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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 26.07.2005
Aktenzeichen: I-21 U 162/04
Rechtsgebiete: BauO NW, BGB, ZPO, WEG


Vorschriften:

BauO NW § 67
BGB § 242
BGB § 459 Abs. 1 a.F.
BGB § 633 Abs. 1 a.F.
BGB § 634 Abs. 1 Satz 1 a.F.
BGB § 634 Abs. 2 a.F.
BGB § 635 a.F.
BGB § 826
BGB § 830
BGB § 830 Abs. 1
ZPO § 80
ZPO § 88
ZPO § 295 Abs. 1
ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1
WEG § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 12.10.2004 - 5 O 120/04 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die klagenden Wohnungseigentümer erwarben von der Beklagten zu 1) als Bauträger ihre in dem Objekt B..... Straße 117 in W..... befindlichen Eigentumswohnungen. Die Beklagte zu 2) ist Geschäftsführerin der Beklagten zu 1), der Beklagte zu 3), der Ehemann der Beklagten zu 2), hatte die zur Erlangung der Freistellungsbescheinigung gemäß § 67 BauO NW erforderlichen Bauzeichnungen für das Objekt gefertigt. Im vorliegenden Rechtsstreit begehren die Kläger die Feststellung, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihnen diejenigen Schäden zu ersetzen, die ihnen aus der Unvereinbarkeit des Wohngebäudes und der Garagen des Anwesens B..... Straße 117 mit öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften erwachsen. Hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte zu 1) sei den Klägern aus den jeweiligen notariellen Erwerbsverträgen gemäß § 635 BGB a.F. zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung verpflichtet, weil dem Vertragsgegenstand, d.h. dem Miteigentumsanteil am Gemeinschaftseigentum und dem Sondereigentum an der jeweiligen Wohnung, eine zugesicherte Eigenschaft fehle. Die in den Erwerbsverträgen enthaltene Klausel, dass eine Baugenehmigung vorliege, beinhalte die Erklärung, dass das Bauvorhaben bauordnungsrechtlich zulässig sei; indem das Bauvorhaben tatsächlich so zur Ausführung gekommen sei, dass es mit öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften unvereinbar sei und deshalb eine Abrissverfügung seitens der Baubehörde drohe, habe die Beklagte zu 1) die Verträge entgegen ihrer Zusicherung nicht erfüllt. Dies habe sie auch zu vertreten, da sie jedenfalls billigend in Kauf genommen habe, das Bauvorhaben bauordnungswidrig und damit nicht genehmigungsfähig durchzuführen. Der äußere Ablauf belege, dass die Beklagten zu 2) und 3) von Anfang an unter dem juristischen Mantel der Beklagten zu 1), der das Verhalten der Beklagten zu 2) als eigenes zuzurechnen sei, kollusiv zusammengewirkt hätten, um mit einer "geschönten" Planung zunächst die Genehmigungsfreistellung zu erwirken und danach in Abweichung von dieser Planung ein voluminöseres, für die Erwerber attraktiveres Bauvorhaben zu realisieren, wie insbesondere die wenige Tage nach Vorliegen der Genehmigungsfreistellung erfolgte Umplanung des zunächst nicht für Wohnzwecke ausgewiesenen Spitzbodens in zusätzlichen Wohnraum und die in mehrfacher Hinsicht erfolgte Veränderung der äußeren Gestaltung des Wohngebäudes zeige. Auch als die Stadt W..... die Beklagten auf die von der eingereichten Planung abweichende Bauausführung und die dadurch verursachte Nichteinhaltung der Abstandsflächen hingewiesen habe, hätten die Beklagten die Erwerber der drei bereits veräußerten Wohnungen nicht darauf hingewiesen und auch noch die weiteren fünf Wohnungen ohne Hinweis auf die bauordnungsrechtliche Problematik veräußert. Da das zumindest bedingt vorsätzliche kollusive Verhalten der Beklagten zu 2) und 3) als sittenwidrig zu qualifizieren sei, hätten sie gemäß § 826 BGB auch persönlich für etwaige Schäden einzustehen, die den Klägern aus der Unvereinbarkeit des errichteten Gebäudes mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften entstünden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten.

Die Beklagten sind der Auffassung, mangels eines förmlichen Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft über die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs gegen sie, die Beklagten, seien die Kläger für sich allein jeweils nicht prozessführungsbefugt. Außerdem seien das Klagebegehren und der erstinstanzliche Urteilsausspruch inhaltlich zu unbestimmt, weil es an der Individualisierung derjenigen Mängel fehle, aus denen ein Schadensersatzanspruch hergeleitet werden solle. In der Sache selbst bestehe eine Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 1) aus § 635 BGB a.F. nicht, weil das Bauvorhaben trotz der vom Bauamt der Stadt W..... als Verstoß gegen nachbarschützende Normen gerügten Bauausführungsfehler genehmigungsfähig sei. Es stehe nämlich fest, dass die Behörde die Baugenehmigung erteile, wenn die Grundstücksnachbarn keine Beanstandungen erhöben und sie eine entsprechende Baulast zur Schaffung der nötigen Abstandsflächen einräumten. Indem die Nachbarn dies nach anfangs signalisierter Zustimmung bislang verweigert hätten, handelten sie illoyal und verstießen sie eklatant gegen Treu und Glauben, so dass den Klägern gegen sie ein Anspruch aus § 242 BGB auf Einräumung einer das Bauvorhaben legalisierenden Baulast zustehe, zumal die Abstandsfläche, für die eine Baulast einzutragen wäre, auf jeder Seite zum jeweiligen Nachbarn nur etwa 32 m² ausmache.

Die Beklagten sind weiter der Auffassung, den Klägern stünden auch gegen die Beklagte zu 2) keine Schadensersatzansprüche zu. Die besonderen Voraussetzungen, unter denen einen rechtsgeschäftlichen Vertreter eine Eigenhaftung treffe, lägen nicht vor. Auch deliktische Ansprüche bestünden nicht, da es an jedweder Täuschungshandlung seitens der Beklagten zu 2) fehle. Dies ergebe sich schon daraus, dass bei allen Beurkundungsvorgängen beglaubigte Abschriften der Urschrift der Teilungserklärung vom 11.11.1999 nebst Änderungs- und Nachtragsurkunde und beigefügten Aufteilungsplänen vorgelegen hätten und allen Erwerbern zur Durchsicht vorgelegt worden seien; die Aufteilungspläne seien exakt diejenigen Pläne, die auch dem Antrag auf Genehmigungsfreistellung und dem Freistellungsbescheid zu Grunde gelegen hätten. In allen Erwerbsverträgen sei ein Hinweis auf den Aufteilungsplan der Teilungserklärung nebst Änderungen und Ergänzungen enthalten gewesen. Soweit bei dem Vertrag mit den Klägern zu 3) und 4) weitere Zeichnungen Vertragsbestandteil geworden seien, beruhe dies ausschließlich auf deren Sonderwünschen, die von ihnen zuvor mit P. M....., der Tochter der Beklagten zu 2) und 3), besprochen worden seien. Diese Sonderwünsche - darunter der Ausbau des Spitzbodens zu Wohnzwecken - seien für die Beklagte zu 2) im Notartermin nicht auffällig gewesen, zumal diese als Kauffrau von der technischen Seite der Dinge ohnehin nichts verstehe. Auch hätten die Kläger zu 3) und 4) nicht davon ausgehen können, dass ihre Sonderwünsche bereits Gegenstand einer schon vorliegenden Bauerlaubnis gewesen seien, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt eine Täuschung über den Inhalt der Baugenehmigung bzw. Genehmigungsfreistellung ausscheide. Nach Kenntnis der vom Bauamt der Stadt W..... erst mit Schreiben vom 16.10.2001 konkret mitgeteilten Bedenken gegen die Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens seien keine Wohnungen mehr verkauft worden. Schließlich, so die Beklagten weiter, komme auch eine Haftung des Beklagten zu 3) auf Schadensersatz nicht in Betracht, da dieser an den Vertragsverhandlungen nicht beteiligt gewesen sei und sein Rechtsverhältnis zu der Beklagten zu 1) auch keine Schutzwirkung zu Gunsten der Kläger entfaltet habe. Außerdem falle dem Beklagten zu 3) schon kein Pflichtenverstoß zur Last, weil die von ihm im Rahmen des Genehmigungsfreistellungsverfahrens vorgelegten Pläne und Unterlagen fehlerfrei gewesen seien und das Bauvorhaben genehmigungsfähig gewesen sei. Mit der Werkplanung sei der Beklagte zu 3) nicht beauftragt worden; er sei auch sonst in diesem Zusammenhang nicht tätig gewesen. Der die Umplanung des Spitzbodens in Wohnraum enthaltende 1:50-Plan vom 10.08.1999 trage nicht seine Unterschrift und sei auch nicht von ihm verfasst worden, sondern von dem Architekten Sch....., einem Bekannten der Tochter P. M...... Sonstige Abweichungen der Bauausführung von den im Genehmigungsfreistellungsverfahren vorgelegten Bauplänen beruhten ausschließlich auf Ausführungsfehlern der Subunternehmer, da die diesen zur Verfügung gestellte Ausführungsplanung mit den durch die Freistellung genehmigten Plänen übereingestimmt habe. Nachdem der Beklagte zu 3) erstmals von Nachbarbeschwerden gehört habe, habe er auf Anregung des Bauamts das Gespräch mit den Grundstücksnachbarn gesucht und habe danach die Bedenken gegen die Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens für ausgeräumt halten dürfen.

Die Beklagten beantragen,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Kläger verteidigen das angefochtene Urteil und treten der Berufung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens entgegen.

Wegen des weitergehenden Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze, die von den Parteien zu den Akten gereichten Urkunden und den Inhalt der beigezogenen Bauakten der Stadt W..... (Az. .....) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

Der Zulässigkeit der Berufung steht nicht entgegen, dass weder die Berufungsschrift noch die Berufungsbegründungsschrift einen ausdrücklich ausformulierten Berufungsantrag enthält. Das sich aus § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO ergebende Erfordernis, wonach die Berufungsbegründung die Erklärung enthalten muss, welche Abänderungen des angefochtenen Urteils beantragt werden, ist gleichwohl gewahrt, weil sich der Berufungsbegründung der Beklagten ohne weitere Klarstellung eindeutig entnehmen lässt, dass die Beklagten in vollem Umfang Abänderung des angefochtenen Urteils und Abweisung der Klage begehren (vgl. Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 26. Aufl., § 520 Rdnr. 17).

In der Sache selbst hat die Berufung der Beklagten allerdings keinen Erfolg.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist weder das Feststellungsbegehren der Kläger noch der entsprechende erstinstanzliche Urteilsausspruch inhaltlich zu unbestimmt, weil es nicht an einer Individualisierung derjenigen Mängel fehlt, aus denen ein Schadensersatzanspruch hergeleitet werden soll. Insoweit hat das ursprüngliche, auf Feststellung der Schadensersatzpflicht "wegen Nichterfüllung der Verträge" gerichtete Feststellungsbegehren der Kläger durch die Formulierung in Ziff. 1 des Tenors des angefochtenen Urteils, wonach es um die Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen der Unvereinbarkeit der Wohnungseigentumsanlage mit öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften geht, die erforderliche Konkretisierung gefunden. Die von der Stadt W..... festgestellten Verstöße, um die es dabei geht, sind im Tatbestand des angefochtenen Urteils (Urteil Seite 9) und der dortigen Bezugnahme auf die entsprechende Darstellung auf den Seiten 31-37 der Klageschrift eindeutig und unverwechselbar bezeichnet.

Die Kläger sind hinsichtlich des von ihnen verfolgten Schadensersatzbegehrens jeweils einzeln für sich, d.h. auch ohne vorauf gegangenen entsprechenden Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft, prozessführungsbefugt. Sowohl in der Klageschrift (dort Seite 50) als auch in dem Schriftsatz vom 03.08.2004 haben die Kläger ausdrücklich klargestellt, dass sich ihr Begehren ausschließlich auf die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Leistung des sog. großen Schadensersatzes bezieht und nicht etwa, wie die Beklagten in der Berufungsbegründung indessen behaupten, auf den sog. kleinen Schadensersatz. Der große Schadensersatzanspruch ist auf eine Rückgängigmachung des Erwerbsvertrages ausgerichtet; dies rechtfertigt es, diesen Anspruch individualrechtlich einzuordnen mit der Folge, dass die einzelnen Wohnungseigentümer - anders als beim kleinen Schadensersatz - ohne zuvor ergangenen Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer diesen Weg der Rückgängigmachung des Erwerbsvertrages wählen können (BGH NJW 1979, 2207; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 11. Aufl., Rdnr. 491).

Soweit die Beklagten in der Berufungsbegründung gemäß § 88 ZPO die Bevollmächtigung der klägerischen Prozessbevollmächtigten gerügt haben, sind die von den einzelnen Klägern erteilten Vollmachten gemäß § 80 ZPO als Anlagen zur Berufungserwiderung in Ablichtung vorgelegt worden; die Übereinstimmung der Ablichtungen mit den Originalen ist von den Beklagten nicht bestritten worden.

In der Sache selbst hat das Landgericht zu Recht die Feststellung getroffen, dass die Beklagte zu 1) gemäß § 635 BGB a.F. verpflichtet ist, den Klägern diejenigen Schäden zu ersetzen, die ihnen aus der Unvereinbarkeit des Wohngebäudes und der Garagen des Anwesens B..... Straße 117 mit öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften erwachsen. Das den Klägern von der Beklagten zu 1) jeweils veräußerte Wohnungseigentum weist einen Mangel in Gestalt eines Fehlers im Sinne des § 633 Abs. 1 BGB a.F. auf, der den Wert und die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen und dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch jedenfalls mindert und ggfs., was derzeit noch nicht endgültig absehbar ist, sogar aufhebt. Dieser Fehler liegt darin, dass die Wohnungseigentumsanlage wegen der in dem Bericht des Bauamtes der Stadt W..... über eine Ortsbesichtigung vom 11.12.2002 (Bl. 207 GA = Bl. 86 BA) und in dem Schreiben des Bauamtes vom 27.02.2003 an die Klägerin zu 1) (Bl. 224 f GA = Bl. 98 f BA) aufgeführten Verstöße gegen baurechtliche Bestimmungen gegen formelles und materielles Baurecht verstößt und damit die Voraussetzungen für die Baufreistellungsbescheinigung nach § 67 BauO NW vom 04.08.1999 (Bl. 217 GA = Bl. 20 BA) entfallen sind mit der Folge, dass bei Nichtzustandekommen einer Einigung mit den Grundstücksnachbarn ein Weiterbetreiben des ordnungsbehördlichen Verfahrens mit dem Ziel der Beseitigung des Gebäudes droht, wie sich aus einem entsprechenden Vermerk des Bauamtes vom 17.12.2004 (Bl. 209 BA) ergibt. Soweit die Beklagten mit am 17.06.2005 bei Gericht eingegangenem, offensichtlich fälschlich unter dem 25.05.2005 datierten Schriftsatz vorgebracht haben, dass sie erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 14.06.2005 über die erfolgte Beiziehung der Bauakte der Stadt W..... in Kenntnis gesetzt worden seien, steht dies der Verwertung der beigezogenen Akte nicht entgegen. Dieser von den Beklagten erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Einwand ist nämlich schon im Hinblick auf § 295 Abs. 1 ZPO unbeachtlich. Ungeachtet dessen hat der Senat der in dem genannten Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Beklagten geäußerten Bitte um nachträgliche Gewährung der Gelegenheit zur Einsichtnahme in die beigezogene Bauakte mit Verfügung vom 20.06.2005 entsprochen. Seit diesem Zeitpunkt bis zur Urlaubsrückkehr des Berichterstatters am 18.07.2005 stand die Akte zur Einsichtnahme zur Verfügung, ohne dass die Prozessbevollmächtigten der Beklagten während dieses vierwöchigen Zeitraums von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht haben. Als sie sodann am 21.07.2005 um Akteneinsicht nachgesucht haben, konnte diese nicht gewährt werden, weil die Akte bereits dem Berichterstatter zum Abfassen der Entscheidung vorlag und sie zu diesem Zweck benötigt wurde. Aus diesem Grund und wegen der erforderlichen Unterschriftsleistung der weiteren an der Entscheidung beteiligten Richter konnte die Akteneinsicht auch danach bis zum Verkündungstermin nicht mehr erfolgen.

Für das Vorliegen eines Fehlers im Sinne des § 633 Abs. 1 BGB a.F. gelten die selben Grundsätze wie zu § 459 Abs. 1 BGB a.F. (Palandt/Sprau, BGB, 61. Aufl., § 633 Rdnr.2). Ein von der erforderlichen Baugenehmigung abweichender und damit baurechtswidriger Zustand eines Kaufgegenstandes stellt einen Sachmangel im Sinne des § 459 Abs. 1 BGB a.F. dar (BGH NJW-RR 1987, 457; BGH NJW 1991, 2138 f; OLG Hamm NJW-RR 1987, 47, 48). Gleiches hat bei der hier vorliegenden Abweichung von der Baufreistellungsbescheinigung zu gelten. Dem genannten Vermerk des Bauamtes der Stadt W..... vom 17.12.2004 ist zu entnehmen, dass die Stadt auch keineswegs bereit ist, den baurechtswidrigen Zustand des Gebäudes auf Dauer zu dulden. Auch die Auffassung der Beklagten, das Bauvorhaben sei in seiner jetzigen Form trotz der vom Bauamt der Stadt W..... gerügten baurechtlichen Verstöße genehmigungsfähig, weshalb ein Mangel im Sinne des § 633 Abs. 1 BGB nicht vorliege, trifft nicht zu. Die von den Beklagten in der Berufungsbegründung angeführten Umstände, auf Grund derer den Klägern nach der Auffassung der Beklagten gemäß § 242 BGB gegen die Grundstücksnachbarn ein Anspruch auf Einräumung einer zur Legalisierung des Bauvorhabens führenden Baulast zustehen soll, sind tatsächlich in keiner Weise geeignet, eine entsprechende Verpflichtung der Grundstücksnachbarn zu begründen.

Die weiteren tatbestandlichen Erfordernisse des § 635 BGB a.F. für einen Schadensersatzanspruch der Kläger gegen die Beklagte zu 1) sind ebenfalls gegeben. Die von § 635 BGB a.F. geforderten Voraussetzungen eines Wandelungs- oder Minderungsrechtes liegen vor. Zwar haben die Kläger der Beklagten zu 1), soweit ersichtlich, keine Frist zur Mängelbeseitigung mit Ablehnungsandrohung im Sinne des § 634 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. gesetzt, jedoch bedurfte es vorliegend gemäß § 634 Abs. 2 BGB a.F. der Bestimmung einer solchen Frist nicht. Dabei kann dahin stehen, ob die Beseitigung des in der Baurechtswidrigkeit liegenden Mangels der Beklagten zu 1) überhaupt möglich ist (§ 634 Abs. 2, 1. Alt. BGB a.F.), da jedenfalls die sofortige Geltendmachung des Anspruchs auf Wandelung oder Minderung - bzw. vorliegend auf Schadensersatz - durch ein besonderes Interesse der Kläger gerechtfertigt wird (§ 634 Abs. 2, 3. Alt. BGB a.F.). Ausreichend für ein besonderes Interesse ist auch eine Unzumutbarkeit weiterer Nachbesserung für den Besteller, so bei wiederholter vergeblicher Nachbesserung des selben Mangels oder bei Erschütterung des Vertrauens auf ordnungsgemäße Durchführung der Mängelbeseitigung (Palandt/Sprau, BGB, 61. Aufl., § 634 Rdnr. 4). Im Hinblick auf den mittlerweile eingetretenen Zeitablauf ist die Unzumutbarkeit weiterer Nachbesserung ohne Weiteres zu bejahen. Obwohl sich die Grundstücksnachbarn bereits mit Schreiben vom 04.07.2000 (Bl. 220 GA = Bl. 39 f BA) an die Stadt W..... wegen der Baurechtswidrigkeit des Bauvorhabens gewandt haben und die Beklagte zu 1) hiervon sogleich am 07.07.2000 fernmündlich unterrichtet worden ist, wie sich aus einem Vermerk des Bauamtes vom 07.07.2000 (Bl. 219 GA = Bl. 41 BA) ergibt, sind zwischenzeitlich bereits ca. fünf Jahre vergangen, ohne dass die Beklagte zu 1) substanzielle Fortschritte bei der Herbeiführung der Legalisierung der Wohnungseigentumsanlage, insbesondere durch einen der Freistellungsbescheinigung entsprechenden Umbau des Objekts oder eine Verständigung mit den Grundstücksnachbarn, erzielt hätte. Auch soweit die Kläger selbst versucht haben, mit den Grundstücksnachbarn eine Vereinbarung über die Einräumung von Baulasten zwecks Legalisierung der Wohnungseigentumsanlage zu treffen, hat sich die Beklagte zu 1) nicht bereit erklärt, die von den Grundstücksnachbarn hierfür geforderten Beträge in einer Größenordnung von 150.000,- € bzw. 100.000,- € zu tragen. Wie der Inhalt der beigezogenen Bauakte zeigt, hat sich die Beklagte zu 1) die gesamte Zeit über vielmehr lediglich darauf verlegt, unter Inaussichtstellung einer vorgeblichen Einigung mit den Grundstücksnachbarn das bauordnungsrechtliche Verfahren zu verzögern. In der Sache selbst hat die Beklagte zu 1) dagegen nichts unternommen und ist auch entsprechenden Aufforderungen der Stadt W..... nicht nachgekommen.

Die Beklagte zu 1) hat den Mangel, die Baurechtswidrigkeit der Wohnungseigentumsanlage, im Sinne des § 635 BGB a.F. zu vertreten, da sie den Klägern die mangelfreie Errichtung des Bauwerkes schuldete und die im Zuge der Errichtung des Bauwerks entstandene Baurechtswidrigkeit damit allein in ihre bzw. die von ihr zu verantwortende Sphäre fällt. Daher ist sie den Klägern zum Ersatz des durch den Mangel entstandenen bzw. noch entstehenden Schadens verpflichtet.

Zu Recht hat das Landgericht daneben auch eine Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 2) persönlich aus § 826 BGB angenommen, weil diese den Klägern in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt hat. Nach dem Inhalt der von den Parteien vorgelegten Urkunden und sonstigen Unterlagen ist davon auszugehen, dass die für die Beklagte zu 1) als deren Geschäftsführerin handelnde Beklagte zu 2) zwar in den Erwerbsverträgen mit den Klägern jeweils unter Ziff. IV. 4 der Verträge die Bestätigung abgegeben hat, dass die Baugenehmigung vorliegt, sie aber tatsächlich von Anfang an beabsichtigt hat, das Gebäude B..... Straße 117 in W..... in einer von den dem Freistellungsbescheid vom 04.08.1999 zu Grunde liegenden Plänen vom 28.07.1999 abweichenden Weise und entgegen dem Inhalt der Teilungserklärung vom 11.11.1999 nebst zugehörigem, von der Baubehörde approbiertem Aufteilungsplan (Anlage 3 zur Berufungsbegründung) zu errichten. Diese Absicht hat die Beklagte zu 2) sodann auch in die Tat umgesetzt mit der Folge, dass die Kläger formell und materiell baurechtswidriges Wohnungseigentum erworben haben, da die tatsächliche Bauausführung nicht dem Freistellungsbescheid vom 04.08.1999 entsprach.

Nach den im Maßstab 1:100 gefertigten Bauplänen vom 28.07.1999 und dem Aufteilungsplan zur Teilungserklärung vom 11.11.1999 war die Errichtung des Gebäudes u.a. in der Weise vorgesehen, dass die Vorderseiten der Dachgauben der beiden Maisonettewohnungen in der Nord- und Südseite des Dachgeschosses nicht bündig mit der Außenwand des Hauses abschließen, sondern dass sie um einige Pfannenreihen zurückgesetzt errichtet werden sollten. Ferner war eine Ausgestaltung der zu den beiden Dachgeschosswohnungen gehörenden Spitzböden jeweils als nicht zu Wohnzwecken geeigneter Abstellräume vorgesehen. Bereits unter dem 10.08.1999, d.h. nur wenige Tage nach Erteilung des Freistellungsbescheides vom 04.08.1999, wurden neue Baupläne im Maßstab 1:50 gefertigt, die den jeweiligen Kaufinteressenten von der Beklagten zu 1) übersandt wurden (vgl. Plan Bl. 344 GA und die Anlage zur Berufungserwiderung). Diese Pläne wichen unter anderem hinsichtlich der beiden Dachgeschosswohnungen mit jeweiligem Spitzboden dergestalt von den Bauplänen vom 28.07.1999 ab, dass nunmehr die Dachgauben bündig mit der Außenwand des Hauses abschlossen und die Spitzböden als Wohnräume ausgewiesen waren. Dass die Beklagte zu 2) als Geschäftsführerin der Beklagten zu 1) von diesen Plänen und den darin enthaltenen Änderungen Kenntnis hatte, kann nicht ernstlich zweifelhaft sein. Mit diesen, bereits bei Baubeginn im August 1999 vorhanden gewesenen planerischen Änderungen wurde das Gebäude sodann auch tatsächlich errichtet. Hinzu kamen weitere, in dem Vermerk des Bauamtes der Stadt W..... vom 13.01.2003 (Bl. 86 BA) aufgeführte Abweichungen von der Ausgangsplanung vom 28.07.1999, insbesondere die erhöht ausgeführte Traufhöhe im Schnittpunkt Wand/Dach, die angehobene Höhenlage des Gebäudes insgesamt und die Ausführung des Eingangsbereichs des Treppenhauses in Mauerwerk statt in Glas sowie das Hochziehen des Eingangsbereichs des Treppenhauses bis unter die Dachfläche auch im Bereich des Spitzbodens. Die letztgenannten Änderungen sind anders als die Änderungen der Dachgauben und der Spitzböden durch die von den Parteien vorgelegten Unterlagen planerisch zwar nicht dokumentiert; sie sind aber derart offensichtlich, dass sie entgegen dem Vorbringen der Beklagten in der Berufungsbegründung nicht ausschließlich auf nicht bemerkten Ausführungsfehlern der Subunternehmer beruhen können, sondern ihre Grundlage ebenfalls in - nicht vorliegenden - geänderten Plänen haben müssen. Soweit die Beklagten hierzu behauptet haben, die den Subunternehmern zur Verfügung gestellten Ausführungspläne hätten mit den dem Freistellungsbescheid vom 04.08.1999 zu Grunde liegenden Bauplänen überein gestimmt, kann dies nicht nachvollzogen werden, weil die Beklagten die betreffenden Ausführungspläne nicht vorgelegt haben.

Dagegen, dass die Beklagte zu 2) bereits von Anfang an beabsichtigt hat, die Wohnungseigentumsanlage in einer von den dem Freistellungsbescheid vom 04.08.1999 zu Grunde liegenden Plänen vom 28.07.1999 abweichenden Weise zu errichten, spricht auch nicht der Umstand, dass die der Teilungserklärung vom 11.11.1999 beigefügten Aufteilungspläne inhaltlich den Bauplänen vom 28.07.1999 entsprachen. Hätte die durch die Beklagte zu 2) vertretene Beklagte zu 1) im Zusammenhang mit den Aufteilungsplänen die geänderten Pläne vom 10.08.1999 verwendet, hätte sie wegen der daraus ersichtlichen Abweichung von dem Freistellungsbescheid vom 04.08.1999 weder die für den Abschluss der Erwerbsverträge erforderliche Approbation der Baubehörde gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 WEG noch die Abgeschlossenheitsbescheinigung der Baubehörde nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 WEG erhalten. Außerdem hatten die Beklagten zu 1) und 2) bereits vor der Teilungserklärung vom 11.11.1999 von den geänderten Plänen vom 10.08.1999 Gebrauch gemacht, indem diese, und zwar gerade die geänderten Pläne für das Dachgeschoss und die Spitzböden, den Klägern zu 3) und 4) mit Schreiben vom 04.10.1999 (Anlage zur Berufungserwiderung) übersandt worden sind. Daher kommt in diesem Zusammenhang auch dem von den Beklagten angeführten Umstand keine Bedeutung zu, dass bei allen Beurkundungsvorgängen beglaubigte Abschriften der Urschrift der Teilungserklärung vom 11.11.1999 nebst beigefügten, den Plänen vom 28.07.1999 entsprechenden Aufteilungsplänen vorgelegen haben und den Erwerbern zur Durchsicht vorgelegt worden sind und dass in allen Erwerbsverträgen ein Hinweis auf den Aufteilungsplan zur Teilungserklärung enthalten ist. Für die Erwerber der Wohnungen im 2. OG rechts und links, die mit Verträgen vom 11.11.1999 (Bl. 103 ff. GA) bzw. vom 19.11.1999 (Bl. 173 ff. GA) ihr Wohnungseigentum erworben haben, waren die Abweichungen der tatsächlichen Bauausführung von den den Bauplänen vom 28.07.1999 entsprechenden Aufteilungsplänen noch nicht erkennbar. In dem sodann mit den Klägern zu 3) und 4) am 03.03.2000 geschlossenen Vertrag über die Wohnung im Dachgeschoss und Spitzboden links (Bl. 72 ff. GA) ist unter Ziff. XI. ausdrücklich eine Änderung des Aufteilungsplans zur Teilungserklärung gemäß Anlage II zum Vertrag dergestalt vereinbart worden, dass im Dachgeschoss die Dachgauben bündig mit der Außenwand abschlossen und der Spitzboden zu Wohnzwecken ausgebaut wurde. Bei Abschluss der weiteren Erwerbsverträge (der nächstfolgende Vertrag wurde erst am 11.12.2000 geschlossen) war die von den Aufteilungsplänen abweichende Bauausführung bereits realisiert, was aus dem Schreiben der Beklagten zu 1) vom 15.02.2000 (Bl. 315 GA) folgt, wonach zu diesem Zeitpunkt bereits mit der Dachstuhlfertigung begonnen wurde; gleichwohl wurde auch in diesen weiteren, seit dem 11.12.2000 geschlossenen Verträgen weiterhin auf die von dem tatsächlich hergestellten Bau abweichenden Aufteilungspläne Bezug genommen.

Ohne Erfolg wenden die Beklagten ein, soweit bei dem Vertrag mit den Klägern zu 3) und 4) weitere Zeichnungen (mit Änderungen der Dachgauben und der Spitzböden) Vertragsbestandteil geworden seien, beruhe dies ausschließlich auf deren Sonderwünschen, die von ihnen zuvor mit der Tochter P. M..... besprochen worden seien. Wie bereits dargelegt, war die Umplanung der Dachgauben und der Spitzböden (bündiger Abschluss der Dachgauben mit der Gebäudeaußenwand, Ausgestaltung der Spitzböden als Wohnraum) bereits in den 1:50-Plänen vom 10.08.1999 enthalten und lag damit zu einem Zeitpunkt vor, als noch keinerlei Kontakt zwischen den Klägern zu 3) und 4) und der Beklagtenseite bestand. Die von den Klägern zu 3) und 4) vorgebrachten Änderungswünsche bezogen sich daher auf die von den Beklagten bereits umgeplante Ausgestaltung der Dachgeschosswohnungen und der Spitzböden und nicht etwa auf den Planungsstand gemäß den Plänen vom 28.07.1999, wie sich auch unschwer aus einem Vergleich der in der Anlage zur Berufungserwiderung enthaltenen Pläne ersehen lässt. Deshalb erweist sich auch die Schlussfolgerung der Beklagten als unzutreffend, die Kläger zu 3) und 4) hätten nicht davon ausgehen können, dass ihre Sonderwünsche bereits Gegenstand einer schon vorliegenden Bauerlaubnis gewesen seien. Aus dem gleichen Grund trifft auch die weitere Behauptung der Beklagten, die Sonderwünsche der Kläger zu 3) und 4) - darunter der Ausbau des Spitzbodens zu Wohnzwecken - seien für die Beklagte zu 2) im Notartermin nicht auffällig gewesen, ersichtlich nicht zu. Hinzu kommt, dass, wie bereits erwähnt, in Ziff. XI. des betreffenden Vertrages ausdrücklich davon die Rede ist, dass abweichend von den der Teilungserklärung beigefügten Plänen der innere Ausbau der Maisonettewohnung gemäß den der notariellen Urkunde als Anlage II beigefügten Zeichnungen zu erfolgen hat. Diese damit auch im Text des notariellen Vertrages zum Ausdruck kommende Änderung kann der Beklagten zu 2) beim Verlesen des Vertragstextes durch den Notar nicht entgangen sein.

Aus den voran gegangenen Ausführungen folgt, dass die Beklagte zu 2) die Kläger zu 5) und 6) sowie die Klägerin zu 12) bei Abschluss der Verträge vom 11.11.1999 bzw. vom 19.11.1999 über ihre Absicht, das Gebäude abweichend von den der Genehmigungsfreistellung zu Grunde liegenden Bauplänen zu errichten, getäuscht hat. Die Kläger zu 3) und 4) hat sie mit Abgabe der Erklärung in Ziff. IV. 4 des Vertrages vom 03.03.2000, wonach sie bestätigt, dass die Baugenehmigung vorliegt, getäuscht. Gleiches gilt für die weiteren Erwerber, deren Verträge in der Zeit ab dem 11.12.2000 geschlossen wurden, als das Gebäude bereits errichtet war; diese Erwerber mussten die genannte, auch in ihren Verträgen enthaltene, von der Beklagten zu 2) namens der Beklagten zu 1) abgegebene Bestätigung, dass die Baugenehmigung vorliege, auf das bereits errichtete Gebäude beziehen, auch wenn in ihren Verträgen noch auf die Teilungserklärung und die diesem beigefügte ursprüngliche Planung vom 28.07.1999 Bezug genommen wurde. Es bedarf keiner näheren Begründung, dass die darin liegende Irreführung sämtlicher Erwerber und auch der Stadt W..... gegen die guten Sitten verstößt.

Mit ihrem Verhalten hat die Beklagte zu 2) den Klägern als Erwerbern vorsätzlich einen Schaden zugefügt, da diese für den von ihnen gezahlten Erwerbspreis wegen der Baurechtswidrigkeit des von ihnen erworbenen Wohnungseigentums keine gleichwertige Gegenleistung erhalten haben, wobei wegen der noch offenen Entwicklung die genaue Schadenshöhe noch nicht fest steht. Wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, kann es keinem Zweifel unterliegen, dass der Beklagten zu 2) klar gewesen sein muss, dass die Abweichung des Bauvorhabens von der dem Freistellungsbescheid zu Grunde liegenden Planung zur formellen und materiellen Illegalität des Bauvorhabens und damit zu entsprechenden Vermögensnachteilen bei den Klägern führte. Dafür, dass der Beklagten zu 2) insbesondere die Baurechtswidrigkeit der Vergrößerung der Dachgauben positiv bekannt war, spricht der (auf nicht erkennbare Weise in die Bauakte gelangte) "Nachtrag zum Bauantrag" vom 14.03.2000 (Bl. 81 f BA), der diese Veränderung gegenüber den ursprünglichen Plänen zum Gegenstand hat. Soweit ersichtlich, ist über diesen Nachtragsantrag zu keinem Zeitpunkt eine Entscheidung ergangen, so dass der Beklagten zu 2) auch von daher die Illegalität des Bauvorhabens in der tatsächlich errichteten Form bewusst war.

Zutreffend hat das Landgericht auch eine Schadensersatzpflicht des Beklagten zu 3) bejaht. Diesem ist eine mit der Beklagten zu 2) gemeinschaftlich begangene vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Kläger vorzuwerfen, so dass auch er gemäß §§ 826, 830 Abs. 1 BGB in gleicher Weise wie die Beklagte zu 2) den Klägern zum Schadensersatz verpflichtet ist.

Entgegen dem Bestreiten der Beklagten ist davon auszugehen, dass der Beklagte zu 3) die die maßgeblichen Änderungen gegenüber dem Genehmigungsfreistellungsbescheid enthaltenden und für die tatsächliche Bauausführung maßgeblich gewordenen Baupläne vom 10.08.1999 im Maßstab 1:50 gefertigt hat. Nachdem die Kläger in der ersten Instanz lediglich einen den Spitzboden betreffenden 1:50-Plan vom 10.08.1999 (Bl. 344 GA) vorgelegt hatten, in dem der Beklagte zu 3) als Planverfasser genannt ist, haben die Beklagten hierzu in der Berufungsbegründung und dem weiteren Schriftsatz vom 25.05.2005 vorgetragen, dieser Plan sei nicht von dem Beklagten zu 3) verfasst worden; er sei vielmehr das Resultat der Änderungswünsche der Kläger zu 3) und 4), denen die Tochter der Beklagten zu 2) und 3), P. M....., nachgegeben habe, die sodann den Plan bei dem ihr bekannten Architekten Sch..... habe herstellen lassen. Dass diese Behauptung so nicht zutreffen kann, ergibt sich bereits aus den voran gegangenen Ausführungen zur Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 2), wonach im Zeitpunkt der Erstellung der 1:50-Pläne vom 10.08.1999 noch keinerlei Kontakt zwischen den Klägern zu 3) und 4) einerseits und der Beklagtenseite andererseits bestand und die Initiative zu der diesen Plänen zu entnehmende Umplanung der Ausgestaltung der Dachgeschosswohnungen und der Spitzböden folglich von den Beklagten selbst und nicht von den Klägern zu 3) und 4) ausgegangen sein muss. Außerdem erklärt das Vorbringen der Beklagten nicht, warum unter dem 10.08.1999 1:50-Pläne nicht nur des Spitzbodens, sondern sämtlicher Geschosse des Hauses B..... Straße 117 gefertigt wurden, die die Kläger als Anlage zur Berufungserwiderung vorgelegt haben. Diese Planexemplare tragen zwar nicht die Unterschrift des Planverfassers, weisen aber alle den Beklagten zu 3) als Entwurfsverfasser aus. Vor diesem Hintergrund reicht das bloße Bestreiten der Beklagten, dass der Beklagte zu 3) die betreffenden Pläne erstellt habe, nicht aus. Vielmehr hätten die Beklagten offen legen müssen, wer anders als der in den Plänen genannte Verfasser die Pläne gefertigt haben soll und warum gleichwohl der Beklagte zu 3) als Planverfasser angegeben ist. Dies gilt umso mehr, als der Beklagte zu 3) unstreitig später auch die zu dem bereits in anderem Zusammenhang erwähnten "Nachtrag zum Bauantrag" vom 14.03.2000 gehörenden Pläne gezeichnet hat. Die seitens der Beklagten erfolgte und, wie dargelegt, so nicht nachvollziehbare Nennung des Architekten Sch..... bezog sich lediglich auf den 1:50-Plan des Spitzbodens, nicht aber auf die übrigen Pläne.

Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen zu der Haftung der Beklagten zu 2) ergibt, gründet sich der Vorwurf sittenwidrigen Verhaltens auf die mit Hilfe der Pläne vom 10.08.1999 erfolgte Irreführung sämtlicher Erwerber und auch der Stadt W...... In diese Vorgänge war der Beklagte zu 3) zwar nicht unmittelbar als Handelnder eingebunden, weil die Vertragsverhandlungen mit den Erwerbern und der Abschluss der Verträge ausschließlich durch die Beklagte zu 1) in der Person der Beklagten zu 2) und der Tochter P. M..... erfolgten, während der Beklagte zu 3) gegenüber den Erwerbern nicht in Erscheinung getreten ist. Eine eigene Haftung des Beklagten zu 3) aus §§ 826, 830 BGB ist jedoch deshalb begründet, weil vor dem dargestellten Hintergrund bei lebensnaher Betrachtungsweise davon ausgegangen werden muss, dass er in Absprache mit der Beklagten zu 2), seiner Ehefrau, die Pläne vom 10.08.1999 in dem Wissen gefertigt und der Beklagten zu 1) zur Verfügung gestellt hat, dass die Pläne, wie im Zusammenhang mit der Haftung der Beklagten zu 2) im Einzelnen dargelegt, missbräuchlich in der von Anfang an bestehenden Absicht verwendet werden sollten, das Gebäude in einer von den dem Freistellungsbescheid vom 04.08.1999 zu Grunde liegenden Plänen vom 28.07.1999 abweichenden Weise zu errichten und die Kläger hierdurch in sittenwidriger Weise zu schädigen. Insofern haben sich die Beklagten - wie dargelegt, ohne Erfolg - lediglich darauf beschränkt, bezüglich der Pläne vom 10.08.1999 die Urheberschaft des Beklagten zu 3) in Abrede zu stellen; sie haben indessen auch nicht ansatzweise dargelegt, welcher anderweitige redliche Zweck mit der nur wenige Tage nach der Erstellung der Pläne vom 28.07.1999 erfolgten Fertigung der die maßgeblichen Änderungen enthaltenden Pläne vom 10.08.1999 aus der Sicht des Beklagten zu 3) hätte verfolgt werden sollen. Der lediglich vorgebrachte Einwand, der Beklagte zu 3) habe kein eigenes wirtschaftliches Interesse an dem Bauvorhaben und sei lediglich wie ein außenstehender Dritter von der Beklagten zu 1) mit der Fertigung von Plänen beauftragt worden, beinhaltet keine derartige Erklärung. Außerdem vermag dieses Vorbringen schon in sich abgesehen von dem durch die Ehe mit der Beklagten zu 2) gegebenen Näheverhältnis des Beklagten zu 3) auch deshalb nicht zu überzeugen, weil der Beklagte zu 3) später mit den Grundstücksnachbarn über die Einräumung einer Baulast verhandelt und sich damit konkret in die Vertragsabwicklung eingeschaltet hat. Hierzu hätte er keinerlei Veranlassung gehabt, wenn er in das Bauvorhaben lediglich wie ein nur mit der Planerstellung beauftragter beliebiger Dritter involviert gewesen wäre.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagtenseite vom 22.07.2005 gibt zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung keine Veranlassung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO sind nicht erfüllt.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 1.040.000,- €

Ende der Entscheidung

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