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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 20.10.2005
Aktenzeichen: I-2 U 72/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 301
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 17. Juni 2004 verkündete Urteil der 4b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 34.000,-- Euro abzuwenden, falls nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

III. Der Gegenstandswert für dieses Teilurteil wird auf 30.000,-- Euro festgesetzt.

IV. Die weiteren Entscheidungen bleiben dem Schlussurteil vorbehalten.

Gründe:

I.

Die Klägerin ist seit dem 4. Juni 2003 eingetragene Inhaberin des deutschen Patentes 35 18 xxx (Klagepatent, Anlage L 1) betreffend einen Messerkopf für Fleischkutter, das auf einer Anmeldung vom 23. Mai 1985 beruht, dessen Erteilung am 19. Oktober 1989 veröffentlicht wurde und dessen Schutzdauer am 23. Mai 2005 abgelaufen ist.

Die in diesem Rechtsstreit interessierenden Patentansprüche 1, 2 und 11 lauten wie folgt:

1. Messerkopf für Fleischkutter mit mehreren Kuttermessern, die über einen Zahnbereich mit einer Treib- oder Haltescheibe in Stufen in Radialrichtung verstellbar verbunden sind, dadurch gekennzeichnet, dass mindestens ein Zahnbereich (4) stirnseitig an der Treib- oder Haltescheibe (5) vorgesehen ist, mit welchem ein das Kuttermesser (1) durchgreifender und in Verstellrichtung des Kuttermessers (1) versetzbarer Haltebolzen (2), der eine entsprechende Stirnverzahnung (3) trägt, zum Eingriff bringbar ist.

2. Messerkopf nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass auf der Haltescheibe (5) stirnseitig zwei im wesentlichen zur Mittelachse der Verstellrichtung symmetrisch angeordnete Zahnbereiche (4) vorgesehen sind.

11. Messerkopf nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Kuttermesser (1) und/oder die Füllscheibe (17) mit jeweils einer Schraube (18) und Mutterstück (19) an der Haltescheibe (5) befestigt sind, die in diesen Bereichen Langlöcher (20) in Verstellrichtung der Kuttermesser (1) aufweist.

Die nachstehend wiedergegebenen Zeichnungen zeigen ein Ausführungsbeispiel der Erfindung, und zwar Figur 1 die Vorderansicht des erfindungsgemäßen Messerkopfes mit einem darauf montierten Kuttermesser ohne Gegenmesser oder Füllscheibe, Figur 2 einen Schnitt in der Ebene der Haltebolzen mit zwei in einer Ebene montierten Kuttermessern, Figur 3 einen Querschnitt durch die Achse des Messerkopfes, wobei sich in einer Ebene ein Messer und eine Füllscheibe einander gegenüber liegen, Figur 4 einen Schnitt durch einen Haltebolzen und Figur 5 eine Draufsicht auf die Stirnverzahnung des Haltebolzens.

Die Klägerin brachte während der Geltungsdauer des Klageschutzrechtes - wie zuvor ihre Rechtsvorgängerinnen - unter der Bezeichnung "XQX-Messerkopf" den Ansprüchen 1, 2 und 11 entsprechende Gegenstände und auch passende Kuttermesser für den Ersatzbedarf in den Verkehr (vgl. den Werbeprospekt gemäß Anl. L 4 und die Abbildung Anl. L 16).

Auch die Beklagte vertrieb bis 1995 Messer, die geeignet und bestimmt waren, auf XQX-Messerköpfen montiert und eingesetzt zu werden. Durch Beschluss vom 23. März 1995 untersagte das Landgericht Düsseldorf der Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung den Vertrieb dieser Messer, ohne die dort näher bezeichneten Sicherungsmaßnahmen zum Schutz der Patentinhaberin zu treffen (4 O 109/95, Anlage L 5); die Beklagte hat dieses Verbot als endgültige Regelung anerkannt.

Im April 2003 lieferte die Beklagte erneut Kuttermesser, die auf XQX-Messerköpfen verwendet werden können. Wegen dieser Lieferung hat das Landgericht Düsseldorf der Beklagten auf Antrag der Klägerin im Wege der einstweiligen Verfügung durch Beschluss vom 4. Juni 2003 (4 O 200/03, Anlage L 6) aufgegeben, der Klägerin Auskunft über die Vorbesitzer dieser Messer zu erteilen; auch diese Verfügung erkannte die Beklagte als abschließende Regelung an. Ferner gab sie auf erneute Abmahnung der Klägerin (Schreiben vom 2. Juli 2003, Anlage L 8) hin unter dem 8. Juli 2003 ein - von der Klägerin mit Schreiben vom 14. Juli 2003 (Anlage L 10) angenommenes - vertragsstrafegesichertes Unterlassungsversprechen ab und verpflichtete sich gegenüber der Klägerin, es bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Vertragsstrafe in Höhe von € 15.000,00 (in Worten: fünfzehntausend Euro) zu unterlassen, verstellbare Kuttermesser mit einem Messerfuß, der zwei im Wesentlichen zur Mittelachse in Verstellrichtung symmetrisch angeordnete Öffnungen zum Durchgriff je eines Haltebolzens und ferner eine weitere Öffnung aufweist, die mittig zwischen beiden Öffnungen, jedoch in Verstellrichtung versetzt angeordnet ist und zum Durchgriff einer Halteschraube dient, Abnehmern im Geltungsbereich des deutschen Patents 35 18 xxx gegenüber gewerbsmäßig feilzuhalten und in den Verkehr zu bringen, ohne

a) im Falle des Feilhaltens darauf hinzuweisen, dass die Kuttermesser nicht ohne Zustimmung der Antragstellerin als Inhaber in des deutschen Patents 35 18 xxx für Messerköpfe für Fleischkutter mit folgenden Merkmalen verwandt werden dürfen:

(1) Es handelt sich um einen Messerkopf für Fleischkutter

(a) mit mehreren Kuttermessern und

(b) mit einer Treib- oder Haltescheibe;

(2) die Kuttermesser sind mit der Treib- oder Haltescheibe verbunden und zwar

a) über mindestens einen Zahnbereich und

(b) in Stufen in Radialrichtung verstellbar;

(3) auf der Treib- oder Haltescheibe sind stirnseitig zwei im Wesentlichen zur Mittelachse der Verstellrichtung symmetrisch angeordnete Zahnbereiche vorgesehen;

(4) es sind Haltebolzen vorhanden, die

(a) die Kuttermesser durchgreifen,

(b) in Verstellrichtung der Kuttermesser versetzbar sind und

(c) mit einer entsprechenden Stirnverzahnung in den Zahnbereich der Treib- oder Haltescheibe eingreifen können;

(5) die Kuttermesser sind jeweils mit einer Schraube und einem Mutterstück an der Treib- oder Haltescheibe befestigt, die in diesen Bereichen Langlöcher in Verstellrichtung der Kuttermesser aufweist;

b) im Falle des Inverkehrbringens den Abnehmern unter Auferlegung einer an die Antragstellerin zu zahlenden Vertragsstrafe in Höhe von € 6.001,00 für jeden Fall der Zuwiderhandlung die schriftliche Verpflichtung aufzuerlegen, die Kuttermesser nicht ohne Zustimmung der Antragstellerin als Inhaberin des deutschen Patents 35 18 xxx für Messerköpfe für Fleischkutter mit den zu a) bezeichneten Merkmalen zu verwenden;

Nach Abgabe des Vertragsstrafenversprechens hat die Beklagte im Internet Kuttermesser wie nachstehend wiedergegeben (vgl. Anlage L 11, S. 2) beworben:

Außerdem ließ sie in den Ausgaben Juli/August und November 2003 der Zeitschrift "Die Fleischerei" die nachstehend wiedergegebene Anzeige veröffentlichen (Anlage L 15):

Am 12. März 2004 erhielt die G GmbH & Co. in O, die drei von der Rechtsvorgängerin der Klägerin erworbene Fleischkutter mit XQX-Messerköpfen besitzt, nach dem Vorbringen der Klägerin eine Lieferung von etwa 70 bis 100 Kuttermessern, auf denen teilweise auf der Oberseite handschriftlich vermerkt war, es handele sich um neue Messer.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe durch die vorbeschriebenen Handlungen gegen ihr Unterlassungsversprechen verstoßen und die vereinbarte Vertragsstrafe in drei Fällen verwirkt.

Sie macht geltend: Das in der vorstehend wiedergegebenen Internetwerbung rechts unten abgebildete Messer entspreche nahezu identisch den von ihr - der Klägerin - und ihrer Rechtsvorgängerin stammenden XQX-Kuttermessern. Zwar fehle dem abgebildeten Gegenstand eine bei den Original-XQX-Messern vorhandene mittig zwischen den beiden Öffnungen am Messerfuß angeordnete dritte Bohrung zum Durchgriff einer Halteschraube, die Beklagte biete im Begleittext aber an, auch dieses nicht dargestellte Loch anzubringen und die Messer mit den vom Kunden gewünschten Lochungen anzufertigen. Aufgrund der Vorwirkung der früheren patentverletzenden Handlungen erkenne der angesprochene Verkehr in dieser Werbung ein Angebot von Ersatzmessern für XQX-Messerköpfe; für diesen Ersatzbedarf biete die Beklagte die Messer auch bewusst an.

Ein weiterer Verstoß liege in der Veröffentlichung der Zeitungsanzeige; mit dem weiß unterlegten Text "Messer und Klingen für alle Bereiche der Lebensmittelindustrie" würden die abgebildeten Messer auch zum Verkauf angeboten.

Ein drittes Mal habe die Beklagte durch die Lieferung der Messer an K ihrem Unterlassungsversprechen zuwider gehandelt.

Die Klägerin hat vor dem Landgericht zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 45.000,-- Euro zu zahlen.

Die Beklagte hat um Klageabweisung gebeten und vor dem Landgericht eingewandt: Sie habe nicht gegen die Unterlassungserklärung verstoßen. Die Internetwerbung zeige kein Messer für XQX-Messerköpfe; die fragliche Abbildung sei vielmehr eine Zeichnung, die Wolf- und Kuttermesser in fiktiver Form darstelle, aber auf kein konkretes Messer Bezug nehme. Dieser Abbildung entsprechende Messer gebe es nicht. Die beauftragte Werbeagentur habe sich bei der Erstellung der Zeichnung an dem im Werbeprospekt Sy dargestellten Messer orientiert, die dortige Abbildung aber ebenfalls abgewandelt. Das abgebildete Messer gleiche den Sy-Messern stärker als den XQX-Messern. Da dem abgebildeten Messer die bei den XQX-Messern der Klägerin vorhandene mittige dritte Bohrung fehle, passe es nicht in XQX-Köpfe, was jedem Fachkundigen geläufig sei. In diese Messerköpfe passe es auch deshalb nicht, weil der Messerfuß des abgebildeten Gegenstandes schlanker sei; weitere Unterschiede bestünden darin, dass das abgebildete Messer eine weniger stark gebogene Messerklinge und Langlöcher aufweise, während das XQX-Messer mit Rundlöchern versehen sei. Die Zeitungsanzeige bewerbe nur das Schleifen von Messern und nicht den Verkauf. Den Kunden K habe nicht sie - die Beklagte - beliefert, es habe sich um im Eigentum von K stehende Messer gehandelt, die das von ihr unabhängige und von ihrem Geschäftsführer betriebene einzelkaufmännische Unternehmen H.P. Sch (nachfolgend:Sch) nachgeschliffen und sodann an den Auftraggeber zurückgebracht habe.

Die Klägerin ist dem entgegengetreten und hat geltend gemacht, die Beklagte sei jedenfalls Mittäterin der von Sch ausgeführten Lieferung.

Durch Urteil vom 17. Juni 2004 hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 30.000,-- Euro zu zahlen, und die weitergehende Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe durch ihre Werbung im Internet und in der Zeitschrift "Die Fleischerei" die ausbedungene Vertragsstrafe zweimal verwirkt. Anhand der Ausgestaltung des Messerfußes erkenne der angesprochene fachkundige Leser der Internetwerbung in der hier in Rede stehenden Abbildung das zur Verwendung auf patentgeschützten XQX-Messerköpfen geeignete und bestimmte Messer wieder, obwohl das abgebildete Messer die beim XQX-Messer vorhandene dritte mittige Bohrung nicht aufweise.

Er entnehme dem Begleittext und den geforderten Bestellangaben, die Beklagte könne und werde jedes beliebige gewünschte Messer herstellen. Mit der Veröffentlichung der Werbeanzeige in der Zeitschrift "Die Fleischerei" - Ausgabe November 2003 - habe die Beklagte ein weiteres Mal gegen das von ihr übernommene Unterlassungsversprechen verstoßen. Die Abbildung entspreche derjenigen in der Internetwerbung, und der weiß unterlegte Text "Messer + Klingen für alle Maschinen der Lebensmittelindustrie" in der Anzeige enthalte den Hinweis, die dargestellten Messer würden für alle Maschinen und somit auch für die Fleischkutter nach dem Klagepatent von der Beklagten vertrieben.

Die von der Klägerin behauptete Lieferung an den Abnehmer K im März 2004 stelle dagegen keinen Verstoß dar, weil sie von Sch und nicht von der Beklagten ausgeführt worden sei; Sch sei nicht Schuldner der Unterlassungserklärung. Abgesehen davon habe die Beklagte unwiderlegt vorgetragen, die an K gelieferten Messer hätten zu keiner Zeit in ihrem Eigentum gestanden und seien lediglich nachgeschliffen worden. Auch lasse das Vorbringen der Klägerin zur Herkunft der Messer die Möglichkeit offen, dass die Messer mit Erlaubnis der Klägerin hergestellt und in den Verkehr gelangt seien. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die Beklagte verfolgt ihr in erster Instanz teilweise erfolglos gebliebenes Klageabweisungsbegehren weiter, während die Klägerin weiterhin die Verurteilung zur Zahlung der Vertragsstrafe auch für die an den Kunden K getätigten Lieferungen verlangt.

Die Klägerin führt zur Begründung ihrer Berufung unter ergänzender Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen aus: Sie habe erstinstanzlich substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt, dass sich unter den am 12. März 2004 an K gelieferten Messern nicht nur nachgeschliffene, sondern auch neue befunden hätten. Die Beklagte habe das nicht substantiiert bestritten; jedenfalls habe das Landgericht ihr - der Klägerin - Beweisangebot zu Unrecht übergangen. Bei der Feststellung, es könne sich bei den gelieferten Messern auch um solche gehandelt haben, die mit Zustimmung der Klägerin in den Verkehr gelangt seien, habe das Landgericht verkannt, dass die eine patentrechtliche Erschöpfung begründenden Umstände zur Darlegungs- und Beweislast der Beklagten stünden.

Zu Unrecht habe das Landgericht auch eine Mitwirkung der Beklagten an den Lieferungen verneint. Das Vorbringen, die Beklagte sei an der Organisation der Lieferungen beteiligt gewesen bzw. habe diese ermöglicht, habe das Landgericht ebenfalls übergangen. Es bestehe keine Trennung zwischen den Betrieben der Beklagten und Sch. Wie sich nach Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung herausgestellt habe, wirke die Beklagte sowohl mit Sch als auch mit der M2 GmbH arbeitsteilig zusammen; für alle drei Unternehmen erstelle die Beklagte die Rechnungen. Schleifarbeiten würden auf Geräten der Beklagten ausgeführt.

Die Beklagte begründet ihre Berufung damit, das Landgericht habe sie hinsichtlich der Internet- und Zeitschriftenwerbung zu Unrecht verurteilt. Sie habe dem Unterlassungsversprechen nicht zuwidergehandelt. Für die Frage, ob ein Kuttermesser patentverletzend auf einen vom Klagepatent unter Schutz gestellten XQX-Kopf eingesetzt werden könne, komme es nur darauf an, ob der Messerfuß zu den Aufnahmepunkten des XQX-Kopfes passe; die übrige Form des Messers sei unerheblich. Die Montage des beworbenen Messers auf XQX-Köpfen sei wegen der erstinstanzlich aufgezeigten Unterschiede unmöglich. Darüber hinaus gebe es auf dem Markt zahlreiche Kuttermesser, die abgesehen von der Ausgestaltung des Messerfußes mit der Gestaltung der von der Klägerin vertriebenen XQX-Messer nahezu vollständig übereinstimmten. Zu diesen Messern gehöre insbesondere das Messer "K + G 3251 ZACK", dessen Unterschied zum XQX-Messer allein darin bestehe, dass es Langlöcher habe und daher nicht auf den XQX-Messerkopf montiert werden könne. Die Form des in der Internet- und Zeitungswerbung dargestellten Messers entspreche zahlreichen anderen nicht patentgeschützten Gegenständen, etwa dem vorerwähnten Messer K + G 3251 ZACK, dem Messer von Sy und demjenigen des Wettbewerbers W. Der Begleittext der Internetwerbung beziehe sich nur auf den legalen Vertrieb von Kuttermessern. Im übrigen nimmt sie Bezug auf ihr Vorbringen in erster Instanz.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern, und die Beklagte zu verurteilen, an sie - die Klägerin - weitere 15.000,-- Euro, also insgesamt 45.000,-- Euro, zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Beide Parteien bitten jeweils um Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels, treten den gegnerischen Ausführungen unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages entgegen und verteidigen das angefochtene Urteil, soweit das Landgericht zu ihren Gunsten entschieden hat.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Der Rechtsstreit ist zur Endentscheidung reif, soweit die Beklagte mit ihrer Berufung das Urteil des Landgerichts angefochten hat; insoweit ergeht ein Teilurteil nach § 301 ZPO. Dagegen kann über die Berufung der Klägerin erst entschieden werden, wenn sich im Wege der Beweisaufnahme geklärt hat, ob die Beklagte am 12. März 2004 an den Kunden K auch neue Ersatzmesser für XQX-Messerköpfe geliefert hat.

1. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Zutreffend hat das Landgericht die als Anlage L 11 vorgelegte Internetwerbung und die Zeitungsanzeige gemäß Anlage L 15 jeweils als Zuwiderhandlung der Beklagten gegen das von ihr abgegebene Unterlassungsversprechen vom 8. Juli 2003 gewertet und ist zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Beklagte die ausbedungene Vertragsstrafe in zwei Fällen verwirkt hat. Die Ausführungen des Landgerichts, die Beklagte habe in beiden Fällen Kuttermesser der in der Unterlassungserklärung umschriebenen Art angeboten, treffen auch im Lichte der Entscheidung "Radschützer" des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 15. März 2005 - X ZR 80/04 -) in vollem Umfang zu.

a) In Werbeunterlagen kann ein patentverletzender Gegenstand auch dann angeboten werden, wenn die erfindungsgemäße Ausgestaltung aus dem Werbemittel nicht hervorgeht (BGH, GRUR 2003, 1031 - Kupplung für optische Geräte; Urteil vom 15. März 2005 - X ZR 80/04 - Radschützer, S. 10/11 des Umdruckes). Dass sich die Werbung dennoch auf einen schutzrechtsverletzenden Gegenstand bezieht, kann sich dann daraus ergeben, dass der beworbene Gegenstand körperlich vorliegt, seine patentverletzende Beschaffenheit und Gestalt feststehen und dem Beweis zugänglich sind. Fehlt ein derartiger unmittelbarer Bezug zu einem körperlichen Gegenstand, ist anhand objektiver Betrachtung der im jeweiligen Einzelfall tatsächlich gegebenen Umstände zu prüfen, ob ein schutzrechtsverletzendes Erzeugnis angeboten wird, wobei die objektiven Umstände eine ähnlich sichere Aussage über die Gestalt und Beschaffenheit des Erzeugnisses ermöglichen müssen wie ein unmittelbarer Bezug zu einem körperlich vorhandenen Gestand (BGH GRUR 2003, 1031, 1032 - Kupplung für optische Geräte). Besteht die als schutzrechtsverletzend angegriffene Handlung in einem Anbieten des Erzeugnisses in Werbeschriften, kommt es darauf an, wie der angesprochene Leser die Werbung in Kenntnis aller Umstände objektiv verstehen muss und versteht. Zu diesen Umständen gehören bei einer nach Abgabe eines strafgesicherten Unterlassungsversprechens fortgesetzten Werbung, ob die Werbung unverändert fortgesetzt wurde, ob sie einen Hinweis auf eine Änderung der Ausführungsform enthält, ob auch die bisherige Artikel- oder Bestellnummer beibehalten wird, die fehlende Erkennbarkeit der die Sonderrechtsfähigkeit bestimmenden Merkmale, ob und welche Unterschiede das dargestellte Erzeugnis in seinen erkennbaren Merkmalen gegenüber auf dem Markt vorhandenen Konkurrenzprodukten aufweist, wobei es auf die gesamte Gestaltung und nicht nur auf die schutzbegründenden Merkmale ankommt, ob der schutzrechtsverletzende Gegenstand nach Abgabe der Unterlassungserklärung weiterhin am Markt erhältlich ist und bejahendenfalls, ob noch vom Unterlassungsschuldner oder nur von Dritten, ferner das Verständnis derjenigen Abnehmer- und Händlerkreise, die den bisherigen Verletzungsgegenstand kannten, weiterhin, ob der abgebildete Gegenstand im Zeitpunkt der Werbung nur in schutzrechtsverletzender Form erhältlich war oder ob die Darstellung sich auch auf schutzrechtsfreie Gegenstände beziehen kann, und nicht zuletzt die fehlende Lieferbereitschaft und -fähigkeit des Unterlassungsschuldners, die allerdings bei einem durch die unveränderte Werbung hervorgerufenen gegenteiligen Eindruck allgemein bekannt sein muss (hierzu insgesamt BGH, a.a.O. - Radschützer, Umdruck S. 10 - 14).

b) Legt man diese Maßstäbe im Streitfall an, hat die Beklagte sowohl im Internet als auch mit der angegriffenen Zeitungsanzeige Fleischkuttermesser für die klagepatentgeschützten XQX-Messerköpfe angeboten.

aa) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der von der Werbung angesprochene Interessent oder potentielle Abnehmer fachkundig ist und die auf dem Markt befindlichen Fleischkutter sowie die hierfür erhältlichen Ersatzmesser kennt. Er betrachtet zwar die in der Internetwerbung auf der fraglichen Seite abgebildete Gruppe von 5 Messern als eine Auswahl aus dem Sortiment der bei der Beklagten erhältlichen unterschiedlichen Messertypen, aber er bezieht die hier in Rede stehende Abbildung des Einzelmessers in der Gruppe rechts unten auf das patentverletzende XQX-Ersatzmesser. Er weiß zwar, dass die Abbildung keine maßstabsgetreue Fertigungszeichnung ist, aber dennoch erscheint ihm diese Abbildung nicht als vereinfachte Darstellung verschiedener nach Schneidenform und Messerfuß ähnlich aussehender Messer, die dem abgebildeten Messer nur im Großen und Ganzen gleichen und unter denen sich auch schutzrechtsfreie Kuttermesser befinden. Ein solches Verständnis liegt schon deshalb fern, weil das abgebildete Messer in seinem Aussehen im wesentlichen dem im Verkehr bekannten XQX-Kuttermesser entspricht und mit den von der Beklagten aufgezeigten nach ihrer Ansicht ähnlich aussehenden Kuttermessern anderer Hersteller nur geringfügige und nicht ins Gewicht fallende Übereinstimmungen aufweist. Gemeinsam hat das abgebildete Messer mit dem XQX-Ersatzmesser die Schneidenform, deren Messerspitze den Messerfuß kaum überragt, den Messerfuß mit seitlich geraden Außenkanten, in jedem Schenkel eine Bohrung zur Aufnahme der Haltebolzen des XQX-Kopfes und eine trapezförmige offene Ausnehmung für den Durchtritt der Antriebswelle des Kutters in der Nähe des Fußgrundes. Dass die Löcher oval wirken und der Messerfuß etwas schmaler dargestellt ist als beim Original, liegt, wie die Klägerin einleuchtend vorgetragen hat, an der perspektivischen Darstellung und wird vom angesprochenen Leser auch so verstanden, der die Zeichnung - wie erwähnt - nicht als maßstabsgetreue Wiedergabe betrachtet.

Mit dem Messer des Wettbewerbers Sy (vgl. Anlage L 17 sowie Anlage 2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 13. Mai 2004) stimmt das abgebildete Messer nur in der Schneidenform im wesentlichen überein und beiden fehlt die dritte Bohrung, ansonsten bestehen jedoch erhebliche Unterschiede zum abgebildeten Messer. Der Fuß des Sy-Messers hat eine runde Ausnehmung, eine der Außenkanten des Messerfußes ist gerade, die andere gebogen, die Bohrungen in den Schenkeln des Messerfußes halten einen erheblichen Abstand zum Fußgrund ein, und die Klingenspitze überragt den Messerfuß deutlich sichtbar. Mit dem "Elsässer EW" (Anlage 2 zum Schriftsatz des Beklagten vom 4. Juni 2004) hat der abgebildete Gegenstand nur den Messerfuß mit zwei Schenkeln und zwei Bohrungen gemeinsam, ansonsten bestehen nur Unterschiede. Diese beziehen sich insbesondere auf den Klingenschliff, die halbkreisförmige Ausnehmung und die weit entfernt von Fußgrund abgebrachten Löcher sowie die runden Schenkelaußenkanten.

Das Messer "KG 3251 ZACK" besitzt wie das abgebildete Messer einen Fuß mit geraden Außenkanten und trapezförmiger Ausnehmung, seine Langlöcher sind aber wesentlich größer und überragen die Ausnehmung in Richtung Messerspitze, während das bei dem abgebildeten Messer (wie auch bei dem XQX-Messer) nicht der Fall ist. Auch fehlt in der Abbildung die beim Messer des Wettbewerbers vorhandene dritte Bohrung. Auch die als Anlage 14 vorgelegte Abbildung der verschiedenen auf dem Markt befindlichen Messer zeigt, dass keines dieser anderen Messer dem abgebildeten Gegenstand so sehr gleicht wie das XQX-Messer.

Schon wegen dieser Übereinstimmungen bezieht der angesprochene fachkundige Leser die hier in Rede stehende Abbildung auf das XQX-Messer. Dazu trägt nicht zuletzt der hohe Marktanteil bei, den der XQX-Messerkopf während der Geltungsdauer des Klagepatentes erreicht hatte. In dem zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits vor dem Senat geführten Verfahren 2 U 41/04 hatte die Klägerin in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren unwidersprochen vorgetragen, der XQX-Kopf habe einen Marktanteil von 50 % (Senatsurteil vom 7. Oktober 2004, S. 19). Auf diesem Hintergrund konnten die Werbeadressaten den Begleittext der Internetwerbung "für alle gängigen Maschinentypen haben wir Kuttermesser vorrätig und für seltene Modelle werden diese schnellstens hergestellt, so dass kein Messerwunsch unerfüllt bleibt" und "wichtige Bestellangaben ... geschlossene Achsenaufnahme - mit/ohne Nasen, Löcher, Schlitze" nur in dem Sinne verstehen, dass auch die Lieferung von Messern für XQX-Systeme angeboten wurde. Einen Hinweis, dass für XQX-Messerköpfe keine Ersatzmesser mehr geliefert wurden, enthielt der Begleittext nicht, obwohl ein solcher Hinweis schon deshalb nahe gelegen hätte, weil die Beklagte nach dem von ihr übernommen Unterlassungsversprechen an der Bedienung dieser Nachfrage gehindert war und mit einem Hinweis der zu erwartenden dem hohen Marktanteil des XQX-Systems entsprechenden hohen Nachfrage von vornherein hätte vorbeugen können.

bb) Auch die Zeitungswerbung gemäß Anlage L 15 betrifft, wie das Landgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, nicht nur das Nachschleifen gebrauchter, sondern auch den Vertrieb neuer Messer. Der Leser entnahm der Werbeanzeige nicht nur die Aussage, die Beklagte biete ausschließlich den Nachschliff gebrauchter Messer mit täglichem Hol-/Bring-Service an. Die blickfangmäßig hervorgehobene weiß unterlegte Anpreisung "Messer und Klingen für alle Maschinen der Lebensmittel-Industrie" konnte zusammen mit der Aussage "ein winkelgenauer Schliff, Form, Profil (Hervorhebung hinzugefügt) und Schärfe der Messer sind qualitätsentscheidend" nur als Hinweis auch auf den Vertrieb entsprechend beschaffener Messer verstanden werden, zu denen auch Messer der dort abgebildeten Art gehörten, wobei die hier interessierende Abbildung (in der Anzeige oben links) mit derjenigen aus der Internetwerbung übereinstimmt und vom angesprochenen Verkehr auf das XQX-Messer bezogen wurde. Insoweit gelten die Ausführungen im vorstehenden Abschnitt aa) sinngemäß. Unter den dort dargelegten Umständen, die das Verständnis, das der angesprochene Leser vom Inhalt der angegriffenen Zeitungsanzeige gewinnt, in gleicher Weise beeinflussen wie sein Verständnis von der Internetwerbung, wird er auch den Begleittext der Inseratwerbung zusammen mit der Abbildung auf die am Markt weit verbreiteten XQX-Ersatzmesser beziehen. Erst recht gilt das für diejenigen Leser, die dem Hinweis in der Werbeanzeige folgend die Home-Page der Beklagten im Internet aufsuchten und dann auf die bereits erörterte Internetwerbung gemäß Anlage L 11 stießen.

Ohne Erfolg wendet die Beklagte ein, sie führe inzwischen nur noch Nachschleifarbeiten aus und liefere keine XQX-Ersatzmesser mehr. Da ein solcher Vorbehalt den erörterten Werbeunterlagen nicht zu entnehmen ist, könnte er nur dann beachtlich sein, wenn in den angesprochenen Interessentenkreisen allgemein bekannt gewesen wäre, dass die Beklagte die Lieferung von XQX-Ersatzkuttermessern während der Laufzeit des Klagepatents eingestellt hatte. Dazu hat die Beklagte jedoch nichts vorgetragen.

2. Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Zur Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung, weil die hierfür in § 543 Abs. 2 ZPO n.F. niedergelegten Voraussetzungen ersichtlich nicht vorliegen. Als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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