertrag vom 17. Juni 1992 zwischen der Klägerin und der OHG sei einvernehmlich zum 1. Juni 1994 auf sie übertragen worden sei. Sie sei als Nachfolgerin der OHG nahtlos in diesen Vertrag eingetreten. Dies sei zwischen allen Beteiligten so vereinbart worden. In der Folgezeit seien sämtliche Provisionsabrechnungen und Provisionszahlungen auch nur noch an sie gegangen. Auch folgende Vertragsänderungen seien nur noch mit ihr vereinbart worden. Für die Betreuung weiterer Gebiete hätten die Parteien den weiteren Handelsvertretervertrag abgeschlossen.

Beide Vertragsverhältnisse habe sie mit ihrem Schreiben vom 19. Juni 2000 aus wichtigem Grund wirksam fristlos gekündigt. Die Klägerin habe in grober Weise gegen ihre Vertragspflichten verstoßen und dadurch eine weitere Zusammenarbeit der Parteien unzumutbar gemacht. Ihr sei keine andere Möglichkeit geblieben, als das Handelsvertretungsvertragsverhältnis fristlos aus wichtigem Grund zu kündigen. Diese Kündigung sei der Klägerin am 20. Juni 2000 zugegangen, damit sei das Vertragsverhältnis beendet. Sie habe Schadensersatz- und Ausgleichsansprüche.

Mit der Widerklage mache sie ihren Ausgleichsanspruch geltend, soweit dieser nicht durch Aufrechnung erloschen sei. Die Voraussetzungen für den Ausgleichsanspruch lägen vor. Der Höhe nach belaufe sich dieser Anspruch auf 133.699,-- DM. Die Klageforderung sei durch die von ihr erklärte Aufrechnung erloschen. Auf den Ausgleich entfalle nach Aufrechnung noch ein Betrag in Höhe von 133.699,-- DM brutto abzüglich 20.263,59 DM, also 113.435,41 DM. Dieser Betrag sei Gegenstand der Widerklage.

Die Vorausabgeltungsklausel in den Handelsvertreterverträgen sei unwirksam. Die dort vorgesehene angebliche Sondervergütung sei nicht getrennt abgerechnet worden für ausgleichspflichtige Neukunden. Auch sei mit dem Schreiben vom 20. Dezember 1999 entsprechend der von Anfang an gefassten Absicht der Parteien vereinbart worden, dass eine Rückzahlungsverpflichtung im Falle der Nichtentstehung eines Ausgleichsanspruchs ausgeschlossen sein solle. Im Übrigen sei die von der Klägerin geschuldete Provision von 12 % und 3 % die absolut übliche Provision gewesen. Provision und sog. Sondervergütung seien auch niemals getrennt abgerechnet worden. Vielmehr sei ein einheitlicher Provisionssatz von 15 % abgerechnet worden. Es sei nie festgestellt worden, was angeblich übliche Provision und was Sondervergütung habe sein sollen. Mit der dreiprozentigen Sondervergütung sei nicht ein Ausgleich abgegolten worden, sondern eine zusätzliche Provisionsvergütung geleistet worden. Für 12 % Provision hätte sie ihre Leistungen, die sie erbracht habe, gar nicht erbringen können.

Darüber hinaus stehe ihr gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 178.281,-- DM zu, welchen sie ebenfalls mit der Widerklage geltend mache.

Diesem Vorbringen ist die Klägerin wie folgt entgegengetreten:

Die Beklagte sei nicht aktivlegitimiert. Lediglich der Vertrag vom 29. September 1992 sei mit der Beklagten getroffen worden. Der weitaus bedeutsamere erste Handelsvertretervertrag sei mit der T... und H... OHG abgeschlossen worden.

Des Weiteren sei in den Handelsvertreterverträgen verbindlich festgelegt, dass neben der Provision als vertragliche Vorausregelung des Ausgleichsanspruchs und zu dessen voller Abgeltung eine Sondervergütung von 3 % von ihr gezahlt werde und die Beklagte habe sich zur Rückzahlung an sie verpflichtet für den Fall, dass ein Ausgleichsanspruch nicht gegeben sein sollte. Mit dem Schreiben vom 20. Dezember 1999 habe die Beklagte ihr gegenüber bestätigt, dass sie hinsichtlich der Vereinbarung vom 14. Juni 1992 eine Vorauszahlung auf den Ausgleichsanspruch in Höhe von 101.206,05 DM und hinsichtlich der zweiten Vereinbarung vom 29. September 1992 eine solche in Höhe von 27.921,42 DM bereits erhalten habe. Damit werde ein Ausgleichsanspruch eingeklagt, der bereits abgegolten sei. Die Vorabgeltungsklausel sei rechtswirksam. Die Voraussetzungen für eine zulässige Klausel dieser Art hätten vorgelegen.

Außerdem scheitere der Ausgleichsanspruch daran, dass für die Beklagte ein wichtiger Kündigungsgrund nicht vorgelegen habe.

Die Berechnung des Ausgleichsanspruchs durch die Beklagten sei unzutreffend.

Ein Schadensersatzanspruch bestehe nicht.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 5. Februar 2003 (Bl. 168 - 169 GA) hat die Klägerin erklärt, dass der von der Beklagten berechnete Ausgleichshöchstbetrag zutreffend sei und dass sie diesen Betrag dementsprechend an die Beklagte zahlen müsste, wenn nicht die bereits geleisteten und anerkannten Vorauszahlungen anzurechnen wären.

Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 8.023,22 EUR mit Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 19. September 2000 zu zahlen. Im Übrigen hat das Landgericht Klage abgewiesen. Die Widerklage hat es insgesamt abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:

Die Kaufpreisforderung sei unstreitig. Auch der Ausgleichshöchstbetrag sei unstreitig. Die von der Beklagten erklärte fristlose Kündigung des Vertragsverhältnisses stehe dem Anspruch nicht entgegen, weil die Klägerin zu diesen Kündigungen begründeten Anlass gegeben habe. Daher schulde die Klägerin der Beklagten, wie sie in der mündlichen Verhandlung am 5. Februar 2003 ausdrücklich eingeräumt habe, Ausgleich in Höhe von insgesamt 133.699,-- DM. Auf diesen Betrag seien jedoch gemäß der von den Parteien unter dem 20. Dezember 1999 festgelegten Anrechnung bereits 129.127,47 DM im Voraus gezahlt worden, so dass zu Gunsten der Beklagten nur noch 4.571,43 DM verblieben, welche der Beklagten für die gegenüber der Klageforderung erklärten Aufrechnung zur Verfügung gestanden hätten.

An der ausdrücklich und eindeutigen Vereinbarung vom 20. Dezember 1999 müsse sich die Beklagte festhalten lassen. Es könne nicht festgestellt werden, dass es sich bei diesen Zahlungen um Provisionszahlung gehandelt habe. Die Beklagte habe dies nicht nachvollziehbar dargelegt. Dagegen spreche, dass die Beklagte nach den weiteren Abreden vom 20. Dezember 1999 für das Jahr 2000 nur noch einen Werbekostenzuschuss habe erhalten sollen, der dazu bestimmt gewesen sei, der Beklagten für eine Übergangszeit die Anpassung an die wegen Wegfalls der Vorauszahlung auf den Ausgleichsanspruch geringeren Einkünfte zu erleichtern. Die tatsächlich gezahlte Provision habe weit über dem Durchschnittsprovisionssatz gelegen und habe allein der vor Abgeltung des Ausgleichsanspruch gedient. Von einem Verstoß gegen § 89 b Abs. 4 Satz 1 HGB könne nicht Rede sein.

Ein Schadensersatzanspruch stehe der Beklagten gegen die Klägerin nicht zu.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten mit dem Antrag,

abändernd die Klage in vollem Umfang abzuweisen und die Klägerin zu verurteilen, an sie 57.998,80 EUR mit 11,5 % Zinsen seit dem 14. November 2000 zu zahlen.

Unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens trägt die Beklagte vor:

Der zunächst eingeklagte Schadensersatzanspruch aus § 89 a Abs. 2 HGB werde nicht weiterverfolgt. Im Übrigen werde das Urteil in vollem Umfang zur Überprüfung gestellt. Sie verlange mit der Berufung den Höchstbetrag auf den Ausgleichsanspruch in Höhe von 113.435,41 DM oder 57.998,80 EUR. Das sei der Restbetrag des unstreitigen Höchstbetrages nach Abzug der unstreitigen Klageforderung.

Zu Unrecht habe das Landgericht angenommen, dass ihr Ausgleichsanspruch im Wege der Vorausabgeltung in einer Höhe von 129.127,47 DM bereits ausgeglichen worden sei. Das Landgericht habe außer Acht gelassen, dass eine solche Vereinbarung über ein Vorausabgeltung des Ausgleichsanspruchs grundsätzlich wegen Verstoßes gegen das Gesetz unwirksam und unzulässig seien, weswegen der Handelsvertreter sich daran nicht festhalten lassen müsse. Die Beweislast für die Vorauserfüllung trage der Unternehmer und nicht der Handelsvertreter. Sie habe im Einzelnen dargelegt, warum der Ausgleich hier im Voraus nicht abgegolten gewesen sei. Der gesamt Vortrag werde wiederholt. Die Voraussetzungen für eine zulässige Vorausabgeltung hätten hier nicht vorgelegen. Eine wirkliche Sondervergütung, welche nicht als Provision geschuldet gewesen sei, habe die Klägerin ihr nicht gezahlt. Es könne nicht einmal festgestellt werden, welcher Provisionssatz in der hier maßgeblichen Branche überhaupt branchenüblich sei und dass es insbesondere ein Satz von nur 12 % sei. Insgesamt seien ihre Leistungen mit einer Provision von 15 % abgegolten worden. Eine Provision von nur 12 % sei für die von ihr erbrachten Leistungen nicht angemessen gewesen. Auch sei die Provision einheitlich auf alle Geschäftsabschlüsse gezahlt worden ohne zu differenzieren, ob es sich um Geschäfte mit Alt- oder Neukunden gehandelt habe.

Üblich sei eine Provisionshöhe von mindestens 15 % bis 20 %, je nachdem, welche Leistungen der Handelsvertreter zu erbringen habe. Immerhin habe die Klägerin all ihren Handelsvertretern mindestens 15 % bis 20 % Provision gezahlt.

Im Übrigen aber hätten die Parteien ausdrücklich in der Vereinbarung vom 31. Dezember 1999 festgelegt, dass die Klägerin dann, wenn ihr späterer Ausgleichsanspruch niedriger ausfallen solle als die bis dahin gezahlten Beträge ausdrücklich auf eine Rückzahlung des überzahlten Betrages verzichte. Diese Vereinbarung zeige, dass die Zahlung tatsächlich nicht der Vorausabgeltung des Ausgleichsanspruchs gedient habe, sondern dass es sich um eine zusätzliche Vergütung für die Leistungen der Beklagten gehandelt habe.

Mit dem Antrag,

die Berufung zurückzuweisen,

verteidigt die Klägerin das angefochtene Urteil. Sie führt aus:

Die Beklagte habe einen Ausgleichsanspruch auf Grund der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses gehabt. Die Höhe dieses Anspruches von ihr bereits in erster Instanz unstreitig gestellt worden. Dieser Ausgleichsanspruch sei jedoch bereits im Voraus überwiegend abgegolten worden.

Das Landgericht habe § 89 b Abs. 4 HGB berücksichtigt. Unwirksam seien nur Vereinbarungen, die den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters ausschlössen oder aber der Höhe nach begrenzten. Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen.

Die Vorausabgeltung sei gerade auf Grund der negativen Erfahrungen der Beklagten mit anderen Handelsherren in der Vergangenheit geschlossen worden sei. Allein vor diesem Hintergrund habe sie der Beklagten zu Beginn der Zusammenarbeit zunächst einen erhöhten Provisionssatz gewährt, damit die Beklagte wirtschaftlich habe gesunden können. Zur Absicherung der Handelsvertretung sei sodann die Vereinbarung geschlossen worden, wonach eine Vorausabgeltung habe erfolgen sollen. Insbesondere habe jedoch die Beklagte in der Vereinbarung vom 20. Dezember 1999 bestätigt, dass sie den dort ausdrücklich aufgeführten Betrag als Vorausabgeltung auf den Ausgleichsanspruch erhalten habe. Die Beklagte müsse sich an dieser bestätigenden Erklärung festhalten lassen.

Die Vereinbarung vom 20. Dezember 1999 stelle sich nicht als Begrenzung des Ausgleichshöchstbetrages dar. In dieser Vereinbarung sei ausdrücklich festgehalten worden, dass die Vereinbarung keineswegs den Handelsvertretervertrag habe ersetzen sollen. Sofern die Umsätze der Beklagten einen höheren Ausgleichsbetrag gerechtfertigt hätten, wäre die ursprüngliche Vereinbarung hinsichtlich der Vorauszahlung wieder zum Tragen gekommen.

Allein um es der Beklagten zu ermöglichen, sich auf die geänderte wirtschaftliche Lage einzustellen, sei ein auf ein Jahr befristeter Werbekostenzuschuss in Höhe von 3 % vereinbart worden. Der Wortlaut der Vereinbarung lasse keinen Zweifel daran aufkommen, dass es sich hier keineswegs um einen stillschweigenden Ersatz für die weggefallene Vorauszahlung habe handeln sollen.

Auch hinsichtlich der Behauptung der Beklagten, eine Provision von 12 % hätte bereits einen Prozentpunkt unter der durchschnittlichen Provision gelegen, sei nachgewiesenermaßen unzutreffend. Die marktübliche Provisionsspanne habe sich zwischen 8 % und 13 % bewegt. Die Beklagte sei somit bereits ohne Berücksichtigung der Vorausabgeltung mit 12 % überdurchschnittlich provisioniert.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen vorgelegten Urkunden und Schriftstücke, auf Tatbestand und Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung sowie auf die in der mündlichen Verhandlung erteilten und protokollierten Hinweise des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat im Wesentlichen Erfolg. Das Landgericht hat, soweit es der Klage teilweise stattgegeben und die Widerklage insgesamt abgewiesen hat, nicht richtig entschieden. Die Klageforderung ist insgesamt durch Aufrechnung erloschen und der Beklagten steht gegen die Klägerin der mit der Widerklage verfolgte Ausgleichsanspruch zu. Zinsen kann die Beklagte allerdings nur im zuerkannten Umfang verlangen.

Über die bereits erteilten und protokollierten Hinweise des Senats hinaus gilt im Einzelnen Folgendes:

I.

Im Berufungsrechtszug geht es nur noch um den Ausgleichsanspruch der Beklagten. Das Landgericht hat der Beklagten grundsätzlich einen solchen Anspruch in Höhe von 133.699,-- DM zugebilligt. Diese Entscheidung wird von beiden Parteien nicht angegriffen. Im Gegenteil ist zwischen ihnen außer Streit, dass der Beklagten dem Grunde nach ein Ausgleichsanspruch zusteht und dass dieser - wie die Klägerin im ersten Rechtszug ausdrücklich anerkannt und zugestanden hat - den vom Landgericht seiner Entscheidung dann zugrunde gelegten Betrag erreicht.

Der Streit der Parteien geht im Berufungsrechtszug lediglich um die Frage, ob die Klägerin diesen Anspruch der Beklagten bereits durch laufende Provisionszahlungen im Voraus hat erfüllen können, wie es die Klägerin und ihr folgend das Landgericht meinen.

II.

Diese Entscheidung des Landgerichts kann allerdings einer rechtlichen Überprüfung durch den Senat nicht standhalten. Das Landgericht hat die Grundsätze des § 89 b Abs. 4 Satz 1 HGB missachtet.

1.

Nach § 89 b Abs. 4 Satz 1 HGB kann der Anspruch auf Ausgleich nicht im Voraus ausgeschlossen werden. Vor Vertragsende getroffene Vereinbarungen über eine sog. (Voraus-)Erfüllung des Ausgleichsanspruchs in Form einer Anrechnung erbrachter Leistungen werden durch diesen Grundsatz der Unabdingbarkeit des Ausgleichsanspruchs zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Da der Ausgleichsanspruch nach der ausdrücklichen und zwingenden gesetzlichen Regelung in der angeführten Norm nicht im Voraus ausgeschlossen werden kann, sind Vereinbarungen über eine bereits vor Entstehen des Ausgleichsanspruchs vorzunehmende Tilgung des Ausgleichsanspruch jedoch nur möglich, wenn diese Vereinbarung und die vereinbarte Art der Vorabtilgung nicht auf einen unzulässigen Ausschluss des Anspruchs hinauslaufen. Die Zulässigkeit und Wirksamkeit einer solchen Abrede ist hierbei an strenge Voraussetzungen gebunden (vgl. Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Außendienstrechts Bd. 2, Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters, 7. Aufl., Rdnr. 1614 u. 1623; Küstner in Röhrich/Graf von Westphalen, HGB, 2. Aufl., § 89 b Rdnr. 94; Westphal, Vertriebsrecht, Bd. 1 Handelsvertreter, Rdnr. 1182; Graf von Westphalen/Westphal, Handbuch des Handelsvertreterrechts in EU-Staaten und der Schweiz, S. 311 "Deutschland" Rdnr. 737; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene, 1996, § 89 b Rdnr. 201). Dadurch soll verhindert werden, dass die "Vorauserfüllung" dazu genutzt wird, den Ausgleich zu umgehen, indem der Unternehmer die eigentliche Vermittlungsprovision in einen Provisionsanteil und einen Anteil für den Ausgleich aufspaltet. Er würde in diesem Fall nicht den Ausgleich zusätzlich zu den Provisionen zahlen, sondern erst mit den Vorauszahlungen den dem Handelsvertreter gebührenden Provisionsanspruch im Ganzen erfüllen (vgl. Westphal, a. a. O., Rdnr. 1182). Für die Wirksamkeit einer Vereinbarungen über die Vorwegerfüllung des Ausgleichsanspruchs ist daher entscheidend, dass die entsprechenden Abschlagszahlungen tatsächlich eine zusätzliche Leistung des Unternehmers darstellen (vgl. Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, 2001, § 89 b Rdnr. 141; Küstner/Thume, a. a. O., Rdnr. 1615). Es darf weder ein Teil der dem Handelsvertreter für seine vertraglich zu erbringende Tätigkeit geschuldeten Provision zur Vorauserfüllung des Ausgleichsanspruchs verwendet und ihm damit verdiente Provisionen vorenthalten werden noch darf bei Verrechnung mit bestehenden Provisionsansprüchen ein Teil des Ausgleichsanspruchs nicht erfüllt werden (vgl. Ebenroth/Boujong/Joost, a. a. O., § 89 b Rdnr. 141).

2.

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 13. Januar 1972 (VII ZR 81/70, BGHZ 58, 60 = NJW 1972, 477 = DB 1972, 328 = BB 1972, 193 = WM 1972, 293) zur Wirksamkeit von Abreden über eine Vorauserfüllung des Ausgleichsanspruch grundsätzlich Stellung genommen. In jenem Fall ging es um eine Vereinbarung, nach welcher der Handelsvertreter zusätzlich zu der vereinbarten Provision eine Sondervergütung erhielt, die auf den Ausgleichsanspruch angerechnet werden sollte. Der Unternehmer war berechtigt, die Zahlung der Sondervergütung zu einem Zeitpunkt einzustellen, der ihm angemessen erschien. Sofern dem Handelsvertreter bei Beendigung des Vertragsverhältnisses kein Ausgleichsanspruch oder nur ein solcher Ausgleichsanspruch zustehen sollte, der unter der Summe der von dem Unternehmer geleisteten Sondervergütungszahlungen lag, brauchte der Handelsvertreter nach der Abrede von der gezahlten Sondervergütung nichts zurückzahlen. In der Praxis wurden Provision und Sondervergütung von dem Unternehmer nicht getrennt abgerechnet. Das Berufungsgericht hat diese Vereinbarung der Sonderzahlung als Vorauszahlung auf einen späteren Ausgleichsanspruch für rechtswirksam erachtet. Der Bundesgerichtshof hat diese Entscheidung aufgehoben.

In seinem Urteil führt der Bundesgerichtshof aus, dass der Grundsatz der Unabdingbarkeit des Ausgleichsanspruches nicht so weit gehe, dass jegliche Abrede über eine "Vorauserfüllung" dieses Anspruchs unzulässig und nichtig wäre (BGHZ 58, 60, 64). Mit Bezug auf die zu beurteilende Abrede stellt er sodann fest, eine derartige Abrede, nämlich die Aufspaltung der dem Handelsvertreter zu zahlenden Gesamtvergütung in der Weise, dass ein Teil davon auf den künftigen Ausgleichsanspruch verrechnet werden solle, erwecke den Verdacht, damit solle die zwingende Vorschrift des § 89 b Abs. 4 Satz 1 HGB umgangen werden. Angesichts einer solchen Vertragsgestaltung liege es nahe, dass die Abspaltung und Verrechnung eines Teils der Gesamtvergütung auf den Ausgleichsanspruch lediglich eine Umgehung der zwingenden Vorschrift des § 89 b Abs. 4 HGB bezwecke und daher nichtig und unbeachtlich sei. Dann aber sei die an den Handelsvertreter zu zahlende Gesamtvergütung als die ihm geschuldete Provision im Sinn des § 87 HGB anzusehen. Wollte man eine derartige Vertragsgestaltung uneingeschränkt hinnehmen, so würde § 89 b Abs. 4 HGB seiner zwingenden Natur praktisch weitgehend entkleidet. Die Parteien bräuchten dann nur eine derartige Vertragsklausel zu vereinbaren, um genau das zu erreichen, was § 89 b Abs. 4 HGB gerade verhindern wolle, nämlich den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters praktisch im Voraus auszuschließen oder, was ebenfalls verboten sei, einzuschränken (BGHZ 58, 60, 64/65). Der Anschein, dass eine solche Abrede der Gesetzesumgehung dienen solle, verdichte sich, wenn zugleich vereinbart werde, dass der Handelsvertreter die empfangenen Vorauszahlungen auf den Ausgleichsanspruch auch dann behalten dürfe und nicht an den Unternehmer zurückzuzahlen brauche, wenn ihm bei Vertragsende gar kein oder nur ein geringerer Ausgleichsanspruch zustehe (BGHZ 58, 60, 65). Im zu entscheidenden Fall komme hinzu, dass die "Sondervergütung" prozentual auf alle von dem Kläger beigebrachten Abschlüsse gewährt werde; der Ausgleich knüpfe jedoch nach dem Gesetz (§ 89 b Abs. 1 HGB) nur an Geschäfte mit neuen Kunden an (BGHZ 58, 60, 65).

Weiter führt der Bundesgerichtshof aus, dass dort, wo eine nach einheitlichen Grundsätzen berechnete und ausgezahlte Gesamtvergütung in der oben beschriebenen Weise vertraglich aufgespalten sei, im Zweifel der Grundsatz der Unabdingbarkeit des § 89b Abs. 4 HGB den Vorrang haben müsse vor dem Grundsatz der Vertragsfreiheit, der in Bezug auf die Vereinbarung der Provision nach § 87 HGB gelte. Anders sei ein wirksamer Schutz vor einer Aushöhlung der zwingenden Vorschrift des § 89b Abs. 4 HGB nicht möglich; andernfalls wäre der Umgehung dieser Vorschrift Tür und Tor geöffnet (BGHZ 58, 60, 67). Das ergebe sich aus dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung, nach welcher den Vertragsparteien des Handelsvertretervertrages zwar einerseits Vertragsfreiheit in Bezug auf die Bemessung der Provision des § 87 HGB gewährt werde, sie aber beim Ausgleichsanspruch durch die zwingende Vorschrift des § 89b Abs. 4 HGB gebunden und in ihrer Vertragsfreiheit beschränkt seien. Diese Regelung rechtfertige sich aus folgendem Grund: Es könne darauf vertraut werden, dass der Handelsvertreter, soweit es um die Höhe der ihm laufend zu zahlenden Vergütung gehe, seine Interessen bei Vertragsschluss selbst in genügender Weise wahren werde. Denn wenn er das unterlasse, bekomme er die ihm daraus erwachsenden Nachteile alsbald in Gestalt geringerer laufender Provisionszahlungen zu spüren. Er werde also in der Regel dafür sorgen, dass er bei Vertragsschluss im Rahmen des Möglichen mit dem Unternehmer das aushandelt, was er an laufender Provision brauche. Anders sei es beim Ausgleichsanspruch, der erst beim Ende des Vertragsverhältnisses entsteht, bei Vertragsschluss also nach Grund und Höhe noch in der Ferne und weitgehend im Ungewissen liege, für den Handelsvertreter daher im Augenblick noch keinen sofort greifbaren Vorteil darstelle. Der Handelsvertreter werde daher vielfach sehr viel eher geneigt sein, sich im Voraus auf nachteilige, seinen künftigen Ausgleichsanspruch ausschließende oder beeinträchtigende Vereinbarungen einzulassen, als das beim laufenden Provisionsanspruch zu befürchten sei. Deshalb habe es beim Ausgleichsanspruch einer zwingenden Vorschrift bedurft, um den Handelsvertreter wirksam vor eigener schädlicher Nachgiebigkeit in bezug auf den Bestand des künftigen Ausgleichsanspruchs zu schützen (BGHZ 58, 60, 67/68). Diese Schutzbedürftigkeit bestehe in der Regel gerade auch bei Vereinbarungen der in dem zu entscheidenden Fall getroffenen Art, bei welchen eine Vereinbarung über die Höhe der dem Handelsvertreter geschuldeten Provision mit einer den Ausgleichsanspruch berührenden Abrede verquickt sei. Der Handelsvertreter werde bei Vertragsschluss in erster Linie darauf schauen, was ihm tatsächlich insgesamt laufend zufließe. Wenn ihm dieser Satz angemessen und auskömmlich erscheine, werde er geneigt sein, sich damit zufrieden zu geben und die Klausel der Anrechnung eines Teils davon auf den späteren Ausgleichsanspruch, die ihn zunächst praktisch nicht bedrückt, hinzunehmen. Das sei genau die Gefahr, vor der ihn § 89 b Abs. 4 HGB schützen solle. Deshalb müsse diese Vorschrift in solchem Fall vor dem Grundsatz der Vertragsfreiheit bei Bemessung der Provision in der Regel den Vorrang haben (BGHZ 58, 60, 68).

Es seien, so der Bundesgerichtshof schließlich, zwar Fälle denkbar, in denen die Abrede über eine Abspaltung eines Teils der laufend zu zahlenden Gesamtvergütung und über die Anrechnung dieses abgespaltenen Teils auf den künftigen Ausgleichsanspruch unbedenklich sei. Das sei dann der Fall, wenn sich feststellen lasse, dass auch ohne die bedenkliche Verrechnungsabrede die Parteien im konkreten Fall keine höhere Provision vereinbart haben würden, als dem Teil der vereinbarten Gesamtvergütung entspricht, der nach Abzug des abredegemäß auf den Ausgleichsanspruch zu verrechnenden Teils verbleibe. Die Beweislast dafür, dass diese Voraussetzungen vorlägen, treffe aber den Unternehmer (BGHZ 58, 60, 69).

3.

Vor diesem Hintergrund sind nach allgemeiner Meinung in der herrschenden Kommentarliteratur (vgl. z. B. Ebenroth/Boujong/Joost, a. a. O., § 89 b Rdnr. 141; Küstner/Thume, a. a. O., Rdnr. 1622), welcher der Senat folgt, in Anlehnung an die vorzitierte grundlegende und weitergeltende Entscheidung des Bundesgerichtshofs Vereinbarungen über eine Voraberfüllung des Ausgleichsanspruchs vor dessen Entstehung mit Vertragsende nur dann rechtlich zulässig und wirksam, wenn

- laufend ein Gesamtbetrag gezahlt wird, welcher deutlich über der in vergleichbaren Fällen gezahlten Provision liegt,

- die Mehrzahlung vereinbarungsgemäß der Voraberfüllung des künftigen Ausgleichsanspruchs dienen soll

und

- deswegen die Rückzahlung dieser der Voraberfüllung des Ausgleichsanspruchs dienenden Leistungen durch den Handelsvertreter an den Unternehmer für den Fall zwingend vereinbart ist, dass der Ausgleichsanspruch später nicht entstehen oder nachträglich entfallen sollte.

Im Zweifel wenn die aufgezeigten Voraussetzungen nicht eindeutig festgestellt werden können, verstößt eine Vertragsbestimmung, nach welcher ein Teil der dem Handelsvertreter laufend zu zahlenden Vergütung auf den künftigen Ausgleichsanspruch angerechnet werden soll, gegen die zwingende Vorschrift des § 89b Abs. 4 Satz 1 HGB und ist daher in der Regel nichtig.

4.

Die Beweislast für die den Ausnahmetatbestand erfüllenden Tatsachenbehauptungen trägt der Unternehmer, welcher Rechte aus der Voraberfüllung des bestehenden Anspruch herleiten will. Eine Verrechnungsabrede, wie sie hier getroffen worden ist, erweckt den Anschein, dass sie der Umgehung der zwingenden Vorschrift des § 89 b Abs. 4 HGB dienen soll. Deshalb muss der Unternehmer die dafür sprechende Vermutung im Einzelfall widerlegen. Er kann hierbei nicht einwenden, diese Beweislast sei für ihn unzumutbar. Denn er braucht eine so bedenkliche und verdächtige Abrede, wie sie die Vereinbarung über die Anrechnung eines Teils der vertraglichen Gesamtvergütung auf den Ausgleichsanspruch darstellt, nicht zu treffen. Nimmt er sie aber in den Vertrag mit dem Handelsvertreter auf, so muss er auch die sich daraus ergebenden Folgen tragen (BGHZ 58, 60, 69).

Der Unternehmer muss damit insbesondere beweisen, dass die vereinbarte Gesamtvergütung deutlich über dem Üblichen liegt und im konkreten Einzelfall auch keine besonderen Umstände vorliegen, die eine Überschreitung des üblichen Provisionssatzes erklären könnten. Insoweit hat die "Branchenüblichkeit" eine gewisse Bedeutung als Indiz. Sie kann aber nicht schematisch als Maßstab dafür dienen, inwieweit die im konkreten Fall vereinbarte Vergütung auf den Ausgleich angerechnet werden kann und inwieweit nicht. Abgesehen davon, dass eine "Branchenüblichkeit" in manchen Fällen gar nicht feststellbar sein wird, muss immer auf die Besonderheiten des konkreten Einzelfalles abgestellt werden; die "Branchenüblichkeit" der Provision kann immer nur einen Anhalt, ein Beweisanzeichen (Indiz) für die Bewertung des konkreten Falles abgeben (BGHZ 58, 60, 70). Es muss daher stets darauf abgestellt werden, ob sich im Einzelfall feststellen lässt, dass bei Berücksichtigung aller Umstände der Handelsvertreter sich auch ohne die Verrechnungsabrede mit einer Provision begnügt haben würde, wie sie dem Teil der vereinbarten Gesamtvergütung entspricht, der nach Abzug des vereinbarungsgemäß auf den Ausgleichsanspruch zu verrechnenden Teils verbleibt (BGHZ 58, 60, 70).

5.

Zieht man diese Grundsätze im Streitfall heran, erweist sich die hier in § 8 Abs. 2 der Handelsvertreterverträge getroffene Vereinbarung über die Vorauserfüllung des Ausgleichsanspruchs als unwirksam.

a)

Nicht anders als in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall sollte auch vorliegend ein abgespaltener Teil (hier 1/5) der dem Handelsvertreter vertragsgemäß zahlenden laufenden Gesamtvergütung auf Grund der vertraglichen Vereinbarung auf den späteren Ausgleichsanspruch angerechnet werden. Diese Abrede erweckt den Verdacht, damit solle die zwingende Vorschrift des § 89 b Abs. 4 Satz 1 HGB umgangen werden. Dieser Anschein verdichtet sich hier - ebenfalls nicht anders als in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall - dadurch, dass auch die "Sondervergütung" auf alle von der Beklagten beigebrachten Abschlüsse gewährt werden sollte und auch gewährt worden ist. Als Indiz gegen die Wirksamkeit die Vereinbarung spricht hier ferner, dass bei der Abrechnung und Zahlung zwischen den zu verrechnenden und nicht zu verrechnenden Vergütungsteilen ein Unterschied nicht gemacht worden ist, vielmehr die Gesamtvergütung stets in einer Summe ohne Aufgliederung gezahlt worden ist. So hat es sich unstreitig während der gesamten Vertragszeit verhalten. Dabei kommt vorliegend hinzu, dass - etwa auf Grund von Preisnachlässen - unstreitig auch Provisionen mit niedrigeren Provisionssätzen als 15 % (z. B. von 12,17 %, 10 %, 12,37 %, 13,16 %, 14,65 % und 9.14%) abgerechnet und ausgezahlt worden sind. Insoweit ist völlig unklar gewesen, welche Anteile auf die "reguläre Provision" und welche Anteile auf die "Sondervergütung" entfallen sollten.

b)

Die streitige Regelung in den Handelsvertreterverträgen wäre damit nur dann wirksam, wenn die oben genannten Voraussetzungen für einen Ausnahmefall erfüllt wären. Das ist indes nicht der Fall. Die Klägerin hat nicht einmal schlüssig darlegen können, dass ein solcher Ausnahmefall hier gegeben sein könnte. Das scheitert schon daran, dass sie nach eigenem Vortrag der Beklagten für deren Vertriebsleistungen nicht eine deutlich über dem üblichen Satz liegende Vergütung gezahlt hat.

aa)

Die Beklagte hatte Anspruch auf eine Provision von 12 %, erhalten hat sie 15 %. Die Klägerin hat ihren Handelsvertretern jedoch Provisionen bis jedenfalls 13 % und im Anlaufzeitraum sogar bis zu 20 % gezahlt. Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei einer Zahlung von 15 % nicht um eine Vergütung, welche deutlich über der in vergleichbaren Fällen gezahlten Vergütung liegt.

bb)

Das gilt selbst dann, wenn dem Vortrag der Klägerin entsprechend eine Durchschnittsprovision von nur 11 % unterstellt und auf die Provision von 12 % abgestellt wird, welche die Beklagte erhalten hat, wobei die von der Klägerin überreichte fünfzeilige Erklärung des Bundesverbandes der Spielplatzgeräte- und Freizeitanlage-Hersteller e. V. (Anlage B 3,) nach welcher die "Provisionsspanne vergleichbarer Vereinbarungen zwischen 8 % und 13 %" und der Durchschnittswert bei "ca. 11 %" liegen soll, allerdings ohnehin nicht geeignet ist, eine branchenübliche Provisionshöhe zu belegen. Denn es ist nicht dargetan, wie der betreffende Verband zu dieser Einschätzung gelangt ist, wie viele Verträge im Einzelnen ausgewertet worden sind und was unter "vergleichbaren Vereinbarungen" zu verstehen ist. Außerdem ergibt sich aus der von der Klägerin vorgelegten Auskunft, dass durchaus auch Provisionen in Höhe von 12 und sogar 13 % gezahlt werden. Letztlich kommt es hierauf aber nicht an. Selbst wenn man eine Durchschnittsprovision von nur 11 % unterstellt und auf die Provision von 12 % abstellt, kann nicht die Rede davon sein, dass es sich bei einer Zahlung von 15 % um eine deutlich überhöhte Vergütung handelt.

cc)

Im Gegenteil kann bei einer Vergütung von 15 % gerade nicht ausgeschlossen werden, dass mit dem nur dreiprozentigen Aufschlag auf die als Regel vereinbarte Ausgangsprovision besonderen Leistungen der Klägerin oder auch besonderen Gegebenheiten im Kundenkreis oder bei der Handelsvertreterin selbst Rechnung getragen werden sollte. Um solches sicher auszuschließen und eine lediglich der Abgeltung des Ausgleichsanspruchs und nicht anderen Zwecken dienende Zusatzzahlung hinreichend sicher feststellen zu können, hätte die Klägerin an die Beklagte ein weitaus höhere Gesamtvergütung als 15 % zahlen müssen. Dabei kann dahinstehen, ob im Hinblick auf die von der Klägerin zeitweise gezahlten Provisionen von 20 % nicht ohnehin eine deutlich über 20 % liegende Vergütung hätte gezahlt werden müssen.

dd)

Daraus, dass die Parteien im Dezember 1999 vereinbart haben, der Anspruch der Beklagten auf Leistung von Vorauszahlungen hinsichtlich des Ausgleichsanspruches solle ab Januar 2000 zunächst ruhen und die Beklagte solle bis auf weiteres nur die reguläre Provision von 12 % erhalten, lässt sich schließlich nicht folgern, dass die Beklagte bereit gewesen wäre, von Beginn an auch für eine Provision von 12 % für die Klägerin tätig zu werden. Hiergegen spricht schon, dass die Beklagte zum Abschluss dieser späteren Vereinbarung nur bereit gewesen ist, weil ihr zugleich ein (nicht anrechenbarer) pauschaler Werbekostenzuschuss von 3 %, auf welchen sie nach den Handelsvertreterverträgen von 1992 einen Anspruch nicht gehabt hat, versprochen worden ist. Damit ergab sich letztlich wieder eine Gesamtvergütung von 15 %. Zwar sollte der Werbekostenzuschuss nur für ein Jahr gewährt werden. Der Umstand, dass die Beklagte auf einen solchen Zuschuss bestanden hat, zeigt aber, dass sie auch Ende 1999 nicht ohne weiteres bereit gewesen ist, für eine Vergütung von lediglich 12 % tätig zu werden. Hinzu kommt, dass es unter Ziffer 4 der Vereinbarung vom 20. Dezember 1999 heißt, der Zuschuss werde "zunächst" für den Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis zum 31. Dezember 2000 gewährt. Diese Formulierung ("zunächst") deutet darauf hin, dass hiernach neu verhandelt werden sollte.

c)

Damit ist die unter § 8 Abs. 2 der Handelsvertreterverträge von 1992 vereinbarte Vorwegerfüllung des Ausgleichsanspruchs als Umgehung der zwingenden Vorschrift des § 89 b Abs. 4 HGB anzusehen und daher nichtig (§ 134 BGB).

d)

Die Vereinbarung vom 20. Dezember 1999, nach welcher bis zum 31. Dezember 1999 geleistete Vorauszahlungen auf den Ausgleichanspruches in Höhe von 101.206,05 DM zum Vertrag vom 17. Juni 1992 und in Höhe von 27.921,42 DM zum Vertrag vom 29. September 1992 auf einen späteren Ausgleichsanspruch angerechnet werden sollten, ist ebenfalls unwirksam. Für diese Abrede kann nichts anderes gelten als für die ursprüngliche Vereinbarung, weil auch sie noch während des laufenden Handelsvertretervertragsverhältnisses getroffen worden ist. Außerdem beruht diese Abrede auf der in den Handelsvertreterverträgen enthaltenen (unwirksamen) Vereinbarung über die Vorwegerfüllung des Ausgleichsanspruchs. Sie setzt diese Vereinbarung als bestehend voraus und legt nur bisher gezahlte "Sondervergütungen", welche nach den Handelsvertreterverträgen auf die Ausgleichsanspruch angerechnet werden sollten, betragsmäßig fest. Damit teilt diese Abrede das Schicksal der ursprünglichen Vereinbarung.

e)

Der Hinweis des Handelsvertreters auf diese gesetzliche Regelung ist nicht treuwidrig und kann nicht gegen § 242 BGB verstoßen.

6.

Damit hat eine Anrechnung auf den Ausgleichsanspruch der Beklagten zu unterbleiben. Der Beklagten hat gegen die Klägerin nach Beendigung der Handelsvertreterverträge einen Ausgleichsanspruch in Höhe von 133.699,-- DM zugestanden. Durch die von ihr erklärte Aufrechnung ist die Klageforderung von 20.263,59 DM in voller Höhe erloschen (§ 389 BGB). Nach Aufrechnung verbleibt noch ein Ausgleichsanspruch in Höhe von 113.435,41 DM. Das sind 57.998,60 EUR.

7.

Der zuerkannte Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1, 284 Abs. 1, 285 BGB a. F.. Ein weitergehender Zinsanspruch besteht nicht. Soweit die Beklagte einen höheren Zinsschaden geltend macht, hat die Klägerin diesen bestritten. Dass sie Bankkredit in der geltend gemachten Höhe in Anspruch nimmt, hat die Beklagte nicht belegt.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Ziffer 10 und § 711 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren ist auf 66.023,-- EUR festgesetzt. In dieser Höhe ist die Klägerin beschwert, die Beklagte ist in Höhe von 9.000,-- EUR beschwert.

Ein Grund zur Zulassung der Revision besteht nicht. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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