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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 19.05.2006
Aktenzeichen: I-17 U 162/05
Rechtsgebiete: ZPO, BörsG


Vorschriften:

ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 1029 ff.
ZPO § 1032 Abs. 1
BörsG § 28
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 4. August 2005 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

A.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Ersatz eines Schadens in Anspruch, den er im Zusammenhang mit Börsentermingeschäften erlitten hat.

Die in L./Großbritannien ansässige Beklagte betreibt dort ein Broker-Unternehmen. Auf der Grundlage einer zwischen den Parteien am 11.12.2000 getroffenen Vereinbarung (Bl. 275 bis 283 GA) führte die Beklagte im Auftrag des Klägers im Zeitraum von Dezember 2000 bis Januar 2001 für diesen Börsentermingeschäfte aus. Zu diesem Zweck wurde bei der Beklagten an deren Geschäftssitz in L. für den Kläger ein Konto mit der "account"-Nummer 32111 eingerichtet, auf das der Kläger am 19.12.2000 einen Betrag von 4.000 DM, am 04.01.2001 einen Betrag von 20.000 DM und am 18.01.2001 einen Betrag von 40.000 DM überwies (vgl. Kontoauszüge der Beklagten, Bl. 54, 56 GA). Der Kontakt zwischen den Parteien wurde durch die in Viersen ansässige S. GmbH Vermittlungsgesellschaft für Vermögensanlagen (im folgenden: S. GmbH) vermittelt, die als sogenannter Introducing Broker die Einrichtung eines Kontos des Klägers bei der Beklagten veranlasste und dessen Aufträge jeweils weiterleitete, wofür sie Agio-Beträge in einer Gesamthöhe von 6.390,00 DM vereinnahmte. Grundlage dieser Tätigkeit waren ein zwischen der S. GmbH und dem Kläger Anfang Dezember 2000 geschlossener Vermittlungsvertrag (Bl. 111 bis 116 GA) sowie der zwischen jenen Vertragsparteien geschlossene Schiedsvertrag vom 11.12.2000 (Bl. 194 bis 196 GA), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird und der unter Ziff. 3 folgenden Wortlaut hat:

"Diese Schiedsvereinbarung gilt auch für Ansprüche, die der Kunde gegen Erfüllungsgehilfen (Geschäftsführer, Angestellte bzw. Mitarbeiter) und Organe des Vermittlers und sonstige auf dessen Seite eingeschaltete Dritte im Zusammenhang bzw. aus Anlass des Vertrages geltend macht, falls der betroffene Angestellte, Mitarbeiter oder Dritte der Entscheidung durch das Schiedsgericht zustimmt."

Der Kläger hat folgendes geltend gemacht:

Durch die ihm im Rahmen der Geschäftsanbahnung von der S. GmbH überreichten Unterlagen, zu denen die von ihm - dem Kläger - unterzeichnete "Bestätigung und Checkliste" (Bl. 275 GA) nebst "Privat Customer Dealing Agreement" (Bl. 276 bis 283 GA; Übersetzung Bl. 299 bis 308 GA), eine Broschüre mit dem Titel "Kurzgefasste Einführung in die Grundsätze des Terminhandels" (Bl. 309 bis 336 GA) sowie zwei Merkblätter mit den Überschriften "Übersicht über die Risiken von Termingeschäften" (Bl. 337 bis 339 GA) und "Besondere Risiken bei häufigen Kontobewegungen- Tageshandel" (Bl. 340, 341 GA) gehörten, sei er - der Kläger - nicht ordnungsgemäß und vollständig über die Risiken der Börsentermingeschäfte aufgeklärt worden. Ebenso wenig sei er über die zwischen der Beklagten und der S. GmbH getroffene "kick-back"-Vereinbarung und den daraus resultierenden Interessenkonflikt sachgerecht informiert worden. Durch die Berechnung von überhöhten Gebühren sei ihm ein Schaden in Höhe von insgesamt 35.989,83 € entstanden.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 35.989,83 € nebst 4 % Zinsen aus einem Betrag von 2.275,25 € für die Zeit vom 20.01.2000 bis zum 04.01.2001, aus einem Betrag von 13.513,44 € vom 05.01.2001 bis zum 18.01.2001 und aus einem Betrag von 35.989,83 € seit dem 19.01.2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gerügt sowie die Einrede des Schiedsvertrages erhoben und in der Sache folgendes geltend gemacht:

Sie - die Beklagte - habe dem Kläger über die börsenrechtliche Aufklärung hinaus keine weitere Aufklärung geschuldet. Der Kläger sei zudem aufgrund einer entsprechenden Information termingeschäftsfähig gewesen. Für ein etwaiges Churning sei sie nicht verantwortlich. Etwaige Ansprüche seien zudem verjährt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrags der Parteien wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Durch dieses Urteil hat das Landgericht die Klage im Hinblick auf die von der Beklagten erhobene Einrede des Schiedsvertrages als unzulässig abgewiesen. Es hat seine Entscheidung damit begründet, dass die zwischen dem Kläger und der S. GmbH geschlossene Schiedsabrede wirksam sei und die Beklagte in diese Vereinbarung einbezogen gewesen sei.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er unter Wiederholung, Vertiefung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens folgendes geltend macht:

Die Beklagte sei nicht in die Schiedsabrede einbezogen worden, da es sich bei ihr weder um einen Mitarbeiter noch um ein Organ der S. GmbH handele. Außerdem sei die Schiedsabrede dahin zu verstehen, dass zunächst eine Entscheidung des Schiedsgerichts vorliegen müsse, der der Dritte dann zustimmen könne. Diese Voraussetzung sei vorliegend nicht erfüllt. Darüber hinaus ist der Kläger der Ansicht, die Schiedsabrede sei in analoger Anwendung des § 28 BörsG unwirksam. Sie erfasse zudem den vorliegenden Rechtsstreit nicht, da der Kläger sie erst am 11.12.2000 unterzeichnet habe, das Konto bei der Beklagten jedoch - wie unstreitig ist - schon am 06.12.2000 eingerichtet worden sei.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn 35.989,83 € nebst 4 % Zinsen aus einem Betrag von 2.275,25 € vom 20.01.2000 bis zum 04.01.2001, aus einem Betrag von 13.513,44 € vom 05.01.2001 bis zum 18.01.2001 und aus einem Betrag von 35.989,83 € seit dem 19.01.2001 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil gegen die Angriffe der Berufung und hält insbesondere an ihrem Standpunkt fest, dass sie - die Beklagte - in die zwischen dem Kläger und der S. GmbH getroffene Schiedsabrede einbezogen worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten Urkunden und Unterlagen Bezug genommen.

B.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

I.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht aufgrund der von der Beklagten in erster Instanz vor Beginn der mündlichen Verhandlung erhobenen Einrede des Schiedsvertrages gemäß § 1032 Abs. 1 ZPO als unzulässig abgewiesen. Die zwischen dem Kläger und der S. GmbH getroffene Schiedsabrede ist wirksam und umfasst den vorliegenden Rechtsstreit in sachlicher und persönlicher Hinsicht.

1.

Die Beklagte ist in die am 11.12.2000 zwischen dem Kläger und der S. GmbH getroffene Schiedsvereinbarung einbezogen worden.

a.

Diese bezieht sich nach ihrem klaren Wortlaut sowohl auf Mitarbeiter und Organe der S. GmbH als auch auf deren Erfüllungsgehilfen sowie weitere Dritte. Zu diesem Personenkreis gehört auch die Beklagte, die als - wie es im Schiedsvertrag heißt - "sonstige auf dessen Seite eingeschaltete Dritte" anzusehen ist.

Zu Unrecht meint der Kläger, zu den in den Schiedsvertrag einbezogenen Personen gehörten lediglich die Organvertreter, Mitarbeiter und Erfüllungsgehilfen der S. GmbH. Aus dem Wortlaut des in Rede stehenden Abschnitts der Schiedsvereinbarung, namentlich der Aufzählung der in der Vereinbarung einbezogenen Personengruppen, ergibt sich vielmehr das Gegenteil. Als in die Abrede einbezogene Personengruppen sind dort gleichgeordnet die "Erfüllungsgehilfen (...) und Organe des Vermittlers" und "sonstige auf dessen Seite eingeschaltete Dritte" genannt. Berücksichtigt man, dass Erfüllungsgehilfe jeder ist, der mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit tätig ist (vgl. BGHZ 50, 32, 35; BGHZ 98, 330, 334; Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Auflage, § 278 BGB, Rdn. 7 m.w.Nachw.) und mangels Notwendigkeit einer Weisungsgebundenheit dazu auch vom Schuldner unabhängige Dritte gehören können, sofern sie nur zur Erfüllung der Verbindlichkeit des Schuldners tätig geworden sind (vgl. BGHZ 62, 158, 162; BGH NJW 1996, 451; Palandt/Heinrichs, a.a.O.), so ergibt sich aus der vorzitierten Formulierung in der Schiedsabrede und der dortigen Bezeichnung der unterschiedlichen Gruppen bei verständiger Würdigung aller Umstände eindeutig, dass die letztgenannte Personengruppe der "Dritten" weit gefasst ist und darunter gerade auch solche Personen zu verstehen sind, die rechtlich nicht schon zu der Gruppe der in der Abrede ebenfalls genannten "Erfüllungsgehilfen" gehören.

Um einen solchen Dritten, der von der S. GmbH eingeschaltet worden, aber nicht zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeit tätig geworden ist, handelt es sich bei der Beklagten. Dass diese auf der Seite der S. GmbH eingeschaltet worden ist, stellt der Kläger nicht in Abrede, sondern begründet seinen im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Anspruch gerade mit diesem Umstand.

b.

Eine derartige Einbeziehung von Dritten in eine Schiedsvereinbarung ist nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, der sich der Senat anschließt (vgl. BGHZ 48, 35, 45; BayObLGZ 99, 255, 267; Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Auflage, § 1031 ZPO, Rdn. 84; Zöller/Geimer, ZPO, 25. Auflage, § 1031 ZPO, Rdn. 8 m.w.Nachw.), auch möglich und zulässig, sofern die Einbeziehung nicht zu dessen Lasten, sondern ausschließlich zu dessen Gunsten etwa in der Weise erfolgt, dass die Gerichtspflichtigkeit des Dritten vor dem Schiedsgericht von seiner Mitwirkung und Zustimmung abhängig gemacht, es also ihm überlassen wird, ob der betreffende Streitfall durch ein Schiedsgericht oder ein ordentliches Gericht entschieden werden soll. Um eben eine solche zulässige Schiedsvereinbarung zugunsten Dritter handelt es sich auch hier, da nach der in Rede stehenden Schiedsabrede deren Erstreckung auf den Dritten davon abhängig sein sollte, dass dieser "der Entscheidung durch das Schiedsgericht zustimmt". Diese letztgenannte Vertragsklausel ist - entgegen der Ansicht des Klägers - auch nicht dahin zu verstehen, dass der Dritte erst im Anschluss an einen ergangenen Schiedsspruch entscheiden soll, ob er diesen akzeptiert oder nicht. Im Gegenteil ergibt sich aus dem Wortlaut der Vertragsregelung eindeutig und unmissverständlich, dass der Dritte vor der Einleitung eines etwaigen Schiedsverfahrens diese Entscheidung treffen und damit darüber befinden soll, ob er einer Entscheidung durch das Schiedsgericht zustimmt, ob also entweder das Schiedsgericht oder die ordentliche Gerichtsbarkeit mit der Sache befasst und angerufen werden soll. Die verwendete Formulierung lautet - anders als der Kläger sie verstanden wissen will - eben nicht dahin, dass Voraussetzung für die Einbeziehung des Dritten dessen Zustimmung zu einer - bereits ergangenen - "Entscheidung des Schiedsgerichts", sondern zu einer - künftigen - "Entscheidung durch das Schiedsgericht" sein soll.

Genau diese Zustimmung zu einer Entscheidung des Streitfalls durch das Schiedsgericht hat die Beklagte hier erteilt, indem sie im vorliegenden Rechtsstreit die Schiedseinrede erhoben hat. Damit hat sie unmissverständlich von der ihr in dem Schiedsvertrag eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht, durch ihre Zustimmung in die Schiedsabrede einbezogen zu werden und den Streitfall durch das vereinbarte Schiedsgericht entscheiden zu lassen.

2.

Die Schiedsvereinbarung vom 11.12.2000 ist auch im übrigen wirksam.

Der Senat hat sich bereits in dem zwischen dem Kläger und der S. GmbH geführten Parallelprozess 10 O 245/02 LG Mönchengladbach = I-17 U 208/02 OLG Düsseldorf eingehend mit der Frage der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung befasst und diese für wirksam erachtet. Das Vorbringen der Parteien im vorliegenden Rechtsstreit gibt keine Veranlassung, von dieser Entscheidung, die inzwischen rechtskräftig geworden ist (vgl. Beschluss des BGH vom 26.01.2006 - III ZR 70/05), abzuweichen. Vielmehr kann zur näheren Begründung der jetzt zu treffenden Entscheidung gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zunächst in vollem Umfang auf die Ausführungen des Senats in seinem Urteil vom 18.02.2005 (Bl. 197 bis 202 GA) sowie in der dort in Bezug genommenen und den Parteien ebenfalls bekannten erstinstanzlichen Entscheidung des Landgerichts vom 17.10.2002 Bezug genommen werden.

Soweit der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit erneut geltend macht, der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung stehe die Regelung des § 28 BörsG entgegen, kann ihm nicht gefolgt werden. Eine direkte Anwendung der vorgenannten Vorschrift scheidet hier schon deshalb aus, da es sich bei dem in der Schiedsabrede vorgesehenen Schiedsgericht nicht um ein Börsenschiedsgericht im Sinne des § 28 BörsG handelt. Entgegen der Ansicht des Klägers ist § 28 BörsG auch nicht analog anzuwenden (vgl. BGH, Urteil vom 06.06.1991 - III ZR 68/90; OLG Düsseldorf (6. Zivilsenat), Urteil vom 23.05.1996 - 6 U 114/95; OLG Düsseldorf (Senat), Urteil vom 18.02.2005 - I-17 U 208/02). Die Voraussetzungen einer Analogie sind schon deshalb nicht gegeben, weil keine planwidrige Regelungslücke vorliegt. Der Gesetzgeber hat in § 1029 ff. ZPO die Entscheidung getroffen, dass Parteien grundsätzlich privat autonom Schiedsvereinbarungen treffen können, sofern diese unter Beachtung der geltenden Vorschriften zustande kommen und die Beachtung von verfahrensrechtlichen Mindeststandards sichergestellt ist. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung der Ausnahmeregelung des § 28 BörsG nicht bedacht hat, dass im Zusammenhang mit Börsentermingeschäften auch andere Schiedsvereinbarungen getroffen werden können als solche, bei denen sich die Beteiligten der Entscheidung eines Börsenschiedsgerichts unterwerfen. Nur in diesem Falle läge jedoch eine planwidrige Regelungslücke vor, die bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen durch eine analoge Anwendung der Norm geschlossen werden dürfte.

3.

Der vorliegende Rechtsstreit wird auch in sachlicher Hinsicht von der Schiedsabrede erfasst. Eine solche Abrede kann grundsätzlich auch für Ansprüche getroffen werden, die bereits entstanden sind (vgl. § 1029 Abs. 1 ZPO). Dies ist vorliegend auch geschehen. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Abrede soll diese sämtliche Streitigkeiten über Ansprüche erfassen, die der Kunde "im Zusammenhang bzw. aus Anlass des (Vermittlungs-)vertrages geltend macht". Eine Einschränkung, dass es sich dabei nur um zukünftig entstehende Ansprüche handelt, ist nicht ersichtlich.

II.

Aufgrund der vorbeschriebenen Unzulässigkeit der Kläger infolge der von der Beklagten erhobenen Schiedseinrede bedarf die sich im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung weiterhin stellende Frage der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte keiner abschließenden Entscheidung. Auch dagegen dürften sich jedoch durchgreifende Bedenken ergeben.

Da es sich bei der Beklagten um ein in Großbritannien gegründetes Unternehmen mit Sitz in L./Großbritannien handelt, scheidet eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach den allgemeinen Bestimmungen der Artikel 2 Abs. 1, 60 Abs. 1 u. 2 EuGVVO aus, so dass diese sich hier allenfalls aus Artikel 5 EuGVVO ergeben kann.

Da der Kläger mit seiner Klage gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch geltend macht, den er zum einen aus einem mit der Beklagten angeblich bestehenden vorvertraglichen Schuldverhältnis und zum anderen aus dem Recht der unerlaubten Handlung herleitet, ist als Anknüpfungsnorm insbesondere Artikel 5 Nr. 3 EuGVVO in Betracht zu ziehen, wonach im Falle der Geltendmachung von Ansprüchen aus einer unerlaubten oder einer dieser gleichgestellten Handlung an dem Ort geklagt werden kann, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Nach der autonom und einheitlich vorzunehmenden Auslegung des Artikel 5 EuGVVO (vgl. EuGH, Urteil vom 27.10.1998 - Rs. C-51/97 = RIW 1999, 57) fallen in den Anwendungsbereich des Artikel 5 Nr. 3 EuGVVO nicht nur deliktische Ansprüche, sondern - unabhängig von ihrer materiell-rechtlichen Qualifikation - auch Ansprüche aus einem vorvertraglichen Schuldverhältnis (vgl. EuGH, Urteil vom 17.09.2002 - C-334/00, Rdn. 23 = NJW 2002, 3159, 3160). Maßgebend ist deshalb der Ort des Eintritts des schädigenden Ereignisses, wobei darunter sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort, also der Ort des sogenannten Primärschadens, zu verstehen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 30.11.1976 = NJW 1977, 495), während der Ort des reinen Vermögensschadens keine internationale Zuständigkeit eröffnet (vgl. EuGH, Urteil vom 27.10.1998, a.a.O.; EuGH, Urteil vom 10.06.2004 - Rs. C-168/02 = RIW 2004, 625; BGH NJW 1987, 592; Zöller/Geimer, a.a.O., Artikel 5 EuGVVO, Rdn. 26, 27 m.w.Nachw.). Im vorliegenden Fall dürfte sowohl der Handlungsort, also der Ort, an dem die Beklagte bzw. ihr Organ tätig geworden ist und dabei die angeblich notwendige Aufklärung unterlassen haben soll, als auch der Erfolgsort, also der Ort, an dem die schädigende Folge, nämlich der Verlust der Geldanlage, eingetreten ist, in Großbritannien liegen. Letzteres folgt daraus, dass das Anlagekonto, auf das der Kläger die anzulegenden und in Verlust geratenen Geldbeträge gezahlt hat, am Sitz der Beklagten in L. geführt worden ist (vgl. OLG Stuttgart NJW-RR 1999, 138; Zöller/Geimer, a.a.O., Artikel 5 EuGVVO, Rdn. 27 m.w.Nachw.).

Auch Artikel 5 Nr. 5 EuGVVO dürfte keine Zuständigkeit der deutschen Gerichte begründen, da es sich bei der in Deutschland tätig gewordenen Vermittlerin, der S. GmbH, nicht um eine Niederlassung der Beklagten im Sinne des Artikel 5 Nr. 5 EuGVVO handeln dürfte. Zwar kann auch eine eigenständige juristische Person Zweigniederlassung oder Agentur im vorgenannten Sinne sein (vgl. EuGH, Urteil vom 09.12.1987 = NJW 1988, 625; BGH RIW 1988, 221). In diesem Falle muss es sich aber um verbundene Unternehmen handeln; selbst wenn man hierfür wiederum keine rechtliche Verbindung zumindest im Sinne eines faktischen Konzerns verlangen, sondern - wie der Senat es in einer früheren, allerdings in der Literatur auf Kritik gestoßenen Entscheidung getan hat (vgl. OLG Düsseldorf RIW 1995, 769; vgl. auch Zöller/Geimer, a.a.O., Artikel 5 EuGVVO, Rdn. 47 m.w.Nachw.) - auch tatsächliche Verbindungen im Sinne einer faktischen Außenstelle des im Ausland ansässigen Unternehmens ausreichen lassen würde, dürften hier diese Voraussetzungen nicht gegeben sein.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Den Wert der Beschwer des Klägers beträgt mehr als 20.000 €.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht vor.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 35.989,83 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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