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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 23.07.2004
Aktenzeichen: I-17 U 94/98
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 284
BGB § 286
BGB § 288 a. F.
BGB § 408 Abs. 1
BGB § 407 Abs. 1
BGB § 409 Abs. 1
BGB § 821
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 23. März 1998 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt als Nachlasspfleger über den Nachlass und für die unbekannten Erben des ursprünglichen Klägers D. G. K. von der Beklagten die Auszahlung eines restlichen Sparguthabens.

Der ursprüngliche Kläger (im folgenden: K.) unterhielt bei der Beklagten ein Sparkonto. Dieses wies am 04.03.1997 ein Guthaben von 23.553,23 DM auf. K. verlangte die Auszahlung dieses Guthabens im April 1997. Die Beklagte zahlte lediglich 1.786,62 DM aus, hinsichtlich des Restbetrages erklärte sie K. gegenüber die Aufrechnung mit einer von ihr geltend gemachten Forderung über 21.777,55 DM.

Die Beklagte leitet die Gegenforderung aus folgendem Sachverhalt her:

K. war zusammen mit G. S. Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die ein Ingenieurbüro betrieb. K. und S. erhielten von der Beklagten am 24.05.1991 ein Darlehen über 200.000 DM, für das sie als Gesamtschuldner hafteten.

S. trat zur Sicherung der Darlehensforderung seine Ansprüche aus einem Lebensversicherungsvertrag gegen die T. Versicherung an die Beklagte ab.

Darüber hinaus trat er ebenfalls zur Absicherung der Darlehensforderung an die Beklagte im August 1991 seine Ansprüche aus einem Lebensversicherungsvertrag mit der Nr. ... gegen die G.-Versicherung über 40.000 DM ab. Diese Abtretung zeigte die Beklagte der G.-Versicherung am 22.08.1991 an.

Bereits am 01.08.1982 hatte S. jedoch bei der G.-Versicherung einen Lebensversicherungsvertrag über 100.000 DM abgeschlossen. Dieser Vertrag hatte die Nr. ... Am 23.08.1982 trat S. die Ansprüche aus diesem Lebensversicherungsvertrag an die D.-Bank ab. 1983 wurde dieser Versicherungsvertrag von der G.-Versicherung in zwei Verträge aufgespalten, und zwar in einen Teil über 40.000 DM, der nun die Nr. ... erhielt, und in einen Teil über 60.000 DM, der die Nr. ... behielt.

Die Parteien streiten darüber, ob bei der Abtretung von S. an die Beklagte im August 1991 eine bereits (an die D.-Bank) abgetretene Forderung erneut abgetreten wurde - so die Beklagte - oder ob die Ansprüche aus diesem Lebensversicherungsvertrag noch nicht abgetreten waren, weil es sich um einen neuen Vertrag, begründet erst im August 1983, gehandelt habe - so der Kläger -.

Der Kreditvertrag wurde notleidend. Am 16.03.1995 schloss die Beklagte mit beiden Kreditnehmern einen Aufhebungsvertrag. Darin anerkannten die beiden Kreditnehmer der Beklagten einen Betrag von 40.403,95 DM zu schulden und diesen bis zum 20.02.1995 zurückzuzahlen. Dem kamen die Darlehensschuldner jedoch nicht nach. In der Folge kündigte die Beklagte die Lebensversicherungsverträge und zog die danach entstehenden Rückkaufwerte ein. Sie erhielt von der G.-Versicherung 39.208,90 DM und von der T. Versicherung 32.794,82 DM, insgesamt also 72.003,72 DM.

Von diesem Betrag zog die Beklagte die Kreditsumme von 40.403,95 DM ab, die vereinbarte Vorfälligkeitsentschädigung von 500,00 DM und Kosten und Gebühren in Höhe von 618,24 DM. Danach verblieb ein Überschuss von 30.481,53 DM, den die Beklagte an S. überwies.

Danach - am 05.05.1995 - teilte die G.-Versicherung der Beklagten mit, dass man nunmehr festgestellt habe, dass die Rechte aus dem Lebensversicherungsvertrag von S. bereits im Oktober 1982 an die D.-Bank abgetreten worden seien, so dass man an die Beklagte ohne Rechtsgrund geleistet habe. Die G.-Versicherung verlangte deshalb den gezahlten Betrag von der Beklagten zurück. Die Beklagte und die G.-Versicherung einigten sich in der Folge dahin, dass die Beklagte lediglich die Hälfte des zur Auszahlung gelangten Betrages an G. zurückzahlte, das waren 19.604,45 DM. Die andere Hälfte verblieb mit Einverständnis der G.-Versicherung bei der Beklagten.

Mit dem an die G.-Versicherung zurückgezahlten Betrag belastete die Beklagte nunmehr ein Konto des Erblassers. Dieser zu Lasten von K. geführte Schuldsaldo von ursprünglich 19.604,45 DM wuchs durch Zinsen und Gebühren bis zum 31.12.1996 bis auf 21.777,55 DM an.

Die Zahlung dieses Betrags zuzüglich Zinsen hat K. mit der vorliegenden Klage gefordert.

Das Landgericht hat der Klage, bis auf einen geringfügigen Betrag von 10,94 DM, der durch einen Rechenfehler entstand, stattgegeben. Es hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass die Beklagte keine aufrechenbare Gegenforderung gegen den Auszahlungsanspruch von K. gehabt habe. Eine doppelte Abtretung des Lebensversicherungsvertrages sei nicht feststellbar, so dass auch nicht feststehe, dass die G.-Versicherung an die Beklagte ohne Rechtsgrund geleistet habe.

Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten.

Das Berufungsverfahren ist am 08.12.1998 ausgesetzt worden, weil der ursprüngliche Kläger, D. K., zwischenzeitlich verstorben war. Am 21.02.2003 ist Rechtsanwalt S. in Duisburg zum Nachlasspfleger für die unbekannten Erben des Klägers bestellt worden und hat das Verfahren am 29.08.2003 wiederaufgenommen.

Die Beklagte verfolgt ihr ursprüngliches Ziel, nämlich die Abweisung der Klage, weiter und steht nach wie vor auf dem Standpunkt, dass die von der G.-Versicherung zurückverlangten 19.604,45 DM von der G.-Versicherung ohne Rechtsgrund an sie gezahlt worden seien, so dass K. in dieser Höhe auch nicht von der Darlehensforderung freigeworden sei.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils, die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er wiederholt und vertieft den erstinstanzlichen Vortrag.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Dem Kläger steht - wie das Landgericht im Ergebnis zu Recht festgestellt hat - ein Anspruch auf Auszahlung der restlichen Spareinlage in Höhe von 21.777,55 DM zu. Gegen diesen Anspruch kann die Beklagte weder mit einem restlichen Darlehensanspruch gegen den Kläger aufrechnen, noch steht ihr insoweit die Einrede der Bereicherung gemäß § 821 BGB zur Seite.

Die Darlehensverbindlichkeit, die K. unstreitig gegenüber der Beklagten in Höhe von zuletzt 40.403,95 DM zuzüglich Nebenbeträgen, insgesamt in Höhe von 41.522,19 DM, hatte, ist durch Verwertung der eingezogenen Forderungen aus den abgetretenen Lebensversicherungsverträgen erloschen.

Im Einzelnen gilt:

1.

Die von S. an die Beklagte zur Absicherung der Darlehensforderung erfolgte Abtretung der Forderung aus einem Lebensversicherungsvertrag mit der T. Versicherung ist - wie zwischen den Parteien nicht umstritten ist - wirksam gewesen.

2.

Fraglich ist allein, ob auch die ebenfalls von S. vorgenommene Abtretung seiner Forderung aus dem Lebensversicherungsvertrag mit der G.-Versicherung wirksam war. Dies ist zu verneinen, weil S. die Forderung aus diesem Lebensversicherungsvertrag bereits im Jahre 1982 an die D.-Bank abgetreten hatte, so dass die Abtretung an die Beklagte im August 1991 unwirksam war. Entgegen der Auffassung des Landgerichts und des Klägers handelte es sich bei der Abtretung an die Beklagte im August 1991 nicht um die Abtretung eines neuen Lebensversicherungsvertrages.

Der ursprüngliche Versicherungsvertrag zwischen S. und der G.-Versicherung ist am 01.08.1982 über 100.000 DM geschlossen worden. Die sich aus diesem Vertrag ergebenden Forderungen von S. hat dieser im Oktober 1982 an die D.-Bank abgetreten. Dies hat der Zeuge E., Angestellter der G.-Versicherung, in seiner Vernehmung vor dem Landgericht bestätigt. Die Aufspaltung des ursprünglichen Versicherungsvertrages im Jahre 1983 in zwei Verträge über 40.000 DM und 60.000 DM konnte nicht dazu führen, dass der neu entstandene Teilvertrag über 40.000 DM nicht mehr an die D.-Bank abgetreten war. Eine derartige Veränderung der abgetretenen Forderungen hätte der Zustimmung der D.-Bank als der wahren Inhaberin der Forderungen aus dem ursprünglichen Lebensversicherungsvertrag bedurft. Diese ist nicht erteilt worden. Daraus folgt, dass S. auch die Forderung aus dem neu entstandenen Teilvertrag nicht zum zweiten Mal wirksam abtreten konnte. Darüber hinaus war der G.-Versicherung die ursprüngliche Abtretung an die D.-Bank auch bekannt, wie sie selber gegenüber der Beklagten später eingeräumt hat.

Daraus folgt, dass die G.-Versicherung mit ihrer Zahlung am 20.02.1995 über 39.208,90 DM an die Beklagte als Scheingläubigerin gezahlt hat. Damit erwarb die G.-Versicherung gegen die Beklagte einen Anspruch auf Herausgabe des Erlangten unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 BGB). In Fällen wie diesem findet der Bereicherungsausgleich nämlich zwischen dem leistenden Schuldner und dem Scheingläubiger statt (vgl. OLG Düsseldorf, VersR 2000, 1529 f.;).

Dem steht nicht die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15. Mai 2003 (NJW-RR 2003, 1490 ff.;) entgegen. Dort hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Scheingläubiger den Gegenwert des Erlangten an den Erstzessionar herausgeben muss, wenn der Schuldner in Unkenntnis von der ersten Abtretung an den Scheingläubiger geleistet hat und deshalb nach den §§ 408 Abs. 1, 407 Abs. 1 BGB von seiner Verbindlichkeit befreit worden ist. Diese Voraussetzung trifft hier gerade nicht zu, weil die Schuldnerin - die G.-Versicherung - in Kenntnis von der ersten Abtretung an die Beklagte geleistet hat.

Auch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10.03.1993 (NJW 1993, 1578 ff.;) steht einem Bereicherungsausgleich zwischen Beklagter und G.-Versicherung nicht entgegen.

Dort hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Bereicherungsausgleich bei Versicherungsforderungen zwischen Versicherung und Versicherungsnehmer stattzufinden hat, wenn dem Versicherungsnehmer unabhängig von der ersten Abtretung wegen eines Rechtsmangels im Versicherungsverhältnis kein Anspruch gegen die Versicherung zusteht. Der Bundesgerichtshof hat dieses Ergebnis mit Gründen des Vertrauensschutzes und der Risikoverteilung gerechtfertigt und die Leistung bei der Scheingläubigerin belassen.

Dieses Ergebnis ist hier nicht gerechtfertigt, weil Rechtsmängel im Versicherungsverhältnis zwischen G.-Versicherung und dem Zedenten S. nicht vorlagen.

An diesem Ergebnis ändert auch die Abtretungsanzeige, welche die Beklagte an die Schuldnerin, die G.-Versicherung, erteilt hatte, nichts. Durch diese Anzeige wird gemäß § 409 Abs. 1 BGB der Schuldner - auch wenn er die erste Zession kannte (vgl. Palandt-Heinrichs, 63. Auflage, § 409 Rdnr. 5;) - nur vor einer Inanspruchnahme durch den Zedenten geschützt (vgl. BGH NJW 2001, 231;). Eine derartige Inanspruchnahme durch S. gegen die G.-Versicherung ist aber nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

3.

Die Beklagte hat jedoch nur die hälftige Leistung des G.-Konzerns endgültig ohne Rechtsgrund erhalten, denn die Beklagte und G.-Versicherung haben sich unstreitig geeinigt, dass die Beklagte von dem ausgezahlten Betrag 19.604,45 DM endgültig behalten durfte. Mit dieser vergleichsweisen Einigung zwischen den Beteiligten dieser Leistungsbeziehung haben sie nachträglich einen Rechtsgrund für die Zahlung in dieser Höhe geschaffen. In diesem Umfang ist die Zahlung mithin einer von Anfang an mit Rechtsgrund erfolgten Zahlung/einem mit Rechtsgrund erlangten Verwertungserlös gleichzustellen. Im Ergebnis ist damit die Beklagte sowohl hinsichtlich der Forderung gegen die T. Versicherung (32.794,82 DM) als auch hinsichtlich der hälftigen Forderung gegen die G.-Versicherung (19.604,45 DM), insgesamt also in Höhe von 52.399,27 DM, als rechtmäßige Gläubigerin dieser Forderungen, die sie aus abgetretenem Recht geltend gemacht hat, zu behandeln. Sie war als Sicherungsnehmerin dieser Forderungen berechtigt, diese zu verwerten, weil die beiden Gesamtschuldner der Darlehensforderung diese unstreitig nach Fälligkeit nicht befriedigt haben.

4.

Die Verwertung der abgetretenen Forderung ist durch ihre Einziehung erfolgt. Der von der Beklagten empfangene Betrag (52.399,27 DM) ist an die Stelle der abgetretenen Forderungen getreten. Die Beklagte als Zahlungsempfängerin musste aufgrund der zumindest stillschweigend zwischen ihr und S. getroffenen Sicherungsabrede den empfangenen Betrag zur Abdeckung ihrer Darlehensforderung gegen den Sicherungsgeber verwenden (vgl. hierzu allgemein Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Auflage, Rdnr. 6.532;). Der von der Beklagten mit Rechtsgrund empfangene Betrag von 52.399,27 DM reichte aus, um die Darlehensforderung abzudecken. Die Beklagte war zur Verrechnung mit ihrer Darlehensforderung verpflichtet und hat diese auch vollzogen, indem sie das Darlehenskonto der beiden Gesamtschuldner auf Null gestellt hat. Die insoweit vorliegende reale Leistungsbewirkung hat die Darlehensforderung auch im Verhältnis zu K. zum Erlöschen gebracht. Soweit K. hierdurch überproportional entlastet worden sein sollte, wäre ein Ausgleich lediglich unter den Gesamtschuldnern im Innenverhältnis vorzunehmen.

Der nach der Verrechnung bestehende Überschuss stand dem Sicherungsgeber S. zu. Dieser Überschuss betrug tatsächlich nur 10.877,08 DM. Der Umstand, dass die Beklagte im Vertrauen auf die Wirksamkeit der ursprünglichen Zahlung des G.-Konzerns an S. weitere 19.604,45 DM ausgezahlt hat, führt allenfalls zu Bereicherungsansprüchen gegen S., der Alleinempfänger der Überschusszahlung war. Gegen den Kläger bestehen wegen der Zuvielzahlung an S. keine Bereicherungsansprüche der Beklagten, weil K. lediglich die Befreiung von seiner Darlehensschuld erlangt hat, dies jedoch zu Recht.

Die vom Kläger geltend gemachten Zinsen ab Rechtshängigkeit rechtfertigen sich aus den §§ 284, 286, 288 BGB a. F.

Die Kosten der Berufung hat die Beklagte gemäß § 97 ZPO zu tragen.

Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Der Streitwert der Berufung und die Beschwer der Beklagten betragen 11.129,09 EUR (21.766,61 DM).

Ende der Entscheidung

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