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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 22.05.2007
Aktenzeichen: I-21 U 186/06
Rechtsgebiete: MRVG, HOAI, BGB, ZPO


Vorschriften:

MRVG § 3

Entscheidung wurde am 28.05.2008 korrigiert: das Verkündungsdatum ist der 22.05.2007 und nicht der 22.05.2008
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das am 21.07.2006 verkündete Zwischenfeststellungsurteil (Teilurteil) der 2. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg (2 O 352/05) abgeändert und festgestellt, dass der zwischen den Parteien vom 23.02.2005 unterzeichnete Architektenvertrag nicht wegen Verstoßes gegen das Kopplungsverbot des Artikel 10 § 3 MRVG unwirksam ist.

2. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil des Landgerichts vorbehalten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Der Kläger begehrt von der Beklagten für Architektenleistungen der Leistungsphasen 1 bis 8 gemäß § 15 Abs. 2 HOAI ein Honorar i.H.v. 37.457,54 € sowie anteilige vorgerichtliche Mahnkosten i.H.v. 703,31 €.

Die Parteien haben am 23.02.2005 einen Architektenvertrag über die Errichtung zweier Einfamilienhäuser auf dem Grundbesitz A. - Flurstücke 8. und 8. - in D. unterzeichnet. Die Parzellen gehörten einem Herrn C., der sie mit Kaufvertrag vom 10.03.2007 an die Beklagte veräußert hat. Zwischenzeitlich hat die Beklagte den Vertrag mit dem Kläger zu einem streitigen Zeitpunkt gekündigt. Der Kläger rechnete mit Schlussrechnung vom 27.07.2005 sein Honorar ab. Die Beklagte widersprach mit anwaltlichem Schreiben vom 29.08.2005 und berief sich insbesondere auf Nichtigkeit des Vertrages wegen Verstoßes gegen das gesetzliche Kopplungsverbot.

Durch Teilurteil vom 21.07.2006, auf das wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird, hat das Landgericht die vom Kläger beantragte Feststellung, dass der zwischen den Parteien am 23.02.2005 geschlossene Architektenvertrag wirksam und nicht aufgrund eines Kopplungsverbotes unwirksam sei, abgewiesen.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers.

Er trägt vor, das Landgericht habe seinen Vortrag nicht ausreichend gewürdigt. Die Beklagte habe sein Büro aus freien Stücken aufgesucht, um zunächst die Bebaubarkeit eines Grundstücks in der Straße "H." zu prüfen. Den Hinweis auf die Verkäuflichkeit von Grundstücken im Baugebiet A. habe er bereits Ende 2004 an die Beklagte gegeben, ohne irgendwelche Verpflichtungserklärungen in Bezug auf seine Architektentätigkeit zum Ausdruck zu bringen. Es sei dann zu einem Kontakt direkt mit Herrn C. gekommen. Zwischen dieser Kontaktaufnahme und dem Abschluss des Architektenvertrages hätten drei Monate gelegen. Die Beklagte habe später vom Zeugen C. auch ein weiteres Grundstück in dem Baugebiet A. erworben, ohne ihn einzuschalten. Entgegen der Annahme des Landgerichts sei der Zeuge C. also durchaus bereit gewesen, ohne Architektenbindung Grundstücke zu veräußern. Die Feststellung der Vorinstanz, für die Beklagte habe keinerlei Möglichkeit bestanden, von C. ohne seine Einschaltung ein Grundstück zu erwerben, sei daher unzutreffend.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Teilurteils des Landgerichts Duisburg vom 21.07.2006 festzustellen, dass der zwischen den Parteien vom 23.02.2005 geschlossene Architektenvertrag wirksam und nicht aufgrund eines Kopplungsverbotes unwirksam ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, sie habe den Kläger nicht wegen Architektenleistungen bzgl. des Grundstückes H. aufgesucht. Dieses Grundstück sei vielmehr vom Kläger per Inserat angeboten worden. Das Grundstück habe ihr nicht zugesagt, weshalb ihr das Grundstück im Baugebiet A. vom Kläger benannt worden sei. Herrn C. habe sie erst kurz vor dem Notartermin und nicht bei der Besichtigung dieses Grundstücks kennen gelernt. Zu diesem Zeitpunkt sei der Architektenvertrag aber abgeschlossen gewesen. Sie hätte den Beklagten nur deshalb in seinem Büro aufgesucht, um ein Grundstück zu erwerben, aber nicht, um Architektenleistungen in Anspruch zu nehmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Vortrag und Inhalt der gegenseitigen Schriftsätze und die zur Akte gereichten Urkunden sowie die Verhandlungsprotokolle verwiesen.

II.

Die Berufung hat Erfolg.

Der zwischen den Parteien geschlossene Architektenvertrag ist nicht wegen Verstoßes gegen das Kopplungsverbot gemäß Art. 10 § 3 MRVG i.V.m. § 134 BGB unwirksam. Die landgerichtliche Entscheidung ist von daher aufzuheben und die begehrte Feststellung auszusprechen.

Nach der angesichts der tatsächlichen Entwicklung auf dem Baumarkt, insbesondere der starken Stellung der Bauträgerträgergesellschaften, nicht unbedingt mehr zeitgemäßen Bestimmung des Art. 10 § 3 MRVG ist eine Vereinbarung unwirksam, durch die der Erwerber eines Grundstücks sich in Zusammenhang mit dem Erwerb eines Grundstücks verpflichtet, bei der Planung oder Ausführung eines Bauwerks auf dem Grundstück Leistungen eines bestimmten Ingenieurs oder Architekten in Anspruch zu nehmen. Die Vorschrift ist bewusst weit gefasst, um jegliche Kopplung zwischen Grundstückserwerb und Architektenauftrag zu unterbinden. Sie soll der Gefahr entgegen wirken, die dadurch entsteht, dass ein Architekt bei knapp gewordenem Baugrund ein Grundstück an der Hand und deshalb Wettbewerbsvorteile hat (st. Rspr. des BGH vgl. z.B. BauR 2006,1334,1335). Die Beweislast für die Umstände, die einen Zusammenhang zwischen Grundstückserwerb und Architektenvertrag i.S. des Art. 10 § 3 MRVG begründen, trägt derjenige, der sich auf die Unwirksamkeit aus diesem Grund beruft (vgl. BGH BauR 2000, 1213,1215; Korbion/Mantscheff/Vygen HOAI, Art. 10 MRVG § 3 Rdnr. 32). Entscheidend bei der Feststellung, ob die Verpflichtung des Erwerbers zur Inanspruchnahme von Architektenleistungen in Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstücks steht, ist, ob dem Erwerber das Grundstück nicht ohne seine Verpflichtung gegenüber dem Architekten von diesem vermittelt worden wäre (vgl. dazu BGH BauR 1975, 290). Maßgebender Gesichtspunkt ist also, ob der Architekt aus objektiv berechtigter Sicht des Erwerbers das Grundstück "an der Hand" hat. In wie weit für den Erwerber dabei ein Zwang zum Abschluss eines Architektenvertrags besteht, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei alle rechtlichen und tatsächlichen Umstände in der Anbahnung und Abwicklung der Geschäftsbeziehung zu berücksichtigen sind. Nur dann, wenn der Erwerber das Grundstück ohne Übernahme einer Architektenleistung erwerben kann, also eine freie Willensentscheidung des Erwerbers möglich ist, fehlt es an der missbilligten Kopplung (vgl. dazu noch Locher/Koeble/Frick, HOAI, Art 10 MRVG § 3 Rdnr. 11; Korbion/Mantscheff/Vygen HOAI, Art. 10 MRVG § 3 Rdnr. 30).

Daran gemessen verstößt das zwischen den Parteien vereinbarte Vertragsverhältnis über die Erbringung von Architektenleistungen nicht gegen das gesetzliche Kopplungsverbot. Zwar ist es schon nach der Aussage des Zeugen C. vor dem Landgericht so, dass der Kläger die betreffenden Baugrundstücke vermittelte und die "Anlaufstelle" für Kaufinteressenten war. Schließlich war es dem Kläger endlich gelungen, das dem Zeugen C. gehörende Grundstück zu Bauland zu machen, weshalb jener den Kläger gebeten hatte, sich um alles zu kümmern. Dies allein rechtfertigt aber noch nicht die Annahme einer vom Gesetz missbilligten Verknüpfung von Grundstücksgeschäft mit dem Architektenvertrag, den die Parteien unterzeichnet haben.

Zur Überzeugung des Senats steht nach der Anhörung der Beklagten in der Berufungsinstanz zum Zustandekommen des Geschäftskontakts und dem Abschluss des Architektenvertrags fest, dass ihre freie Willensentscheidung bei der Auswahl des Architekten nicht beeinträchtigt wurde, denn sie hätte das Grundstück auch aus ihrer Sicht ohne den Abschluss eines Architektenvertrages erhalten. Die Beklagte musste nämlich - wie es auch schon in den Schriftsätzen vom 16.12.2005, S. 4 (= Bl. 30 GA) und 08.05.2006, S. 10 (= Bl. 89 GA) anklang - einräumen, dass sie sich für den Kauf des Grundstücks des Herrn C. nach Besichtigung schon entschlossen hatte, als sie und ihr Ehemann das Büro des Klägers wieder aufsuchten. Als sie dem Kläger dies mitteilten, hat dieser ohne Einschränkung zugesagt, "die Verträge fertig zu machen", wobei noch erörtert wurde, bei welchem Notar dies geschehen würde. Erst danach wurde seitens des Klägers die Frage gestellt, ob die Beklagte schon einen Architekten an der Hand hätte. Der Entschluss der Beklagten, das Grundstück zu erwerben und die Zusage des Klägers, dass dies geschehen könne, wurden also unabhängig von dem Abschluss eines Architektenvertrags besprochen. Auch wenn es zum Abschluss des wirksamen Grundstücksgeschäftes noch der notariellen Beurkundung bedurfte, konnte daher bei der Beklagten nicht mehr der Eindruck entstehen, sie würde das Grundstück nicht erhalten, wenn sie mit dem Kläger keinen Architektenvertrag abschließen würde, zumal die Eheleute S. nach den Schilderungen des Ehemanns als Zeuge in erster Instanz zunächst gar nicht bemerkt haben wollen, dass der Beklagte Architekt ist. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt auch wesentlich von der vom Landgericht herangezogenen Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BauR 1981, 296). In jenem Verfahren ist der psychologische Druck zu Lasten des Erwerbers, einen Architektenvertrag abschließen zu müssen, um das Grundstück zu erhalten, deshalb bejaht worden, weil - obwohl ihm der Architekt versichert haben will, es bestünde keine Architektenbindung - mehrere Bewerber für ein Grundstück vorhanden waren, so dass bei dem Erwerber zwangsläufig der Eindruck entstehen musste, der Abschluss des Architektenvertrags sei dem gewünschten Grundstückskauf förderlich, weil der Architekt die Auswahl des Käufers beeinflussen würde. Eine vergleichbare Situation lag bei der Beklagten nicht vor. Die Beklagte und ihr Ehemann hatten keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, sie würde das Grundstück ohne Abschluss des Architektenvertrags nicht erhalten. Mangels Zusammenhang mit dem Erwerbsgeschäft i.S. der Vorschrift des Art. 10 § 3 MRVG ist daher der abgeschlossene Vertrag unter diesem Gesichtspunkt nicht nichtig.

III.

Da es sich um eine Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 301 ZPO handelt, bleibt die Kostenentscheidung dem Schlussurteil der ersten Instanz auch hinsichtlich der Kosten des Berufungsvorbringens vorbehalten.

Gründe, die Revision gemäß § 543 ZPO zuzulassen, liegen nicht vor.

Streitwert: 29.966,03 € (Feststellungsantrag - Hauptforderung ./. 20 %).

Ende der Entscheidung

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