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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 23.09.2008
Aktenzeichen: I-20 U 144/07
Rechtsgebiete: HeilBerG, BO, UWG


Vorschriften:

HeilBerG § 33
BO § 12 Abs. 1
BO § 12 Abs. 2
BO § 13 Abs. 1
BO § 15
UWG § 3
UWG § 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Kleve vom 10.08.2007 abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern zu je 1/3 auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jeder Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien bieten jeweils zahnärztliche Leistungen an. Die Kläger bezeichnen sich als Fachzahnärzte für Kieferorthopädie; sie haben die entsprechende dreijährige Weiterbildung nach der Weiterbildungsordnung der Zahnärztekammer Nordrhein absolviert.

Die Beklagte hat durch einen 1000 Unterrichtseinheiten umfassenden Studiengang an der österreichischen Donau-Universität Krems den Titel "Master of Science Kieferorthopädie" erworben, den sie auf ihrer Internetseite in der aus der Anlage K 4 ersichtlichen Form angibt.

Die Kläger beanstanden die Angabe des Titels im Rahmen der "Außendarstellung" der Beklagten. Sie meinen, Zahnärzte dürften grundsätzlich nur die Gebietsbezeichnungen führen, die in § 33 Heilberufegesetz genannt sind. Die Beklagte verwende die Gebietsbezeichnung "Kieferorthopädie", ohne die entsprechende Weiterbildung nach § 1 Abs. 2 der Weiterbildungsordnung absolviert zu haben, was berufsrechtswidrig sei. Darüber hinaus werde der Verkehr irregeführt. Die angesprochenen Verkehrskreise verbänden mit dem Weiterbildungsgebiet "Kieferorthopädie" allein die Weiterbildung nach der Weiterbildungsordnung. Die parallele Verwendung der Bezeichnungen "Facharzt für Kieferorthopädie" und "Master of Science Kieferorthopädie" führe zu Verwechslungen; die deutsche Bevölkerung habe keine Vorstellung, was ein solcher Master-Titel bedeute.

Die Beklagte hält sich für berechtigt, die Bezeichnung "Master of Science Kieferorthopädie" zu führen. Dieser akademische Grad sei ihr aufgrund § 1 der Verordnung der österreichischen Bundesministerien für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den akademischen Grad "Master of Science Kieferorthopädie" verliehen worden. Nach § 5 des Abkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Österreich über Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich seien Inhaber dieses Grades berechtigt, den Grad im jeweils anderen Staat zu führen. Ferner dürften nach § 12 Abs. 2 der Berufsordnung der Zahnärztekammer Nordrhein akademische Titel und Grade in der in Deutschland zulässigen Form geführt werden.

Eine Irreführung könne ihr, der Beklagten, nicht vorgeworfen werden. Vielmehr wäre es irreführend, den Zusatz Kieferorthopädie wegzulassen, da dann angenommen würde, der Master-Grad erstrecke sich auf die gesamte Zahnheilkunde.

Das Landgericht hat der Klage (bis auf einen Teil der geltend gemachten Abmahnkosten) stattgegeben und der Beklagten untersagt, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Dritten die Bezeichnung "Master of Science Kieferorthopädie" zu verwenden; sowie die Beklagte zur Zahlung von 480,12 € vorgerichtlicher Abmahnkosten verurteilt.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Beklagte mit der angegriffenen Bezeichnung nicht allein einen akademischen Grad, sondern zugleich eine zahnärztliche Fachgebietsbezeichnung führe, was gegen die Regelungen im Heilberufegesetz Nordrhein-Westfalen verstoße. Das gegenüber der Beklagten ausgesprochene Verbot verstoße nicht gegen Art. 12 des Grundgesetzes; die Verhältnismäßigkeit des Eingriffes sei gegeben.

Mit der Berufung erstrebt die Beklagte eine Abweisung der Klage. Sie rügt, das Landgericht habe im Rahmen der Prüfung der Berufsausübungsfreiheit nicht hinreichend das sogenannte Bologna-Abkommen zur europaweiten Konsolidierung der Hochschulausbildung berücksichtigt. Es handele sich bei dem "Master of Science" um einen anerkannten akademischen Grad und nicht um eine Fachgebietsbezeichnung. Die Gebietsbezeichnung "Kieferorthopädie" sei nicht lediglich für die weitergebildeten Kieferorthopäden reserviert. Eine Verunsicherung der Patienten sei nicht zu befürchten.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 10.08.2007 verkündeten Urteils des Landgerichts die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Kläger verteidigen das zu ihren Gunsten ergangene landgerichtliche Urteil und führen vertiefend zu ihrem erstinstanzlichen Vorbringen aus, dass die Einführung berufsbegleitender Studien, die zum Erwerb eines Titels führten, nicht unmittelbar Inhalt der Bologna-Deklaration sei, weshalb die Grundsätze des Bologna-Prozesses nur bedingt angewendet werden könnten.

Es sei zu unterscheiden zwischen Master-Titeln, die auf ein in der Weiterbildungsordnung geregeltes Fachgebiet Bezug nehmen und solchen, bei denen dies nicht der Fall sei. Bei Erstgenannten bestehe deshalb eine Irreführungsgefahr, weil ein bestehender Begriff mit neuen Inhalten belegt werde. Zudem zeige auch eine im Rahmen einer Magisterarbeit (Anlage K 16) erwähnte Befragung, dass für Patienten die Unterscheidung zwischen der beruflichen Weiterbildung und der bloßen Fortbildung schwierig und irreführend sei. 21 % der Befragten hätten den Master-Titel als höherwertig angesehen als den des Fachzahnarztes; 48 % hätten den Unterschied zwischen einem Zahnarzt, Zahnarzt mit Kammerzertifikat Kieferorthopädie, einem Fachzahnarzt für Kieferorthopädie, einem Master of Science Kieferorthopädie und dem Tätigkeitsschwerpunkt Kieferorthopädie nicht und 47 % nur teilweise gekannt. 95 % der Befragten hätten die Vielfalt der Bezeichnungen für verwirrend und undurchschaubar gehalten.

Aufgrund einer Gesetzesänderung sei der Master of Science Kieferorthopädie kein nach dem DUK-Gesetz 2004 und dem Universitätsgesetz 2002 anerkannter akademischer Grad in Österreich mehr. Da die Kennzeichnung nicht mehr rechtmäßig verliehen werden könne, sei auch die Kennzeichnungsführung als solche unzulässig.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.

Die Beklagte nimmt keine unlautere Wettbewerbshandlung vor, indem sie sich als "Master of Science Kieferorthopädie" bezeichnet.

Gegenstand des Angriffs der Kläger war nach der Antragsfassung und der Formel des landgerichtlichen Urteils von Anfang an die Verwendung der streitigen Bezeichnung schlechthin. Als Verletzungsfall war aber nur die Benutzung der Bezeichnung im Rahmen der Darstellung auf der Internetseite gemäß Anlage K 4 angeführt. In der mündlichen Verhandlung vom 19. August 2008 haben die Kläger als weitere konkrete Verletzungsform den Internetauftritt zu dem Domain-Namen www.... angeführt; des weiteren sind als Benutzungsformen das Praxisschild und der Briefkopf angesprochen worden. Die Beklagte hat durch ihren Prozessbevollmächtigten erklärt, dass sie sich für berechtigt halte, die Bezeichnung "Master of Science Kieferorthopädie" allgemein zu verwenden und dies auch zu tun beabsichtige.

Es besteht daher (neben der Wiederholungsgefahr in Bezug auf die konkreten Verletzungsformen) eine Begehungsgefahr hinsichtlich der erörterten Verwendung der Bezeichnung auf dem Praxisschild und dem Briefkopf, die als weitestgehende Form der "Außendarstellung" erscheinen; darüber in der Wirkung auf die angesprochenen Verkehrskreise noch hinausgehende Benutzungsformen sind von den Klägern jedenfalls nicht genannt und in den Rechtsstreit eingeführt worden.

Bei der somit auch auf letztgenannte Formen der Verwendung der Bezeichnung zu erstreckenden Prüfung ist zunächst festzustellen, dass der Beklagten der akademische Grad "Master of Science Kieferorthopädie" von der Donau-Universität Krems nach Absolvierung des Universitätslehrgangs Kieferorthopädie tatsächlich verliehen worden ist. Rechtsgrundlage ist die 403. Verordnung der österreichischen Bundesministerien für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den akademischen Grad "Master of Science (Kieferorthopädie)", Universitätslehrgang "Kieferorthopädie (MSc)" der Donau-Universität Krems, die am 1. November 2004 in Kraft getreten ist und bisher (soweit ersichtlich) nicht außer Kraft gesetzt worden ist. Die Ansicht der Kläger, dass eine Verordnung automatisch entfalle, wenn die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage später wegfällt, trifft - wie das Schreiben der Leiterin Studien- und Organisationsrecht der Donau-Universität Krems vom 29.08.20080, das die Beklagte mit nachgelassenem Schriftsatz vom 02.09.2008 zur Akte gereicht hat, zeigt - auch für das österreichische Recht ersichtlich nicht zu. In dem Schreiben heißt es, dass es keine Bestimmung im neuen DUK-Gesetz 2004 gebe, die besage, dass die bisherigen Verordnungen außer Kraft treten würden. Auch für nach deutschem Recht erlassene Verordnungen reicht es grundsätzlich aus, wenn zum Zeitpunkt des Inkrafttretens eine wirksame Ermächtigung vorliegt. Der spätere Wegfall der Verordnungsermächtigung lässt die Wirksamkeit der Rechtsverordnung grundsätzlich unberührt (Pieroth in Jarass/Pieroth, GG, Komm. 9. Auflage, Art. 80 Rdnr. 15; Brun-Otto, Bryde in v.Münch/Kunig, GG, Komm. 5. Auflage, Art. 80 Rdnr. 5 a).

Dessen ungeachtet ist die 403. Verordnung der österreichischen Bundesministerien für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den akademischen Grad "Master of Science (Kieferorthopädie)" zum Zeitpunkt der Verleihung des akademischen Grades an die Beklagte jedenfalls in Kraft gewesen, so dass er der Beklagten rechtmäßig verliehen worden ist. Die Auffassung der Kläger, dass die Beklagte den Titel nicht führen dürfe, weil die Verleihung inzwischen nicht mehr zulässig sei, ist nicht haltbar. Als Inhaberin des akademischen Grades ist die Beklagte grundsätzlich berechtigt, ihn zu führen, und zwar auch im hiesigen Inland, wie es in Art. 5 I des Abkommens zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich bestimmt ist.

Dem stehen keine berufsrechtlichen Regelungen zur Führung geschützter Berufsbezeichnungen, die nach Art. 5 IV des Abkommens unberührt bleiben, entgegen.

Nach § 12 Abs. 1 Berufsordnung der Zahnärzte der Zahnärztekammer Nordrhein haben die Zahnärzte die Berufsbezeichnung "Zahnarzt" oder "Zahnärztin" zu führen. Akademische Titel und Grade dürfen nach § 12 Abs. 2 Berufsordnung nur in der in Deutschland zulässigen Form geführt werden. Besondere Qualifikationen können gemäß § 13 Abs. 1 der Berufsordnung als Tätigkeitsschwerpunkte ausgewiesen werden. Als Gebietsbezeichnungen, die gemäß § 33 Heilberufegesetz nach einer zu erteilenden Anerkennung geführt werden dürfen, bestimmt die Weiterbildungsordnung der Zahnärztekammer Nordrhein für das Gebiet der Kieferorthopädie "Kieferorthopädie", die der Berufsbezeichnung "Zahnarzt" angefügt wird, oder "Kieferorthopäde".

Generell gilt nach § 15 Berufsordnung, dass berufwidrige Werbung, insbesondere wenn sie irreführende Angaben enthält, verboten ist.

Das Spannungsverhältnis, in dem der akademische Grad "Master of Science Kieferorthopädie" zu den berufsrechtlichen Regelungen für Zahnärzte steht, ergibt sich daraus, dass der Titel einen Zusatz hat, der zugleich Bestandteil einer in der Weiterbildungsordnung vorgesehenen Gebietsbezeichnung ist. Die Beklagte benutzt damit zwar nicht (unbefugt) die Gebietsbezeichnung, weil sie sich weder Zahnärztin für Kieferorthopädie noch Kieferorthopädin nennt. Die Bezeichnung könnte jedoch von den angesprochenen Verkehrskreisen irrtümlich für eine solche gehalten werden, weil sich der akademische Grad durch seinen Zusatz der Fachzahnarztbezeichnung nach der Weiterbildungsordnung annähert. Allerdings ist ein derartiger Irrtum des Verkehrs bei der Benutzung auf der in Anlage K 4 abgedruckten Internet-Seite ausgeschlossen. Dort führt die Beklagte hinter ihrem Namen nur die Bezeichnung MSc an, was die Kläger ersichtlich nicht beanstanden wollen, da es ihnen gerade um den Zusatz "Kieferorthopädie" geht. Soweit der "Master of Science Kieferorthopädie" im Lebenslauf der Beklagten bei der Aufzählung ihrer Studiengänge und Abschlüsse Erwähnung findet, hat dies den Werdegang rein beschreibenden Charakter und schließt falsche Vorstellungen dadurch aus, dass sich aus dem Zusammenhang eindeutig ergibt, dass der Titel Master of Science Kieferorthopädie durch ein Studium an der staatlichen Donau-Universität Krems und nicht durch eine Weiterbildungsmaßnahme nach der Weiterbildungsordnung der Zahnärztekammer erworben worden ist. Die Verschiedenheit wird dem Verkehr vor allem dadurch deutlich, dass das Studium und der Abschluss nicht im Inland erfolgt sind.

Anders gelagert ist die Präsentation auf der Internet-Seite www.... (gemäß Anlage zum Sitzungsprotokoll vom 19.08.2008, Bl. 168). Hier wird die Beklagte innerhalb der Auflistung der in der Praxisgemeinschaft behandelnden Zahnärzte mit dem Zusatz Master of Science KFO bzw. MSc, Kieferorthopädie genannt, wobei Kieferorthopädie in kleinerer und dünnerer Schrift als der Name abgedruckt ist. Bei dieser Gestaltung, die auch für ein Praxisschild denkbar ist, wird es in der Tat so - wie auch in der Magisterarbeit Anlage K 16 festgestellt - sein, dass der angesprochene Verkehr die Bezeichnung im Rahmen der ihm ansonsten noch geläufigen Bezeichnungen des Zahnarztes für Kieferorthopädie, des Kieferorthopäden und des Zahnarztes mit Tätigkeitsschwerpunkt Kieferorthopädie nicht oder nur schwierig einordnen kann, weil aus den Begriffen selbst nicht hervorgeht, welche Aus-, Fort- oder Weiterbildungen dahinterstehen und in welchem Rangverhältnis die Bezeichnungen zueinander zu sehen sind. Dem Verkehr sind die Einzelheiten der Berufsordnung der Zahnärzte und der Weiterbildungsordnung nicht bekannt, so dass er in der Regel nicht weiß, was einen Zahnarzt für Kieferorthopädie und einen Zahnarzt mit Tätigkeitsschwerpunkt Kieferorthopädie von einem Master of Science Kieferorthopädie unterscheidet; er ist auf Vermutungen über die Wertigkeit der Spezialisierung verwiesen.

In einem Fall der vorliegenden Art, in dem die Täuschung des Verkehrs lediglich auf einem unrichtigen Verständnis einer an sich zutreffenden Angabe beruht, ist aber für die Anwendung des § 3 UWG grundsätzlich eine höhere Irreführungsquote erforderlich als im Fall einer Täuschung mit objektiv unrichtigen Angaben. Außerdem ist es in diesem Fall geboten, eine Interessenabwägung vorzunehmen (BGH, GRUR 2000, 72 ff. - Tierheilpraktiker). Vorliegend ergibt jedenfalls die Interessenabwägung, dass ein Wettbewerbsverstoß nach §§ 3, 5 UWG zu verneinen ist. Dabei sind als maßgebende Faktoren die von der Werbung mit objektiv richtigen Angaben ausgehenden Auswirkungen, die Bedeutung der Irreführung sowie das Gewicht etwaiger Interessen der Verbraucher und der Allgemeinheit oder des Werbenden selbst zu berücksichtigen (BGH a.a.O.).

Die Auswirkungen, die von der Bezeichnung der Beklagten als Master of Science Kieferorthopädie ausgehen und die die Kläger mit dem von ihnen erstrebten Verbot verhindern wollen, bestehen darin, dass Patienten umgelenkt werden, weil sie aufgrund des Missverständnisses dem Titel der Beklagten eine gleiche oder höhere Qualifikation beimessen als der Facharztbezeichnung der Kläger. Dies ist jedoch hinzunehmen, weil das Interesse der Kläger an der Untersagung nicht höher wiegt als das verfassungsrechtlich (vgl. BVerfGE 106, 181) durch Art. 12 geschützte Recht der Beklagten, ihren rechtmäßig erlangten Titel im Berufsleben zu benutzen.

Gefahren für die Zahngesundheit gehen von der Verwendung des akademischen Grades durch die Beklagte ersichtlich nicht aus. Der Beklagten fehlt nicht etwa eine fachliche Qualifikation auf dem Gebiet der Kieferorthopädie; vielmehr hat sie eine solche durch den Studiengang an der Donau-Universität Krems erworben, auch wenn sie sich von der Weiterbildung der Kläger unterscheidet. Die Kläger haben nicht substantiiert dargelegt, dass die Weiterbildung der Beklagten keine nennenswerten Kenntnisse vermittelt hätte. Zu beachten ist zudem, dass hier orthopädische Behandlungen jedem Zahnarzt offen stehen.

Schließlich gebieten auch nicht die Interessen der Verbraucher, der Beklagten die Benutzung ihres Titels zu untersagen.

Der durchschnittlich informierte und verständige, situationsadäquat aufmerksame Verbraucher, dessen Leitbild die Rechtsprechung (vgl. die Nachweise bei Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Auflage, § 1 Rdnr. 24 ff.) der Anwendung des UWG zugrundelegt, ist es gewohnt, im Bereich des Gesundheitswesens auf eine Vielzahl von Spezialisierungen zu treffen, die durch unterschiedliche Bezeichnungen ausgedrückt werden. Dadurch ist sowohl im Bereich der Allgemeinmedizin als auch im Bereich der Zahnmedizin eine gewisse Unübersichtlichkeit entstanden, und der Verbraucher muss zusätzliche Informationen einholen, wenn er überhaupt wert darauf legt zu wissen, was die mit den Bezeichnungen ausgedrückten Spezialisierungen im Einzelnen bedeuten. Dass er sich die Information verschafft, um keinen Irrtümern zu unterliegen, muss von ihm erwartet werden. Immerhin handelt es sich um eine gewichtige Dienstleistung, die er bei Beauftragung eines Kieferorthopäden in Anspruch nehmen will. Ein solcher Vertragsschluss, der meistens mit erheblichen Kosten, die in manchen Fällen gar nicht oder nur teilweise von der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung getragen werden, verbunden ist, erfolgt nicht spontan, sondern nach reiflicher Überlegung. Dass der Verbraucher sich bei diesen Überlegungen mit den Informationen zu den einzelnen Bezeichnungen zurechtfindet, muss vorausgesetzt werden. Restliche Fehlvorstellungen der angesprochenen Verkehrskreise in Bezug auf den von der Beklagten geführten akademischen Grad sind wegen vorrangiger anderer Interessen hinzunehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 100 ZPO. Es ist - so wie die Kläger sich darstellen - davon auszugehen, dass sie Einzel-Kläger sind. Sie machen nicht etwa einen einer BGB-Gesellschaft als Mitbewerber zustehenden Unterlassungsanspruch geltend.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 i.V.m. § 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision zugelassen, weil die Rechtssache gerade im Hinblick auf die umfassenden Benutzungsformen grundsätzliche Bedeutung hat.

Streitwert: je Kläger: 7.000 €

Ende der Entscheidung

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