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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 02.04.2004
Aktenzeichen: I-17 U 185/03
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 138 Abs. 2
ZPO § 138 Abs. 3
ZPO § 138 Abs. 4
ZPO § 287
ZPO § 288
ZPO § 289
ZPO § 535
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 249
BGB § 276 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 2. September 2003 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.080,02 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 2. November 2000 zu zahlen, und zwar Zug um Zug gegen Rückübertragung der in dem bei der Beklagten geführten Wertpapierdepot mit der Nr. 2127851350 verwahrten 66 Anteile an dem Aktienfond "CC-Aktien Europa OP" mit der Wertpapier-Kennnummer DE 0009778506 (977850).

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

A. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen einer angeblich nicht ordnungsgemäßen Anlageberatung. Ende Oktober 2000 suchte die Klägerin, die bei der Beklagten seit 1995 ein Sparkonto unterhielt und deren Wertpapiererfahrungen sich auf den Erwerb festverzinslicher Sparbriefe mit mehrjähriger Laufzeit beschränkten, aufgrund und unter Bezugnahme auf ein Werbeschreiben der Beklagten (Bl. 64, 65 GA) deren Geschäftsstelle in Oberhausen auf, um sich über eine entsprechende Geldanlage beraten zu lassen. Da der in dem Werbeschreiben genannte Aktienfonds "CC-Euro Aktien Garant OP 10/05" nicht mehr erhältlich war, bot die Mitarbeiterin der Beklagten, die Zeugin A. F., der Klägerin den hier streitgegenständlichen Aktienfond "CC-Aktien Europa OP" an. Die Klägerin erwarb daraufhin am 2. November 2000 insgesamt 66 Anteile des letztgenannten Aktienfonds zu einem Stückpreis von 76,97 EUR (Bl. 8 GA) und wandte hierfür einen Betrag von insgesamt 5.080,02 EUR auf. Über Inhalt und Umfang der in diesem Zusammenhang erfolgten Beratung streiten die Parteien, wobei wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil Bezug genommen wird. Die Fondanteile haben infolge der rückläufigen Entwicklung auf dem Aktienmarkt zwischenzeitlich ganz erheblich an Wert eingebüßt. Das Landgericht hat die Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe den Beweis für eine unrichtige oder unvollständige Beratung nicht erbracht. Der Umstand, dass die Klägerin ein Formular der Beklagen unterzeichnet habe, nach dessen Inhalt sie eine "spekulative" Anlage mit "sehr hohen Risiken" wünsche (Bl. 46, 47 GA), lasse vielmehr vermuten, dass eine Risikoaufklärung erfolgt sei. Diese Vermutung habe die Klägerin nicht wiederlegt. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie unter Wiederholung, Vertiefung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens daran festhält, im Rahmen der Anlagevermittlung über die mit dem offerierten Aktienfond verbundenen Risiken nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden zu sein. Sie beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.080,02 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 2. November 2000 Zug um Zug gegen Übertragung des Wertpapierdepots Nr. 2127851350 bei der Beklagten bzw. der verwahrten 66 Stück CC-Aktien Europa OP zu zahlen. Hilfsweise beantragt sie, die Beklagte unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung zu verurteilen, an sie 3.180,66 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Zustellung zu zahlen, des Weiteren die 66 Anteile CC-Aktien Europa OP des Wertpapierkontos DE 0009778506 (977850) zum Kurswert von 36,86 EUR zurückzunehmen bzw. an sie 2.432,76 EUR Zug um Zug gegen Rückübertragung der vorgenannten Anteile zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens gegen die Angriffe der Berufung und macht auf den gerichtlichen Hinweis des Senats (Bl. 146, 147 GA) ergänzend folgendes geltend: Die Klägerin habe - wie unstreitig ist - gewusst, dass sie die im Werbeschreiben offerierte Fondbeteiligung wegen des Ablaufs der Zeichnungsfrist nicht mehr erwerben könne. Soweit die Klägerin behaupte, die streitgegenständliche Fondbeteiligung sei ihr als "gleichwertig" beschrieben worden, werde dies ihrerseits mit Nichtwissen bestritten. Im Übrigen seien die beiden Produkte wirtschaftlich gleichwertig. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten Urkunden und Unterlagen Bezug genommen. B. Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet. I. Der Klägerin steht der mit der Klage geltend gemachte Schadensersatzanspruch in vollem Umfang aus dem Rechtsinstitut der positiven Vertragsverletzung zu, da die Beklagte ihre Aufklärungs- und Beratungspflichten aus dem mit der Klägerin konkludent geschlossenen Beratungsvertrag, der im Rahmen der erfolgten Anlagevermittlung zwischen den Parteien zustandegekommen ist, schuldhaft verletzt hat. 1. Unstreitig hat die Beklagte der Klägerin das in Rede stehende Anlagegeschäft empfohlen und vermittelt. Anlässlich dieses Vorgangs ist zwischen den Parteien konkludent ein Vertrag abgeschlossen worden, der Auskunfts- und Beratungspflichten zur Folge hat. Tritt nämlich - wie hier - ein Anlageinteressent an einen Anlagevermittler heran und macht dabei deutlich, dass er bezogen auf eine beabsichtigte Geldanlage die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will, dann liegt darin sein Angebot auf Abschluss eines Auskunfts- und Beratungsvertrages, das der Anlagevermittler - zumindest stillschweigend - dadurch annimmt, dass er mit der beratenden Tätigkeit beginnt (vgl. BGHZ 74, 102, 106; BGHZ 100, 117, 118 f.; BGHZ 123, 126, 128; BGH NJW-RR 2000, 1497, 1498; BGH NJW-RR 2003, 1690). 2. Damit umfasste der zwischen den Parteien geschlossene Beratungsvertrag seinem Wesen nach die Verpflichtung der Beklagten zu einer umfassenden Beratung und Aufklärung der Klägerin über die wesentlichen Umstände, die mit dem offerierten Geldanlagegeschäft zusammenhingen. a. Die konkrete Ausgestaltung der Beratungspflicht hängt dabei von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab (vgl. BGH NJW 1993, 2433; BGH NJW-RR 2000, 1497, 1498; Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 276 BGB, Rdn. 22 ff. m.w.Nachw.). Inhalt und Umfang der Beratungspflicht werden dabei von einer Reihe von Faktoren bestimmt, die sich einerseits auf die Person des Kunden und andererseits auf das Anlageobjekt beziehen (vgl. BGH NJW 1993, 2433). Zu den Umständen in der Person des Kunden gehören insbesondere dessen Wissensstand über Anlagegeschäfte der vorliegenden Art und dessen Risikobereitschaft, wobei das vom Kunden angegebene Anlageziel zu berücksichtigen ist. Nur eine Anlageberatung unter Berücksichtigung dieser persönlichen Umstände des Kunden ist anlegergerecht (vgl. BGHZ 123, 126, 128 f.; BGH NJW-RR 2000, 1497, 1498). In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung und Aufklärung darüber hinaus auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können (vgl. BGH NJW-RR 1987, 936 = WM 1987, 531, 532; BGHZ 123, 126, 128; BGH NJW-RR 2000, 1497, 1498; Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 276 BGB, Rdn. 22 c). Aufzuklären hat der Anlageberater also zum einen über die allgemeinen Risiken - wie Konjunkturlage, Entwicklung des Börsenmarktes etc. - einerseits und die speziellen Risiken des individuellen Anlageobjektes - wie zum Beispiel Kurs-, Zins- und Währungsrisiken - andererseits. Über diese Umstände hat der Anlageberater und -vermittler richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten, soweit diese für das konkrete Anlagegeschäft von Bedeutung sind (vgl. BGHZ 123, 126, 128; BGH NJW-RR 2000, 1497, 1498; BGH NJW-RR 2003, 1690; OLG Düsseldorf - Senat -, Urteil vom 21.07.1995 - 17 U 306/94; OLG Düsseldorf - 6. Zivilsenat -, Urteil vom 24.08.1995 - 6 U 138/94). b. Dieser Verpflichtung zu einer umfassenden sowohl anleger- als auch anlagegerechten Beratung ist die Beklagte nicht im ausreichenden Maße nachgekommen. aa. Nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, der auch der Senat folgt, trägt grundsätzlich derjenige, der aus positiver Vertragsverletzung einen Schadensersatzanspruch herleitet, die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Schuldner objektiv eine ihm obliegende Pflicht verletzt hat; dies gilt auch dann, wenn die Pflichtverletzung in einem Unterlassen, etwa in der Verletzung einer Beratungs- und Aufklärungspflicht besteht (vgl. BGHZ 61, 118, 120 m.w.Nachw.; BGH NJW 1987, 1322, 1323; BGH NJW-RR 1990, 1422, 1423; BGH BB 1992, 731, 733; BGH NJW 1999, 243; Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 282 BGB, Rdn. 11; Baumgärtel, Hdb. der Beweislast I. Anh. zu § 282 BGB, Rdn. 79). Dass damit dem Anspruchsteller letztlich der Beweis einer negativen Tatsache aufgebürdet wird, ändert daran nichts. Die Schwierigkeiten des sogenannten Negativbeweises sind dadurch zu beheben, dass die andere Partei nach Lage des Falles die Behauptung substantiiert bestreiten und diejenige Partei, welche die Beweislast trägt, dann ggf. die Unrichtigkeit der Gegendarstellung beweisen muss (vgl. BGHZ 101, 49, 55; BGH NJW 1987, 1322, 1323; BGH NJW-RR 1990, 28, 29; BGH NJW-RR 1990, 1422, 1423; BGH NJW-RR 1993, 746, 747; BGH NJW 1995, 2841, 2842; BGH NJW 1996, 2571; BGH NJW 2001, 64, 65). Eine derartige sekundäre Darlegungslast der an sich nicht darlegungs- und beweisbelasteten Partei wird als Ausnahme insbesondere dann angenommen, wenn die darlegungs- und beweispflichtige Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, während der Prozessgegner sie hat, und wenn ihm nähere Angaben zumutbar sind (vgl. BGH NJW 1987, 1201 m.w.Nachw.; BGH NJW 1990, 3151, 3152 m.w.Nachw.). Im Ergebnis gleiches gilt auch dann, wenn es - wie hier - um die Darlegung und den Beweis einer negativen Tatsache geht. Auch in einem solchen Fall darf der Prozessgegner sich nicht mit bloßem Bestreiten begnügen, sondern muss darlegen, welche tatsächlichen Umstände für das Vorliegen des Positiven sprechen (vgl. BGH NJW-RR 1990, 28, 29; BGH NJW-RR 1990, 1422, 1423; BGH NJW-RR 1993, 746, 747; BGH NJW 1995, 2841, 2842; BGH NJW 1996, 2571; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., vor § 284 ZPO, Rdn. 24 u. 34). Für die in Rede stehende Fallkonstellation einer angeblich unterlassenen Beratung und Aufklärung bedeutet dies, dass von der in Anspruch genommenen, an sich nicht darlegungs- und beweispflichtigen Partei zu verlangen ist, dass sie die Behauptung, eine ordnungsgemäße Aufklärung sei nicht erfolgt, substantiiert bestreitet und konkret darlegt, wann, wo und wie sie die gebotene Aufklärung und Beratung vorgenommen und veranlasst hat (vgl. BGH NJW 1986, 2570; BGH NJW 1995, 2841, 2842; BGH NJW 1996, 2571; BGH NJW 2001, 64, 65; Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 282 BGB, Rdn. 11 m.w.Nachw.; Zöller/Greger, a.a.O.). c. Die Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf den vorliegenden Fall führt dazu, dass hier im Ergebnis davon ausgegangen werden muss, dass eine vollständige und sachgerechte Beratung über die offerierte Beteiligung an dem Aktienfond unterblieben ist. In erster Instanz hat die Beklagte zunächst lediglich pauschal behauptet, die Klägerin sei ordnungsgemäß aufgeklärt und ihr sei insbesondere "deutlich gemacht" worden, "dass hohen Ertragschancen bei einer spekulativen Anlage auch sehr hohe Risiken gegenüber stehen". Ihrem Vortrag sind hingegen keinerlei Angaben zum angeblichen Verlauf des konkreten Beratungsgesprächs zu entnehmen, wenn man von dem angeblich erfolgten allgemeinen Risikohinweis absieht. Gleichwohl hat das Landgericht in Verkennung der Verteilung der Darlegungslast Beweis erhoben, wobei allerdings auch die Aussage der vom Landgericht vernommenen Zeugin A. F. in Bezug auf das konkrete Beratungsgespräch nicht wesentlich ergiebiger war. Auch unter Berücksichtigung dieser zeugenschaftlichen Bekundungen, die sich die Beklagte zu eigen gemacht hat, sowie ihrer ergänzenden Angaben in der Berufungsinstanz bleibt ihr Vorbringen zu dem konkreten Beratungsgespräch unkonkret und lückenhaft. In Ermangelung einer derartigen Substantiierung erscheint es außerordentlich zweifelhaft, ob die Beklagte überhaupt ansatzweise ihrer Darlegungsobliegenheit genügt und dargetan hat, dass sie die Klägerin über die Art und den Inhalt des konkret angebotenen Aktienfonds und die mit dieser Anlage verbundenen Risiken sachgerecht aufgeklärt hat. Letztlich kann dies aber dahinstehen; denn die angeblich erfolgte Aufklärung und Beratung der Beklagten über die von ihr vermittelte Beteiligung an dem Aktienfond reicht jedenfalls aus einem weiteren Grund nicht aus, um sie im oben genannten Sinne als ordnungsgemäß ansehen zu können. Die Beklagte hat die Klägerin unstreitig als Anlageinteressentin dadurch geworben, dass sie ihr das Schreiben vom 25. August 2000 (Bl. 64, 65 GA) hat zukommen lassen, in dem sie den Aktienfond "CC-Euro Aktien Garant OP 10/05" vorstellte. Dieser Fond wies nach den klaren und eindeutigen Angaben in dem Werbeschreiben die Besonderheit auf, dass am Laufzeitende im Jahre 2005 die Rückzahlung des eingelegten Kapitals garantiert wurde, das Risiko des Anlegers also darauf beschränkt war, durch die Anlage keinen Gewinn zu erzielen. Unter Bezugnahme auf dieses Schreiben hat die Klägerin die Beklagte aufgesucht, um sich über Anlagemöglichkeiten beraten zu lassen. Dieser Umstand ist als unstreitig anzusehen, auch wenn die Beklagte ihn nunmehr in ihrem Schriftsatz vom 05.03.2004 "mit Nichtwissen" bestreitet. Dieser bestreitende Vortrag ist indes zum einen nach § 138 Abs. 4 ZPO unzulässig, aber auch - vor allem - deshalb unbeachtlich, weil die Beklagte das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin (Bezugnahme auf das Werbeschreiben) sowohl in erster Instanz als auch nochmals in ihrer Berufungserwiderung ausdrücklich zugestanden und in diesem Zusammenhang ergänzend vorgetragen hat, ihre Mitarbeiterin habe die Klägerin bei dieser Gelegenheit darauf hingewiesen, dass die Zeichnungsfrist des beworbenen Fonds abgelaufen sei. An dieses Geständnis ist die Beklagte gem. §§ 535, 288, 289 ZPO gebunden, da die Voraussetzungen für einen Widerruf des Geständnisses auch nicht ansatzweise dargetan werden. Im Ergebnis ist damit unstreitig, dass die Klägerin auf das Werbeschreiben Bezug genommen hat, allerdings zugleich ihr - der Klägerin - als auch der beratenden Mitarbeiterin der Beklagten klar war, dass die im Werbeschreiben konkret offerierte Anlage nicht mehr erworben werden konnte, weil diesbezüglich die Zeichnungsfrist abgelaufen war. Aus diesem Grund bot die Zeugin F. der Klägerin stattdessen die hier streitgegenständliche Fondbeteiligung an dem Aktienfond "CC-Aktien Europa OP" an, bei dem jedoch - anders als bei der im Werbeschreiben vorgestellten Anlageofferte - gerade keine Kapitalerhaltung garantiert wurde. In einer derartigen Situation, in der ein erkennbar unerfahrener Anlageinteressent eine Anlageberatung wünscht und dabei auf eine ihm wirksam offerierte Kapitalanlagemöglichkeit Bezug nimmt, die eine besondere Sicherheit - hier eine für Aktienfondbeteiligungen eher ungewöhnliche Kapitalerhaltungsgarantie zum Laufzeitende - verspricht, liegt es für den Berater nahe, wenn nicht geradezu auf der Hand, dass der Interessent grundsätzlich nach einer unter Sicherheitsaspekten vergleichbaren Anlage sucht. Wird ihm sodann - wie hier - eine andere ähnliche Kapitalanlage angeboten, deren Bezeichnung auch noch in leicht verwechselbarer Weise der Bezeichnung der beworbenen Anlage ähnelt, so ist eine Beratung nur dann anlage- und anlegergerecht, wenn der Anlageinteressent ausdrücklich und in besonderes hervorgehobener Weise auf die Unterschiede hingewiesen wird, die zwischen der beworbenen und der nunmehr angebotenen Kapitalanlage bestehen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - die Unterschiede nicht ohne Weiteres zu durchschauen, aber in Bezug auf die Sicherheit der Kapitalanlage von ganz erheblicher Bedeutung sind. Dass die Mitarbeiterin der Beklagten die Klägerin in dem Beratungsgespräch auf diese Gesichtspunkte unmissverständlich aufmerksam gemacht und ihr in diesem Zusammenhang die Unterschiede zwischen der beworbenen und der schließlich vermittelten Kapitalanlage im Einzelnen aufgezeigt hat, davon kann schon unter Zugrundelegung des Vorbringens der nach den oben beschriebenen Grundsätzen hierfür darlegungspflichtigen Beklagten nicht ausgegangen werden. Sie hat sich diesbezüglich vielmehr damit begnügt, die Behauptung der Klägerin, ihr seien die beiden Fondbeteiligungen als gleichwertig beschrieben worden, "mit Nichtwissen" zu bestreiten. Abgesehen davon, dass hier eine Erklärung mit Nichtwissen nach § 138 Abs. 4 ZPO ohnehin nicht zulässig ist, reicht auch das darin gleichzeitig zu sehende einfache Bestreiten der Beklagten nicht aus, um ihrer Darlegungsobliegenheit zu genügen. Selbst wenn man nämlich den Vortrag der Beklagten als richtig unterstellt und davon ausgeht, dass ihre Mitarbeiterin die beiden Kapitalanlagen nicht ausdrücklich als gleichwertig dargestellt hat, so ergibt sich daraus eben noch nicht, dass sie - umgekehrt - ihrer Pflicht nachgekommen ist, die Unterschiede zwischen der beworbenen und der vermittelten Fondbeteiligung hinreichend deutlich darzustellen. Ist eine derartige Aufklärung aber unterblieben, wovon in Ermangelung eines substantiierten Vortrags der Beklagten nach § 138 Abs. 2 und 3 ZPO auszugehen ist, so liegt gerade darin der der Beklagten vorzuwerfende Verstoß gegen ihre Aufklärungs- und Beratungspflichten. 3. Die vorbeschriebene Verletzung der Aufklärungspflichten ist auch schuldhaft erfolgt. Die Mitarbeiterin der Beklagten hat fahrlässig im Sinn des § 276 Abs. 1 S. 1 BGB gehandelt, in dem sie es unterließ, auf die vorbeschriebenen Unterschiede zwischen dem beworbenen und dem vermittelten Aktienfond aufmerksam zu machen. Irgend welche tatsächlichen Anhaltspunkte, die sie entlasten könnten (vgl. § 282 BGB), hat die Beklagte insofern nicht vorgebracht. 4. Vor dem geschilderten Hintergrund ist darauf rückzuschließen, dass die Klägerin bei einer sachgerechten Aufklärung von dem Erwerb der Fondanteile abgesehen hätte. Nach ständiger Rechtsprechung, der auch der Senat folgt, ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt, dafür beweispflichtig, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, dass der Geschädigte also den Rat oder Hinweis gleichwohl nicht befolgt hätte (vgl. BGHZ 89, 95, 103; BGH NJW 1993, 2434, 2435; BGH NJW 1994, 512, 513 m.w.Nachw.; BGH NJW-RR 2000, 998, 999 m.w.Nachw.). Die Beklagte hat deshalb der Klägerin im Rahmen des von ihr nach § 249 BGB zu leistenden Schadensersatzes so zu stellen, als wenn sie ihre Aufklärungspflicht nicht verletzt, sondern ihre Vertragspartnerin von Anfang an ordnungsgemäß aufgeklärt hätte (vgl. BGH NJW 1992, 228, 230; BGH NJW-RR 2000, 998, 999 m.w.Nachw.). Kraft der in Bezug auf das aufklärungsrichtige Verhalten bestehenden Kausalitätsvermutung ist hier davon auszugehen, dass die Klägerin von dem Erwerb der ihr vermittelten Fondanteile Abstand genommen hätte, wenn sie zuvor in vollständiger und sachgerechter Form aufgeklärt worden wäre. In einem derartigen Fall kann der durch den Vertragsschluss Geschädigte Schadensersatz in der Form beanspruchen, dass der Vertrag, den er bei ordnungsgemäßer Aufklärung nicht geschlossen hätte, rückgängig gemacht und eine bereits erbrachte Leistung erstattet wird (vgl. BGH NJW 1974, 849, 851; BGH NJW 1985, 1769, 1771; BGH NJW 1992, 228, 230; BGH NJW 1993, 2107; BGH NJW 1998, 302; BGH NJW-RR 2000, 998, 999; Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 276 BGB, Rdn. 78). 5. Die Beklagte hat deshalb die Klägerin im Rahmen des Schadensersatzes nach § 249 BGB so zu stellen, wie sie stünde, wenn sie das Anlagegeschäft nicht getätigt hätte. a. Sie hat daher Anspruch darauf, dass ihr die geleistete Einlage, die sie zum Erwerb der 66 Fondanteile erbracht hat, zurückgewährt wird. Sie kann daher den geleisteten Geldeinsatz in Höhe von insgesamt 5.080,02 EUR zurückverlangen. b. Darüber hinaus kann sie als entgangenen Gewinn auch die Zinsen verlangen, die sie durchschnittlich erhalten hätte, wenn sie anstelle der erworbenen Fondanteile eine andere, sicherere Kapitalanlage - wie etwa den Erwerb festverzinslicher Wertpapiere - gewählt hätte. Den der Klägerin daraus entstandene Zinsverlust schätzt der Senat gemäß § 287 ZPO auf 4 %. c. Nach ihrem Antrag ist die Klägerin bereit, die erworbenen Fondanteile im Wege der Vorteilsausgleichung an die Beklagte zurückzugewähren. II. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Der Wert der Beschwer der Beklagten beträgt weniger als 20.000,00 EUR. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nach § 543 Abs. 1 S. 2 ZPO nicht vor. Der Streitwert für das Verfahren wird auf 5.080,02 EUR festgesetzt.

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