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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 16.11.2004
Aktenzeichen: I-20 U 112/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 307
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 18. Juni 2004 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beschlussverfügung der Kammer vom 16. April 2004 - unter Androhung der im genannten Beschluss aufgeführten Ordnungsmittel - mit folgendem Inhalt aufrecht erhalten bleibt:

Die Antragsgegnerin wird verurteilt, es im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken zu unterlassen,

Medizinprodukte für Anwendungen anzubieten, zu bewerben, zu verkaufen, anbieten zu lassen, bewerben zu lassen und/oder verkaufen zu lassen, wenn dabei eine Zweckbestimmung angegeben wird, die nicht von der Zweckbestimmung des Herstellers des betreffenden Medizinprodukts umfasst wird, insbesondere Medizinprodukte, die ausschließlich zur Wunddrainage zertifiziert sind, zur Vakuumversiegelung von Wunden anzubieten, zu bewerben oder zu verkaufen, insbesondere wenn dies dadurch geschieht, dass der MOBI.S Micro Vacuum Generator des Unternehmens E. S.r.l., I. zur Vakuumversiegelung von Wunden angeboten, beworben und/oder verkauft wird, also zur Erzeugung eines Unterdrucks zwecks Heilung einer Wunde dergestalt eingesetzt wird, dass auf die Wunde ein Schaum aufgebraucht und die Wunde nebst Schaum luftdicht mit einer Folie versiegelt und darunter ein feuchtes Milieu unterhalten wird, es sei denn, es wird zugleich ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Generator zwecks Herstellung eines solchen Systems zur Vakuumversiegelung nicht zertifiziert ist.

Im Übrigen ist die Beschlussverfügung vom 16. April 2004 gegenstandslos.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin zu 1/3 und die Antragsgegnerin zu 2/3.

Die Entscheidung in der Sache beruht auf dem Anerkenntnis der Antragsgegnerin, § 307 ZPO. Für die Kostenentscheidung ist § 91 Abs. 1 S. 1, § 269 Abs. 3 ZPO maßgeblich.

1. Die Antragstellerin hat ihren ursprünglichen Antrag in zwei Punkten eingeschränkt, § 269 Abs. 3 ZPO: a) Zum einen hat sie ihren Antrag letztlich auf Generatoren beschränkt. Zwar umfasst der - von der Antragsgegnerin anerkannte - Hauptantrag nach seinem Wortlaut allgemein "Medizinprodukte". Die Einschränkung "es sei denn, ..." befasst sich jedoch nur noch mit "Generatoren". Das bedeutet aber nicht, dass die Einschränkung nur für Generatoren Bedeutung hat, während die Verurteilung für die übrigen Medizinprodukte uneingeschränkt gelten soll. In der mündlichen Verhandlung vom 12. Oktober 2004 ist u.a. darüber diskutiert worden, ob der Antrag in seiner ursprünglichen Gestalt dem Täuschungsvorwurf der Antragstellerin (Vertrieb zu nicht zertifizierten Zwecken, ohne auf das Fehlen der Zertifizierung sowie die Notwendigkeit eines Verfahrens nach § 10 Abs. 2 MPG hinzuweisen) hinreichend Rechnung trägt oder nur für den Vertrieb als solcher nicht verkehrsfähiger Erzeugnisse passt. Den sich daraus ergebenden Bedenken sollte die Einschränkung begegnen; die Bedenken gelten aber ersichtlich nicht nur für Generatoren, sondern für Medizinprodukte, soweit sie in Systemen eingesetzt werden, generell. Ob der Antrag mit seinem Bezug allgemein auf "Medizinprodukte" nicht von vornherein zu weit ging, weil die vorliegende Fallgestaltung durch die Besonderheiten der "Wunddrainage" und der "Vakuumversiegelung von Wunden" sowie der Abgrenzung zwischen beidem geprägt war, so dass sich eine Verallgemeinerung jedenfalls in dieser Form verbot, kann danach offen bleiben. b) Zum anderen hat die Antragstellerin ihren Antrag auf einen Täuschungsvorwurf beschränkt. Ihr ursprünglicher Antrag war darauf gegründet, dass die Antragsgegnerin Generatoren zu nicht zertifizierten Zwecken vertreibe und die Generatoren für diese Zwecke nicht verkehrsfähig seien. Im Termin vom 12. Oktober 2004 ist erörtert worden, dass im Hinblick auf die Regelung des § 10 Abs. 2 MPG Gegenstand einer Untersagung nicht der Vertrieb als solcher sein könne, sondern nur der Vertrieb ohne einen Hinweis darauf, dass der beworbene Zweck von der Zertifizierung nicht umfasst sei. Dem trägt die Einschränkung Rechnung. Die Einschränkung ist nicht deswegen bedeutungslos, weil es - so aber die Antragstellerin - allein Sache der Antragsgegnerin sei, Wege zu finden, die aus einem einschränkungslos formulierten Verbot herausführen. Dieser Grundsatz gilt nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur in den Fällen, in denen das Verbot die konkrete Verletzungsform beschreibt, nicht aber bei einer abstrakten Fassung, wie sie hier - auch bei dem "Insbesondere-Antrag" vorlag (vgl. BGH NJW 2004, 2235 unter II.2.c) m.w.N. - Dauertiefpreise). 2. Im Übrigen ist aber entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht § 93 ZPO anzuwenden. a) Die Antragsgegnerin hat Anlass für einen Antrag auf Untersagung einer Täuschung des Verkehrs gegeben. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Antrag vor dem Hintergrund der Schriftsätze der Antragstellerin, in denen auch Täuschungsvorwürfe gegen die Antragsgegnerin erhoben wurden, so ausgelegt werden kann, dass er auch diesen Vorwurf mit umfasst, was die Antragsgegnerin in Abrede stellt. Sie hat jedenfalls dadurch Anlass zu einem ausdrücklich auf eine Täuschung gestützten Antrag gegeben, dass sie die Berechtigung eines derartigen Vorwurfs sowohl erstinstanzlich (vgl. Schriftsatz vom 21. Mai 2004) als auch in der Berufungsbegründung ausdrücklich bestritten hat. b) Die Antragsgegnerin kann auch nicht darauf verweisen, sie habe deshalb keinen Anlass zur Einleitung des Verfahrens gegeben, weil sie die fraglichen Generatoren nicht zu Zwecken der "Vakuumversiegelung" vertrieben habe. Dass die Antragstellerin dem Streit darüber, was unter einer "Vakuumversiegelung" zu verstehen sei, im Antrag erstmals im Termin vom 12. Oktober 2004 durch eine Definition Rechnung getragen hat, ist unerheblich, weil sie bereits in der Antragsschrift die über eine bloße Drainage hinausgehenden Punkte einer "Vakuumversiegelung" benannt hatte und der Antrag vor diesem Hintergrund auszulegen war. Die Antragsgegnerin kann des Weiteren nicht darauf verweisen, sie habe die ihr vorgeworfenen Äußerungen zu den Einsatzzwecken der Generatoren nicht abgegeben. Zum einen ist sie damit nach Abgabe eines Anerkenntnisses ausgeschlossen (vgl. Berneke, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 2. Aufl., Rdnr. 233), zum anderen dürfte die Würdigung des Landgerichts vor allem vor dem Hintergrund fehlender Darlegungen der Antragsgegnerin darüber, zu welchen Zwecken sie die Generatoren vertrieben haben will, nicht zu beanstanden sein. Ob und inwieweit die Grundsätze, die der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung NJW-RR 2004, 999 aufgestellt hat, auch für wettbewerbsrechtliche Verfahren gelten, insbesondere ob dies auch für die Glaubhaftmachung gilt, kann offen bleiben. Die Antragsgegnerin hat den Antrag nämlich nicht sofort nach Vorlage weiterer eidesstattlicher Versicherungen durch die Antragstellerin anerkannt. 3. Bei der Quotierung hat der Senat berücksichtigt, dass der Streit der Parteien sich allein auf den Vertrieb der fraglichen Generatoren konzentriert hat und die Parteien zur Relevanz sonstiger Medizinprodukte, für die der "überschießende" Antrag hätte Bedeutung erlangen können, nichts vorgetragen haben. Des Weiteren war der Tenor - vor allem vor dem Hintergrund der Antragsschrift - geeignet, den Vertrieb von Medizinprodukten zu nicht zertifizierten Zwecken generell, also auch bei hinreichender Aufklärung des Kunden über diesen Umstand sowie die Erfordernisse des § 10 Abs. 2 MPG zu unterbinden. 4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 350.000,00 Euro festgesetzt (§ 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG n.F. i.V.m. § 3 ZPO, § 47 GKG n.F., zur Anwendbarkeit der seit dem 1. Juli 2004 geltenden Vorschriften vgl. § 72 Nr. 1, letzter Hs. GKG n.F., § 61 Abs. 1 S. 2 RVG).

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