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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 14.06.2006
Aktenzeichen: I-18 U 22/06
Rechtsgebiete: HGB, BGB


Vorschriften:

HGB § 425
HGB § 425 Abs. 2
HGB § 435
BGB § 254
BGB § 254 Abs. 1
BGB § 254 Abs. 2
BGB § 254 Abs. 2 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 22. Dezember 2005 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf (31 O 76/04) teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 1. 6.595,92 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 758,50 € seit dem 15. September 2003, aus 942, 25 € seit dem 22. September 2003, aus 1.911,62 € seit dem 6. Juli 2004, aus 819,75 € seit dem 5. April 2004, aus 1.013,25 € seit dem 25. März 2004 sowie aus 1.247,55 € seit dem 16. August 2004 zu zahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 2. 6.595,92 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 758,50 € seit dem 15. September 2003, aus 942, 25 € seit dem 22. September 2003, aus 1.911,62 € seit dem 6. Juli 2004, aus 819,75 € seit dem 5. April 2004, aus 1.013,25 € seit dem 25. März 2004 sowie aus 1.247,55 € seit dem 16. August 2004 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Beklagen wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat nur zu einem geringen Teil Erfolg.

A.

Das Landgericht hat im Ausgangspunkt zu Recht dahin erkannt, dass die Beklagte wegen der hier in Rede stehenden Paketverluste den Klägerinnen vollen Schadensersatz leisten muss, ohne sich auf die in ihren Beförderungsbedingungen, in der CMR beziehungsweise im HGB vorgesehenen Haftungsbeschränkungen berufen zu können, weil sie die Warenverluste leichtfertig verursacht hat, so dass in den Schadensfällen 2 sowie 4 bis 7 die anspruchsbegründenden Voraussetzungen der §§ 425, 435 HGB, in den Schadensfällen 1 und 3 die anspruchsbegründenden Voraussetzungen der Art. 17, 29 CMR gegeben sind. Der Vorwurf leichtfertiger Schadensverursachung ist bereits deswegen gerechtfertigt, weil die Beklagte nicht erklären kann, wann und wie es zu den Paketverlusten gekommen ist. Darüber hinaus ist gerichtsbekannt, dass die Beklagte während des Transports keine durchgehenden Schnittstellenkontrollen durchführt. Hierin liegt ein grober Organisationsmangel, der ebenfalls den Vorwurf leichtfertiger Schadensverursachung rechtfertigt.

Weil die Beklagte die Schäden leichtfertig verursacht hat, gilt die dreijährige Verjährungsfrist des HGB bzw. der CMR, so dass die Einrede der Verjährung nicht verfängt.

B.

Im Ergebnis steht trotz der von der Beklagten erhobenen Einwände zur Überzeugung des Senats fest, dass die verloren gegangenen Pakete die von der Klägerin behaupteten Waren enthielten. In Einzelnen ist hierzu folgendes auszuführen:

I.

In den Schadensfällen 4 bis 7 ist der Paketinhalt nachgewiesen, weil die Handelsrechnungen in Verbindung mit der Aussage der Zeugin S. über die Versandorganisation der F. E. GmbH einen Anscheinsbeweis dahin begründet, dass die verloren gegangenen Pakete die in den Rechnungen ausgewiesenen Waren enthielten. Denn nach Bekundung der Zeugin wird die Rechnung erst erstellt, nachdem die Warensendung die Versandabteilung der F. E. GmbH durchlaufen hat. Damit ist es unerheblich, dass die Zeugin die Pakete nicht gepackt hat und daher zum konkreten Inhalt der verloren gegangenen Pakete aus eigener Kenntnis keine Angaben machen konnte.

Für den Schadensfall 2 gilt nichts anderes, denn entgegen der Annahme der Parteien ist es in diesem Schadensfall nicht nur zu einem Teilverlust gekommen. Denn die Zeugin S. hat bekundet, dass beide Pakete, die die Waren aus den beiden Rechnungen enthielten, verloren gegangen sind.

II.

Im Schadensfall 3 ist es hingegen tatsächlich nur zu einem Teilverlust gekommen. Die Zeugin S. hat jedoch bestätigt, dass sich in dem verloren gegangenen Paket 18 B. Uhren befunden haben.

Die in diesem Zusammenhang von der Beklagten aufgeworfene Frage, woher die Zeugin dies wisse, stellt den Beweiswert der Aussage nicht in Frage, weil die Beklagte - ebenso wie der Senat - die Antwort auf diese Frage kennt. Der Senat hat die Zeugin S. in den Verfahren I - 18 U 97/05 und 102/05 selbst vernommen. In diesen Verfahren hat die Zeugin bekundet, dass bei der F. E. GmbH grundsätzlich nicht dokumentiert wird, wie eine größere Warensendung auf die einzelnen Pakete aufgeteilt wird. Sobald der Empfänger mitteilt, welche Waren er nicht erhalten hat, wird jedoch überprüft, ob die reklamierte Fehlmenge sich tatsächlich in dem Paket befunden hat. Diese Kontrolle ist der F. E. GmbH möglich, weil sie das Gewicht des verloren gegangenen Pakets kennt, so dass sie durch Nachpacken und Verwiegen des nachgepackten Pakets überprüfen kann, ob der reklamierte Fehlbestand plausibel ist oder nicht.

Da den Parteien aufgrund dieser Aussage bekannt ist, wie nach der Betriebsorganisation die F. E. GmbH Reklamationen über Warenteilverluste auf Stichhaltigkeit überprüft, sieht der Senat keinen Anlass, diesen allseits bekannten Sachverhalt durch eine weitere Vernehmung der Zeugin S. bestätigen zu lassen.

Weil die Paketinhalte bewiesen sind, ist auch der Warenwert der Warensendungen bewiesen. Die Beklagte zweifelt den Warenwert nämlich nur deshalb noch an, weil ihrer Auffassung nach die Paketinhalte nicht bewiesen seien. Im Übrigen begründen die Handelsrechnungen bei den innerdeutschen Transporten eine Vermutung für den Warenwert, bei den CMR-Transporten sind sie ein gewichtiges Indiz für den Warenwert. Dieses Indiz reicht in den vorliegenden Fällen aus, da davon auszugehen ist, dass die F. E. GmbH für die von ihr vertriebene Markenware feste Katalogpreise hat, die ihre üblichen Verkaufspreise darstellen.

C.

Die Aktivlegitimation der Klägerinnen ist auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts im Berufungsrechtszug ebenfalls zu bejahen.

Weil beide Klägerinnen Transportversicherer der F. E. GmbH waren und sie, die Klägerinnen, jeweils zu 50 % an der Police beteiligt waren, sind sie beide zu je 50 % Inhaber der Schadensersatzansprüche der F. E. GmbH geworden, und zwar entweder im Wege der Abtretung oder durch gesetzlichen Forderungsübergang infolge Leistung der Entschädigungen.

Der Einwand der Beklagten, die durch Überlassung der Schadensunterlagen in jedem Fall gegebene konkludente Abtretung der Schadensersatzansprüche verstoße gegen das RechtsberatungsG, verfängt nicht, weil die Beklagte für einen Verstoß gegen das RechtsberatungsG keine Tatsachen vorgetragen hat.

D.

Der erstmals im Berufungsrechtszug erhobene Einwand des Mitverschuldens der F. GmbH wegen Erteilung der Transportaufträge in Kenntnis der Organisationsmängel im Zusammenhang mit den fehlenden Schnittstellenkontrollen greift ebenfalls nicht durch, weil nach ständiger, den Parteien hinlänglich bekannter Rechtsprechung des Senats Ziffer 2 der Geschäftsbedingungen der Beklagten die Versender nicht über diesen Organisationsmangel informieren. Sonstige Umstände, aus denen sich eine Kenntnis der F. E. GmbH über diesen Organisationsmangel zum Zeitpunkt der Erteilung der Transportaufträge ergeben könnte, hat die Beklagte nicht dargetan.

E.

Der von der Beklagten erhobene Mitverschuldenseinwand wegen Nichtversendung als Wertpaket greift nicht durch, weil die F. E. GmbH EDI-Kunde ist und daher die verloren gegangenen Pakete auch bei Versendung als Wertpakete nur im Standardversand transportiert worden wären.

Bei EDI-Kunden reicht es zur Begründung des Mitverschuldenseinwandes nicht allein aus, dass sie um die größere Transportsicherheit wertdeklarierter Pakete wussten. Denn allein mit der Wahl der Versendung als Wertpaket steht noch nicht fest, dass die verloren gegangenen Pakete auch tatsächlich mit der für Wertpakete angeblich vorgesehenen erhöhten Sicherheit befördert worden wären.

Um ein Paket als Wertpaket zu versenden, ist es im sogenannten EDI-Verfahren zum einen erforderlich, die Wertdeklaration bei der Eingabe der Paketdaten vorzunehmen. Dies allein gewährleistet jedoch noch nicht, dass das Paket tatsächlich auch in diesem Versandverfahren befördert wird. Wenn der Versender nämlich das Paket nach der EDV-mäßigen Wertdeklaration zusammen mit den anderen Paketen in den Feeder gibt, wird dieses Paket - wie die Beklagte in einer Vielzahl anderer Berufungsverfahren eingeräumt hat - trotz erfolgter Wertdeklaration weiterhin wie eine Standardsendung befördert.

Wie und auf welche Weise die Beklagte sicherstellt, dass auch im EDI-Verfahren Wertpakete mit erhöhter Beförderungssicherheit transportiert werden, hat sie nicht dargetan. Die von ihr über die Beförderung von Wertpaketen vorgetragenen Kontrollen können jedenfalls bei Kunden, die am EDI-Verfahren teilnehmen, nicht umgesetzt werden. So kann zum Beispiel der Einsatzleiter den Abgleich zwischen den Adressaufkleberinformationen und den Versanddokumenten nicht vornehmen, weil es im EDI-Versandverfahren gar keine Versanddokumente mehr gibt. Folglich kann der Fahrer auch nicht den Empfang des Wertpaketes auf dem Absendebeleg quittieren. Schließlich kann der Einsatzleiter auch nicht die Plombennummer und die Containernummer auf dem (nicht vorhandenen) Frachtbrief eintragen.

Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass und wie sie die Versenderin darüber belehrt hat, was sie, die Versenderin, tun muss, um im EDI-Verfahren den mit der Wertdeklaration einhergehenden besseren Schutz tatsächlich zu erhalten, so dass der Senat davon ausgehen muss, dass die Versenderin sich tatsächlich darauf beschränkt hätten, die Wertdeklaration lediglich EDV-mäßig in die Versanddaten aufzunehmen, wenn sie das Paket als Wertpaket hätten versenden wollen.

Auf diesen Mangel im Sachvortrag hat der Senat die Beklagte bereits in einer Vielzahl vorausgegangener Verfahren hingewiesen, so dass der Beklagten dieser Umstand hinlänglich bekannt ist.

F.

Die Beklagte wendet jedoch im Ausgangspunkt zu Recht ein, dass die Schadensersatzansprüche der Versender wegen eines Mitverschuldens an der Schadensentstehung wegen unterlassenen Hinweises auf die Gefahr eines drohenden ungewöhnlich hohen Schadens gemindert sind, soweit die Warensendungen einen Wert von mehr als 5.000,- € haben. Hierauf beruht der geringe Teilerfolg der Berufung in Höhe von 232,01 € nebst Zinsen.

I.

Gemäß § 425 Abs. 2 HGB hängen die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes davon ab, inwieweit bei der Entstehung des Schadens ein Verhalten des Absenders mitgewirkt hat. Die Vorschrift des 425 Abs. 2 HGB greift den Rechtsgedanken des § 254 BGB auf und fasst alle Fälle mitwirkenden Verhaltens des Ersatzberechtigten in einer Vorschrift zusammen. Ein mitwirkender Schadensbeitrag des Versenders kann sich daher auch daraus ergeben, dass er von einem Hinweis auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens abgesehen hat. Die vom Bundesgerichtshof zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes am 1. Juli 1998 zu § 254 Abs. 1 und 2 BGB ergangenen Entscheidungen sind somit ohne inhaltliche Änderungen auf § 425 Abs. 2 HGB übertragbar (BGH Urteil vom 1. Dezember 2005, Az. I ZR 108/04).

Für Schadensersatzansprüche aus Art. 17 CMR gilt im Ergebnis dasselbe, sofern - wie hier - die Voraussetzungen des Art. 29 CMR vorliegen, weil sich dann die Schadensersatzansprüche nach dem nationalen, also nach dem deutschen allgemeinen Schadensrecht richten.

Den Auftraggeber trifft gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB die allgemeine Obliegenheit, auf die Gefahr eines außergewöhnlich hohen Schadens hinzuweisen, um dem Vertragspartner die Möglichkeit zu geben, geeignete Maßnahmen zur Verhinderung eines drohenden Schadens zu ergreifen. Daran wird der Schädiger jedoch gehindert, wenn er über die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens im Unklaren gelassen wird.

In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob der Auftraggeber Kenntnis davon hatte oder hätte wissen müssen, dass der Frachtführer das Gut mit größerer Sorgfalt behandelt hätte, wenn er den tatsächlichen Wert der Sendung gekannt hätte. Ein Mitverschulden wegen Absehens von einem Hinweis auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens (§ 254 Abs. 2 Satz 1 BGB) setzt auch nicht die Feststellung voraus, dass der Frachtführer Wertsendungen generell sicherer befördert. Die Kausalität des Mitverschuldenseinwands nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB kann nur verneint werden, wenn der Transporteur trotz eines Hinweises auf den ungewöhnlich hohen Wert des Gutes keine besonderen Maßnahmen ergriffen hätte (BGH, Urteil vom 1.12.2005, Az. I ZR 265/03).

Die Voraussetzung einer ungewöhnlichen Höhe des Schadens lässt sich nicht in einem bestimmten Betrag oder in einer bestimmten Wertrelation angeben. Die Frage, ob ein ungewöhnlich hoher Schaden droht, kann vielmehr regelmäßig nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei ist maßgeblich auf die Sicht des Schädigers abzustellen. Dabei ist auch in Rechnung zu stellen, welche Höhe Schäden erfahrungsgemäß - also nicht nur selten - erreichen. Weil die Sicht des Schädigers maßgeblich ist, ist namentlich zu berücksichtigen, in welcher Höhe dieser, soweit für ihn die Möglichkeit einer vertraglichen Disposition besteht, Haftungsrisiken einerseits vertraglich eingeht und andererseits von vornherein auszuschließen bemüht ist. Angesichts dessen, dass nach den Geschäftsbedingungen der Beklagten in ersterer Hinsicht Beträge bis zu 510,- € und in letzterer Hinsicht 50.000,- US $ im Raum stehen, liegt es nahe, die Gefahr eines besonders hohen Schadens im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB in solchen Fällen anzunehmen, in denen der Wert der Sendung 5.000,- € übersteigt.

Im Rahmen der Haftungsabwägung berücksichtigt der Senat beim Mitverschulden wegen Absehens von einem Hinweis auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens zum einen, dass der Versender der Beklagten durch den unterlassenen Hinweis auf den ungewöhnlich hohen Wert des Gutes die Möglichkeit genommen hat, geeignete Maßnahmen zur Verhinderung eines drohenden Schadens zu ergreifen. Dieses den Versendern anzulastende Verschulden nach § 254 Abs. 2 BGB ist nach Auffassung des Senats geringer einzustufen als das einem Versender nach § 254 Abs. 1 BGB anzulastende Verschulden, die Waren nicht als Wertpaket versandt zu haben. Denn der Vorwurf, für das Transportgut nicht die sicherste Beförderung gewählt zu haben, wiegt schwerer als die Verletzung der allgemeinen Obliegenheit, nicht auf die Gefahr eines drohenden ungewöhnlich hohen Schadens hingewiesen zu haben.

Bei der Bemessung der Höhe des Mitverschuldens hat der Senat ferner berücksichtigt, dass nach der Rechsprechung des Bundesgerichtshofs jedenfalls in Schadensfällen, in denen der Wert der Sendung sich in dem Rahmen bewegt, für den die Beklagte von der Möglichkeit einer vertraglichen Disposition Gebrauch gemacht hat, Haftungsrisiken von vornherein auszuschließen, das Mitverschulden des Versenders wegen Nichtversendung als Wertpaket nicht höher als 50 % betragen kann (vgl. BGH, Urteil vom 11. November 2004, Az.: I ZR 120/02).

Für die Höhe des Mitverschuldens ist ferner der Wert der transportierten Ware von Bedeutung. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass das Mitverschulden des Versenders, für die Beförderung des Pakets nicht die sicherste Transportart in Auftrag gegeben zu haben, umso schwerer wiegt, je wertvoller die Ware im Paket gewesen ist. Diese Überlegung muss nach Auffassung des Senats auch für den hier in Rede stehenden Mitverschuldenseinwand wegen unterlassenen Hinweises auf einen drohenden ungewöhnlich hohen Schaden gelten. Denn diese unterlassene Warnung der Beklagten wiegt umso schwerer, je höher der Warenwert der Sendung ist.

In der Gesamtschau dieser einzelnen Gesichtspunkte kommt der Senat nach umfassender Abwägung der Gesamtumstände zu dem Ergebnis, das Mitverschulden des Versenders durch eine stufenweise Kürzung des Schadensersatzanspruches zu berücksichtigen. Sofern der Fall keine weiteren, für die Abwägung bedeutsamen Besonderheiten aufweist, erachtet der Senat es als angemessen, den Schadensersatzanspruch für die ersten 5.000,- € des Warenwertes ungekürzt zu lassen. Für den zwischen 5.000,- € und 10.000,- € liegenden Warenwert der Sendung wird der Schadensersatzanspruch um 20 % gekürzt. Bei den darüber hinausgehenden Warenwerten wird der Kürzungsprozentsatz stufenweise für jede angefangenen weiteren 5.000,- € um einen Prozentpunkt erhöht. Mithin ist beispielsweise ein Schadensersatzanspruch für eine Warensendung im Wert von 15.000,- € wegen Mitverschuldens nach § 254 II 1 BGB um 2.050,- € (nämlich um 20 % von 5.000,- € plus 21 % von 5.000,- €) zu kürzen, so dass ein Anspruch in Höhe von 12.950,- € verbleibt.

In den Schadensfällen 1, 2 und 4 bis 7 lag der Wert der Warensendungen unter 5.000,- €, so dass sich die Klägerin insoweit kein Mitverschulden wegen unterlassener Warnung vor einem ungewöhnlich hohen Schaden entgegen halten lassen muss.

Im Schadensfall 3 errechnet sich auf der Grundlage der oben dargestellten Berechnungsmethode folgender Schadensersatzanspruch:

Die Warensendung hatte ausweislich der Handelsrechnung einen Wert von 6.837,50 €. Wäre die gesamte Sendung in Verlust geraten, wäre der Schadensersatzanspruch der Versenderin wegen des unterlassenen Hinweises um 367,50 € zu kürzen. Dies entspricht bezogen auf die gesamte Warensendung einem Mitverschuldensanteil der Versenderin von 5,38 %.

Der Wert der verloren gegangenen Ware belief sich auf 4.312,50 €, so dass der um die Mitverschuldensquote gekürzte Schadensersatzanspruch 4.080,49 € beträgt. Abzüglich der vorprozessual von der Beklagten gezahlten 257,25 € verbleibt mithin ein den Klägerinnen zuzusprechender Anspruch in Höhe von 3.823,24 €.

II.

Die gegen diese Kürzung erhobenen Einwände der Klägerinnen rechtfertigen kein anderes Ergebnis.

Die Klägerinnen haben zwar bestritten, dass die Beförderungsbedingungen der Beklagten Stand 2003 Vertragsbestandteil des Frachtvertrages geworden sind. Hierauf kommt es jedoch nicht entscheidend an. Um ein Mitverschulden des Versenders wegen unterlassenen Hinweises auf einen drohenden ungewöhnlich hohen Schaden zu bejahen, reicht es aus, dass der Versender weiß, dass die Beklagte bei Warenverlusten von Sendungen, die im Standardtarif befördert werden, nur eine Entschädigung von 510,- € zahlt und zahlen will. Diese Kenntnis hatte die F. E. GmbH als Dauerkundin sicherlich auch dann, wenn die Beförderungsbedingungen der Beklagten nicht Vertragsbestandteil der Versandaufträge geworden sein sollten.

Unerheblich ist des Weiteren, ob die Beklagte wusste, dass die F. E. GmbH häufiger Warensendungen mit einem größeren Wert versendet, so dass die Beklagte mit einem hohen Warenwert habe rechnen müssen. Denn die Kausalität des Mitverschuldens wegen unterlassenen Hinweises auf einen drohenden ungewöhnlich hohen Schaden lässt sich nur dann verneinen, wenn der Schädiger zumindest gleich gute Erkenntnismöglichkeiten vom Wert der Sendung hat wie der Geschädigte (vgl. BGH, Urteil vom 1. Dezember 2005, Az.: I ZR 265/03). Im vorliegenden Fall vermochte die Beklagte nicht zu erkennen, dass die beiden Pakete aus dem Schadensfall 3 zum Beispiel im Gegensatz zu den Paketen der übrigen sechs Schadensfälle Waren im Wert von mehr als 5.000,- € enthielten. Mithin hatte die F. E. GmbH hinsichtlich des Wertes der Sendung einen Wissensvorsprung gegenüber der Beklagten, da sie den Wert der Sendung genau kannte, während der Beklagten allenfalls bewusst sein musste, dass sich in den Paketen Ware befand, die möglicherweise höherwertig war.

Der Einwand, die Beklagte habe der F. E. GmbH zugesagt, die Warensendungen mit besonderen Sicherheitsvorkehrungen zu befördern, wäre gegenüber dem Mitverschuldenseinwand wegen unterlassenen Hinweises auf einen drohenden ungewöhnlich hohen Schaden nur dann erheblich, wenn diese zugesagten besonderen Sicherheitsvorkehrungen mit diejenigen Maßnahmen identisch wären, die die Beklagte im Zuge des Transports der Warensendung aus dem 3. Schadensfall ergriffen hätte, wenn sie den Wert dieser Warensendung gekannt hätte. Dass dies der Fall ist, haben die Klägerinnen indes weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt.

G.

Die weiteren rechtlichen Angriffe, die die Beklagte gegen das landgerichtliche Urteil erhebt, hat sie bereits in einer Vielzahl von Berufungsverfahren erhoben. Mithin ist auch der Beklagten hinlänglich bekannt, dass und warum der Senat in ständiger Rechtsprechung diese rechtlichen Angriffe nicht als erheblich ansieht, so dass der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf seine diesbezüglichen Ausführungen in früheren Urteilen verweist.

H.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2, 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO. Weil die Klägerinnen nur geringfügig zu viel Schadensersatz gefordert haben und hierdurch keine besonderen Kosten ausgelöst haben, ist es gerechtfertigt, der Beklagten die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Ein Anlass, zu Gunsten der Beklagten die Revision zuzulassen, besteht nicht, § 543 Abs. 2 ZPO.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 13.423,85 €.

Ende der Entscheidung

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