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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 11.01.2006
Aktenzeichen: I-18 U 136/05
Rechtsgebiete: HGB, AGBG, ZPO


Vorschriften:

HGB § 425 Abs. 1
HGB § 429 Abs. 1
HGB §§ 407 ff.
HGB § 435
HGB § 449 Abs. 2 Satz 1
HGB § 459
BGB § 254 Abs. 1
BGB § 305 c
BGB § 305 c Abs. 2
BGB § 307
AGBG § 5
AGBG § 9
ZPO § 287
ZPO § 373
ZPO § 525
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird auf die Berufung der Beklagten das am 4. August 2005 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 760 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.05.2003 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Klägerin 90 % und die Beklagte 10 %.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin 63 % und die Beklagte 37 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und hat auch teilweise Erfolg. Der der Klägerin zustehende Schadensersatzanspruch ist aufgrund eines Mitverschuldens wegen unterlassener Wertdeklaration hälftig gemindert.

I.

Die Beklagte hat für das unstreitig in ihrem Obhutsgewahrsam in Verlust geratene Paket nach §§ 425 Abs. 1, 429 Abs. 1 HGB einzustehen. Die Beklagte wurde als Fixkostenspediteurin i.S. von § 459 HGB beauftragt, weswegen sich ihre Haftung daher grundsätzlich nach den Bestimmungen über die Haftung des Frachtführers (§§ 425 ff. HGB) und - soweit vertraglich einbezogen - nach ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen beurteilt.

Die Beklagte haftet der zweitinstanzlich unstreitig aktiv legitimierten Klägerin nach § 435 HGB unbeschränkt auf den zweitinstanzlich unstreitigen Wert der Waren von (2.540 € abzüglich der von der Beklagten außergerichtlich geleisteten Zahlung von 510 € =) 2.030 €, weil sie nicht an sämtlichen Umschlagstellen hinreichende Eingangs- und Ausgangskontrollen durchführt.

Das Unterlassen von hinreichenden Schnittstellenkontrollen stellt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Senats ein qualifiziertes Verschulden i.S.v. § 435 HGB dar. Dies führt nach der vorgenannten Bestimmung zum Wegfall der in §§ 407 ff. HGB und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und -begrenzungen.

Darüber hinaus begründet der Umstand, dass die Beklagte außerstande ist, darzulegen, wie es zu dem Verlust der Warensendungen gekommen ist, nach der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung angenommenen Einlassungsobliegenheit des Frachtführers eine Vermutung dahin, dass die Beklagte beziehungsweise ihre Erfüllungsgehilfen die Verlustschäden leichtfertig verursacht haben.

Die von der Beklagten gegen eine unbeschränkte Haftung vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch:

Wie der Senat bereits vielfach entschieden hat, enthält entgegen der Auffassung der Beklagten Ziffer 2 Absatz 2 ihrer Beförderungsbedingungen Stand 11/00 (Anl. B 5, Bl. 80 GA), insoweit identisch mit den Beförderungsbedingungen Stand 2002 (Anl. B 1, Bl. 47 GA), keinen Hinweis darauf, dass die Beklagte die Beförderung von Standardsendungen nur mit dem bei Briefsendungen üblichen Sicherheitsstandard vornimmt; erst Recht enthält diese Klausel keine Leistungsbeschreibung dieses Inhalts.

Der Senat verbleibt dabei, dass sich Ziffer 2 der Beförderungsbedingungen der Beklagten keine positive Kenntnis des Versenders von den nicht durchgängig durchgeführten Schnittstellenkontrollen entnehmen lässt. Die Bestimmung sagt nicht hinreichend deutlich, dass die Beklagte keine Transportwegekontrollen durchführt. In Ziffer 2 wird lediglich eine Erklärung der Versender des Inhalts fingiert, dass sie damit einverstanden sind, wenn eine Kontrolle des Transportweges an den einzelnen Umschlagstellen nicht durchgeführt wird. Darüber hinaus werden Inhalt und Bedeutung dieser Erklärung noch durch den mit "insbesondere" eingeleiteten Einschub verschleiert, weil die Beklagte hierdurch den Eindruck erweckt, es gehe bei dieser Einverständniserklärung im Wesentlichen darum, nur die schriftliche Dokumentation der Schnittstellenkontrollen entbehrlich zu machen. Daher vertritt der Senat die Auffassung, dass diese Klausel wegen § 305 c BGB beziehungsweise § 5 AGBG nur dahin ausgelegt werden kann, dass der Versender auf die schriftliche Dokumentation der Schnittstellenkontrollen verzichtet. Etwaig verbleibende Unklarheiten gehen gemäß § 305c Abs. 2 BGB, § 5 AGBG zu Lasten der Beklagten als Verwender. Mithin hat die Beklagte in Ziffer 2 ihrer Beförderungsbedingungen gerade nicht offenbart, dass sie tatsächlich diese Kontrollen unterlässt und sie auch keine anderen ebenso guten Kontrollen eingerichtet hat, die Schnittstellenkontrollen entbehrlich machen könnten.

Ebenso oft hat der Senat bereits ausgeführt, dass sich kein anderes Ergebnis ergäbe, wenn man mit der Beklagten der Auffassung wäre, dass Ziffer 2 einen Verzicht auf jegliche Schnittstellenkontrollen beinhaltet. Die so verstandene Regelung wäre dann gemäß § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB und § 9 AGBG / § 307 BGB unwirksam, weil die Beklagte sich hiermit von einer ihr als Frachtführerin obliegenden Kardinalpflicht, nämlich der Verpflichtung, die Warensendung während des Transports stets unter Kontrolle zu halten, in weitem Umfang freigezeichnet hätte.

Nichts anderes ergibt sich aus Ziff. 7 der Preisvereinbarung von Januar 2002 (Anl. B 2, Bl. 48 f. GA). Auch hierbei handelt es sich ersichtlich um eine allgemeine Geschäftsbedingung, nämlich um eine von der Beklagten für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Bedingung, die sie der Versenderin gestellt hat. Die Beklagte hat mit ihrem (zweitinstanzlich neuen) Vortrag, sie habe dem Versender Sonderkonditionen eingeräumt und als Gegenleistung hierfür habe der Versender auf Transportwegekontrollen verzichtet, nicht substantiiert dargetan, dass diese Bedingung nicht bloß einbezogen, sondern ausgehandelt wurde, obwohl die Beklagte hierfür darlegungspflichtig ist (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 305 Rdnr. 4). Irgendeinen konkreten Bezug zwischen der Einräumung von Sonderkonditionen und dem vermeintlichen Verzicht auf Transportwegekontrollen hat die Beklagte nicht aufgezeigt. Dies wäre indes erforderlich gewesen angesichts dessen, dass die Beklagte gemäß Ziff. 2 der Preisvereinbarung dem Versender Sonderkonditionen im Hinblick auf die "Versandcharakteristika", d. h., wie es sich auch aus Ziff. 2 der Preisvereinbarung von Januar 2001 ergibt, vor allem aufgrund der Anzahl der durchschnittlich monatlich zum Versand kommenden Pakete, eingeräumt hat. Im Übrigen steht der Argumentation der Beklagten der Umstand entgegen, dass Ziff. 7 der Preisvereinbarung von Januar 2002 weitestgehend identisch ist mit Ziffer 2 Absatz 2 der Beförderungsbedingungen der Beklagten Stand 11/00 und 2002 ist und Ziff. 7 der Preisvereinbarung somit das von der Beklagten in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen für alle Versender Vorgesehene lediglich wiederholt.

Der Beklagten ist aus einer Vielzahl von Entscheidungen des Senats bekannt, dass ihre übrigen, bereits vielfach vorgebrachten Einwendungen unter I., II., III., IV., V. und VI. ihrer Berufungsbegründung nicht durchgreifen.

Die Klägerin hat weder in ihrer Klageschrift noch anderswo eine Kenntnis des Versenders davon eingeräumt, dass die Beklagte bei der Standardsendung keine Schnittstellenkontrollen durchführt.

II.

Der der Klägerin zustehende Schadensersatzanspruch ist indes aufgrund eines Mitverschuldens wegen unterlassener Wertdeklaration hälftig gemindert.

1. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Versender in einen nach § 254 Abs. 1 BGB beachtlichen Selbstwiderspruch geraten, wenn er trotz der Kenntnis, dass der Spediteur die Sendung bei zutreffender Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandelt, von einer Wertdeklaration absieht und bei Verlust gleichwohl Schadensersatz verlangt. Zielen die erhöhten Sorgfaltsanforderungen des Spediteurs oder Frachtführers gerade darauf ab, einen Schaden wie den eingetretenen zu vermeiden, ist der Verzicht des Versenders auf diesen erhöhten Sorgfaltsmaßstab als freiwilliges Eingehen eines erhöhten Verlustrisikos zu bewerten. Bei wertender Betrachtung sei es deshalb geboten, den eingetretenen Schaden dem Versender anteilig zuzurechnen.

2. Das Paket beinhaltete Waren im Wert von 2.540 €.

Die Beklagte befördert Pakete, bei denen auf dem Frachtbrief eine Wertdeklaration von mehr als 2.500 € eingetragen ist, unter zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen, die einem Verlust vorbeugen und bei eingetretenem Verlust diesen auffallen lassen und eine Nachforschung mit entsprechend höherer Wahrscheinlichkeit des Wiederauffindens auslösen. Dies steht zur Überzeugung des Senats fest, ohne dass es einer Beweisaufnahme bedurfte (§ 291 ZPO).

Der Senat hat bereits kürzlich zwei in der früher "Schadens- und Verlustvorbeugung", heute "Security" genannten Abteilung der Beklagten tätige Mitarbeiter zu eben jener Frage vernommen, nämlich den Zeugen L. M. am 14.06.2004 in dem Verfahren I-18 U 163/03 und nochmals am 09.11.2005 im Verfahren I-18 U 162/04 sowie den Zeugen Sebastian XX am 24.08.2005 in Sachen I-18 U 169/04 und nochmals am 07.12.2005 in Sachen I-18 U 202/04.

Dabei hat der Zeuge Czerwonka die Betriebsorganisation der Beklagten für Wertpakete zusammengefasst wie folgt beschrieben: Pakete mit einem angegebenen Wert ab 2.500 € übergibt der Abholfahrer beim Eintreffen im Abholdepot dem dortigen Supervisor oder Teamleader. Dieser gleicht die Paketdaten noch einmal ab, trägt sie in eine Liste ein und sendet per Fax oder e-mail ein sog. presheet an das Zustelldepot, in welchem das Wertpaket angekündigt wird. Das Paket selbst bewahrt er bis zur Weiterbeförderung in einem verschlossenen Gitterkäfig auf. Im Zustelldepot überprüft der Einsatzleiter, ob die per presheet angekündigten Wertpakete sich zur erwarteten Ankunftszeit in dem entsprechenden Zustellfahrzeug befinden. Wenn das nicht der Fall ist, stellt er Nachforschungen über das computergestützte Tracking-System der Beklagten sowie im Zustellcenter selbst an; bleibt das ohne Erfolg, benachrichtigt er die Sicherheitsabteilung. Die Einhaltung dieser Verfahrensweise durch die Fahrer und anderen Mitarbeiter wird laufend stichprobenartig durch die Security-Abteilung überprüft.

Der Zeuge Mahrholdt hat die Verfahrensweise bei der Beklagten in demselben Sinne beschrieben wie der Zeuge Czerwonka und zusätzlich angegeben, dass Wertpakete in der Abholniederlassung mit einem Handscanner einen sogenannten Orgin Scan erhalten, während Standardpakete nicht durchgehend gescannt werden. Zudem hat er in seiner Vernehmung am 09.11.2005 geschildert, dass neu eingestellte Fahrer bei der Beklagten zuerst eine dreitägige, "Orientation" genannte Schulung erhalten, in welcher sie u.a. mit der richtigen Behandlung von Wertpaketen vertraut gemacht werden, dass sie anschließend während der ersten Wochen ihrer Tätigkeit von einem Einsatzleiter begleitet und dabei trainiert werden, und dass schließlich alle Fahrer einmal jährlich eine sog. OJS-Tour erhalten, bei der sie von einem Einsatzleiter begleitet werden und ihre Kenntnisse und ihre Handhabung überprüft und aufgefrischt wird.

Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass diese von den Zeugen geschilderte Wertpaketbehandlung bei der Beklagten nicht nur theoretisch vorgeschrieben oder auf einzelne Bereiche beschränkt ist, sondern flächendeckend und damit auch in den vorliegend berührten Niederlassungen und Depots tatsächlich durchgeführt wird bzw. wurde. Nach der Aussage des Zeugen Czerwonka beschäftigt die Beklagte bundesweit 22 oder 23 Sicherheitsbeauftragte wie ihn (zuzüglich der in der Niederlassung am Flughafen Köln-Bonn eingesetzten), deren Aufgabe es u.a. eben ist - so auch der Zeuge Mahrholdt -, die Einhaltung der vorgeschriebenen Verfahrensweise zu überprüfen. Der Zeuge Czerwonka selbst arbeitet seit dem Jahr 2000 in dieser Funktion, anfangs in München, jetzt in Düsseldorf. Der Zeuge Mahrholdt war bis August 2004 rund 18 Jahre lang in der entsprechenden Position mit Zuständigkeit für Düsseldorf/Mönchengladbach/Aachen/Wesel tätig. Schließlich spricht auch die von dem Zeugen Czerwonka im Termin am 24.08.2005 überreichte "Arbeitsanweisung zur Handhabung von Wert- und Nachnahmepaketen", die nach ihrem Text und auch nach der Zeugenaussage von den Fahrern zur Kenntnis zu nehmen und zu unterschreiben ist, dafür, dass die Beklagte die vorgeschriebenen Abläufe bei ihren Mitarbeitern auch tatsächlich durchsetzt. Dies hat beispielsweise der Zeuge Jürgen XX, stellvertretender Niederlassungsleiter im Center Aachen (Eschweiler) der Beklagten, den der Senat ebenfalls am 09.11.2005 im Verfahren I-18 U 162/04 vernommen hat, ausdrücklich bestätigt.

Dem Antrag der Klägerin, gegenbeweislich den Abholfahrer, dessen Vorgesetzen und Niederlassungsleiter sowie die zuständigen Mitarbeiter und den Niederlassungsleiter des Empfangsdepots und die sonstigen mit der Sendung befassten Personen zu vernehmen, konnte nicht nachgegangen werden. Nach § 525 i.V.m. § 373 ZPO wird der Zeugenbeweis durch die Benennung des Zeugen angetreten. Demgegenüber beschreibt die Klägerin nur abstrakt bestimmte Tätigkeiten und fordert statt dessen die Beklagte zur entsprechenden Benennung auf. Das sieht das Gesetz aber nicht vor.

Auf die gegenbeweislich namhaft gemachten Zeugen Lambrecht, Weingarz, Knonsalla und Penno kam es nicht an. Diese Zeugen sind unstreitig nicht bei der Paketbeförderung tätig, sondern im Außendienst (Weingarz, Penno) bzw. im Call Center (Lambrecht, Knonsalla) der Beklagten mit der Akquisition und Beratung von Kunden befasst. Dass solche Mitarbeiter nicht mit allen operativen Einzelheiten der tatsächlichen Paketbeförderung vertraut sein mögen, spricht nicht gegen die Existenz dieser Einzelheiten.

3. Die Fa. Zott GmbH & Co. KG in Mertingen ist ersichtlich kein EDI-Kunde (vgl. Anl. K 1). Dies kann auch dem zweitinstanzlichen Vorbringen der Klägerin nicht entnommen werden. Soweit sie auf S. 11 ihrer Berufungsbegründung (Bl. 250 GA) "die Bedenken des Landgerichts gegen die gesonderte Behandlung von Wertpaketen im EDI- bzw. OnLine World Ship Verfahren" für zutreffend erachtet, verfängt dies nicht, weil das Landgericht derartige Bedenken (mangels zur Anwendung gelangten EDI-Verfahrens) in diesem Rechtsstreit tatsächlich nicht geäußert hat.

4. Erfüllt ist auch die weitere Voraussetzung für ein Mitverschulden wegen fehlender Wertdeklaration, nämlich die Kenntnis des Versenders, dass der Spediteur die Sendung bei zutreffender Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandelt, d.h. besonderen Sicherungen unterstellt.

a) Die Versenderin hatte durch die Lektüre von Ziffer 2 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten Stand 11/00 ohne weiteres die Möglichkeit, sich Kenntnis darüber zu verschaffen, dass bei einer Beförderung eines Pakets als Wertpaket bei der Beklagten weitergehende Kontrollen vorgesehen sind als bei Standardpaketen. Diese Möglichkeit der Kenntnisnahme ist bei einem kaufmännischen Versender einer positiven Kenntnis gleichzusetzen.

b) Von der Einbeziehung der Beförderungsbedingungen der Beklagten Stand 11/00 in den Beförderungsvertrag ist auszugehen.

Erstinstanzlich ist die Klägerin allein der Einbeziehung der Beförderungsbedingungen Stand Februar 2002 entgegen getreten (Blatt 72 GA), nicht jedoch der Beförderungsbedingungen 11/00, auf welche sich die Beklagte sodann hilfsweise berufen hat (Blatt 78 f. GA). Zweitinstanzlich wendet sich die Klägerin nicht mehr gegen die Geltung der allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten.

c) Ziffer 2 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten Stand 11/00 offenbart dem Versender eine Möglichkeit, eine "weitergehende Kontrolle der Beförderung" zu erhalten, indem er die Beförderung als Wertpaket wählt. Der Versender wird durch diese Klausel mithin darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Beklagte wertdeklarierte Sendungen mit größerer Sorgfalt behandelt.

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten den Versender nicht im Einzelnen darüber informieren, wie die Beklagte wertdeklarierte Sendungen behandeln wird. Unabhängig von einer Kenntnis des Versenders über die Einzelheiten der von der Beklagten für wertdeklarierte Pakete vorgesehenen besonderen Sicherungen ist der Mitverschuldenseinwand jedenfalls deswegen gerechtfertigt, weil der Versender auf einen wie auch immer gearteten erhöhten Sorgfaltsmaßstab verzichtet und er mithin freiwillig ein erhöhtes Verlustrisiko eingeht. Soweit frühere Senatsurteile in dem Sinne verstanden werden konnten, dass der Mitverschuldenseinwand davon abhängt, dass die Beklagte dem Versender auf Nachfrage Einzelheiten über die besondere Behandlung wertdeklarierter Pakete mitteilt, stellt der Senat hiermit klar, dass dem nicht so ist.

d) Unerheblich ist auch, dass auf Nachfrage nach den Einzelheiten Mitarbeiter der Beklagten unzutreffende Antworten gegeben haben bzw. heute noch geben mögen. Hierauf könnte es allenfalls ankommen, wenn die Rechtsvorgängerin der Klägerin nachgefragt und dabei eine falsche Antwort erhalten hätte; eine solche falsche Antwort im konkreten Fall mag durchaus geeignet sein, die durch die Beförderungsbedingungen zunächst einmal begründete Kenntnis wieder zu beseitigen. Hier hatte der Absender aber nicht gefragt und blieb folglich auf dem durch die Beförderungsbedingungen vermittelten, allgemeinen Informationsstand, der für den Mitverschuldensvorwurf ausreicht. Ebenso wenig ist von Bedeutung, dass in den Broschüren der Beklagten keine weiteren Erläuterungen zur Wertpaketbehandlung gegeben werden, sondern nur auf die erhöhte "Haftungsgrenze" hingewiesen wird; eine erhöhte "Haftungsgrenze" für den Kunden einerseits und eine besondere operative Behandlung andererseits schließen sich nicht aus.

5. Aus der Schilderung der Beklagten zum Verfahrensablauf bei Wertpaketen (d.h. Pakete, deren Wert mit über 2.500 € angegeben wurde) ergibt sich, dass die Beklagte bei wertdeklarierten Sendungen am Anfang und am Ende des Transports grundsätzlich zusätzliche Kontrollmaßnahmen vorsieht. Aufgrund dessen ist davon auszugehen, dass der Transport eines Wertpakets am Anfang und am Ende der Beförderung sicherer ist als der Transport eines Standardpakets.

Während des übrigen Transports werden beide Paketarten allerdings gleich behandelt. Aus der eigenen Darstellung der Beklagten ergibt sich, dass auch bei der Kontrolle von Wertpaketen erhebliche Lücken verbleiben, und zwar bei der 2. Etappe (Abholcenter), der 4. Etappe (Hauptumschlagbasis) sowie im Zustellcenter bis zur Verladung des Pakets in das Auslieferungsfahrzeug. Im Hinblick auf die auch bei wertdeklarierten Paketen verbleibenden Lücken in der Kontrolle bei den Schnittstellen ist folglich nicht ausgeschlossen, dass die Sendung gerade in einem dieser Bereiche verloren gegangen ist und daher die Angabe des Wertes den Verlust nicht verhindert hätte. Indes hat der Bundesgerichtshof (a.a.O.) entschieden, dass hieran der Einwand des Mitverschuldens nicht scheitert. Gleiches gilt, so weit der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf den Mitverschuldenseinwand wegen unterlassener Wertdeklaration hat scheitern lassen, weil dort nicht festgestellt werden konnte, dass die Beklagte Wertpakete im Unterschied zu Standardsendungen so behandelt, dass sie stets in der Lage wäre darzulegen, dass der Verlust nicht in ihrem Machtbereich eingetreten ist; letzteres ist nicht Voraussetzung für ein Mitverschulden wegen fehlender Wertdeklaration.

6. An dem hiernach zu berücksichtigenden Mitverschulden wegen unterlassener Wertdeklaration ändert es nichts, dass die Klägerin die nicht hinreichenden Schnittstellenkontrollen nur "hilfsweise" geltend macht und in der Haupsache auf sonstige Verlustumstände abhebt.

Gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zu vermuten, dass der grobe Organisationsmangel der nicht durchgängig durchgeführten Schnittstellenkontrollen für den Verlust ursächlich geworden ist. Diese Vermutung vermag die Klägerin nicht dadurch in Wegfall zu bringen, in dem sie die nicht hinreichenden Schnittstellenkontrollen nur noch hilfsweise geltend macht. Denn es ist gerichtsbekannt und daher vom Senat zwingend zu berücksichtigen, dass die Beklagte keine durchgängigen Schnittstellenkontrollen durchgeführt.

Davon abgesehen stellen die nicht durchgängig durchgeführten Schnittstellenkontrollen nie die unmittelbare Verlustursache dar; sie sollen - lediglich - Verlusten vorbeugen. Sie sind jedoch die Klammer für alle hier ernsthaft in Betracht kommenden Verlustmöglichkeiten und alle übrigen gegenüber der Beklagten möglicherweise zu erhebenden Vorwürfe. So müssen beispielsweise die Mitarbeiter der Beklagten bei wertdeklarierten Paketen und den damit einhergehenden Kontrollen eher damit rechnen, nach einem Diebstahl als Täter identifiziert zu werden. Dies gilt ebenso für Mitarbeiter von Fremdunternehmen. Auch werden die Mitarbeiter der Beklagten und diejenigen von Fremdunternehmen bei wertdeklarierten Paketen tendenziell größere Anstrengungen unternehmen, um Fehlverladungen zu vermeiden, weil bei wertdeklarierten Paketen der Verursacher einer Fehlverladung eher festgestellt werden kann als bei Standardpaketen. Selbst wenn bei der Beklagten weitere Organisationsmängel bestehen sollten, führt eine Wertdeklaration gleichwohl zu einer sorgfältigeren Behandlung der Pakete und damit auch in Ansehung weiterer Organisationsmängel zu einer geringeren Verlustquote.

Werden der Beklagten wertdeklarierte Pakete übergeben, kann sie auch ihrer Einlassungsobliegenheit in höherem Maße nachkommen. Bei wertdeklarierten Paketen ist sie in der Lage, den Ort des Schadenseintritts näher einzugrenzen. Sie muss dann die von ihr ergriffenen Sicherheitsvorkehrungen nicht hinsichtlich des gesamten vorgesehenen Transportweges vortragen, sondern lediglich bezogen auf den eingegrenzten Verlustbereich. Es ist widersprüchlich, durch den Verzicht auf eine Wertdeklaration der Beklagten die Möglichkeit zu nehmen, den Verlustbereich näher einzugrenzen, und ihr gleichwohl vorzuwerfen, ihrer Einlassungsobliegenheit nicht nachgekommen zu sein, obgleich ihr konkreter fallbezogener Vortrag wegen der ihr nicht möglichen Eingrenzung des Schadensorts nicht möglich ist. Auch die nicht erfüllte Einlassungsobliegenheit vermag daher an dem Umstand, dass die unterbliebene Wertdeklaration zu einer Anspruchsminderung führt, nichts zu ändern.

7. Bei der Bestimmung der Mitverschuldensquote ist die Reichweite des für wertdeklarierte Sendungen gesicherten Bereichs zu berücksichtigen. Wie oben dargelegt, sieht die Beklagte bei wertdeklarierten Sendungen am Anfang und am Ende des Transports zusätzliche Kontrollmaßnahmen vor, so dass der Transport eines Wertpakets am Anfang und am Ende der Beförderung sicherer ist als der Transport eines Standardpakets. Andererseits verbleibt nach der eigenen Darstellung der Beklagten, wie ausgeführt, auch bei wertdeklarierten Sendungen ein deutliches Risiko eines tatsächlichen Verlustes. Nach allem hält der Senat es gemäß § 287 ZPO für angemessen, den Verschuldensanteil beider Vertragsparteien gleich hoch (auf je 50%) festzusetzen.

8. Nach allem steht der Klägerin lediglich ein Anspruch von (2.540 € : 2 = 1.270 € abzüglich der von der Beklagten außergerichtlich geleisteten Zahlung von 510 € =) 760 € zu.

III.

Die Einrede der Verjährung verfängt nicht, weil die Beklagte den Warenverlust leichtfertig verursacht hat, so dass für die Schadensersatzforderung eine Verjährungsfrist von drei Jahren gilt, die nicht bei der Klagebegründung und erst recht nicht bei der Zustellung des Mahnbescheids abgelaufen war.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.030 € festgesetzt.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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