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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 14.12.2004
Aktenzeichen: I-20 U 109/04
Rechtsgebiete: ZPO, UWG, BGB


Vorschriften:

ZPO § 540
UWG § 2 Abs. 1 Nr. 3 n.F.
UWG § 8 Abs. 3 Nr. 1 n.F.
UWG § 12 Abs. 2
BGB § 823
BGB § 1004
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Antragsgegners wird das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 30.06.2004 abgeändert und unter Aufhebung der Beschlussverfügung vom 10.03.2004 der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Antragstellerin auferlegt.

Die Antragstellerin beanstandet, dass der Antragsgegner Verbraucher - überwiegend mobil - so kurz anwählt, dass kein Telefongespräch zustande kommt, sondern nur eine Anruferkennung eines bestimmten Mehrwertdienstes hinterlassen wird, in der Erwartung, dass zurückgerufen werde, wodurch zugunsten des Anschlussinhabers ein Teil des erhöhten Verbindungsentgeltes anfällt. Der Antragsgegner hält schon seine Passivlegitimation nicht für gegeben, weil nicht er, sondern eine in Panama registrierte AG - die C. AG - Vertragspartner des Service-Providers sei. Er sei lediglich Bevollmächtigter der C. AG, die in Deutschland keine Niederlassung habe. Insofern bestehe zwischen den Parteien auch kein Wettbewerbsverhältnis. Des weiteren werde mit dem Anruf keine Werbung übermittelt. Der Rückruf werde nicht erbeten, sondern erfolge aus freiem Entschluss des Angerufenen.

Das Landgericht hat die Beschlussverfügung vom 10.03.2004, durch die dem Antragsgegner untersagt worden war, a) Verbraucher unter Übermittlung einer Anruferkennung, die bei einem Rückruf erhöhte Gebühren bei dem zurückrufenden Verbraucher verursacht, insbesondere solcher Anruferkennungen, die mit "0137" beginnen, anzurufen und/oder anrufen zu lassen, die hierzu keine ausdrückliche Einwilligung gegeben haben oder bei denen keine Einwilligung zu vermuten ist; und/oder b) im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Verbraucher anzurufen und/oder anrufen zu lassen, die hierzu keine ausdrückliche Einwilligung gegeben haben, oder bei denen keine Einwilligung zu vermuten ist; und/oder c) einen Mehrwertdienst zu bewerben, ohne den vom Verbraucher zu zahlenden Bruttoendpreis anzugeben; durch Urteil vom 30.06.2004 bestätigt. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass zwischen den Parteien ein Wettbewerbsverhältnis bestehe, was sich daraus ergäbe, dass die Antragstellerin sich mit dem Vertrieb von Telefonsystemen aller Art beschäftige und der Antragsgegner ebenfalls mit Telekommunikationsdienstleistungen und -produkten handele. Weiter hat das Erstgericht ausgeführt, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür bestehe, dass der Antragsgegner selbst die Servicenummer angemietet und die gerügten Anrufe getätigt habe. Die angerufenen Verbraucher würden, da sie in der Erwartung, dass jemand sie aus beruflichen oder privaten Gründen habe sprechen wollen, zurückriefen, in die Irre geführt; zudem wüssten sie nichts von den hohen Gesprächskosten. Es handele sich auch um belästigende Werbung; schließlich verstoße der Antragsgegner auch gegen § 1 Abs. 1 der Preisangabenverordnung. Im übrigen wird auf das landgerichtliche Urteil gemäß § 540 ZPO Bezug genommen. Mit der Berufung rügt der Antragsgegner erneut seine Passivlegitimation und verweist darauf, dass er nur Generalbevollmächtigter der panamesischen C. AG sei und auch mit der unter derselben Adresse wie er gemeldeten Firma T.B.-C. nichts zu tun habe. Die Parteien seien nicht auf dem gleichen sachlichen Markt tätig. Mehrwertdienste würden von der Antragstellerin nicht angeboten. Die C. AG sei Anbieterin von Gewinnspielen, über die sie mit der geschalteten Nummer informiere; daraus könne nicht abgeleitet werden, dass sie sich im Bereich der Telekommunikation geschäftlich betätige. Des weiteren wiederholt der Antragsgegner, dass das Hinterlassen der Anruferkennung nur eine technische Funktion und keine Werbung darstelle. Nicht er, sondern die C. AG habe die Mehrwertdienstenummer betrieben; er profitiere auch nicht von den Einnahmen aus der Nummer. Der Antragsgegner beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 10.03.2004 aufzuheben und den Antrag auf Erlass dieser einstweiligen Verfügung zurückzuweisen. Die Antragstellerin beantragt die Berufung zurückzuweisen. Die Antragstellerin verteidigt das landgerichtliche Urteil und führt weiter aus, dass sich ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien schon daraus ergebe, dass sie sich mit dem Vertrieb von Telefonsystemen aller Art beschäftige; hierzu gehöre auch potentiell das Anbieten von Mehrwertdienstenummern. II. Die Berufung des Antragsgegners ist zulässig und begründet. Die von der Antragstellerin im Wege der einstweiligen Verfügung geltend gemachten Unterlassungsansprüche sind (unabhängig von den in der Sitzung vom 16.11.2004 erörterten Bedenken gegen die Antragsformulierung) unbegründet, denn es ist nicht glaubhaft gemacht worden, dass die Parteien "Mitbewerber" im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG n.F. sind; nur als ein solcher wäre die Antragstellerin nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG n.F. anspruchsberechtigt. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. zuletzt GRUR 2004, 877, 878 - Werbeblocker) immer dann gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder gewerbliche Leistungen innerhalb des selben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und das Wettbewerbsverhalten des einen daher den anderen beeinträchtigen, d.h. im Absatz behindern oder stören kann. Im Interesse eines wirksamen wettbewerbsrechtlichen Individualschutzes sind jedoch an das Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses keine hohen Anforderungen zu stellen; es wird daher insbesondere keine Branchengleichheit vorausgesetzt und es genügt, dass die Parteien durch eine Handlung miteinander in Wettbewerb getreten sind. Die Antragstellerin hat ihr Tätigkeitsfeld so dargestellt, dass sie ein Telekommunikationsunternehmen ist, das u.a. Call by Call-Tarife anbietet. Im übrigen hat sie auf die Handelsregistereintragung Bezug genommen, in der als Unternehmensgegenstand der Handel und insbesondere der Vertrieb von Telefonsystemen aller Art sowie die Herstellung und der Vertrieb von Tonträgern und ferner die Gestaltung, Konzeptionierung und Vermittlung von Werbung aufgeführt sind. Dass sie die letztgenannten Gewerbetätigkeiten tatsächlich ausübt und was darunter konkret zu verstehen ist, legt die Antragstellerin nicht dar und kann deshalb auch nicht berücksichtigt werden. Der Inhalt des Handelsregisters zum Unternehmensgegenstand beruht auf den diesbezüglichen Angaben im mit der Anmeldung vorzulegenden Gesellschaftsvertrag; diese Angaben werden jedoch keiner Überprüfung unterzogen und belegen daher nicht den tatsächlichen Geschäftstätigkeitsbereich der Gesellschaft, der hinter dem eingetragenen Unternehmensgegenstand zurückbleiben oder darüber hinaus gehen kann. Auf Seiten des Antraggegners kann als geschäftliche Tätigkeit nicht mehr zugrunde gelegt werden als das Unterhalten eines Mehrwertdienstanschlusses zum Angebot von Gewinnspielen. Welche Geschäfte die Firma T.B.-C. GbR betreibt, ist unerheblich, weil sie nicht in Anspruch genommen wird und es daher auf ein mögliches Wettbewerbsverhältnis zu ihr nicht ankommt. Die vorstehend genannten unternehmerischen Tätigkeiten der Parteien begegnen sich auf dem Markt nicht. Die Problematik eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen den Parteien ist in der mündlichen Verhandlung vom 16.11.2004 mit den Parteivertretern eingehend erörtert worden. Von Seiten der Antragstellerin ist dabei über den schriftsätzlichen Vortrag hinaus nichts weiter zu ihrer geschäftlichen Betätigung vorgetragen worden. Sofern sie die vom Senat in Erinnerung gerufene Möglichkeit, noch schriftsätzlich Ausführungen in rechtlicher Hinsicht nachzutragen, im Schriftsatz vom 06.12.2004 genutzt hat, um in tatsächlicher Hinsicht neu vorzutragen, dass sie (die Antragstellerin) selbst Anbieterin von Entertainment-Dienstleistungen über Mehrwertdienstrufnummern sei, kann dieser Vortrag nicht berücksichtigt werden, weil er nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, deren Wiedereröffnung im einstweiligen Verfügungsverfahren grundsätzlich nicht in Betracht kommt. Es ist somit davon auszugehen, dass die Antragstellerin keine Mehrwertdienste anbietet; der Antragsgegner wird durch sein Angebot von Gewinnspielen nicht zum Anbieter von Leistungen der Telefonie. Insofern ist das von ihm eingesetzte Medium der Telefonie nicht geeignet, ein Wettbewerbsverhältnis zur Antragstellerin zu schaffen. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern das verbraucherschädigende Verhalten des Antragsgegners die Antragstellerin im Absatz ihrer Dienstleistungen behindert oder stört und ihre Abnehmerkreise schmälert. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage nach der Eilbedürftigkeit der von der Antragstellerin begehrten einstweiligen Verfügung. Nach ihrem eigenen Sachvortrag droht ihr in Bezug auf ihre gewerbliche Tätigkeit aktuell kein Schaden, so dass die Vermutung des § 12 Abs. 2 UWG widerlegt ist. Allein der Umstand, dass die Antragstellerin gegen den Antragsgegner gerichtlich vorgegangen ist, indiziert - entgegen der von ihr im Schriftsatz vom 06.12.2004 vertretenen Auffassung - keine wettbewerbliche Bedrohung. Mögliche Anspruchsgrundlagen außerhalb des Wettbewerbsrechtes, die kein Wettbewerbsverhältnis erforderten, sind nicht zu prüfen, weil sich die Antragstellerin darauf erkennbar nicht stützen will. Insbesondere wird keine nach §§ 823, 1004 BGB zu unterlassende Störung des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes, an die hier zu denken wäre, da Adressat der gerügten Anrufe der Geschäftsführer und ein Mitarbeiter der Antragstellerin gewesen sind, geltend gemacht. Allerdings würde eine derartige Störung, wenn man sie angesichts des nur kurzen Anklingelns überhaupt als solche bezeichnen könnte, auch kein generelles Verbot - wie beantragt - sondern nur ein solches gegenüber der Antragstellerin rechtfertigen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf es nicht, da das Urteil gemäß § 542 Abs. 2 ZPO nicht revisibel ist. Streitwert zweite Instanz: 25.000 EUR (entsprechend dem vom Landgericht unbeanstandet festgesetzten Streitwert).

Ende der Entscheidung

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