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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 06.10.2009
Aktenzeichen: I-21 U 130/08
Rechtsgebiete: ZPO, VOB/B, VOB/A, InsO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
VOB/B § 2
VOB/B § 4 Nr. 7
VOB/B § 8
VOB/B § 8 Nr. 1
VOB/B § 17 Nr. 7
VOB/A § 14 Nr. 2
InsO § 270
BGB § 273
BGB § 307
BGB § 307 Abs. 1
BGB § 389
BGB § 648 a
BGB § 648 a Abs. 1
BGB § 649
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 04.09.2008 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn dieser nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter der M..... GmbH & Co. KG eine Vergütung für die von der Insolvenzschuldnerin bis zu Kündigung des Werkvertrags mit der Fa. T..... Baugesellschaft W..... GmbH geleisteten Erdarbeiten. Die jetzigen Beklagten sind die Rechtsnachfolger der T..... Baugesellschaft W..... GmbH (im Folgenden: T..... GmbH). Diese hatte den Auftrag zur Errichtung eines Supermarktes in R..... erhalten. Mit Schreiben vom 25.04.2005 kündigte sie den Vertrag mit dem Kläger. Die Parteien streiten nun über die Höhe der zu leistenden Vergütung und über Gegenansprüche der Beklagten. Zur Prozessgeschichte und zum Vorbringen der Parteien im ersten Rechtszug wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Durch das am 04.09.2008 verkündete Urteil hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 413.000 € nebst Zinsen zu zahlen. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, der Kläger habe gemäß § 2 VOB/B einen Anspruch auf die zugesprochene Vergütung für die ausgeführten Leistungen. Auftragnehmer sei der Kläger, für ein Eigengeschäft der Gemeinschuldnerin i.S.v. § 270 InsO sei nichts vorgetragen. Nach Ablauf der zweimonatigen Prüfungsfrist hätten Einwände der Beklagten gegen die Prüffähigkeit der Schlussrechnung vom 18.09.2008 keinen Erfolg. Die unter dem 03.11.2006 formulierten Einwände beträfen nicht die Prüffähigkeit und seien in der Sache auch nicht berechtigt. Nachdem die T..... GmbH der Aufforderung zu einem gemeinsamen Aufmaß nicht nachgekommen sei, seien die Beklagten verpflichtet, das Aufmaß konkret zu bestreiten und ggf. ihre Darlegung zu beweisen. Denn sie hätten die Teilgewerke von Dritten fertig stellen lassen, so dass sich nun der Umfang der klägerischen Arbeiten nur noch schwer feststellen lasse. Die Abrechnung der Teilleistung des Klägers sei nicht zu beanstanden. Ein Pauschalierungsfaktor sei nicht anzusetzen, weil bei den Preisverhandlungen der kalkulierte Einheitspreis nur um 321,61 € auf insgesamt 1.280.000 € abgerundet worden sei. Überdies habe der Kläger dem Rechnung getragen, weil er statt 413.554,94 € nur 413.000 € verlange.

Schadensersatzansprüche der Beklagten, mit denen sie gegen die Klageforderung aufrechnen könnten, bestünden nicht. Ein wichtiger Grund für die Kündigung vom 25.04.2005 liege nicht vor. Soweit der Kläger eine Sicherheitsleistung gemäß § 648 a BGB unter Androhung der Arbeitseinstellung gefordert habe, sei hierin keine Pflichtverletzung zu sehen. Mit dem berechtigten Argument, wonach die Sicherheit nach § 648 a BGB nur für beauftragte Nachträge zu leisten sei, könne nicht die Sicherheitsleistung insgesamt abgewehrt werden. Die T..... GmbH hätte jedenfalls in Höhe der Auftragssumme Sicherheit leisten können. Weitere Gründe, die nach der Ansicht der Beklagten das Vertrauensverhältnis erschüttert hätten, könnten hier nicht nachgeschoben werden. Zwar sei dies grundsätzlich zulässig, in diesem Fall aber unbillig. Denn die T..... GmbH habe in ihrem Schreiben vom 29.04.2005 jede weitere Begründung ihrer Kündigung abgelehnt, obwohl der Kläger unter dem 28.04.2005 dargelegt habe, weshalb er keine Gründe für eine außerordentliche Kündigung sehe. Der Billigkeit hätte es entsprochen, wenn die T..... GmbH alle für sie entscheidenden Gründe für den behaupteten Vertrauensverlust formuliert und dem Kläger eine Frist mit Kündigungsandrohung gesetzt hätte. Die Beklagten hätten nicht dargelegt, dass dem Kläger eine Abhilfe nicht möglich gewesen sei.

Mit ihrer Berufung machen die Beklagten geltend, wegen des Vertrauensverlustes zur außerordentlichen Kündigung berechtigt gewesen zu sein. Dieser Vertrauensverlust beruhe auf einer Vielzahl von Einzelumständen, die zusammen betrachtet, eine weitere Zusammenarbeit nicht zumutbar erscheinen ließen. Der Kläger habe gleich, als er erstmals am 15.04.2005 für die Gemeinschuldnerin aufgetreten sei, die Forderung nach einer Sicherheit gemäß § 648 a BGB in unberechtigter Höhe erhoben. Überdies habe die Klägerseite nur einen Monat nach Vertragsschluss nicht berechtigte Nachträge in Höhe von 232.000 € gefordert. Der T..... GmbH habe sich der Verdacht aufdrängen müssen, dass ein unterkalkulierter Auftrag auskömmlich gemacht werden solle und hierfür eine überhöhte Sicherheit verlangt werde, deren Gegenwert durch vollständige und mängelfreie Bauleistung wegen des Insolvenzverfahrens in den Sternen stehe. Ferner sei der Kläger der Aufforderung der T..... GmbH in dem Schreiben vom 21.04.2005, noch fehlende Unterlagen beizubringen, nicht nachgekommen. Die Versicherungsbestätigung der A..... vom 15.10.2004 habe für ein Bauvorhaben im Jahr 2005 keine Aussagekraft. Die Bescheinigung des Finanzamts L..... habe Steuerrückstände des Insolvenzschuldnerin von 6 Mio. € ausgewiesen, die vollstreckt würden. Die vertraglich ausbedungene Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 256.000 € sei nicht vorgelegt worden. In der Besprechung am 25.04.2005 habe der mit den Entscheidungsbefugnissen ausgestattete Kläger nicht teilgenommen. Dort habe sich herausgestellt, dass die Insolvenzschuldnerin an einer Problemlösung nicht interessiert gewesen sei.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei der Kündigende an geäußerte Kündigungsgründe nicht gebunden und die Kündigung müsse diese auch nicht benennen. Ein Nachschieben von Gründen sei zulässig. Eine Fristsetzung mit Kündigungsandrohung sei entbehrlich, weil dem Kläger innerhalb der von ihm selbst gesetzten Frist bis zum 26.04.2005, 12.00 Uhr, kaum Zeit geblieben wäre, für Abhilfe zu sorgen. Auch habe dem Verlangen des Klägers nach einer Sicherheit gemäß § 648a BGB ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB entgegengestanden. Die T..... GmbH habe die verlangte Bürgschaft nach § 648a BGB von der vertraglich vereinbarten Vertragserfüllungsbürgschaft abhängig gemacht.

Die Beklagten beantragen,

die Sache unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Duisburg und des Verfahrens an das Landgericht Duisburg zurückzuverweisen,

hilfsweise

das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 04.09.2008 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor, der T..... GmbH sei von Anfang an bekannt gewesen, dass auf Auftragnehmerseite ein Insolvenzverwalter tätig sei. Die Nachtragsforderungen seien uneingeschränkt berechtigt gewesen. Ungeachtet dessen sei eine Zuvielforderung von 15,3 % unbeachtlich. Bei der Ausschreibung seien von der T..... GmbH erhebliche Fehler gemacht worden, die Nachträge erforderlich machten. Die Versicherungsbestätigung vom 15.10.2004, die nur zwei Wochen nach seiner Bestellung zum Insolvenzverwalter ausgestellt worden sei, zeige, dass die Versicherungsprämie für das Versicherungsjahr auch gezahlt worden sei. Von dem Finanzamt dokumentierte Steuerrückstände seien bei einem insolventen Unternehmen nicht ungewöhnlich. Die Bestätigung des Finanzamtes mache aber auch deutlich, dass er, der Kläger, seinen Steuerpflichten nachgekommen sei. Die von der Beklagtenseite geforderte Vertragserfüllungsbürgschaft von 20 % der Vertragssumme bedeute eine Übersicherung, die einseitig und unangemessen sei. Diese Regelung sei unwirksam. Jedenfalls sei die Pflicht zur Übergabe einer solchen Bürgschaft am 26.04.2005 noch nicht fällig gewesen. Überdies habe er zu diesem Zeitpunkt bereits Leistungen in Höhe von 413.000 € erbracht, was einem Drittel der Auftragssumme entspreche. Die Beklagtenseite hätte ihm die Möglichkeit geben müssen, innerhalb einer gesetzten Frist, die fehlenden Unterlagen vorzulegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze und die in Kopie zur Akte gereichten Urkunden verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Die Beklagten wenden sich mit ihrer Berufung ausschließlich gegen die Bewertung der von der T..... GmbH ausgesprochenen Kündigung als freie Kündigung gemäß §§ 8 Nr. 1 VOB/B, 649 BGB. Grund und Höhe der dem Kläger zugesprochenen Vergütung für die erbrachten Leistungen werden nicht angegriffen.

1.

Dieser Vergütungsanspruch ist - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht gemäß § 389 BGB durch ihre Aufrechnung mit Ansprüchen auf Ersatz der Mehrkosten für die Vollendung der Leistung durch Dritte sowie der an den Auftraggeber gezahlten Vertragsstrafe erloschen. Denn eine Kündigung des Vertragsverhältnisses mit dem Kläger aus wichtigem Grund war nicht berechtigt. In § 8 VOB/B geregelte Kündigungsgründe liegen unstreitig nicht vor. Die Beklagten stützen die Kündigung selbst auf einen Vertrauensverlust. Dieser Umstand rechtfertigt nur dann eine Kündigung eines Bauvertrags aus wichtigem Grund, wenn das gerade für den Bauvertrag als eines auf Kooperation der Bauvertragsparteien angelegten Langzeitvertrags vorauszusetzende Vertrauensverhältnis durch das Verhalten eines Vertragspartners so empfindlich gestört ist, dass der Vertragszweck konkret gefährdet und dem betroffenen Teil die Fortsetzung des Vertrags nicht mehr zuzumuten ist (vgl. Ingenstau/Korbion-Vygen, VOB, 16. Auflage, vor §§ 8 und 9 VOB/B Rdn. 21). Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass diese Voraussetzungen hier nicht vorliegen.

a.

Die Anforderung einer Sicherheit nach § 648a BGB durch den Kläger mit Schreiben vom 15.04.2005 ist kein Kündigungsgrund.

aa.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Kläger als Insolvenzverwalter und Vertragspartner nicht erst durch dieses Schreiben vom 15.04.2008 in Erscheinung getreten. Die Angebotsschreiben der A. M..... GmbH & Co. KG, der Insolvenzschuldnerin, vom 07.02.2005 und vom 23.02.2005 weisen ausdrücklich darauf hin, dass sich die Gesellschaft in Insolvenz befindet und der Kläger ihr Insolvenzverwalter ist. Auch bei der Bankverbindung wurde der Kläger als Kontoinhaber bezeichnet. Unter dem 08.03.2005 verdeutlichte die Insolvenzschuldnerin in ihrem an die T..... GmbH gerichteten Fax-Schreiben die Vertretungsverhältnisse, in dem sie ausdrücklich darauf hinwies, dass "Herr L..... ... nicht Geschäftsführer sondern Handlungsbevollmächtigter unseres Insolvenzverwalters .." sei. Damit musste der T..... GmbH klar sein, dass der Kläger als Insolvenzverwalter der Vertragspartner ist. Dies wird bekräftigt durch den Hinweis auf der Folgeseite, wonach "bei einer späteren Beauftragung die Sonderkonditionsvereinbarung mit unserem Insolvenzverwalter" entfalle. In Kenntnis dieser Umstände erteilte die T..... GmbH, dokumentiert auf diesem Schreiben, handschriftlich den Auftrag.

bb.

Der Kläger war berechtigt, innerhalb einer bestimmten Frist eine Sicherheit nach § 648 a BGB zu fordern mit der Androhung, nach erfolglosem Fristablauf die Leistung zu verweigern. Als Werkunternehmer, der an der Errichtung eines Bauwerks beteiligt war, kann er von der T..... GmbH, dem Besteller, für die von ihm zu erbringenden Vorleistungen eine Sicherheit verlangen. Dies gilt auch für bereits erbrachte Leistungen, die noch nicht bezahlt sind (vgl. BGH NJW 2001, 822, 824; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Auflage, 10. Teil Rdn. 62).

Es kann dahin stehen, ob die geforderte Bürgschaftssumme von 1.512.080,18 € zutreffend ist, denn auch ein überhöhtes Sicherungsverlangen hindert den Unternehmer nicht, seine Rechte aus § 648a geltend zu machen (vgl. BGH a.a.O. S. 825). Es bedarf keiner Feststellungen, ob die Nachtragsforderungen des Klägers berechtigt waren und schon aus diesem Grund kein überhöhtes Verlangen vorlag. Selbst wenn nur von dem vereinbarten Vergütungsbetrag von 1.280.000 € auszugehen wäre, ist das erhobene Sicherungsverlangen in Höhe von 1.512.080,18 € nicht in einem solchen Umfang übersetzt, dass es die T..... GmbH davon entbunden hätte, eine angemessene Sicherheit anzubieten (vgl. BGB a.a.O. für ein um 24,1 % überhöhtes Sicherungsverlangen). Es ist ein anerkannter Grundsatz in der Rechtsprechung, dass ein Schuldner auch dann in Verzug geraten kann, wenn der Gläubiger eine zu hohe Zahlung anmahnt. In solchen Fällen ist zu prüfen, ob der Schuldner die Erklärung als Aufforderung zur Bewirkung der tatsächlich geschuldeten Leistung verstehen muss und der Gläubiger auch zur Annahme der geringeren Leistung bereit ist (BGH a.a.O.). Der zur Kooperation verpflichtete Besteller kann den Rechtsfolgen des § 648 a Abs. 1 BGB nicht ohne weiteres dadurch entgehen, dass er auf eine Zuvielforderung überhaupt nicht reagiert. Ist der Unternehmer bereit, die geringere Sicherheit zu akzeptieren, die er nach § 648 a BGB fordern darf, so muss der Besteller diese Sicherheit anbieten (BGH a.a.O.). Die Beklagten haben nicht vorgetragen, dass der Kläger nicht bereit gewesen wäre, nur eine Bürgschaft in Höhe der Vertragssumme entgegen zu nehmen. Daher hätte die T..... GmbH eine entsprechende Sicherheit anbieten und sie auch leisten müssen. Dass das Sicherungsverlangen u.U. eine um rund 15 % überhöhte Sicherheit beinhaltet, ist nicht als unverhältnismäßig zu bewerten. Angesichts der feststehenden Vertragssumme wäre es der T..... GmbH ohne weiteres möglich gewesen, eine aus ihrer Sicht angemessene Höhe zu ermitteln.

cc.

Da der Kläger die formalen Voraussetzungen des § 648 a BGB erfüllt hat, hätte er berechtigterweise bei erfolglosem Fristablauf die Leistung verweigern dürfen. Deshalb durften die Vertreter des Klägers bei dem Gespräch vom 25.04.2005 mit der T..... GmbH die Einstellung der Arbeiten ankündigen, nachdem die T..... GmbH die Stellung einer Sicherheit nach § 648 a BGB abgelehnt hatte. Ungeachtet dessen hat aber der Vertreter des Klägers, Herr L....., die spontane Äußerung seines Kollegen R..... ohnehin relativiert.

Die T..... GmbH war ihrerseits nicht berechtigt, die Stellung einer Sicherheit nach § 648a BGB von einer Vertragserfüllungsbürgschaft des Klägers abhängig zu machen. Insoweit bestand kein Zurückbehaltungsrecht. Das Sicherungsverlangen des Auftragnehmers im Hinblick auf seinen Vergütungsanspruch können Gegenrechte nur wirksam beeinträchtigen, wenn die Voraussetzungen der Aufrechnung (§ 387 BGB) bzw. der Verrechnung voll und uneingeschränkt durchsetzbar vorliegen und der Auftraggeber davon bereits Gebrauch gemacht, also aufgerechnet oder verrechnet hat (vgl. Vygen-Joussen, Bauvertragsrecht nach VOB und BGB, 4. Auflage, Rdn. 3191). Das Verlangen nach einer Vertragserfüllungsbürgschaft ist nicht der Aufrechnung zugänglich, denn es fehlt an einer mit dem Vergütungsanspruch gleichartigen - auf eine Zahlung gerichteten - Gegenforderung. Ungeachtet dessen kommt eine entsprechende Herabsetzung der Sicherheitsleistung nur in Betracht, wenn das Bestehen der Gegenforderung und ihre Höhe rechtskräftig festgestellt sind (vgl. OLG Düsseldorf BauR 1999, 47, 48; Vygen/Joussen a.a.O. Rdn. 3192; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Auflage, Rdn. 330). Hier war aber die zu stellende Vertragserfüllungsbürgschaft zwischen den Parteien streitig.

b.

Dass der Kläger die unter Ziff. 11 des Verhandlungsprotokolls vom 08.02.2005 vereinbarte Vertragserfüllungsbürgschaft von 20 % der Bruttoauftragssumme bis zum 25.04.2005 nicht gestellt hat, begründet ebenfalls nicht die fristlose Kündigung.

aa.

Zunächst verstößt eine Vertragserfüllungsbürgschaft in der geforderten Höhe gegen § 307 Abs. 1 BGB (vgl. OLG Brandenburg BauR 2001, 1450f, Ingenstau/Korbion-Joussen a.a.O. § 17 VOB/B Rdn. 33). Diese Regelung in Ziff. 11 a ist als AGB zu bewerten. Denn sie ist Teil des von der T..... GmbH gestellten vorformulierten Verhandlungsprotokolls. Zwar ist die Prozentzahl handschriftlich eingefügt worden. Da der Kläger bestreitet, dass dieser Anteil individuell ausgehandelt worden ist, hätten die Beklagten konkret darlegen müssen, dass der Kläger die reale Möglichkeit gehabt hat, den Inhalt dieser vertraglichen Regelung zu beeinflussen. Dies ist nicht geschehen. Einen Anhaltspunkt dafür, in welchem Umfang eine Sicherheit als angemessen angesehen wird, liefert § 14 Nr. 2 VOB/A, der als Vertragserfüllungsbürgschaft eine Höchstgrenze von 5 % der Auftragssumme nennt. Zwar soll dieser Prozentsatz nicht eine absolute Grenze nach oben sein, wenn die Sicherheitsleistung vereinbarungsgemäß der Sicherung sowohl der Rückzahlungsansprüche des Auftraggebers wegen Überzahlung als auch der Sicherung etwaiger Gewährleistungsansprüche dient (vgl. OLG Brandenburg a.a.O.) Ob eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die übliche Höhe übersteigende Sicherheitsleistung noch als angemessen i.S.d. § 307 BGB anzusehen ist, bestimmt sich danach, ob dem Auftragnehmer ein entsprechender Ausgleich hierzu zugestanden wird und ob ein ausgewogenes Verhältnis der beiderseitigen Bonitätsrisiken besteht. Nach den Geschäftsbedingungen der T..... GmbH sollte eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 20 % der Bruttoauftragssumme von den Auftragnehmern gestellt werden, zudem wurde eine Gewährleistungsbürgschaft über 10 % der Bruttoabrechnungssumme gefordert. Demgegenüber sehen die Auftragsbedingungen für den Kläger keinen Ausgleich vor. Darin, dass die in den Auftragsbedingungen der T..... GmbH geregelte Höhe der Sicherheitsleistung das Vierfache dessen beträgt, was branchenüblich ist, und die Bedingungen zugleich eine weitere Sicherheit zugunsten der T..... GmbH mit der Gewährleistungsbürgschaft von 10 % vorsehen, ohne dass ein Ausgleich für den Kläger gegeben ist, liegt eine einseitige Benachteiligung des Klägers. Die Höhe der Sicherheitsleistung ist auch nicht durch eine angespannte wirtschaftliche Situation des Klägers als Insolvenzverwalter gerechtfertigt. Das Interesse und Verlangen, einen finanzstarken Vertragspartner zu haben, gilt in dieser Situation für beide Vertragspartner gleichermaßen und nicht nur einseitig für die T..... GmbH als Auftraggeber. Der Umstand, dass die T..... GmbH sich infolge des Gesamtauftragsvolumens einem nicht unerheblichen Risiko ausgesetzt hatte, bedeutet auf der anderen Seite für den Kläger ein erhöhtes Risiko hinsichtlich der Finanzkraft der T..... GmbH, von der er die Vergütung zu erwarten hatten. Deshalb wäre das Verhältnis der Vertragspartner nur dann ausgewogen, wenn der Vertrag einen Ausgleich für die hohe Sicherheitsleistung auch zu Gunsten des Klägers vorsehen würde. Das ist aber nicht der Fall. Im Gegenteil ist die T..... GmbH ihrerseits der Forderung des Klägers nach einer Sicherheit gemäß § 648 a BGB nicht nachgekommen. Zudem enthält Ziffer 11 b des Verhandlungsprotokolls eine Regelung, die dem Sicherungsbedürfnis der Beklagten mit der Gewährleistungsbürgschaft über 10 % der Bruttoauftragssumme schon in erheblichem Umfang Rechnung trägt.

bb.

Im Übrigen kommt eine Vertragsbeendigung als Sanktion bei nicht fristgerechter Stellung einer Sicherheit bei einem VOB-Vertrag nicht in Betracht. Die gesetzlichen Regelungen zum allgemeinen Rücktritts- und Schadensersatzrecht werden durch die Vorschriften der VOB in § 17 Nr. 7 VOB/B (Einbehalt statt Sicherheitsleistung) und zum anderen in § 8 VOB/B bzw. in § 4 Nr. 7 VOB/B verdrängt. Für eine ergänzende Anwendung des allgemeinen Rücktrittsrechts wegen der Verletzung der Pflicht zur Stellung einer Sicherheit oder für eine etwaige Schadensersatzpflicht statt der Leistung ist demgegenüber kein Raum (vgl. OLG München BauR 1999, 1057 ff; Vygen/Joussen a.a.O. Rnd. 3089). Überdies hätten auch diese allgemeinen Regelungen eine angemessene Nachfristsetzung erfordert, um die Möglichkeit der Abhilfe zu eröffnen. Eine solche Abhilfemöglichkeit ist dem Kläger nicht eingeräumt worden.

c.

Der Vorwurf der Beklagten, der Kläger habe unberechtigte Nachträge gefordert, rechtfertigt ebenfalls nicht die fristlose Kündigung. Zum einen haben die Beklagten angesichts des Bestreitens des Klägers nicht dargelegt, wann welche konkreten Nachträge gefordert worden sind und weshalb diese unberechtigt gewesen sein sollen. Zum anderen widerspricht es dem Kooperationsgebot, wenn bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung von Nachträgen sofort die fristlose Kündigung ausgesprochen wird. Entstehen während der Vertragsdurchführung Meinungsverschiedenheiten über die Notwendigkeit oder die Art und Weise einer Anpassung, ist jede Partei grundsätzlich gehalten, im Wege der Verhandlung eine Klärung und eine einvernehmliche Lösung zu versuchen (vgl. BGH BauR 2000, 409 f). Dass die T..... GmbH sich vor der Kündigung um eine solche Beilegung der entstandenen Konflikte bemüht hat, ist nicht erkennbar. Das interne Gesprächsprotokoll der T..... GmbH vom 25.04.2005 dokumentiert eine solche Gesprächsbereitschaft nicht.

d.

Dass die Bescheinigung des Finanzamts L..... vom 11.04.2005 Steuerrückstände der Insolvenzschuldnerin von knapp 6 Mio. € ausweist, berechtigt nicht zur Kündigung aus wichtigem Grund. Die Fa. T..... GmbH wusste aus den Vertragsverhandlungen, dass sich die Fa. M..... GmbH & Co. KG in Insolvenz befand und der Kläger ihr Insolvenzverwalter war. Sie musste also davon ausgehen, dass die Insolvenzschuldnerin sich erheblichen Forderungen diverser Gläubiger ausgesetzt sah, zu denen auch das Finanzamt gehören konnte. Sie hätte dem Kläger nicht den Auftrag erteilen dürfen, wenn ihre Bedenken hinsichtlich der wirtschaftlichen Situation der Insolvenzschuldnerin so stark waren. Jedenfalls hätte sie weitere Erkundungen einziehen oder ergänzende Erklärungen verlangen können. Dies ist nicht geschehen. Dem Kläger ist nicht vorzuwerfen, die Fa. T..... über die finanzielle Situation der Insolvenzschuldnerin im Unklaren gelassen zu haben. Die vorgelegte Bescheinigung dokumentiert vielmehr, dass der Kläger nach der Insolvenzeröffnung seinen steuerlichen Pflichten nachgekommen ist. Damit ist auch dem Sinn einer solchen Bescheinigung genügt, nämlich die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Auftragnehmers für die ordnungsgemäße Ausführung des Bauvorhabens einschätzen zu können.

e.

Die angebliche Unzulänglichkeit der Versicherungsbescheinigung der A..... Versicherungs AG vom 15.10.2004 begründet ebenfalls nicht die fristlose Kündigung. Die vorgelegte Bescheinigung dokumentiert, dass für die Insolvenzschuldnerin eine Betriebshaftpflichtversicherung besteht. Dass diese den vorgesehenen Vertragszeitraum nicht abdeckt, ist nicht erkennbar. Aus den Vertragsunterlagen geht nicht hervor, dass der Kläger eine konkret auf den Vertragsabschluss datierte Versicherungsbestätigung benötigte. Daher ist nicht erkennbar, weshalb mit der Vorlage dieser Unterlage das Vertrauensverhältnis der Parteien beschädigt worden sein könnte. Wenn die T..... GmbH eine modifizierte Bescheinigung erwartete, hätte sie den Kläger - ggf. unter Fristsetzung - hierzu auffordern müssen, um ihm die Möglichkeit der Abhilfe zu geben. Eine solche dem Kooperationsgebot entsprechende Verhaltensweise hat die T..... GmbH nicht gezeigt.

2.

Die Berufung ist mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 709 S. 2, 711 S. 1 ZPO. Gründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO, die es gebieten, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 413.000 €

Ende der Entscheidung

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