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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 07.11.2003
Aktenzeichen: I-17 U 187/02
Rechtsgebiete: AO, BGB, ZPO


Vorschriften:

AO § 309
BGB § 725
BGB § 738
ZPO § 540 I Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten zu 2. wird das am 17.10.2002 verkündete Teilurteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird hinsichtlich des Beklagten zu 2. als unzulässig abgewiesen.

Der Beklagte zu 1. wird verurteilt, einen Rechnungsabschluss über das Vermögen der "W. und L. J. GbR", auf den 20.06.2001 bezogen, zu erstellen.

Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe : I. Die Klägerin hat gegen die Beklagten eine Stufenklage auf Erstellung des Rechnungsabschlusses und Auszahlung des Gewinnanteils erhoben. Die Beklagten waren unstreitig Gesellschafter einer "W. und L. J. Gesellschaft bürgerlichen Rechts" in M. Streitig ist zwischen den Parteien, ob die Beklagten immer noch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bilden. Der Beklagte zu 1. - W. J. - schuldet dem Finanzamt nach dem Vortrag der Klägerin Abgaben in Höhe von 74.835,70 DM. Wegen dieser Forderung hat das Finanzamt gemäß § 309 AO den Gesellschafteranteil des Beklagten zu 1. an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts am 14.04.2001 pfänden lassen und am 20.06.2001 die Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß § 725 BGB fristlos gekündigt. Zugleich hat das Finanzamt M. die Beklagten aufgefordert, die Auseinandersetzung über das Gesellschaftsvermögen zu betreiben und das auf den Beklagten zu 1. entfallende Auseinandersetzungsguthaben in Höhe der Abgabenforderung an die Klägerin zu zahlen. Der Beklagte zu 1. ist unbekannten Aufenthalts. Gegen ihn ist die Klage öffentlich zugestellt worden. Der Beklagte zu 2. hat vorgetragen, im Zeitpunkt der Pfändung sei die Gesellschaft bürgerlichen Rechts bereits beendet gewesen. Mit Ablauf zum 31.12.2000 sei die Gesellschaft auseinandergesetzt gewesen, ab dem 01.01.2001 habe kein Gesellschaftsvermögen mehr bestanden. Die Klägerin hat demgegenüber eingewendet, ausweislich des Grundbuches sei die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach wie vor Eigentümerin eines Grundstücks in M., so dass von einer Beendigung der Gesellschaft keine Rede sein könne. Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil auf die Stufenklage der Klägerin in der ersten Stufe beide Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, den Rechnungsabschluss zu erstellen. Hiergegen wendet sich die Berufung des Beklagten zu 2. Er trägt vor, am 21.12.2000 sei durch handschriftlichen Vertrag die Auseinandersetzung zwischen den beiden Gesellschaftern beschlossen worden, und legt diesen Vertrag in Ablichtung vor. Der Umstand, so der Beklagte zu 2. weiter, dass im Grundbuch ein Grundstück noch als im Eigentum der GbR-Gesellschafter stehend bezeichnet sei, habe keine konstitutive Bedeutung. Der Eigentumserwerb am Grundstück vollziehe sich bei der hier gegebenen Anwachsung außerhalb des Grundbuchs. Das Grundbuch sei deshalb unrichtig. Die Klägerin erwidert, der handschriftliche Vertrag vom 21.12.2000 weise nur die Unterschrift des Beklagten zu 2. auf. Darüber hinaus habe der Beklagte zu 2. noch am 23.05.2001 dem Finanzamt mitgeteilt, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts noch eine Forderung gegen eine I.-GmbH habe. Im übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil gem. § 540 I Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Der Beklagte zu 2. beantragt, unter Abänderung des Teilurteils die Klage gegen ihn abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. II. Die zulässige Berufung des Beklagten zu 2. hat Erfolg. Die Klage ist hinsichtlich des Beklagten zu 2. als unzulässig abzuweisen, weil die Klägerin eine nichtexistente Partei verklagt hat. 1. Die Klägerin hat die W. und L. J. Gesellschaft bürgerlichen Rechts in M. am 29.11.2001 verklagt. Dies ergibt - entgegen der Auffassung der Klägerin - eine Auslegung des Klagerubrums. Verklagt werden dort: "W. J., in M. und L. J., in M., als Gesellschafter bürgerlichen Rechts der "W. und L. J. GbR, in M.".

W. und L. J. wurden mithin nicht als Einzelpersonen verklagt, sondern ausdrücklich "als Gesellschafter bürgerlichen Rechts der W. und L. J. GbR", mit anderen Worten erkennbar in ihrer gesellschaftsrechtlich begründeten gesamthänderischen Verbundenheit. Zwar pflegt man seit der höchstrichterlichen Anerkennung von deren voller Rechts- und Parteifähigkeit (vgl. BGH in NJW 2001, 1056 ff.) in derartigen Fällen die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als solche zu verklagen. Bei der kurz nach der vorgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs eingereichten Klage hatte man aber offensichtlich noch die früher gebräuchliche Formulierung vor Augen, wonach die Gesellschaft betreffende Klagen gegen die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit zu richten waren.

Eine Klage gegen die Gesellschaft/die zu ihr verbundenen Gesellschafter entsprach auch dem erkennbaren Klageziel. Die Klägerin hatte die Vorstellung, nach ihrer Kündigungserklärung hätten die beiden Gesellschafter für sie einen Rechnungsabschluss über das Gesellschaftsvermögen zu erstellen und ihr das danach auf W. J. entfallende Auseinandersetzungsguthaben zu zahlen. 2. Am 29.11.2001 existierte die Gesellschaft bürgerlichen Rechts jedoch nicht mehr. Sie war nicht nur aufgelöst, sondern beendet. Es handelte sich unstreitig um eine zweigliedrige Gesellschaft. Die von dem Beklagten zu 2. vorgelegte handschriftliche Vereinbarung vom 21.12.2000 über die Beendigung dieser Gesellschaft weist entgegen der Behauptung der Klägerin zwei Unterschriften auf. Die eine Unterschrift lautet eindeutig L. J., die andere Unterschrift ist schwer lesbar. Die Klägerin hat keine konkreten Behauptungen für die Fälschung dieser zweiten Unterschrift vorgetragen, so dass entsprechend der Vermutung der Vollständigkeit dieser Privaturkunde (§ 416 ZPO) davon auszugehen ist, dass die in der Urkunde genannten Gesellschafter L. und W. J. diese Urkunde auch unterschrieben haben. Im letzten Absatz dieser Vereinbarung heißt es wie folgt: "Mit dem heutigen Tag gehen alle, auch die hier nicht genannten Rechte, Pflichten, Forderungen und Verbindlichkeiten der L. und W. J. GbR auf den Gesellschafter L. J. über. W. J. hat ab sofort keinerlei Rechte und Pflichten an der L. und W. J. GbR." Diese Vereinbarung enthält die einvernehmliche Vermögensübernahme durch den Gesellschafter W. J. Die Vermögensübernahme beendet die Gesellschaft ohne weitere Abwicklung, das Gesellschaftsvermögen wächst dem Übernehmenden gemäß § 738 BGB an (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 62. Auflage, § 736 Rdnr. 4; BGH NJW-RR 1993, 1443;). Bei den dinglichen Rechten der Gesamthand tritt Anwachsung ein, das heißt, die Mitberechtigung des ausscheidenden Gesellschafters geht unmittelbar auf den verbleibenden Gesellschafter über, im Fall der 2-Mann-Gesellschaft auf den Übernehmenden (vgl. BGH NZG 2000, 474 ff.;). Eine Einzelübertragung der Vermögensgegenstände ist weder erforderlich noch möglich (BGHZ 50, 309), daher ist auch keine Auflassung zur Übertragung von Grundstücken erforderlich (vgl. OLG Köln NJW 1995, 2232;). Das Grundbuch wird durch diese Anwachsung unrichtig und ist zu berichtigen (vgl. Palandt-Sprau, a.a.O., § 738, Rdnr. 1).

Da nach der Vermögensübernahme kein weiteres Vermögen der Gesellschaft mehr bestand, war diese beendet. Die Gesellschaft war nicht mehr existent. Damit bestand auch kein Gesellschafteranteil des Beklagten zu 1., den die Klägerin im April 2001 noch hätte pfänden können. Daran ändert auch nichts der Umstand, dass der Beklagte zu 2. nach der Behauptung der Klägerin noch am 23.05.2001 mitgeteilt hat, dass die Gesellschaft eine Forderung gegen eine GmbH habe. Diese Mitteilung des Beklagten zu 2. stand nicht in Übereinstimmung mit der Rechtslage und beruhte möglicherweise auf einen Rechtsirrtum. Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 20.10.2003 ändert an der vorstehenden Beurteilung nichts und gibt dem Senat keinen Anlass zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Für die Zulassung der Revision besteht kein gerechtfertigter Anlass. Streitwert für den Berufungsrechtszug und Beschwer der Klägerin: 2.500,00 EUR.

Ende der Entscheidung

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