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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 29.09.2005
Aktenzeichen: I-2 U 10/05
Rechtsgebiete: BGB, GG, StrWG NW


Vorschriften:

BGB § 839
GG Art. 34
StrWG NW § 9 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 10. Dezember 2004 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kleve wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 2.300,00 abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf € 5.590,80 festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger, der damals 69 Jahre alt war, ca. 2 Zentner wog und an Diabetes mellitus Typ II b mit diabetischer Polyneuropathie der Unterschenkel beidseits litt (vgl. Bl. 7 und Bl. 13 GA), nimmt die Beklagte wegen Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflichten auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch.

Er hat vorgetragen, er sei am 3. April 2004 gegen 16.30 Uhr mit dem Fahrrad bei "regnerischen Wetter" die Hstraße in X von Sberg aus in Richtung Rhein gefahren und auf Höhe der ehemaligen Metzgerei "Op de Mom" trotz "vorsichtiger" Fahrweise aufgrund des durch Regen ungewöhnlich rutschigen Straßenbelages ins Rutschen gekommen, in die am rechten Fahrbahnrand befindliche Regenrinne geraten und mit seinem Rad gestürzt. Ursache des Unfalls sei die unsachgemäße Pflasterung der Fahrbahn. Die dort befindliche Pflasterung - sie ist unstreitig bereits vor ca. 20 Jahren erfolgt - sei als Straßenbelag nicht geeignet, da sie bei Regen nicht die für Fahrbahnbeläge erforderliche Rutschfestigkeit besitze. Zudem sei die am Fahrbahnrand eingebaute Regenrinne nicht fachgerecht angelegt. Sie sei nur ca. 8 cm breit und ca. 2 cm tief, so dass Stürze provoziert würden. Die Rinne sei zu schmal. Er habe durch den Sturz eine distale Fermurspiralfraktur rechts erlitten. Er sei mit dem Krankenwagen ins St.-Willibrord-Spital in X gefahren worden. Nach ca. einstündigem Aufenthalt sei er ins Marien-Hospital Wesel verlegt worden, wo er am 5. April 2004 operiert worden sei. Der Krankenhausaufenthalt habe am 29. April 2004 geendet. Während des Krankenhausaufenthaltes sei er täglich von seiner Ehefrau besucht worden, die mit seinem PKW aus X angereist sei.Vom 30. April 2004 bis zum 20. Mai 2004 habe er sich zur AHB in der Caspar-Heinrich-Klinik in Bad Driburg befunden. In der Nacht vom 1. Juni 2004 auf den 2. Juni 2004 sei er , nachdem er zuvor zu Hause ein dickes Knie bekommen habe, mit Verdacht auf Thrombose in das St.-Willibrord -Spital in X eingeliefert worden. Am 5. Juni 2004 sei er dort entlassen worden. Es seien dann noch nachstationäre Behandlungen in X und in Wesel erfolgt. Mit seiner Klage mache er als Schadensersatz insgesamt Fahrtkosten in Höhe von € 1.090,80 für 3.636 km und pauschal Kosten für Umbauten im Hause (2 Griffe in der Dusche und Anbringung von zusätzlichen Treppen-Handläufen) und für die Stornierung einer für die Zeit vom 6. Juni bis 13. Juni 2004 geplanten Reise nach St. Petersburg und Tallin in Höhe von € 500,00 geltend. Außerdem beanspruche er ein angemessenes Schmerzensgeld von mindestens € 4.000,00.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklage zu verurteilen, 1. an ihn 1.590,80 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechthängigkeit (27.9.04) zu zahlen, 2. an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, das den Betrag von 4.000,00 EUR nicht unterschreitet.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat mit Nichtwissen bestritten, dass der Kläger am 3. April 2004 in der Hstraße aufgrund rutschigen Straßenbelages gestürzt sei und sich dabei verletzt habe (vgl. Klageerwiderung vom 7.10.04 S. 2 - Bl. 29 GA). Sie hat außerdem geltend gemacht, durch die Verwendung des Straßenbelages, mit dem die Hstraße gepflastert sei, keine Verkehrssicherungspflicht verletzt zu haben. Dieser Belag sei auch bei Regen verkehrssicher. Es möge sein, dass in den letzten 20 Jahren in der Hstraße der eine oder andere Fahrradfahrer, Fußgänger oder auch Autofahrer zu Schaden gekommen sei. Ansprüche gegenüber ihr seien in diesem Zusammenhang nicht geltend gemacht worden. Ihr seien keine vergleichbaren Vorfälle bekannt. Auch die in der Hstraße neben der Fahrbahn sich befindliche Regenrinne weise kein Gefahrenpotential auf. Der gesamte Vortrag des Klägers zu den Schäden werde mit Nichtwissen bestritten. Ein Schmerzensgeld von mindestens € 4.000,00 komme selbst dann, wenn unterstellt werde, dass sie hafte, nicht in Betracht.

Das Landgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne sich dem Vortrag des Klägers nicht anschliessen, der Straßenbelag in der Hstraße sei nicht ordnungsgemäß und ungeeignet. Bei dem verlegten Belag handele es sich, wie gerichtsbekannt sei, um einen Belag, der auf zahlreichen Straßen des Kreises Kleve verwendet werde, ohne dass die von dem Kläger behauptete fehlende Rutschfestigkeit bei Regen bekannt geworden wäre. Allein der Umstand, dass die Straße durch Regen naß geworden sei, könne daher den Sturz des Klägers nicht erklären. Ein Sturz aus gerader Fahrt sei nur schwer vorstellbar, wenn der Verkehrsteilnehmer seine Fahrweise den Straßenverhältnissen anpasse. Dem Verkehrsteilnehmer sei allgemein bekannt , dass die Straßenhaftung bei Nässe sich nachteilig verändere und Straßen dadurch rutschig werden könnten, so dass eine Rutschgefahr bei solchen Witterungsverhältnissen für ihn keine unerwartete Gefahrenquelle darstelle. Ein Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten läge auch hinsichtlich der Beschaffenheit der Regenrinne nicht vor. Es handele sich hier erkennbar nicht um einen Teil der Straße, der für das Befahren mit dem Fahrrad vorgesehen sei. Vielmehr solle hierdurch das anfallende Regenwasser abgeführt werden. Dass und aus welchem Grund die Beschaffenheit der Regenrinne für den Kläger nicht erkennbar gewesen sei , trage er nicht vor. In diesem Zusammenhang sei darauf zu verweisen, dass nach der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf grundsätzlich sich jeder Straßenbenutzer den gegebenen Straßenverhältnissen anzupassen und die Straßen so hinzunehmen habe, wie sie sich ihm erkennbar darböten.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt. In der Berufungsinstanz wiederholen die Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen und ergänzen es.

Der Kläger macht mit seiner Berufung geltend, das Landgericht habe die entscheidungserheblichen Tatsachen nicht richtig festgestellt. So habe es nicht mitgeteilt, woher seine Kenntnis komme, dass der in der Hstraße verlegte Belag hinreichend rutschfest sei. Die Verwendung des Belags auf zahlreichen Straßen im Landgerichtsbezirk Kleve reiche zur Begründung nicht aus. Wie er erfahren habe, müsse Straßenbelag einen "gewissen Rauigkeitsgrad" haben, der alle fünf Jahre zu überprüfen sei. Das Landgericht habe auch die Bedeutung der Regenrinne falsch gewürdigt. Er sei mit dem "üblichen Abstand" zur Regenrinne gefahren und sei dann in sie hineingerutscht. Dass er keine Zeugen für den Unfallhergang habe, könne ihm nicht zum Nachteil gereichen. Dass Unfälle genau beobachtet werden, komme selten vor. Oft seien Verkehrsteilnehmer allein unterwegs. Da er mit dem Fahrrad auf der Straße gestürzt sei, spreche der Beweis des ersten Anscheins für eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht der Beklagten (vgl. Schriftsatz vom 14. Juli 2005 Seite 1 - Bl. 120 GA).

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Kleve vom 10.12. 2004 (Az.: 1 O 509 /04) die Beklagte zu verurteilen, 1. an ihn € 1590,80 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszins sat seit Rechtshängigkeit zu zahlen, 2. an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, das den Betrag von € 4.000,00 nicht unterschreitet.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie erklärt sich weiterhin in allen Teilen mit Nichtwissen zu dem angeblichen Unfall, der Örtlichkeit , dem Unfallverlauf selbst und den Unfallfolgen . Beweis habe der Kläger zu dem angeblichen Unfall ohnedies nicht angeboten, so dass die Klage allein schon deshalb der Abweisung unliege (vgl. Berufungsbeantwortung vom 20. Juni 2005 Seiten 1und 2 - Bl. 116,117 GA).. Die Hstraße sei im Übrigen nicht unsachgemäß gepflastert, wie dies von der Gegenseite gänzlich unsubstantiiert behauptet werde. Ein Ausrutschen auf dem in Rede stehenden Pflaster sei keineswegs wahrscheinlich, wenngleich Nässe auf Pflasterungen gleicher welcher Art natürlich nicht zur Rutschfestigkeit beitrage.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften des Landgerichts und des Senats Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist sachlich nicht gerechtfertigt. Dem Kläger steht gegenüber der beklagten Gemeinde kein Schadensersatzanspruch aus § 839 BGB in Verb. mit Art. 34 GG und § 9 a StrWG NW wegen Verletzung der ihr obliegenden Verkehrsicherungspflicht zu. Es ist nicht dargetan und auch nicht zu erkennen, dass die Beklagte mit der Verwendung und bei der Unterhaltung des Straßenbelages in der Hstraße, der nach dem Vortrag des Klägers Ursache für den angeblichen Unfall gewesen sein soll, objektiv ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht genügt hat.

1.

Die Beklagte ist als Straßenbaulastträgerin auf Grund ihrer öffentlich-rechtlichen Verkehrssicherungspflicht (§ 9 a StrWG NW) gehalten, die öffentlichen Verkehrswege möglichst gefahrlos zu gestalten und im Rahmen des Zumutbaren allen Gefahren zu begegnen , die den Verkehrsteilnehmern aus einem nicht ordnungsgemäßen Zustand der Straße drohen. Diese Pflicht umfasst insbesondere die Pflicht, Verkehrsteilnehmer vor unvermuteten , sich aus der Beschaffenheit der Straße ergebenden und bei zweckgerechter Benutzung der Verkehrswege nicht ohne weiteres erkennbaren Gefahrenstellen zu sichern oder zu warnen (vgl. auch OLG Hamm, VersR 1983, 446). Diese Pflicht bedeutet nicht, dass Verkehrsanlagen schlechthin gefahrlos und frei von Mängeln sein müssen. Denn eine vollständige Gefahrlosigkeit der Straße und ihrer Benutzung kann mit zumutbaren Mitteln nicht erreicht und vom Verkehrsteilnehmer auch nicht erwartet werden (vgl. OLG Düsseldorf, OLG Report Düsseldorf 1993, 223). Der Verkehrssicherungspflichtige ist - von objektiv besonders einschneidenden Gefahrenlagen abgesehen - in der Regel nur gehalten, die Verkehrsteilnehmer vor solchen Gefahren zu warnen oder solche Gefahren zu beseitigen, auf die sich ein die normale Sorgfalt beachtender Verkehrsteilnehmer nicht selbst hinreichend schützen kann (OLG Düsseldorf, VersR 1989, 274), insbesondere wenn die Gefahr nicht rechtzeitig zu erkennen ist. Inhalt der Verkehrssicherungspflicht kann nur sein, was im Interesse des Verkehrs nach objektiven Maßstab billigerweise verlangt werden kann und zumutbar ist (OLG Schleswig, VersR 1989 1989, 627; OLG Hamm, OLGZ 1994, 301, 303). Auch gegenüber Radfahrern gilt der allgemeine Grundsatz, dass sie als Verkehrsteilnehmer die öffentlichen Straßen so hinzunehmen haben, wie sie sich erkennbar darbieten und sie etwaigen erkennbaren Gefahren durch eine entsprechend vorsichtige Fahrweise Rechnung zu tragen haben.

Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil zu Recht eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagte verneint.

2. Die Hstrasse, auf der der Kläger am 3. April 2004 mit seinem Fahrrad bei "regnerischen Wetter" gestürzt sein will, ist zwischen den Plätzen "Großer Löwe" und "Kleiner Löwe" mit einem "hart gebrannten Klinkerstein" der Marke "Stradalit" (vgl. Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 22. August 2005 - Bl. 125 GA) der AKA Ziegelgruppe (vgl. Anlage B 2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 7.Oktober 2004 - Bl. 36 GA) gepflastert, wobei dieser Stein von rötlicher Farbe und einer Größe von ca. 15 x 8 cm ist. Die Hstraße wird durch eine Fahrbahn von ca. 5 m Breite gebildet, die beidseits von einem Bürgersteig von ca. 1,50 m Breite begleitet wird, wobei sich zwischen Fahrbahn und den Bürgersteigen jeweils eine Regenrinne mit einer verhältnismäßig geringen Vertiefung von ca. 2 cm und einer Breite von ca. 8 cm befindet. Fahrbahn, Regenrinnen und Bürgersteige sind jeweils mit dem gleichen rötlichen Klinkersteinen gepflastert (vgl. auch die unbestritten gebliebene Darstellung des Klägers in der Berufungsbegründung vom 8. Februar 2005 Seite 5 - Bl. 88 GA).

Dass die für die Hstraße verwendeten Klinkersteine der Marke "Stradalit" durchaus als Straßenbelag geeignet sind und mit ihrer Verwendung als Straßenbelag nicht eine im oben dargelegten Sinne verkehrswidrige, nicht erkennbare Gefahrenquelle geschaffen worden ist, weil sie sich bei Nässe gleichsam wie Glatteis oder Schmierseife verhalten, so dass eine solch große Gefahr besteht, dass selbst ein die Witterungsverhältnisse berücksichtigender Radfahrer - ein solcher weiß, dass sich die Straßenhaftung bei Nässe stets nachteilig verändert und berücksichtigt dies - auf ihnen bei Nässe in der Regel mit seinem Rad ausrutschen wird , widerspricht zunächst einmal den eigenen Erfahrungen des erkennenden Gerichts, worauf in der mündlichen Verhandlung vom 1. September 2004 ausdrücklich hingewiesen worden ist (vgl. Sitzungsprotokoll Seite 2 - Bl. 128 GA). Bei Nässe geht von diesen Klinkersteinen, die nicht völlig glatt sind, sondern eine gewisse, wenn auch nur verhältnismäßig geringe Rauigkeit haben, keine größere Gefahr aus als von einem glatten Kopfsteinpflaster, wie es noch an zahlreichen Stellen in dieser Republik vorzufinden ist.

Der Kläger als Einwohner von X kannte diese Innenstadtstraße und die Oberfläche der Steine und musste sich bei "regnerischen Wetter" durch eine angepasste Fahrweise darauf einstellen, dass sich die Straßenhaftung dieses Belages bei Nässe nachteilig veränderte.

3. Dass die auf der Hstraße verlegten Klinkersteine nicht die von dem Kläger geltend gemachte verkehrswidrige Gefahrenquelle darstellen , zeigt sich vor allem aber auch darin, dass diese Klinkersteine dort seit ca. 20 Jahren verlegt sind und deshalb Tausende von Radfahrern die Straße benutzt haben dürften , und zwar auch bei Nässe, ohne dass dargetan wäre, dass sie aufgrund der fehlenden Rutschfestigkeit bei Nässe dort gestürzt wären und deswegen Ansprüche gegenüber der Beklagten geltend gemacht hätten. Soweit der Kläger in seiner Klageschrift (vgl. Bl. 2 GA) 5 Personen benennt, die auf der Hstraße gestürzt sein sollen, ist dieses Vorbringen, worauf bereits die Beklagte in ihrer Berufungsbeantwortung zu Recht hingewiesen hat (vgl. Berufungsbeantwortung vom 20. Juni 2005 Seite 3 - Bl. 118 GA), völlig substanzlos nach Ort, Zeit und Umständen des Falles, ohne dass der Kläger diesen Hinweis aufgegriffen und sein Vorbringen aus der Klageschrift substantiiert hätte. - Selbst wenn aber in 20 Jahren fünf Radfahrer bei Nässe auf der Hstraße auch bei einer der Witterung angepassten Fahrweise, wobei zu allem hier aber nichts vorgetragen worden ist, zu Sturz gekommen sein sollten, dürfte diese Zahl angesichts der Vielzahl der Radfahrer, die in dieser Zeit die Straße bei Nässe durchquert haben, ohne gestürzt zu sein , zu gering sein, um zu belegen, dass die in Rede stehenden Klinkersteine eine besondere Gefahrenquelle darstellen, weil sie bei Nässe zu einer stark erhöhten, nicht voraussehbaren Rutschgefahr für Radfahrer führen.

Auch der vom Landgericht herangezogene Umstand, gerichtsbekannt habe der in Rede stehende Belag an zahlreichen anderen Stellen im Landgerichtsbezirk Kleve Verwendung gefunden, und zwar, wie sich nunmehr aus der vom Kläger mit Schriftsatz vom 22. August 2005 überreichten Anlage (vgl. Bl. 125 GA) ergibt, selbst im Gebiet der Stadt X , ohne dass die fehlende Rutschfestigkeit dieses Belages bei Regen bekannt geworden sei, spricht eindeutig dafür, dass mit der Verwendung dieses Belages die Beklagte nicht eine verkehrswidrige besondere Gefahrenquelle geschaffen hat.

4. Soweit der Kläger erstmals in der Berufungsbegründung geltend macht, dass ein Straßenbelag einen gewissen Rauigkeitsgrad haben müsse, der alle fünf Jahre zu überprüfen sei (vgl. Berufungsbegründung vom 8. Februar 2005 Seite 5 - Bl. 88 GA) , leidet dieses unsubstantiierte Vorbringen daran, dass nicht dargetan wird, welchen Rauigkeitsgrad Straßenbelag aufweisen muss und dass der Strassenbelag in der Hstraße diesen Rauigkeitsgrad nicht erreicht, sondern einen Wert X hat, der unterhalb des geforderten Rauigkeitwertes liegt. Es ist nichts dafür dargetan und erkennbar, dass für die hier in Rede stehende Straße Vorschriften gelten, die einen bestimmten Rauigkeitswert des Straßenbelages voraussetzen und dieser Rauigkeitswert von dem Straßenbelag auf der Hstraße zum Zeitpunkt des angeblichen Unfalls nicht eingehalten worden ist

5. Der Umstand, dass jemand auf der Straße mit seinem Fahrrad stürzt, begründet entgegen der vom Kläger im Schriftsatz vom 14. Juli 2005 (Bl. 120 GA) vertretenen Auffassung keinen Beweis des ersten Anscheins für die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht durch den Träger der Straßenbaulast. Der Sturz mit einem Fahrrad auf einer Straße kann die unterschiedlichsten Ursachen haben. Er kann auf einen Fahrfehler des Fahrers ( z. B. ein zu starkes Einschlagen des Lenkers bei Kurvenfahrt), auf eine nicht den Witterungs- und Verkehrsverhältnissen angepasste Fahrweise, auf einen mangelhaften körperlichen Zustand des Fahrers , z. B. infolge Alkohol- oder Drogengenusses oder aber auch infolge Krankheit wie z. B. Muskelkrämpfen infolge von Polyneuropathie in den Unterschenkeln, oder auch auf einen mangelhaften Zustand des Fahrrades einschließlich der Reifen zurückzuführen sein. Ursache für einen Sturz mit einem Fahrrad auf einer Straße können mithin ganz unterschiedliche Tatbestände sein, so dass es den vom Kläger behaupteten Beweis des ersten Anscheins, dass dann, wenn jemand mit seinem Fahrrad auf einer Straße stürzt, eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch den Träger der Straßenbaulast vorliegt, nicht gibt.

Zwar hat der 6. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (vgl.u.a.BGH VersR 1962,449 und BGH VersR 1994, 324, 325 = BGH NJW 1994, 945,946) ausgeführt, dass der Sturz eines Fußgängers in unmittelbarer Nähe bzw. im Bereich einer verkehrswidrigen Gefahrenquelle nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises den Schluss nahelege, dass die Gefahrenquelle Ursache des Sturzes war. Es kann hier letztlich dahingestellt bleiben, ob dieser Anscheinsbeweis auch dann gilt, wenn der Verkehrsteilnehmer ein Radfahrer ist und - wie hier der schon etwas betagte Kläger - an diabetischer Polyneuropathie in beiden Unterschenkeln leidet, da nach dem oben Gesagten mit den in Hstraße verlegten Klinkersteinen, auf denen der Kläger ins Rutschen gekommen sein will, keine verkehrswidrige Gefahrenquelle geschaffen worden ist.

6. Was schließlich die Ausbildung der Regenrinne angeht, kann es dahingestellt bleiben, ob sie den insoweit bestehenden Vorschriften in vollem Umfang entspricht, da die Regenrinne nach dem eigenen Vortrag des Klägers nicht als ursächlich oder mitursächlich für den Sturz des Klägers und auch die Unfallfolgen angesehen werden kann. Nach seinem eigenen Vorbringen ist der Kläger "im üblichen Abstand", was das auch immer heißt, zur Regenrinne gefahren (vgl. Berufungsbegründung vom 8. Februar 2005 Seite 5 - Bl. 88 GA) und hat sich damit nicht in unmittelbarer Nähe dieser vermeintlich verkehrswidrigen Gefahrenquelle befunden (vgl. zum Begriff "in unmittelbarer Nähe einer Gefahrenquelle" auch den Beschluss des BGH vom 17. September 1987 in Sachen III ZR 138/86). Nach seinem Vortrag ist er auf auf dem Pflaster der Fahrbahn und "im üblichen Abstand" zur Regenrinne ins Rutschen gekommen und erst nach dem Sturz in die Regenrinne geraten. - Nach alledem hat das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 S. 2 ZPO.

Es bestand kein Anlass, die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.

Ende der Entscheidung

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