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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 03.11.2005
Aktenzeichen: I-2 W 18/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91 a
ZPO § 93
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner wird das am 21. April 2005 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf im Kostenpunkt teilweise abgeändert. Von den Kosten des Verfügungsverfahrens werden der Antragstellerin 80 % und den Antragsgegnern als Gesamtschuldnern 20 % auferlegt.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner ist zulässig und auch begründet. Zu Unrecht hat das Landgericht den Antragsgegnern auch den auf das in der Hauptsache erledigte Unterlassungsbegehren entfallenden Teil der Verfahrenskosten auferlegt. Im Rahmen der nach § 91 a ZPO nach einer übereinstimmenden Erledigungserklärung zu treffenden Entscheidung entsprach es billigem Ermessen, die Antragstellerin insoweit mit den Verfahrenskosten zu belasten. Die Bestimmung des § 93 ZPO findet entsprechende Anwendung, weil die Antragsgegner den geltend gemachten Unterlassungsanspruch sofort anerkannt und auch keine Veranlassung zur Einleitung gerichtlicher Schritte gegen sie gegeben haben.

1. Die Antragsgegner haben den geltend gemachten Unterlassungsanspruch sofort anerkannt. In ihrem Schriftsatz vom 14. Januar 2005 (Bl. 94 ff. d.A.) - ihrer ersten Stellungnahme nach der Zustellung des Verfügungsantrages vom 17. November 2004 am 26. November 2004 an die Antragsgegnerin zu 1. (Bl. 80 d.A.) und am 30. November 2004 an die Antragsgegnerin zu 2. (Bl. 79 d.A.) - haben sie sich vertragsstrafebewehrt verpflichtet, die mit dem Verfügungsantrag angegriffenen Handlungen zu unterlassen. Der zu Beginn des Schriftsatzes angekündigte Antrag, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen, steht zu diesem Verhalten nicht in Widerspruch, sondern bezieht sich auf den von der Antragstellerin zusätzlich geltend gemachten Auskunftsanspruch. Dass die Antragsgegner den gegen sie gerichteten Unterlassungsanspruch auf diese Weise sofort anerkannt haben, zieht auch die Antragstellerin nicht in Zweifel.

2. Die Antragsgegner haben auch keine Veranlassung gegeben, die gegen sie erhobenen Unterlassungsansprüche gerichtlich geltend zu machen. Anlass zur gerichtlichen Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs wegen Patentverletzung ist dann gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, die bei der antragstellenden Partei vernünftigerweise die Überzeugung oder Vermutung hervorrufen mussten, sie werde ohne Anrufung der Gerichte nicht zu ihrem Recht kommen. Die Schutzrechtsverletzung als solche, auch wenn sie aus der Sicht des Antragstellers vorsätzlich begangen erscheint, ist keine solche Tatsache. Der Verletzte wird deshalb den Verletzer in aller Regel vor der Einleitung gerichtlicher Schritte abmahnen müssen, wenn er für den Fall des sofortigen Anerkenntnisses der Kostenfolge des § 93 ZPO entgehen will. Das entspricht dem Regelungszweck des § 93 ZPO, unnötige Prozesse zu vermeiden. Ob eine Abmahnung im Einzelfall ausnahmsweise entbehrlich ist, beurteilt sich nicht nach der Prognose, inwieweit sie tatsächlich erfolgversprechend sein kann, sondern entscheidend ist vielmehr, ob aus der Sicht der antragstellenden Partei in dem Zeitpunkt, in dem sie entscheiden muss, ob sie im betreffenden Einzelfall eine Abmahnung ausspricht oder nicht, eine Verwarnung des Verletzers bei Anlegung eines objektiven Maßstabes für ihn unzumutbar ist. Eine Unzumutbarkeit liegt nur vor, wenn entweder die mit einer vorherigen Abmahnung notwendig verbundene Verzögerung unter Berücksichtigung der gerade im konkreten Fall gegebenen außergewöhnlichen Eilbedürftigkeit schlechthin nicht mehr hinnehmbar ist, etwa um besonderen Schaden vom Verletzten abzuwenden oder wenn sich der antragstellenden Partei bei objektiver Sicht der Eindruck geradezu aufdrängen musste, der Verletzer wolle die grundsätzliche Abmahnpflicht dazu ausnutzen, die Verletzungshandlungen noch mindestens eine Zeit lang ungestört fortsetzen zu können und sich ggf. nach damit erzieltem wirtschaftlichen Erfolg unter Übernahme vergleichsweise niedriger Abmahnkosten zu unterwerfen (vgl. Senat, Beschluss vom 7. August 2002 - 2 W 10/02- Turbolader II [InstGE 2, 237, 238]). Keine der beiden Alternativen liegt jedoch hier vor.

a) Eine besondere Eilbedürftigkeit der Sache ist nicht erkennbar. Hierbei geht es nicht um die Eilbedürftigkeit, die den Verfügungsgrund bildet, sondern darum, ob die Angelegenheit so eilbedürftig ist, dass nicht einmal der für eine Abmahnung einschließlich der dem Abgemahnten zuzubilligenden angemessenen Rückäußerungsfrist benötigte Zeitaufwand zur Verfügung steht. Eine solche außergewöhnlich hohe Eilbedürftigkeit ist im Streitfall nicht gegeben. Die Patentverletzungshandlungen der Antragsgegner sind nicht auf einer Messe festgestellt worden, so dass keine Notwendigkeit bestand, den Antragsgegnern die Fortsetzung der Verletzungshandlungen möglichst noch vor Schluss der Messe untersagen zu lassen. Der technische Sachverhalt lag offen; die G. GmbH in Kerpen hatte im US-amerikanischen Verfahren auf die Verletzungshandlungen der Antragsgegner hingewiesen; dass ihnen bzw. der Antragsgegnerin zu 2., der Ehefrau des Geschäftsführers der G. GmbH in Kerpen, unbekannt war, dass es das Verfügungspatent gab und dass und mit welcher Begründung die Antragstellerin die von ihnen mitproduzierten Tankdeckel aus diesem Schutzrecht angriff, wird von keiner der beiden Parteien geltend gemacht. Unter diesen Umständen hätte die den Antragsgegnern zu setzende angemessene Rückäußerungsfrist zwar auf wenige Stunden beschränkt werden können, die Abmahnung war aber nicht entbehrlich. Dass die einstweilige Verfügung zu spät gekommen wäre, wenn die Antragstellerin sich daran gehalten hätte, ist nicht zu erkennen und wird auch von ihr nicht geltend gemacht. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass der Antragstellerin schwerwiegende Schäden gedroht hätten, denn die Antragsgegner haben die von ihnen hergestellten schutzrechtsverletzenden Tankverschlussdeckel nicht selbst in die USA geliefert, sondern an die G. GmbH in Kerpen, die sie jedoch nicht mehr an den Abnehmer G. Motors ausliefern konnte, nachdem das Landgericht ihr die Herstellung und den Vertrieb dieser Gegenstände untersagt hatte, die Antragstellerin am 26. Oktober 2004 die zur Zwangsvollstreckung erforderliche Sicherheitsleistung erbracht und den von ihr erwirkten Unterlassungstitel gegen die G. GmbH vollstreckte. Unwiderlegt hat die Gerdes GmbH in Kerpen sich seit diesem Zeitpunkt an das gegen sie verhängte Verbot gehalten. Die Observation der Antragsgegner und der G. GmbH in Kerpen durch Detektive im November 2004 hat keine konkreten gegenteiligen Anhaltspunkte ergeben. Zwar ist beobachtet worden, dass zwischen beiden Unternehmen Einzelteile transportiert worden sind, die auch als Funktionsteile in die patenverletzenden Tankverschlussdeckel eingebaut worden waren, die Antragstellerin hat jedoch das Vorbringen der Antragsgegner nicht konkret widerlegt, die betreffenden Einzelteile passten auch in patentfreie Tankdeckel und seien im fraglichen Zeitraum ausschließlich zur Herstellung solcher Gegenstände benutzt worden.

b) Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die Antragsgegner auf das grundsätzliche Bestehen der Abmahnpflicht gebaut hätten, um die Verletzungen zunächst noch fortsetzen zu können und sich dann nach der Erzielung hoher wirtschaftlicher Vorteile gegen vergleichsweise geringfügige Abmahnkosten zu unterwerfen. Darauf, dass die Antragsgegnerin zu 1. als verlängerte Werkbank der G GmbH in Kerpen tätig geworden ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Ebenso wenig kommt es nicht darauf an, ob die Abmahnung wenig erfolgversprechend erschien, weil die Antragstellerin den Eindruck gewinnen musste, die Antragsgegnerin zu 1. sei gegründet worden, um die der G. GmbH Kerpen untersagten Handlungen weiter fortsetzen zu können und werde sich gegen den Verletzungsvorwurf ebenso verteidigen, wie es die G. GmbH in Kerpen getan hat. Als Mitte November 2004 bei der Antragstellerin zu entscheiden war, ob sie die Antragsgegner zuvor abmahnt oder sofort den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragte, war das gegen die G. GmbH ergangene Unterlassungsurteil bereits verkündet. Unter diesen Umständen musste den Antragsgegnern klar sein, dass eine Verteidigung gegen den Verletzungsvorwurf wenig Erfolgsaussichten versprach, weil sie davon ausgehen mussten, das Landgericht werde im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung nicht anders entscheiden als gegenüber der G. GmbH in Kerpen und ihnen die gewerbliche Nutzung der patentverletzenden Tankverschlussdeckel gegebenenfalls im Wege der einstweiligen Verfügung ohne vorherige mündliche Verhandlung durch Beschluss untersagen. Der Senat geht davon aus, dass den Antragsgegnern diese Umstände auch bekannt waren; Gegenteiliges hat keine der beiden Parteien im vorliegenden Verfahren vorgetragen. Dementsprechend haben die Antragsgegner sich in ihrer ersten schriftsätzlichen Äußerung zu dem gegen sie gerichteten Verfügungsantrag auch vertragsstrafegesichert zur Unterlassung der angegriffenen Handlungen verpflichtet. Dafür, dass sie demgegenüber eine vorgerichtliche Abmahnung zurückgewiesen und das Risiko einer Beschlussverfügung, die mit wesentlich höheren Kosten verbunden gewesen wäre als eine Abmahnung, in Kauf genommen hätten, spricht nichts.

3. Nach alledem war der sofortigen Beschwerde der Antragsgegner mit der Kostenfolge des § 91 Abs. 1 ZPO stattzugeben.

Ende der Entscheidung

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