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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 02.02.2005
Aktenzeichen: I-18 U 82/04
Rechtsgebiete: HGB, VVG, BGB, AGBG


Vorschriften:

HGB § 425
HGB § 429 Abs. 3 Satz 2
HGB § 435
HGB § 439 Abs. 1 Satz 2
HGB § 449
HGB § 449 Abs. 2 Satz 1
VVG § 67
BGB § 133
BGB § 134
BGB § 157
BGB § 242
BGB § 254 Abs. 1
BGB § 254 Abs. 2
BGB § 398
BGB § 447
AGBG § 5
AGBG § 9
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 4. März 2004 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf (31 O 138/02) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheits-Leistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils von ihr zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin ist Transportversicherer der L. E.-Handels GmbH in D. (im folgenden L-GmbH genannt). Die L-GmbH ist EDI-Kundin der Beklagten. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus übergegangenem und abgetretenem Recht auf Schadensersatz wegen Paketverlusts in neun Fällen in Anspruch.

Diesen Schadensfällen liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.

Am 29. Januar 2001 beauftragte die L-GmbH die Beklagte mit dem Transport einer Warensendung zu Herrn H. in J.. Das Paket erreichte den Empfänger nicht. Die Klägerin begehrt nach Abzug einer vorprozessualen Zahlung der Beklagten in Höhe von 1.020,- DM Schadensersatz in Höhe von 1.412,83 €.

2.

Am 24.Juli 2001 beauftragte die L-GmbH die Beklagte mit der Beförderung einer Warensendung zur S. EDV-Handels GmbH in K.. Dort kam das Paket nicht an. Die Klägerin begehrt nach Abzug einer vorprozessualen Zahlung der Beklagten in Höhe von 1.020,- DM Schadensersatz in Höhe von 8.846,13 €.

3.

Am 10. August 2001 beauftragte die L-GmbH die Beklagte mit dem Transport einer Warensendung zur Firma S. GmbH in K.. Das Paket erreichte die Empfängerin nicht. Die Klägerin begehrt nach Abzug einer vorprozessualen Zahlung der Beklagten in Höhe von 1.020,- DM Schadensersatz in Höhe von 5.619,10 €.

4.

Am 26. November 2001 beauftragte die L-GmbH die Beklagte mit der Beförderung einer Warensendung zur Firma S. GmbH. Dort kam das Paket nicht an. Die Klägerin begehrt nach Abzug einer vorprozessualen Zahlung der Beklagten in Höhe von 511,29 € Schadensersatz in Höhe von 3.962,51 €.

5.

Am 7. Dezember 2001 beauftragte die L-GmbH die Beklagte mit dem Transport einer Warensendung zur Firma in S.. Das Paket erreichte die Empfängerin nicht. Die Klägerin reklamiert nach Abzug einer vorprozessualen Zahlung der Beklagten in Höhe von 521,52 € Schadensersatz in Höhe von 12.272,08 €.

6.

Am 17. Dezember 2001 beauftragte die L-GmbH die Beklagte mit der Beförderung einer Warensendung zur Firma C. Vertrieb in W.. Das Paket geriet in Verlust. Die Klägerin begehrt nach Abzug einer vorprozessualen Zahlung der Beklagten in Höhe von 526,40 € Schadensersatz in Höhe von 7.024,60 €.

7.

Am 22. Februar 2002 beauftragte die L-GmbH die Beklagte mit der Beförderung einer Warensendung zur M. Software AG in D.. Dort kam das Paket nicht an. Die Klägerin reklamiert nach Abzug einer vorprozessualen Zahlung der Beklagten in Höhe von 520,50 € Schadensersatz in Höhe von 1.070,- €.

8.

Am 25. Februar 2002 beauftragte die L-GmbH die Beklagte mit dem Transport einer Warensendung zur i. AG in M.. Dort kam das Paket nicht an. Die Klägerin begehrt nach Abzug einer vorprozessualen Zahlung der Beklagten in Höhe von 520,50 € Schadensersatz in Höhe von 3.479,37 €.

9.

Am 27. März 2002 beauftragte die L-GmbH die Beklagte mit der Beförderung einer Warensendung zur Baum R. AG in W.. Dort kam das Paket nicht an. Die Klägerin begehrt nach Abzug einer vorprozessualen Zahlung der Beklagten in Höhe von 520,50 € Schadensersatz in Höhe von 2.482,18 €.

Die Klägerin hat behauptet:

Die Beklagte habe die Pakete in den hier in Rede stehenden 9 Transportaufträgen zur Beförderung übernommen.

Die neun in Verlust geratenen Pakete hätten die in den Rechnungen K I-2, K II-3, K III-3, K IV-3, K V-3. K VI-3, K VI-3, K VIII-3 und K IX-3 aufgeführten Waren enthalten. Diese Waren seien zum Zeitpunkt der Transportaufträge die in den Rechnungen ausgewiesenen Kaufpreise wert gewesen.

Sie, die Klägerin, habe die L-GmbH in Höhe der geltend gemachten Regressbeträge entschädigt.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin, 46.168,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.412,83 € seit dem 10. Juli 2001, aus 8.846,13 € seit dem 27. September 2001, aus 5.619,10 € seit dem 30. November 2001 und in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 30.290,74 € seit dem 3. Juni 2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat gegenüber den Schadensersatzansprüchen aus den ersten beiden Schadensfällen die Einrede der Verjährung erhoben.

Außerdem hat sie sich in allen Schadensfällen auf die in ihren Beförderungsbedingungen (Anlage B 1, Bl. 33/34 GA) ausbedungenen Haftungsbeschränkungen berufen; sie habe die Paketverluste nicht leichtfertig verursacht, weil die L-GmbH in der Preisvereinbarung vom 9. Februar 2001 (Bl. 36 GA) auf die Durchführung von Schnittstellenkontrollen verzichtet habe.

Schließlich habe die L-GmbH die Schäden schuldhaft mitverursacht, weil sie es unterlassen habe, die Pakete als Wertpakete zu versenden. In diesem Zusammenhang hat die Beklagte behauptet, Wertpakete seien während des Transports im bestimmten Umfang besser gegen Verlust geschützt.

Das Landgericht hat der Klage nach Vernehmung des Zeugen L. (Bl. 93/94 GA) unter Abweisung eines geringen Teils des erhobenen Zinsanspruchs stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihre erstinstanzlich vorgetragenen Rechtsauffassungen.

Die Klägerin habe schon nicht bewiesen, dass sie Inhaberin der hier in Rede stehenden Schadensersatzansprüche sei. Das Landgericht habe übersehen, dass die Abtretungen der L-GmbH gegen das RechtsberatungsG verstießen.

Die Beklagte beanstandet, dass das Landgericht sich nicht mit der Bestimmung gemäß Ziffer 2 ihrer Beförderungsbedingungen auseinander gesetzt habe. Hieraus ergebe sich eine Vereinbarung eines Transports ohne Kontrolle des Transportweges, so dass sie lediglich geschuldet habe, die Warensendungen wie Briefe zu befördern; dieser niedrige Sorgfaltsmaßstab korreliere zu dem geringen Beförderungspreis. Den sich hieraus ergebenden Sorgfalts- und Sicherheitsstandard habe sie bei den hier in Rede stehenden Transporten eingehalten.

Die Servicestandards ihrer drei Versandarten Standardsendung, Expresssendung und Wertpaketsendung seien auf dem Markt allgemein bekannt und würden den Kunden zudem vor der Auftragserteilung vorgestellt.

Zu Unrecht sei das Landgericht davon ausgegangen, die von der Klägerin vorgelegten Absendermanifeste erbrächten den Nachweis, dass sie die Pakete tatsächlich zur Beförderung übernommen habe; denn Ziffer 2 ihrer Beförderungsbedingungen befreie sie auch von der Verpflichtung zum Abgleich der Paketeingänge anhand der übermittelten Versandliste.

Schließlich habe die L-GmbH durch die Vereinbarung des Schnittstellenkontrollverzichts wirksam auf Ein- und Ausgangskontrollen verzichtet.

Die Beklagte hält den Einwand des Mitverschuldens wegen unterlassener Wertdeklaration aufrecht. Die unterlassene Wertdeklaration sei darüber hinaus eine Obliegenheitsverletzung des Absenders; denn sie, die Beklagte, habe es den Absendern in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Obliegenheit gemacht, eine Wertangabe zu machen, falls der Warenwert höher als 1.000,- DM sei. Wegen dieser Obliegenheitsverletzung habe sie sich beförderungs- und versicherungstechnisch nur auf eine geringwertige Sendung einstellen können.

Schließlich sei entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht der Beweis erbracht, dass sich in den verloren gegangenen Paketen tatsächlich die von der Klägerin behaupteten Waren befunden hätten, denn die Aussage des Zeugen L. sei bezogen auf dieses Beweisthema unergiebig.

Die Beklagte beantragt,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Sachvortrag und macht sicht den Inhalt des landgerichtlichen Urteils zu eigen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt in der Sache erfolglos.

Die Beklagte hatte als Fixkostenspediteurin bei allen neun hier in Rede stehenden Transportaufträgen die Rechte und Pflichten eines Frachtführers. Gemäß §§ 425, 435 HGB schuldete die Beklagte der L-GmbH für die verloren gegangenen Warensendungen Schadensersatz, ohne sich auf die in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder im HGB vorgesehenen Haftungsbeschränkungen berufen zu können. Denn sie hat die hier in Rede stehenden Warenverluste leichtfertig und in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, verursacht. Der Umstand, dass die Beklagte außerstande ist, darzulegen, wie es zu dem Verlust der Warensendungen gekommen ist, begründet nach der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung angenommenen Einlassungsobliegenheit des Frachtführers eine Vermutung dahin, dass die Beklagte beziehungsweise ihre Erfüllungsgehilfen die Verlustschäden leichtfertig verursacht haben.

Weiterhin ist gerichtsbekannt, dass die Betriebsorganisation der Beklagten schwerwiegende Mängel aufweist, weil sie während des Transports keine durchgehenden Schnittstellenkontrollen vorsieht. Dies räumt die Beklagte zweitinstanzlich auch ein, indem sie darlegt, sie habe die Pakete wie Briefe befördert. Auch dies begründet den Vorwurf qualifizierten Verschuldens.

Hieraus folgt, dass die von der Beklagten in den Schadensfällen 1 und 2 erhobene Verjährungseinrede nicht verfängt. Da die Beklagte die Paketverluste leichtfertig verursacht hat, gilt für die neun Schadensfälle die dreijährige Verjährungsfrist des § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB. Diese Verjährungsfrist ist in allen Schadensfällen nicht verstrichen, weil der Lauf der Verjährungsfrist durch die im August 2002 erhobene Klage gehemmt wurde.

A.

Im Ergebnis richtig und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht angenommen, dass diese ursprünglich der L-GmbH zustehenden Schadenseratzansprüche auf die Klägerin übergegangen sind. Dieser Übergang hat sich entweder nach § 67 VVG vollzogen, sofern die Klägerin die Schäden vor der jeweiligen Abtretung der Ansprüche reguliert hat. Sofern und soweit die Abtretungen der L-GmbH der Regulierung vorausgegangen sind, sind die Ansprüche gemäß § 398 BGB auf die Klägerin übergegangen, wobei dahinstehen kann, ob diese Abtretungen auf den Abtretungsurkunden oder auf den durch die Überlassung der Schadensunterlagen konkludent erklärten Abtretungen beruht.

Der Einwand der Beklagten, der Forderungsübergang gemäß § 398 BGB verstoße gegen das RechtsberatungsG und sei daher gemäß § 134 BGB nichtig, entbehrt einer tatsächlichen Grundlage. Da es sich bei § 134 BGB um einen rechtsvernichtenden Einwand handelt, ist die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig für den von ihr angenommenen Gesetzesverstoß. Sie hat indessen keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass die Abtretungen mit dem RechtsberatungsG nicht in Einklang stehen könnten.

B.

Im Ergebnis richtig und in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Senats ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die vom Abholfahrer abgezeichneten Versandlisten den Beweis erbringen, dass die später verloren gegangenen Pakete der Beklagten zur Beförderung übergeben wurden.

Der Senat vertritt die Auffassung, dass auch im sogenannten von der Beklagten entwickelten EDI-Verfahren die Absenderquittung vollen Beweis für die Übernahme der Warensendungen durch die Beklagte erbringt, wenn die Beklagte nicht unverzüglich nach Eingang der Warensendung eventuelle Differenzen zwischen der übertragenen Versandliste und dem tatsächlichen Paketeingang im ersten Center dem Kunden meldet.

Diese Auffassung basiert auf folgenden Überlegungen:

Das EDI-Verfahren ist eine von der Beklagten entwickelte Rationalisierungsmaßnahme, die bei vielen Großkunden der Beklagten eingeführt ist. Danach übernimmt es der Absender, die Pakete versandfertig zu machen und sie mit dem U.-Versandlabel zu versehen. Mit Erstellung des Versanaufkleber-Barcodes wird das Paket von der von der Beklagten entwickelten und dem Absender zur Verfügung gestellten EDV automatisch elektronisch erfasst. Der Absender sammelt die versandfertig gemachten Pakete sodann in einem Feeder. Sobald alle Pakete des Tagesversandes das EDI-Verfahren durchlaufen haben, übermittelt die EDV die Versanddaten der Pakete per Datenfernübertragung an die Beklagte. Gleichzeitig wird das UPS-Versandmanifest dieses Tages ausgedruckt, wobei die EDV der Beklagten sicherstellt, dass die Versandliste mit den übertragenen Versanddaten inhaltlich übereinstimmt.

Der Abholfahrer der Beklagten holt sodann den Feeder ab und unterzeichnet das Absendermanifest ohne zu kontrollieren, ob der Container tatsächlich die in der Versandliste aufgeführten Pakete enthält.

Da die Pakete bereits mit einem UPS-Barcode versehen sind, kann die Beklagte diese Pakete ohne Begleitpapiere zum angegebenen Empfänger transportieren.

Dieses Verfahren erspart es mithin der Beklagten unter anderem, zum Zeitpunkt der Paketabholung zu kontrollieren, wie viele und welche Pakete sie übernommen hat.

Hieraus folgt, dass die Parteien vereinbarungsgemäß mit Aufnahme des EDI-Verfahrens darauf verzichten, dass der Versender die im Transportgewerbe übliche beweiskräftige Übernahmequittung erhält.

Andererseits weiß die Beklagte, dass ihre Kunden aus mehreren Gründen darauf angewiesen sind, eine solche beweiskräftige Übernahmequittung letztendlich zu erhalten. So muss der Kunde im Fall des Versendungskaufs gegebenenfalls gegenüber seinen Käufern gemäß § 447 BGB den Nachweis führen, dass er die Warensendung auf den Weg gebracht hat.

Ein Kunde der Beklagten unterhält im Regelfall eine Transportversicherung. Auch gegenüber dieser Versicherung benötigt der Kunde einen Nachweis, die Warensendung auf den Weg gebracht zu haben, weil er im Streitfall den Eintritt des Versicherungsfalls nachweisen muss.

Schließlich ist der Kunde gegenüber der Beklagten im Schadensfall darauf angewiesen, den Nachweis zu erbringen, dass die Warensendung von ihr übernommen wurde.

Diese Beispielsfälle zeigen, dass eine Übergabequittung für die Absender praktisch unabdingbar ist. Diese erheblichen wirtschaftlichen Interessen des Kunden an einer beweiskräftigen Übernahmequittung sind auch der Beklagten bekannt. Wenn sie in Kenntnis dieser Interessen ihrer Kunden ihnen das EDI-Verfahren vorschlägt und bei diesem Verfahren weiterhin vorgesehen ist, dass der Abholfahrer - wie bisher - eine Übernahmequittung ausstellt, dann muss die Beklagte gemäß § 242 BGB davon ausgehen, dass der Kunde dieses Angebot dahin versteht, dass die Übernahmequittung auch weiterhin für ihn eine Beweisurkunde für die Versendung der Warensendungen bleibt. Deswegen wird er bei diesem neuen Verfahren davon ausgehen, dass die Beklagte zwar zum Zeitpunkt der Abholung der Pakete eine Übergabekontrolle unterlässt, sie diese aber nachholt, indem sie die Pakete bei Eingang in ihrer ersten Hauptumschlagsbasis scannt und den so erfassten Paketeingang mit der per Datenfernübertragung übermittelten Versandliste abgleicht, um ihm so sich aufzeigende Abweichungen zwischen dem tatsächlich im Umschlagslager eingegangenen Paketbestand und der Versandliste anzeigen zu können.

Damit hat das vom Abholfahrer unterzeichnete Manifest den Charakter einer Vorausquittung, die kurze Zeit später nachhaltig beweiswerthaltig gemacht wird, indem die Beklagte im Eingangscenter einen Datenabgleich zwischen der übermittelten Versandliste und dem Ergebnis der Eingangsscannung vornimmt. Unterbleibt die Anzeige, dass nicht alle in der Versandliste aufgeführten Pakete bei der Beklagten im Eingangscenter eingegangen sind, hat die Beklagte demgemäss gemäß §§ 133, 157 BGB konkludent erklärt, dass alle in der Versandliste aufgeführten Pakete bei ihr im Eingangscenter tatsächlich eingegangen sind.

Dass die Versandliste auch nach dem Willen der Beklagten im Streitfall den Beweis für die tatsächliche Übergabe der Pakete erbringen soll, zeigt sich ferner daran, dass beim EDI-Verfahren aus den per Datenfernübertragung übermittelten Versandlisten EDV-unterstützt auch automatisch die Frachtrechnungen erstellt werden, die Beklagte mithin die übermittelten Versanddaten zur verbindlichen Grundlage für ihre eigenen Frachtlohnansprüche erhebt.

Die Auffassung der Beklagten, sie sei gemäß Ziffer 2 ihrer Beförderungen der Verpflichtung zum Abgleich zwischen dem tatsächlichen Paketeingang und dem Inhalt der Versandliste enthoben, geht fehl.

Diese vom Senat in ständiger Rechtsprechung angenommene Absprache über die beim EDI-Verfahren zu erteilende Empfangsquittung beruht - wie dargelegt - auf einer konkludent getroffenen Individualvereinbarung der Beklagten mit der L-GmbH, die bei Einführung des EDI-Versandverfahrens getroffen wurde. Schon weil gemäß § 5 AGBG a.F. Individualvereinbarungen Vorrang vor den AGB-Klauseln des Verwenders haben, kann die Beklagte nicht mit Erfolg geltend machen, diese Absprache sei mit Einführung von Ziffer 2 ihrer Beförderungsbedingungen Stand November 2000 aufgehoben worden.

C.

Zu Unrecht bestreitet die Beklagte auch im Berufungsrechtszug weiterhin den Inhalt der verloren gegangenen Pakete sowie den Wert der Warensendungen.

I.

Der Senat hat sich der Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs (TranspR 2003, 156) angeschlossen, wonach im kaufmännischen Verkehr Rechnung und Lieferschein einen Anscheinsbeweis dahin begründen, dass sich die dort aufgeführten Waren in den verschlossen übergebenen Paketen befunden haben.

In diesem Zusammenhang weist die Beklagte im Ausgangspunkt zutreffend darauf hin, dass die Klägerin danach den Anscheinsbeweis nicht führen kann, weil sie nur die Handelsrechnungen, aber keine Lieferscheine vorgelegt hat. Auch der Einwand der Beklagten, der Zeuge L. habe die konkreten von der Klägerin behaupteten Paketinhalte nicht bestätigen können, trifft in der Sache zu.

II.

Gleichwohl streitet in den neun Verlustfällen ein Anscheinsbeweis für die von der Klägerin behaupteten Paketinhalte.

Im kaufmännischen Verkehr erbringt der Lieferschein indiziell Beweis dafür, dass die in ihm (und in der korrespondierenden Rechnung) aufgeführten Waren tatsächlich die Versandabteilung des Verkäufers durchlaufen haben. Im vorliegenden Fall haben die von der Klägerin vorgelegten U.-Manifeste und die Rechnungen in Verbindung mit der konkreten Organisation der Versandabteilung der L-GmbH denselben indiziellen Beweiswert.

Es ist gerichtsbekannt, dass die Absender ihren EDV-gestützten Warenversand mit der von der Beklagten zur Verfügung gestellten Software des EDI-Versandverfahrens verknüpfen können, so dass das EDI-Versandverfahren quasi in die Versandorganisation der Absender integriert wird. Dies hat zur Folge, dass beim Versand zugleich auch Rechnung und/oder Lieferschein erstellt werden. Als Folge dieser Verknüpfung werden dann Rechnungs- und/oder Lieferscheinnummer mit in den Versanddatenbestand aufgenommen, der im Wege der Datenfernübertragung der Beklagten übermittelt wird. Es ist ferner gerichtsbekannt, dass eine Vielzahl der Großkunden der Beklagten von dieser Möglichkeit tatsächlich Gebrauch machen.

Diese Verknüpfung hat augenscheinlich auch die L-GmbH durchgeführt, denn die Absendermanifeste weisen in ihrem Datenbestand ebenfalls die zu dem jeweiligen Versand gehörende Rechnungsnummer auf. Dies deckt sich mit der Bekundung des Zeugen L., der bestätigt hat, dass die Rechnung zu dem Zeitpunkt bereits vorliegt, zu dem die Warensendung versandfertig gemacht wird.

Bei dieser Sachlage haben das Absendermanifest in Verbindung mit der Rechnung denselben Beweiswert wie ein Lieferschein. Das Absendermanifest beweist, dass eine für den jeweiligen Empfänger bestimmte Warensendung tatsächlich die Versandabteilung der L-GmbH durchlaufen hat. Weil während der Versandabwicklung die jeweilige zu diesem Versand gehörende Rechnung erstellt und der jeweiligen Paketnummer zugeordnet wird, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die jeweilige gemäß dem Absendermanifest versandfertig gemachte Sendung tatsächlich aus den Waren bestanden hat, die in der diesem Versand zugeordneten Rechnung aufgeführt sind. Dies sei am Beispiel des Falles 1 verdeutlicht: Dort weist die Rechnung vom 24.01.2001 die Kundennummer 20513 und die Rechnungsnummer 3254 auf. Diese beiden Nummern erscheinen wiederum im "U. Manifest-Detail Section" unter No. 007 als "Reference # 1" mit "K 20513" und "R 3254". Umstände, die diese Anscheinsbeweise erschüttern könnten, hat die Beklagte nicht vorgetragen.

Das Landgericht hat angenommen, die Handelsrechnungen erbrächten den Beweis für den Warenwert der jeweiligen Sendungen. Diese Auffassung entspricht gemäß § 429 Abs. 3 Satz 2 HGB ebenfalls der Rechts- und Gesetzeslage.

D.

Entgegen der Auffassung der Beklagten muss sich L- GmbH und damit auch die Klägerin in Ansehung der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 8. Mai 2003 (I ZR 234/02, TranspR 2003, 317) in den neun Schadensfällen kein Mitverschulden anrechnen lassen, weil sie die Warensendung nicht als Wertpakete versandt hat.

Der Bundesgerichtshof vertritt mittlerweile in ständiger Rechtsprechung (vgl. die zwei Entscheidungen vom 15. November 2001 in TranspR 2002, 295 sowie 302), dass ein Versender in einen nach § 254 Abs. 1 BGB beachtlichen Selbstwiderspruch geraten kann, wenn er trotz der Kenntnis, dass der Spediteur die Sendung bei zutreffender Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandelt, von einer Wertdeklaration absieht und bei Verlust gleichwohl Schadensersatz verlangt. Zielen die erhöhten Sorgfaltsanforderungen des Spediteurs oder Frachtführers gerade darauf ab, einen Schaden wie den eingetretenen zu vermeiden, ist der Verzicht des Versenders auf diesen erhöhten Sorgfaltsmaßstab als freiwilliges Eingehen eines erhöhten Verlustrisikos zu bewerten. Bei wertender Betrachtung sei es deshalb geboten, den eingetretenen Schaden dem Versender anteilig zuzurechnen.

Mit der Entscheidung vom 8. Mai 2003 hat der Bundesgerichtshof diese Rechtsprechung dahingehend fortentwickelt, dass der Versender, der den Wert der Ware nicht angibt, obwohl er weiß, dass diese bei entsprechender Angabe besonderen Sicherungen unterliegt, sich einen Mitverschuldensanteil anrechnen lassen muss, wenn sein Verhalten dem Frachtführer die Möglichkeit nimmt, den Ort des Schadenseintritts einzugrenzen und so dem Vorwurf des grob fahrlässigen Verhaltens zu entgehen. Denn die Haftung wegen eines groben Fahrlässigkeitsvorwurfs beruht auf der Vermutung, dass die Ware in einem besonders gefährdeten Transportbereich in Verlust geraten ist.

Das aus dieser Vermutung herrührende Haftungsrisiko ist aber beschränkt, wenn der Wert deklariert und dies zu einer anderen Behandlung der Sendung führt als bei Fehlen einer Wertdeklaration. Ist diese andere Behandlungsweise dem Versender bekannt, so ist ihm ein schadensursächliches Mitverschulden zuzurechnen.

Im vorliegenden Fall kommt ein Mitverschulden der Versenderin wegen unterlassener Wertdeklaration indessen nicht in Betracht, Aufgrund der Ziffer 2 der Beförderungsbedingungen der Beklagten ist zwar davon auszugehen, dass die L-GmbH wusste, dass nach der Betriebsorganisation der Beklagten bei Wertpaketen eine erhöhte Beförderungssicherheit gewährleistet werden soll, denn dort ist ausgeführt: "Soweit der Versender eine weitergehende Kontrolle der Beförderung wünscht, wählt er die Beförderung als Wertpaket".

Es steht jedoch nicht fest, dass die verloren gegangenen Pakete der L-GmbH mit dieser erhöhten Sicherheit tatsächlich befördert worden wären, wenn sie das Paket als Wertpaket versandt hätte.

Um ein Paket als Wertpaket zu versenden, ist es im sogenannten EDI-Verfahren zum einen erforderlich, die Wertdeklaration bei der Eingabe der Paketdaten vorzunehmen. Dies allein gewährleistet jedoch nicht, dass das Paket tatsächlich auch in diesem Versandverfahren befördert wird. Denn wenn die Absenderin dieses EDV-mäßig wertdeklarierte Paket danach zusammen mit den anderen Paketen in den Feeder gibt, wird dieses Paket - wie die Beklagte in einer Vielzahl anderer Berufungsverfahren eingeräumt hat - trotz erfolgter Wertdeklaration weiterhin wie eine Standardsendung befördert.

Wie und auf welche Weise die Beklagte sicherstellt, dass auch im EDI-Verfahren Wertpakete mit erhöhter Beförderungssicherheit transportiert werden, hat sie nicht dargetan.

Die von ihr über die Beförderung von Wertpaketen vorgetragenen Kontrollen können nämlich bei Kunden, die am EDI-Verfahren teilnehmen, nicht umgesetzt werden. So kann zum Beispiel der Einsatzleiter den Abgleich zwischen den Adressaufkleberinformationen und den Versanddokumenten nicht vornehmen, weil es im EDI-Verfahren gar keine Versanddokumente mehr gibt. Folglich kann der Fahrer auch nicht den Empfang des Wertpaketes auf dem Absendebeleg quittieren. Schließlich kann der Einsatzleiter auch nicht die Plombennummer und die Containernummer auf dem (nicht vorhandenen) Frachtbrief eintragen.

Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass und wie sie die L-GmbH darüber belehrt hat, was sie, die L-GmbH, tun muss, um im EDI-Verfahren den mit der Wertdeklaration einhergehenden besseren Schutz tatsächlich zu erhalten, so dass der Senat davon ausgehen muss, dass die L-GmbH sich tatsächlich darauf beschränkt hätte, die Wertdeklaration lediglich EDV-mäßig in die Versanddaten aufzunehmen, wenn sie das Paket als Wertpaket hätte versenden wollen.

Auf diesen Mangel im Sachvortrag hat der Senat die Beklagte bereits in einer Vielzahl vorausgegangener Verfahren hingewiesen. Im Verhandlungstermin hat der Senat diesen Hinweis wiederholt. Gleichwohl hat die Beklagte hierzu keinen ergänzenden Sachvortrag gehalten, noch hat sie eine Schriftsatzfrist zu diesem Hinweis beantragt.

Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass die Klägerin erstinstanzlich vorgetragen hat, der Geschäftsführer der L-GmbH habe die Warensendungen selbst kommissioniert und habe die Warensendungen selbst zum Einlieferungscenter der Beklagten gebracht. Denn diese Sachverhaltsschilderung beruht ersichtlich auf einem Informationsfehler der Klägerin. Die vom Abholfahrer abgezeichneten Summary-Sections der Versandlisten widerlegen nämlich diesen Sachvortrag. Deswegen geht der Senat in Übereinstimmung mit dem Vorbringen beider Parteien im Berufungsrechtszug davon aus, dass die hier in Rede stehenden Pakete - wie beim EDI-Versandverfahren üblich - in einem Feeder gesammelt wurden und dieser Container sodann von der Beklagten abgeholt wurde.

E.

Schließlich kann die Beklagte auch nicht mit Erfolg geltend machen, die L-GmbH treffe ein Mitverschulden gemäß § 254 Abs. 2 BGB, weil sie es unterlassen habe, darauf hinzuweisen, dass bei Verlust der Warensendung ein ungewöhnlich hoher Schaden droht.

Der Senat hat bereits mehrfach entscheiden, dass ein ungewöhnlich hoher Schaden erst dann droht, wenn die Ware im Paket über 50.000,- US $ wert ist, weil die Beklagte nach Ziffer 3 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen selbst zu erkennen gegeben hat, dass sie Warensendungen bis zu diesem Wert im Standardtarif befördern will.

Demgegenüber kann die Beklagte sich nicht mit Erfolg darauf berufen, sie vertraue bei Standardsendungen darauf, dass das Paket lediglich Waren bis zu einem Wert von 1.000,- DM enthalte, weil nach ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Versender bei dieser Versandart erkläre, kein darüber hinausgehendes Interesse zu haben. Die Beklagte hat ausweislich der vielen vor dem Senat geführten Rechtsstreite gerichtsbekannt Kenntnis davon, dass sich in den von ihr beförderten Paketen vielfach Güter mit einem weitaus höheren Wert befinden. Aus diesem Grund weiß sie, dass bei Verlust oder Beschädigung ein über die von ihr gewollte Haftungshöchstgrenze hinausgehender Schaden eintreten kann, für den sie nach den eigenen Geschäftsbedingungen bei Vorsatz und Leichtfertigkeit auch unbeschränkt bis zur genannten Obergrenze von 50.000,- $ haften will. Diesen Sachverhalt bestätigt die Beklagte im Übrigen auch in ihrer Berufungsbegründung. Denn dort hat sie ausgeführt, ihre Kunden hätten die Wahl zwischen den verschiedenen Versandarten, jedoch würde sich die große Mehrzahl ihrer Kunden für die Standardsendung entscheiden, weil sie die billigste Versandart sei. Hiermit gesteht die Beklagte zu, dass ihr bekannt ist, dass die Mehrzahl ihrer Kunden Pakete mit Waren von mehr als 1.000,- DM versendet, aber gleichwohl auf die Wertdeklaration verzichtet, sondern den Standardtarif wählt.

F.

Die weiteren Einwände, die die Beklagte im Übrigen in rechtlicher Hinsicht gegen das landgerichtliche Urteil erhebt, hat sie bereits in einer Vielzahl anderer Verfahren erhoben. Daher hat der Senat schon mehrfach in seinen Urteilsgründen zu diesen Einwänden folgendes ausgeführt:

I.

Die Auffassung der Beklagten, sie könne mit ihren Kunden für die Beförderung von Standardpaketen vereinbaren, dass sie, die Beklagte, im Rahmen der Beförderung nur die für Briefe üblichen Sorgfaltspflichten und Sicherheitsstandards einhalten müsse, mag in der Sache zutreffen. Diese Rechtsausführungen liegen jedoch in den vorliegenden neun Fällen neben der Sache, weil die Auffassung der Beklagten unrichtig ist, sie habe mit der L-GmbH eine dahingehende Absprache getroffen.

Eine ausdrückliche Abrede mit diesem Inhalt behauptet die Beklagte nicht.

Eine dahingehende Abrede haben die Vertragsparteien auch nicht konkludent getroffen. Das Argument, sie, die Beklagte, könne nur die Sorgfaltsmaßnahmen schulden, die sie zu dem niedrigen Transportpreis und der von ihr auf dem Markt angebotenen Massenbeförderung von Paketen auch realisieren könne, geht fehl. Mithin stimmt die Ausgangsthese der rechtlichen Überlegungen der Beklagten nicht. Die Sorgfaltspflichten und Sicherheitsstandards, die ein Frachtführer aufgrund des von ihm abgeschlossenen Frachtvertrages schuldet, bestehen unabhängig von der Höhe der vereinbarten Vergütung und der Menge an Gütern, die dieser Frachtführer täglich umschlägt. Indem er ohne ausdrücklich abweichende Absprachen einen Frachtvertrag abschließt, verpflichtet er sich daher zugleich, die für die Erfüllung seiner Obhutspflichten vertraglich geschuldeten Maßnahmen zu ergreifen. Hierzu zählen unter anderem die von der Beklagten nicht eingerichteten Schnittstellenkontrollen während des Warenumschlages.

Ob die Auffassung der Beklagten zutrifft, wonach den Marktteilnehmern inzwischen bekannt sei, dass sie, die Beklagte, diese geschuldeten Sicherheitsstandards nicht einhalte und sie seien damit einverstanden, dass sie für den Transport nur die bei Briefen üblichen Sicherheitsstandards einhalte, kann dahinstehen. Der Umstand, dass die Marktteilnehmer die Beklagten bei eingetretenen Paketverlusten auf vollen Schadensersatz in Anspruch nehmen, spricht eher gegen diese These. Darüber hinaus hätte diese Kenntnis für die Versender auch weitreichende negative Konsequenzen. Ein Versender, dem dies bekannt ist, müsste sich beim Versendungskauf den Vorwurf gefallen lassen, mit der Beklagten einen für den Transport werthaltiger Güter objektiv ungeeigneten Frachtführer ausgewählt zu haben, so dass die Erfüllungswirkung mit der Übergabe der Warensendung an die Beklagte nicht eintreten kann. Er müsste es ferner hinnehmen, dass ihm die Transportversicherung mit der gleichen Begründung wegen der hierin liegenden Obliegenheitsverletzung im Schadensfall Deckungsschutz versagt. Dass die Versender tatsächlich mit diesen Konsequenzen einverstanden wären, erscheint dem Senat mehr als zweifelhaft.

Rechtlich erheblich ist diese Frage indessen auf keinen Fall, weil die Beklagte die Einhaltung der vertraglich geschuldeten Sicherheitsstandards auch dann schuldet, wenn ihr Vertragspartner schon bei Abschluss des Frachtvertrages weiß oder wissen muss, dass die Beklagte ihren Vertragspflichten nicht nachkommen wird. Die Auffassung der Beklagten, die vertraglich übernommenen Verpflichtungen nicht mehr erfüllen zu müssen, sobald sich allgemein herumgesprochen hat, dass sie sich beharrlich weigert, die erforderlichen Sicherheitsstandards einzuhalten, findet im Gesetz keine Stütze.

Insoweit kann dieses Wissen der Kunden um die sicherheitstechnischen Organisationsmängel bei der Beklagten allenfalls dazu führen, dass dem Kunden der Vorwurf des mitwirkenden Verschuldens zu machen ist. Diesen Einwand kann die Beklagte jedoch im vorliegenden Fall nicht erheben, weil sie nicht nachzuweisen vermag, dass die L-GmbH diese Kenntnis vor Erteilung der hier in Rede stehenden Transportaufträge hatte. Ihre pauschale Behauptung, dieser Firma vor der Auftragserteilung den tatsächlich ständig praktizierten niedrigen Sicherheitsstandard vorgestellt zu haben, steht beweislos im Raum.

In diesem Zusammenhang kann die Beklagte sich auch nicht darauf berufen, sie habe mit der L-GmbH am 9. Februar 2001 eine Individualabsprache des Inhalts getroffen, dass sie keine Schnittstellenkontrollen durchführen müsse.

Bei diesem von der Beklagten vereinbarten Schnittstellenkontrollverzicht handelt es sich gerichtsbekannt um eine Allgemeine Geschäftsbedingung der Beklagten, weil sie gleichlautende Absprachen mit einer Vielzahl ihrer Großkunden - meist wie auch im vorliegenden Fall im Zusammenhang mit Preisabsprachen - getroffen hat. Diese Allgemeine Geschäftsbedingung legt der Senat in Übereinstimmung mit der hierzu ergangenen Rechtsprechung des BGH (WM 2002, 2070) dahin aus, dass der Kunde mit dieser Vereinbarung nur auf die schriftliche Dokumentation der Schnittstellenkontrollen, nicht jedoch zugleich auch auf die Kontrollen selbst verzichtet.

Der hiergegen erhobene Einwand der Beklagten, ein Schnittstellenkontrollverzicht könne auch dann frei im Sinne des § 449 HGB ausgehandelt worden sein, wenn der Absender sich letztendlich hiermit einverstanden erkläre, ohne den vorgegebenen Wortlaut der Klausel zu verändern, mag in der Sache zutreffen. Die Beklagte hat indessen keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass die Vereinbarung vom 9. Februar 2001 hinsichtlich der Schnittstellenregelung tatsächlich frei ausgehandelt wurde. Mithin muss der Senat davon ausgehen, dass diese Klausel dem AGBG a.F. unterfällt.

Die Auffassung der Beklagten, diese Vereinbarung sei bereits deshalb frei ausgehandelt, weil sie der L-GmbH die freie Wahl gelassen habe, ob sie die Warensendung als Standard-, Express- oder Wertpaketsendung versendet, geht in den Schadensfällen 2 bis 9 bereits deshalb fehl, weil das Aushandeln der rechtswirksamen Vereinbarung vorausgehen muss und nicht erst im nachhinein durch Erteilung von Aufträgen zu einem späteren Zeitpunkt auf der Grundlage der Vereinbarungen vom 9. Februar 2001 erfolgen kann. Umstände, aus denen sich ergeben könnte, dass die Entscheidung der L-GmbH die Paketbeförderung vom 29. Januar 2001 (Schadensfall 1) im Standardtarif in Auftrag zu geben in einem Zusammenhang mit den Verhandlungen gestanden haben könnte, die der Preisvereinbarung vom 9. Februar 2001 vorausgegangen sein mögen, hat die Beklagte ebenfalls nicht aufgezeigt. Mithin ist auch nicht ersichtlich, dass wegen dieser Auftragserteilung im Standardtarif der Schnittstellenkontrollverzicht als frei ausgehandelte Vertragsklausel angesehen werden könnte.

II.

Entgegen der Auffassung der Beklagten enthält auch Ziffer 2 Absatz 2 ihrer Beförderungsbedingungen keinen Hinweis darauf, dass sie die Beförderung von Standardsendungen nur mit dem bei Briefsendungen üblichen Sicherheitsstandard vornimmt; erst Recht enthält diese Klausel keine Leistungsbeschreibung dieses Inhalts.

Ziffer 2 Abs. 2 Satz 1 der Beförderungsbedingungen lässt sich nicht entnehmen, dass die Beklagte die ihr übergebenen Pakete nicht unter Wahrung der von der Rechtsprechung als erforderlich angesehenen Sorgfalt abholen, transportieren und zustellen wird. Hierin teilt die Beklagte dem Versender mit, dass sie die ihr übergebenen Sendungen im Rahmen einer Sammelbeförderung transportieren wird. Hieran schließt sich der Hinweis an, dass bei einer Sammelbeförderung - bezogen auf das einzelne Frachtstück - nicht die gleiche Obhut wie bei einer Einzelbeförderung gewährleistet werden kann.

Mit diesen Ausführungen hat die Beklagte in ihren Beförderungsbedingungen nur auf der Hand liegende Selbstverständlichkeiten niedergelegt. Für jeden gewerblichen Großversender liegt es auf der Hand, dass die Beklagte die ihr übergebenen Pakete nicht im Wege der Einzelbeförderung transportieren wird und sie daher die nur bei einer Einzelbeförderung mögliche Sorgfalt dem Sammelgut nicht angedeihen lassen kann. Konkrete Defizite in der Organisation der Beklagten und in ihren Sicherheitsvorkehrungen gegen Verlust werden in diesen Sätzen nicht aufgezeigt.

Der nachfolgende Hauptsatz dieser AGB-Klausel lautet: Der Versender ist damit einverstanden, wenn eine Kontrolle des Transportweges an den einzelnen Umschlagstellen innerhalb des U.-Systems nicht durchgeführt wird.

Diese Klausel soll nach Auffassung der Beklagten bedeuten, dass der Versender auf jegliche Schnittstellenkontrollen während des Transports verzichtet. Ob die Klausel diese Auslegung zulassen würde, wenn es den mit "insbesondere" versehenen Einschub nicht geben würde, kann dahinstehen, weil die Klausel insgesamt nicht losgelöst von diesem Einschub betrachtet werden darf. Mit "insbesondere" pflegt man gewöhnlich den Teilaspekt einer Aussage besonders hervorzuheben, auf den es besonders ankommen soll. So wird auch bei der hier in Rede stehenden Klausel durch dieses Wort das Augenmerk des unbefangenen Lesers sofort auf die Ein- und Ausgangsdokumentation gelenkt, auf die der Versender "insbesondere" verzichten soll. Der Verzicht auf eine Dokumentation von Ein- und Ausgangskontrollen bedeutet jedoch gerade keinen Verzicht auf die Kontrollen selbst, sondern setzt vielmehr voraus, dass die Kontrollen durchgeführt werden, das Ergebnis der Kontrollen dann jedoch nicht dokumentiert wird.

Der Verzicht auf die Kontrollen selbst stellt demgegenüber für den Versender gegenüber dem Verzicht auf die Dokumentation des Kontrollergebnisses eine viel gravierendere Reduzierung der bei Frachtverträgen geschuldeten Obhutspflichten dar, weil hierdurch die Kardinalpflicht des Frachtführers, durch organisatorische Maßnahmen die Warensendung während des gesamten Transports vor Verlust zu schützen, massiv und nachhaltig in einem erfahrungsgemäß besonders schadensträchtigen Bereich beseitigt wird.

Sofern die Beklagte mit dem Hauptsatz dieser Klausel das Einverständnis des Versenders mit dieser massiven Herabsetzung ihrer Sorgfaltspflichten herbeiführen wollte, wird durch den mit "insbesondere" eingeleiteten Einschub dieser Sachverhalt nicht näher erläutert, sondern vielmehr verschleiert, indem das Unterlassen der Dokumentation von Schnittstellenkontrollen besonders hervorgehoben wird. Hierdurch wird der Inhalt der Klausel insgesamt unklar, weil der unbefangene Leser nicht mehr auf den ersten Blick erkennen kann, ob die Beklagte sich das Recht vorbehalten will, die Schnittstellenkontrollergebnisse gegebenenfalls nicht zu dokumentieren oder ob sie beabsichtigt, die Kontrollen selbst gegebenenfalls entfallen zu lassen. Diese Unklarheit wird noch dadurch verstärkt, dass die Klausel nicht einmal klar und unmissverständlich darüber aufklärt, ob die Kontrollen beziehungsweise die Dokumentationen tatsächlich erfolgen werden oder nicht. Die Durchführung der in diesem Satz angesprochenen Kontrollen beziehungsweise Dokumentationen sollen vielmehr der jeweiligen Entscheidung der Beklagten überlassen bleiben, weil der Versender sich damit einverstanden erklärt, wenn die Kontrolle beziehungsweise die Dokumentation an den Umschlagsstellen unterbleibt.

Auch die Gesamtschau der Regelung in Ziffer 2 beseitigt diese Unklarheiten nicht. Die vorhergehenden Sätze beinhalten - wie dargelegt - nur Selbstverständlichkeiten. Auch der abschließende Satz, wonach der Versender, der eine weitergehende Kontrolle wünscht, die Beförderung als Wertpaket wählt, klärt den Versender nur darüber auf, dass beim Wertpaket weitergehende Kontrollen durchgeführt werden, nicht jedoch auch darüber, um welche konkreten Kontrollen es sich handelt. Mithin vermittelt ihm auch diese Information über das Wertpaket nicht indirekt, welche Kontrollen er eventuell nicht erhalten wird, wenn er auf die Versendung als Wertpaket verzichtet.

Diese fehlenden Informationen verhindern auch, dass der Versender die Relevanz der versprochenen weitergehenden Kontrollen bei Wertpaketen sachgerecht einschätzen kann. Für ihn bleibt es mangels weitergehender Informationen nämlich im Dunkeln, ob die weitergehenden Kontrollen von Wertpaketen die Einhaltung eines Sicherheitsstandards gewährleisten, der über den bei Frachtverträgen üblichen und damit ohnehin geschuldeten Sicherheitsstandard hinausgeht, oder ob erst mit der Kontrolldichte der Wertpakete dieser Sicherheitsstandard erreicht wird, oder gar selbst das Wertpaket noch hinter diesem Standard zurückbleibt. Diese Unklarheiten über die dort angesprochenen "weiteren Kontrollen" werden noch dadurch verstärkt, dass die Beklagte in Ziffer 9 ihrer Beförderungsbedingungen die für Wertpakete geforderte Erhöhung der Transportvergütung ausschließlich damit rechtfertigt, dass dieses Geld benötigt wird, um für die Warensendung eine Transportversicherung entsprechend ihrem tatsächlichen Wert einzudecken beziehungsweise eindecken zu können.

Da gemäß § 5 AGBG Unklarheiten zu Lasten des Verwenders gehen, kann diese Klausel mithin nur dahin ausgelegt werden, dass der Versender auf die ausdrücklich erwähnte Dokumentation der Schnittstellenkontrollen verzichtet.

Selbst wenn man mit der Beklagten der Auffassung wäre, dass Ziffer 2 einen Verzicht auf jegliche Schnittstellenkontrollen beinhaltet, ergäbe sich kein anderes Ergebnis. Die so verstandene Regelung wäre dann gemäß § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB und § 9 AGBG unwirksam, weil die Beklagte sich hiermit von einer ihr als Frachtführerin obliegenden Hauptleistungsverpflichtung, nämlich der Verpflichtung, die Warensendung während des Transports stets unter Kontrolle zu halten, in weitem Umfang freigezeichnet hätte.

Denn mit dem Abschluss des Frachtvertrages verpflichtet sich der Frachtführer zugleich zur Obhut über das Transportgut. Wenn er diese bei Abschluss des Frachtvertrages versprochene Leistung in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen zurücknimmt, liegt hierein eine Benachteiligung des Absenders entgegen dem Gebot von Treu und Glauben, weil er hiermit vom Leitbild des von ihm geschuldeten Leistungsinhalts bei Frachtverträgen zum Nachteil des Versenders abweicht. Mit diesem Schnittstellenkontrollverzicht wird die Rechtsposition des Versenders hinsichtlich der geschuldeten Obhut nachhaltig und erheblich eingeschränkt, obwohl der Frachtführer gerade diese nach dem Inhalt und Zweck des Frachtvertrages zu gewähren hat. Schnittstellenkontrollen sind bei der Beförderung von Waren schlechthin unerlässlich, weil bei jedem Warenumschlag die Gefahr von Warenverlusten besonders groß ist. Geht die Warensendung auf dem Transport verloren, kann zugleich auch der Vertragszweck, nämlich die Ablieferung des Gutes beim Empfänger, nicht mehr erreicht werden. Mithin stellt eine Klausel, die die Beklagte von der Verpflichtung entbindet, Schnittstellenkontrollen durchzuführen, eine massive Aushöhlung ihrer frachtvertraglich geschuldeten Leistung dar, die zu erbringen die Beklagte sich mit dem Abschluss des Vertrages gegenüber dem Absender gerade verpflichtet hat.

In einem bloßen Verzicht auf jegliche Schnittstellenkontrollen kann auch keine Leistungsbeschreibung gesehen werden, die einer Inhaltskontrolle nach dem AGBG entzogen wäre. Die Beklagte befördert Güter gegen festes Entgelt im Wege der Sammelladung, weswegen sie die Rechte und Pflichten eines Frachtführers hat. Bei derartigen Verträgen schuldet der Frachtführer grundsätzlich, das Transportgut von der Übergabe bis zur Ablieferung ständig unter Kontrolle zu halten.

Ein Transport ohne jede Schnittstellenkontrolle könnte allenfalls dann eine Beschreibung der von ihr angebotenen Leistung sein, wenn die Beklagte ihren Leistungskatalog offen gelegt hätte, so dass der Versender klar und unmissverständlich darüber aufgeklärt würde, welche Transportleistungen die Beklagte konkret erbringen wird und welche an sich beim Warentransport üblichen Leistungen von der Beklagten gerade nicht erbracht werden, so dass ihm klar vor Augen geführt wird, dass er bei einer Beförderung im Standardtarif die Pakete letztendlich auf eigenes Risiko versendet, weil an den besonders schadensträchtigen Schnittstellen objektiv erforderliche und für die Transportsicherheit unerlässliche Sicherheitsmaßnahmen weder ergriffen werden noch in der Betriebsorganisation vorgesehen sind.

Allein dadurch, dass die Beklagte drei verschiedene Varianten eines Transportvertrages in ihren Beförderungsbedingungen erwähnt, ohne im Einzelnen zu erläutern, wodurch sich diese Varianten inhaltlich konkret unterscheiden, wird mit der Wahl einer dieser Varianten kein eigenständiges Rechtsgeschäft mit einem besonderen, vom allgemeinen Inhalt von Frachtverträgen abweichenden Leistungsinhalt abgeschlossen. Jeder Kunde der Beklagten erteilt Transportaufträge in der berechtigten Erwartung, dass die Beklagte der bei Frachtverträgen geschuldeten Obhutspflicht für das Transportgut nachkommen wird. Diese Erwartungshaltung besteht unabhängig davon, welche Versandart er wählt. Dass die Beklagte dieser Erwartungshaltung bei keiner ihrer angebotenen Versandarten gerecht wird - denn auch beim Wertpaket und bei der Expressendung führt sie keine durchgängigen Schnittstellenkontrollen durch - vermitteln die Beförderungsbedingungen der Beklagten nicht.

Ohne diese grundlegend wichtige Information hat der Versender nicht den geringsten Anhalt, im Ausgangspunkt Ziffer 2 der Beförderungsbedingungen dahin zu verstehen, dass die Beklagte hiermit abeichend von den Transportangeboten der anderen auf dem Markt tätigen Frachtführer eine Transportleistung anbieten will, bei der während des Transports die Sicherheitsvorkehrungen auf das Maß reduziert sind, das bei Briefsendungen Standard ist. Folglich erschließt sich ihm auch nicht, dass die Beklagte für seine Warensendungen im Wert bis zu 50.000,- US $ bei der Standardsendung tatsächlich keine Schnittstellenkontrollen durchführen kann und will, weil ihre Betriebsorganisation derartige Kontrollen bei der Standardsendung gar nicht vorsieht. Weil ihm diese Informationen fehlen, versteht er auch nicht, dass nach der Betriebsorganisation der Beklagten der Unterschied zwischen der Standardsendung und dem Wertpaket darin besteht, dass beim Wertpaket zwar gegenüber dem Standardversand eine geringfügig höhere Sicherheit gewährleistet sein soll, weil stellenweise Schnittstellenkontrollen bei der Abholung, bei der Einlieferung im ersten Umschlagslager sowie im Auslieferungslager vorgesehen sind, aber dennoch auch bei dieser Versendungsart der für Frachtverträge übliche Sicherheitsstandard bei weitem nicht eingehalten wird, unter anderem deswegen, weil es auch beim Wertpaket keine durchgehenden Schnittstellenkontrollen auf dem gesamten Transportweg gibt.

Ohne diese grundlegende Aufklärung darüber, dass die Beklagte tatsächlich eine Transportleistung erbringt, die darin besteht, Waren im Wert bis zu 50.000,- US $ so schnell wie Briefe, aber eben auch mit dem (geringen) Sicherheitsstandard von Briefen zu transportieren, kann kein Versender, der Ziffer 2 der Beförderungsbedingungen liest, erfassen, dass die Beklagte eine von den Transportleistungen anderer Frachtführer grundlegend abweichende Leistung mit einem äußert geringen Sicherheitsstandard auf dem Markt erbringt und auch nur erbringen will.

Folglich erhellt sich ihm durch den Inhalt der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten auch nicht, welche Leistungen die Beklagte hinsichtlich ihrer Obhutsverpflichtung bei den drei angebotenen Varianten zu erbringen gedenkt, so dass er schon begrifflich gar nicht in der Lage sein kann, hinsichtlich dieser Verpflichtung eine sachbezogene Leistungswahl zu treffen. Vielmehr wird er aufgrund dieser fehlenden grundlegenden Aufklärung sowie der in Ziffer 2 enthaltenen Informationen, die wie dargelegt diesen Sachverhalt eher verschleiern als offenbaren, zwangsläufig weiterhin in seiner Vorstellung verharren, die Beklagte verspreche die Einhaltung der bei jedem Frachtvertrag im Sinne des HGB grundsätzlich erforderlichen Sicherheitsstandards hinsichtlich der Obhut für das Transportgut wie alle anderen Frachtführer, die ebenfalls Transportleistungen auf dem Markt anbieten.

Solange die Beklagte sich gegenüber ihren Kunden nicht eindeutig und unmissverständlich dahin erklärt, dass sie grundsätzlich nur Transportleistungen auf dem Markt anbieten kann und will, die hinsichtlich der Obhutspflicht weit hinter dem bei Frachtverträgen geschuldeten und diesem Vertragstyp immanenten Sicherheitsstandards, die dem Schutz vor Warenverlusten dienen, zurückbleiben, solange sie ihre in sicherheitstechnischer Hinsicht unzulängliche Betriebsorganisation nicht ohne jede Einschränkung offenbart, muss es demnach bei allen drei Versandarten dabei bleiben, dass sie aus Sicht der Versender mit dem Abschluss des Frachtvertrages zugleich auch die damit üblicherweise einhergehende Einhaltung der gebotenen Sicherheitsstandards zum Schutz vor Warenverlusten verspricht.

An dieser Rechtsauffassung hält der Senat trotz der von der Beklagten in der Berufungsbegründung erhobenen Kritik fest.

Der Einwand der Beklagten, der Senat gehe entgegen den Regeln der Grammatik davon aus, dass durch den mit "insbesondere" eingeleiteten Einschub die Satzaussage des Hauptsatzes, die ein Einverständnis mit dem Verzicht auf Kontrollen des Transportweges beinhalte, relativiert werde, beruht auf einer fehlerhaften Interpretation der Ausführungen des Senats. Die Ausgangsthese des Senats lautet vielmehr, dass die Klausel inhaltlich unbestimmt und unklar ist, weil sie Bedeutung und Tragweite des im Hauptsatz niedergelegten umfassenden Kontrollverzichts verschleiert, indem sie mit dem Einschub den Dokumentationsverzicht der Kontrollen als die für die Vertragsabwicklung wichtigste und bedeutendste Folge dieser Klausel herausstreicht, während das mit dem Hauptsatz ausbedungene Recht der Beklagten, jegliche Kontrollen des Transportweges zu unterlassen, weitaus gravierende Folgen für die Vertragsdurchführung hat, weil dies - im Gegensatz zum bloßen Dokumentationsverzicht - die Erreichung des Vertragszweckes des Frachtvertrages ernsthaft gefährdet. Der Senat hat des Weiteren herausgearbeitet, dass diese Verschleierung von Bedeutung und Tragweite der Klausel noch verstärkt wird, indem die Klausel den Leser darüber im Unklaren lässt, ob die Beklagte trotz des Einverständnisses gleichwohl (irgendwelche) Kontrollen durchführen wird oder nicht. Mithin geht auch der Vorwurf der Beklagten, der Senat laste es ihr an, dass sie im Einzelfall mehr Kontrollen durchführen wolle als sie vertraglich schulde, ebenfalls an der Argumentation des Senats vorbei.

Der Senat verbleibt auch bei seiner Auffassung, dass Ziffer 2 keine Leistungsbeschreibung enthält. Auch in diesem Zusammenhang stimmt die Ausgangsthese der Beklagten nicht, wonach die Klausel darüber informiere, dass die Standardsendung als Paketbeförderung ohne Kontrollen des Transportweges definiert sei. Dem steht bereits der Wortlaut der Klausel entgegen, weil die Klausel lediglich das Einverständnis des Versenders zum Unterlassen von Transportwegkontrollen einholt, sie mithin gerade nicht besagt, dass derartige Kontrollen tatsächlich nicht stattfinden. Darüber hinaus hält der Senat daran fest, dass der Begriff "Kontrolle des Transportweges" inhaltlich unbestimmt ist, weil unklar ist, welche Sicherungsmaßnahmen hiervon erfasst sind. Soweit die Beklagte versucht, diese Unbestimmtheit auf die Durchführung von Schnittstellenkontrollen zu beschränken, bleibt sie eine überzeugende Antwort auf die Frage schuldig, woraus sich für den unbefangenen Leser der Klausel diese Beschränkung auf diese Kontrollmaßnahme ergeben soll. In diesem Zusammenhang überzeugt das Argument der Beklagten nicht, die Transportwegkontrolle sei eine bestimmte, klar umrissene spezielle Sicherungsmaßnahme, die sich von sonstigen Sicherungsmaßnahmen eindeutig abgrenzen ließe. Richtig ist vielmehr, dass jede Sicherungsmaßnahme eine Kontrolle des Transportweges darstellt, wenn sie dem Schutz der anvertrauten Warensendungen dient und darauf abzielt, die Warensendung während des Transports unter Kontrolle und Beobachtung zu halten. Die Schnittstellenkontrolle ist demgemäss ein Beispielsfall für Kontrollen des Transportweges, die an bestimmten Stellen des Transportweges durchgeführt werden muss, nämlich dort, wo das Transportgut umgeschlagen wird. Mithin stellt es auch eine Kontrolle des Transportweges dar, wenn ein Zustellfahrer auf seiner Fahrt angehalten wird, um zu überprüfen, ob sein Paketbestand im Fahrzeug noch vollzählig ist. Da auch die Umschlagslager Teil des Transportweges sind, liegt auch eine Kontrolle des Transportweges vor, wenn überprüft wird, ob der tatsächliche Paketbestand im Umschlagslager mit dem übereinstimmt, was sich zur Zeit an Paketen in diesem Lager befinden muss.

Darüber hinaus verstößt es auch gegen die Gesetze der Logik, eine zu erbringende Transportleistung allein dadurch zu definieren, dass man mitteilt, was man gegebenenfalls zu unterlassen gedenkt. Deswegen verbleibt der Senat bei seiner Auffassung, dass eine Leistungsbeschreibung nur dann vorliegen kann, wenn der Leistungskatalog der Leistungen, die tatsächlich erbracht werden, offengelegt wird.

III.

Unzutreffend ist auch der weitere rechtliche Einwand der Beklagten, wonach der Absender nach ihren Beförderungsbedingungen verpflichtet sei, eine Wertdeklaration vorzunehmen, wenn der Warenwert der Warensendung über 1.000,- DM liegt. Eine dahingehende Verpflichtung ist in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten nämlich nicht normiert. Sie ergibt sich auch nicht aus dem Sinnzusammenhang der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, weil Standardsendung, Expresspaket und Wertpaket als drei Transportarten angeboten werden, die nebeneinander stehen, so dass das Regelwerk dem Versender gerade die Wahl gibt, ob er Pakete mit einem Wert über 1.000,- DM als Standardsendung, Expresspaket oder als Wertpaket versendet. Damit geht die Beklagte in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen selbst davon aus, dass der Absender auch bei höherwertigen Paketen nicht verpflichtet ist, den Warenwert zu deklarieren. Hieraus wiederum folgt, dass er durch das Unterlassen einer Wertdeklaration bei der Beklagten auch keinen Vertrauenstatbestand dahin setzen kann, das von ihm übergebene Paket enthalte nur Waren im Wert von bis zu 1.000,- DM, wenn eine Wertdeklaration unterbleibt.

Die fehlende Wertdeklaration hat nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten lediglich zur Folge, dass ihre Haftung im Falle des Verlusts oder der Beschädigung grundsätzlich auf 1.000,- DM beschränkt ist. Sofern sie den Verlust oder die Beschädigung vorsätzlich beziehungsweise leichtfertig herbeigeführt hat, sehen diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen jedoch auch bei unterbliebener Wertdeklaration eine volle Haftung der Beklagten vor.

IV.

Schließlich ist es auch unrichtig, dass die Klägerin (und damit auch der BGH sowie der Senat mit seiner ständigen Rechtsprechung) von der Beklagten die Einhaltung der Standards für Wertpakete fordert, wenn der Absender lediglich die Standardversendung gewählt hat. Die vorstehenden Ausführungen zeigen vielmehr, dass der Senat nur die Einhaltung der für Standardsendungen von jedem Frachtführer zu fordernden Sicherheitsstandards verlangt, die im Warentransportgeschäft allgemein üblich und anerkannt sind und zu deren Einhaltung sich die Beklagte - wie dargelegt - auch bei Abschluss eines Frachtvertrages über die Standardbeförderung vertraglich verpflichtet hat. Von dieser Verpflichtung kann die Beklagte sich allenfalls befreien, indem sie dies mit ihrem Kunden ausdrücklich vereinbart.

V.

Schließlich verletzt die ständige Rechtsprechung des Senats die Beklagte auch nicht in ihren Rechten aus Art. 12 GG. In die Freiheit der Beklagten, den Beruf des Frachtführers auszuüben, wird nicht dadurch unzulässigerweise eingegriffen, dass sie für die von ihr im Zuge dieser Berufsausübung begangenen schuldhaften Vertragsverletzungen Schadensersatz leisten muss.

Dem Senat liegt es auch fern, der Beklagten die Einhaltung der vertraglich geschuldeten Schnittstellenkontrollen aufzuzwingen. Er zieht lediglich im jedem einzelnen Streitfall die haftungsrechtlich im Gesetz vorgesehenen Konsequenzen aus dem vertragswidrigen Unterlassen dieser Kontrollen.

Hierdurch wird es der Beklagten auch nicht unmöglich gemacht, Pakete im Massenverkehr zu Briefbedingungen zu befördern, weil es der Beklagten frei steht, sich mit ihren Kunden dahin zu einigen, dass von ihr für die Paketbeförderung nur der für Briefe typischen Sicherheitsstandard geschuldet wird. Wenn sie dies jedoch - wie in den vorliegenden Fällen - nicht mit dem Kunden abgesprochen hat, muss sie sich daran festhalten lassen, dass sie ihrem Kunden die Einhaltung der im Frachtverkehr allgemein anerkannten und üblichen Sicherheitsstandards versprochen hat.

G.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10 und 711 ZPO.

Ein Anlass, zugunsten der Beklagten die Revision zuzulassen, besteht nicht, § 543 Abs. 2 ZPO.

Streitwert des Berufungsverfahrens und Beschwer der Beklagten: 46.168,80 €.

Ende der Entscheidung

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