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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 23.01.2007
Aktenzeichen: I-23 U 115/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, HOAI


Vorschriften:

ZPO § 513
ZPO § 529
ZPO § 540 Abs. 1 Ziff. 1
BGB § 631 Abs. 1 a.F.
BGB § 634 Abs. 1 S. 1 a.F
HOAI § 4 Abs. 2
HOAI § 5 Abs. 1
HOAI § 5 Abs. 2
HOAI § 5 Abs. 4
HOAI § 5 Abs. 4 S. 1
HOAI § 10 Abs. 2 Nr. 3
HOAI § 15
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das am 13.06.2006 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kleve teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.141,64 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.01.2005 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Auf die Widerklage wird festgestellt, dass dem Kläger gegenüber der Beklagten auch über den eingeklagten Betrag in Höhe von 18.319,57 € nebst Zinsen hinaus keine weitergehende Forderung aus dem streitbefangenen Architektenvertrag für das Objekt der Beklagten in A-H, M-S-Straße/L zusteht.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 91 %, die Beklagte zu 9 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Der Kläger verlangt Architektenhonorar, das über vereinbartes und bereits gezahltes Honorar hinausgeht. Die Beklagte beauftragte ihn im Jahr 1997 mit Planungs- und Bauleitungsaufgaben hinsichtlich der Gewerke Wasser, Abwasser, Heizung, Raumlufttechnik und Elektrotechnik für ein im Wege der Zwangsversteigerung erworbenen Objekt (Wohn- und Geschäftshaus) in A. Bei Auftragserteilung waren die Rohbauarbeiten und ein großer Teil der Ausbauarbeiten bereits fertig gestellt. Den Arbeiten des Klägers lag ein Angebot vom 29.01.07 über die Durchführung der Leistungsphasen 8 und 9 zugrunde, das die Beklagte angenommen hatte. In Anbetracht der bereits fertig gestellten Teile des Bauvorhabens hatten die Parteien für die Leistungsphase 8 einen Honorarsatz von 15 % vereinbart. Der Kläger rechnete zunächst mit Schlussrechnung vom 26.11.04 über 35.994,- € netto ab, wobei für die Leistungsphase 8 ein Honorarsatz von 33 % angesetzt war. Die Beklagten zahlten mit Abschlagszahlung lediglich 20.201,27 €. Da die tatsächlichen anrechenbaren Kosten des Bauvorhabens wesentlich höher liegen als in der ersten Schlussrechnung aufgeführt, erteilte der Kläger unter dem 17.10.05 eine neue Schlussrechnung über 44.907,82 €. Der Kläger hat behauptet, die Kostenexplosion beruhe auf nicht vorhersehbaren Planungsänderungen. Zudem sei über die konkrete Nutzung zahlreicher Räume erst im Laufe der Arbeiten entschieden worden, so dass er Leistungen neu habe ausschreiben müssen. Die Arbeiten der Leistungsphase 9 seien erbracht worden.

Hinsichtlich des Sachverhalts im Übrigen wird gem. § 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO auf die Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Der mit der Klage geltend gemachte Werklohnanspruch bestehe nicht mehr. Zwar sei er ursprünglich in Höhe von 20.953,09 € entstanden, er sei jedoch durch Zahlung in Höhe von 20.201,27 € erloschen. Die Restforderung von 751,82 € bestehe nicht, da der Kläger nicht ausreichend vorgetragen habe, die Leistungen gemäß der Leistungsphase 9 vollständig erbracht zu haben.

Eine darüber hinausgehende Forderung könne der Kläger aufgrund seiner Bindung an die vertraglichen Vereinbarungen nicht geltend machen. In der Vereinbarung des Honorarsatzes liege keine unzulässige Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI, da mit der Bewertung der 15 % für die Leistungsphase 8 nur zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass angesichts des Baufortschritts nur noch der verbleibende und noch auszuführende Teil der Bauleitung angeboten und Gegenstands des Vertrages geworden sei. Eine derartige teilweise Übertragung von Grundleistungen eines Leistungsbildes sei aber immer möglich. Die Voraussetzungen des Wegfalls oder der Störung der Geschäftsgrundlage hätten nicht vorgelegen. Der Kläger könne seine Forderung auch nicht auf die neue Schlussrechnung stützen, da er an die erste gebunden sei. Ein Vertrauenstatbestand sei geschaffen worden; insbesondere sei dem Kläger bekannt gewesen, dass dieser Rechnung lediglich eine Kostenschätzung zugrunde lag.

Die Widerklage sei zulässig und begründet, da eine Nachforderung infolge der Bindungswirkung der Schlussrechnung nicht mehr möglich sei.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger form- und fristgemäß Berufung eingelegt und diese begründet. Er wiederholt seinen erstinstanzlichen Sachvortrag und trägt ergänzend und vertiefend vor:

Er vertritt die Auffassung, dass in der Vereinbarung des Honorarsatzes mit 15 % eine unzulässige Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI liege. Dies ergebe sich daraus, dass der Leistungsumfang bei Auftragserteilung bewertet worden sei, ohne dass zu diesem Zeitpunkt der endgültige Aufwand festgestanden habe. So sei unberücksichtigt geblieben, dass bereits erbrachte Leistungen zerstört worden waren und für Teile des Gebäudes die Nutzung noch nicht festgestanden habe, was Planungsänderungen nach sich gezogen habe. Dieses Risiko könne nicht allein zu Lasten des Klägers gehen. Jedenfalls müsse dem Honorarsatz von 15% aber die Kostenfeststellung der neuen Schlussrechnung zugrunde gelegt werden, zumal diese Kosten von der Beklagten nicht bestritten worden seien. Die Schlussrechnung aus 2004 habe keine Bindungswirkung entfaltet, da die Leistungsbilder nicht vollständig enthalten seien. Ferner sei sie schon deshalb fehlerhaft gewesen, da ihr nicht die tatsächlichen Kosten zugrunde gelegen hätten. Zudem beziehe sich die Bindungswirkung ohnehin nur auf die Höhe der Forderung. Hiergegen sei jedoch nicht verstoßen worden, da die Klage auf die Höhe der ersten Rechnung begrenzt sei. Schließlich habe die Beklagte die Rechnung mit Schreiben vom 07.04.1997 zurückgewiesen.

Hinsichtlich der Leistungsphase 9 schulde er nicht die einzelnen Tätigkeiten, sondern den Erfolg. Insofern behauptet er, das Bauwerk sei bei Ablauf der Gewährleistungsfrist mangelfrei gewesen, so dass der Erfolg eingetreten sei. Auch habe er zur Erfüllung ausreichend vorgetragen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Kleve abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 18.319,57 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.01.2005 zu zahlen,

sowie die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, eine unzulässige Unterschreitung des Mindestsatzes liege nicht vor, da das Objekt bei Auftragserteilung weitgehend fertig gewesen sei. Der Kläger habe den Bauzustand genau gekannt, auch das Konzept, dass der Ausbau erst jeweils nach den Vermietungen erfolgen sollte, sei ihm bekannt gewesen. Die vom Kläger vorgeschlagene und von der Beklagten akzeptierte Bewertung habe in vollem Umfang den Objektanforderungen entsprochen. Hinsichtlich der Leistungsphase 9 schulde der Kläger bestimmte Tätigkeiten. Diese seien jedoch nicht erbracht. Es stehe auch nicht fest, dass das Bauwerk bei Ablauf der Gewährleistungsfristen mangelfrei gewesen sei. Der Kläger habe die geschuldete Begehung nicht durchgeführt. Die Bindungswirkung der ersten Schlussrechnung beziehe sich auch darauf, welche Kosten dieser zugrunde gelegen hätten. Sie habe sich auch nicht auf die mangelnde Prüffähigkeit berufen, sondern auf die Fehlerhaftigkeit der Abrechnung.

B.

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet, dem Kläger steht ein weiterer Anspruch auf Architektenhonorar gem. § 631 Abs. 1 BGB a.F. in Höhe von 4.141,64 € zu. Insoweit ist die Entscheidung des Landgerichts rechtsfehlerhaft und die zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine andere Entscheidung, § 513 ZPO. Im Übrigen ist die Berufung jedoch unbegründet.

1.

Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass der Kläger an seine erste Schlussrechnung vom 26.11.2004 gebunden ist und seiner Forderung somit nicht die tatsächlich angefallenen und in der Schlussrechnung vom 17.10.2005 aufgeführten anrechenbaren Kosten zugrunde legen kann. Dies trifft jedoch nach Auffassung des Senats nicht zu. Die erste Schlussrechnung vom 26.11.2004 war für den Kläger nicht bindend, so dass er erneut abrechnen konnte. Zwar liegt in der Erteilung einer Schlussrechnung regelmäßig die Erklärung, dass der Architekt seine Leistung abschließend berechnet hat.

Diese Erklärung hat erhebliches Gewicht, da sich aus ihr häufig für den Auftraggeber ein entsprechender Vertrauenstatbestand ergibt. Eine Nachforderung zur Schlussrechnung stellt jedoch nicht stets ein treuwidriges Verhalten dar. Nicht jede Schlussrechnung eines Architekten begründet beim Auftraggeber Vertrauen und nicht jedes erweckte Vertrauen ist schutzwürdig. Es müssen deshalb in jedem Einzelfall die Interessen des Architekten und die des Auftraggebers umfassend geprüft und gegeneinander abgewogen werden. Die Schutzwürdigkeit des Auftraggebers kann sich insbesondere daraus ergeben, dass er auf eine abschließende Berechnung des Honorars vertrauen durfte und sich darauf in einer Weise eingerichtet hat, dass ihm eine Nachforderung nach Treu und Glauben nicht mehr zugemutet werden kann (BGH, Urt. v. 05.11.1992 - VII ZR 52/91, NJW 1993, S. 659, 660; BGH, Urt. v. 05.11.1992 - VII ZR 50; 92, NJW 1993, S. 661; BGH, Urt. v. 19.02.1998 - VII ZR 236/96, NJW-RR 1998, S. 952, 953). Eine Bindungswirkung kommt insofern nur dann in Betracht, wenn der Auftraggeber substanziiert und überzeugend vorträgt, dass er sich auf die Höhe der Schlussrechnung im Sinne der BGH-Rechtsprechung "eingerichtet" hat (OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.05.2000 - 22 U 191/99, NJW-RR 2000, S. 1262; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 11. Aufl., 2005, Rdnr. 799).

Ein derartiger Fall lag hier nicht vor. Nach Abwägung der beiderseitigen Interessen kann nicht festgestellt werden, dass durch die Schlussrechnung vom 26.11.2004 ein derartiger Vertrauenstatbestand bei der Beklagten geschaffen worden wäre. Dies ist schon deshalb zu verneinen, weil die Rechnung nicht den Vereinbarungen der Parteien entsprach und für die Leistungsphase 8 einen Honorarsatz von 33 % auswies. Ferner war die Rechnung fehlerhaft, da sie entgegen § 10 Abs. 2 Nr. 3 HOAI nicht die tatsächlichen anrechenbaren Kosten zugrunde legte oder einen Kostenanschlag, sondern auf die geschätzten Werte des Angebotes zurückgriff. Da die Beklagte wusste, dass die Arbeiten des Klägers seit langem beendet waren und die Kosten deshalb feststanden, konnte sie nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass dieser nach den Zahlen des 8 1/2 Jahre zuvor erstellten Angebotes tatsächlich abrechnen wollte. Die Beklagte trägt denn auch in keiner Weise vor, dass sie auf die Endgültigkeit dieser Rechnung vertraut und sich entsprechend eingerichtet habe. Aus dem Schreiben vom 07.04.2005 geht vielmehr hervor, dass sie die Rechnung zurückgewiesen und deren Richtigkeit in mehrfacher Hinsicht bestritten hat. Ein Vertrauen auf deren Endgültigkeit kann sich somit nicht aufgebaut haben.

2.

Die Klageforderung kann jedoch auch nicht in vollem Umfang auf die zweite Schlussrechnung vom 17.10.2005 gestützt werden, da diese fehlerhaft ist. Dem Kläger steht vielmehr auch bei Zugrundelegung dieser Abrechnung nur noch ein Anspruch in Höhe von 4.141,64 € zu.

a.

Die Rechnung vom 17.10.2005 legt zunächst für die Leistungsphase 8 einen Honorarsatz von 33 % zugrunde, was den Vereinbarungen der Parteien nicht entspricht. Der Kläger hatte in Kenntnis des Standes des Bauvorhabens der Beklagten am 01.04.1996 ein Angebot unterbreitet, nach dem die Leistungsphase 8 - Objektüberwachung - mit einem Honorarsatz von 15 % abgerechnet werden sollte. Da die Beklagte dieses Angebot schriftlich angenommen hatte, ist der Kläger an diese Vereinbarung gebunden.

Die Vereinbarung war auch wirksam. Gem. § 5 Abs. 1 HOAI können die Parteien vereinbaren, dass dem Architekten - wie hier - nur einzelne Leistungsphasen übertragen werden. In diesem Fall enthält er nur den Prozentsatz des Gesamthonorars, der nach den Leistungsbildern auf die ihm übertragenen Leistungsphasen entfällt. Gem. § 5 Abs. 2 HOAI besteht darüber hinaus die Möglichkeit, dem Architekten nur Teile einzelner Leistungsphasen zu übertragen. Es ist Ausfluss der Vertragsfreiheit, dass der Auftraggeber berechtigt ist, Leistungen jeder Art aus dem von ihm zu erteilenden Auftrag herauszunehmen. Werden infolgedessen nur einzelne Grundleistungen erbracht, steht dem Architekten lediglich ein Honorar zu, welches dem Anteil der übertragenen Leistungen an der jeweiligen gesamten Leistungsphase entspricht (Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 6. Aufl., 2004, § 5, Rdnr. 21).

So lag der Fall hier. Die Beklagte wollte den Kläger mit der Leistungsphase 8 beauftragen, die Parteien waren sich jedoch bei Auftragserteilung darüber einig, dass nicht alle Grundleistungen erbracht werden mussten, da große Teile des Bauprojekts bereits fertig gestellt waren. In diesem Fall haben die Vertragsparteien die übertragenen und die nicht übertragenen Grundleistungen im Einzelfall selbst zu bewerten, wobei der geringere Leistungsaufwand durch eine Reduzierung des Vomhundertsatzes nach § 15 HOAI berücksichtigt werden muss und nicht etwa durch eine Verringerung der anrechenbaren Kosten (Koeble/Locher, Kommentar zur HOAI, 9. Aufl., 2005, § 5, Rdnr. 4). Hinsichtlich der Bewertung muss den Vertragsschließenden ein Bewertungsspielraum zugestanden werden, dessen Nachprüfbarkeit erschwert ist (Korbion/Mantscheff/Vygen, a.a.O., § 5 HOAI, Rdnr. 29). Die Parteien haben hier die Bewertung der noch zu erbringenden Grundleistungen der Leistungsphase 8 pauschal mit einem Honorarsatz von 15 % vereinbart. Der Grund lag darin, dass den Parteien zwar der Zustand des Bauobjektes bei Auftragserteilung bekannt war, der genaue Aufwand jedoch, wie der Kläger in der Berufungsbegründung selbst vorträgt, noch nicht absehbar war. Eine derartige Pauschalierung ist nach den obigen Grundsätzen auch zulässig, da es den Parteien grundsätzlich selbst überlassen bleiben muss, wie sie den übertragenen Teil der Grundleistungen bewerten. Zudem kann anstelle der Gebührensätze der HOAI für die Leistungen des Architekten generell auch ein Pauschalhonorar vereinbart werden (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 11. Aufl., 2005, Rdnr. 913), so dass es auch möglich sein muss, die Bewertung von Teilleistungen zu pauschalieren.

b.

Das Pauschalhonorar umfasst allerdings nur die vertraglich vereinbarten Leistungen. Besondere Leistungen kann der Architekt zusätzlich vergütet verlangen, wenn die Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 HOAI erfüllt sind. Bei unerwarteten Veränderungen der Baukostensumme, der Planungstätigkeit oder der zeitlichen Abwicklung des Bauvorhabens kann der Architekt bei einem Pauschalvertrag nur dann eine höhere Vergütung verlangen, wenn die Voraussetzungen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage vorliegen (Werner/Pastor, a.a.O., Rdnr. 917, 918). Beide Voraussetzungen sind hier indessen nicht gegeben, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat.

aa.

Dafür, dass zusätzliche vergütungspflichtge Leistungen, die von dem vertraglichen, vom Pauschalsatz umfassten Leistungsumfang abwichen, erbracht worden sind, trägt der Kläger die Darlegungs- und Beweislast. Gem. § 5 Abs. 4 S.1 HOAI besteht für besondere Leistungen ein Honoraranspruch nur dann, wenn ein Honorar schriftlich vereinbart worden ist und die Leistungen im Verhältnis zu den Grundleistungen einen nicht unwesentlichen Arbeits- oder Zeitaufwand verursachen (Werner/Pastor, a.a.O., Rdnr. 888). Angesichts dessen, dass sich die Parteien bei Abschluss des Vertrages darüber im klaren waren, dass der genaue Aufwand nicht vollständig absehbar war und sie dennoch einen Pauschalsatz vereinbarten, können diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall übertragen werden, so dass eine zusätzliche Vergütung jedenfalls nur dann verlangt werden kann, wenn die Leistungen wesentlich über den von den Parteien zunächst vorausgesehenen liegen. Dies ist aber weder ausreichend vorgetragen, noch durch die Beweisaufnahme bewiesen.

Eine genaue Aufstellung dessen, welche Tätigkeiten bei Vertragsschluss geplant waren und welche im Gegensatz dazu tatsächlich ausgeführt werden mussten, enthält der Klägervortrag nicht. Soweit er im Schriftsatz vom 22.05.2006 einige Planungsänderungen anführt, handelt es sich zum einen nur um Beispiele, aus denen eine Gesamtbeurteilung der Änderung des Auftrags nicht abgeleitet werden kann. Zum anderen ist aus der Aufstellung auch nicht ersichtlich, dass es dabei um wesentliche, bei Vertragsabschluss noch nicht erkennbare zusätzliche Planungsarbeiten ging. Vielmehr war nur die Ausrüstung einzelner Gewerbeeinheiten mit besonderen Elektroanlagen und die dafür erforderlich Planung betroffen. Dass diese Leistungen im Verhältnis zum Gesamtauftrag einen erheblichen Arbeits- und Zeitumfang ausmachten, ist nicht erkennbar.

bb.

Das Landgericht hat ferner zu Recht festgestellt, dass die Voraussetzungen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage jedenfalls nicht bewiesen sind und diese Feststellung nachvollziehbar auf die Aussage des Zeugen Grünhage gestützt. Aus dessen Sicht waren umfangreiche Planungsänderungen nach Vertragsschluss nicht mehr nötig, da große Teile des Objektes vorher bereits fertig gestellt waren. Auch die Gewerbenutzung habe bereits festgestanden, so dass beide Parteien bei Vertragsschluss den Umfang der weiteren Arbeiten absehen konnten. An diese Feststellungen ist der Senat gebunden. Anhaltspunkte, die gem. § 529 ZPO zu Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellungen Anlass geben könnten, sind nicht ersichtlich und werden auch vom Kläger mit der Berufungsbegründung nicht geltend gemacht.

b.

Die Vereinbarung eines Honorarsatzes von 15 % für die Leistungsphase 8 ist auch nicht gem. § 4 Abs. 2 HOAI unwirksam.

Es ist schon zweifelhaft, ob sich der Kläger auf eine solche Unwirksamkeit überhaupt berufen könnte. Dies wäre dann nicht der Fall, wenn er nach Treu und Glauben an die Vereinbarung gebunden wäre (Werner/Pastor, a.a.O., Rdnr. 915). Eine derartige Bindung kann dann eintreten, wenn sich die Abrechnung mit einem Honorarsatz in Höhe von 33 % als widersprüchliches Verhalten darstellt. Vereinbaren die Parteien eines Architektenvertrages ein Honorar, das die Mindestsätze in unzulässiger Weise unterschreitet, so verhält sich der Architekt, der später nach Mindestsätzen abrechnen will, widersprüchlich. Dieses widersprüchliche Verhalten steht nach Treu und Glauben der Abrechnung nach Mindestsätzen entgegen, sofern der Auftraggeber auf die Wirksamkeit der Vereinbarung vertraut hat und vertrauen durfte und wenn er sich darauf in einer Weise eingerichtet hat, dass ihm die Zahlung eines Differenzbetrags zwischen dem vereinbarten Honorar und den Mindestsätzen nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann (BGH, Urt. v. 21.08.1997 - VII ZR 13/96, NJW-RR 1997, S. 1448, 1449; OLG Köln, Urt. v. 17.11.2004 - 11 U 53/04, NZBau 2005, S. 467). Ein solcher Fall dürfte hier vorliegen, weil der Kläger seine bereits im Jahr 1997 erbrachten Leistungen erstmals 2004 abgerechnet hat. Es ist nicht ersichtlich, dass zwischen den Parteien in der Zwischenzeit das Thema des vereinbarten Honorarsatzes angesprochen oder die Vereinbarung in Frage gestellt worden wäre. Insofern konnte die Beklagte nach Treu und Glauben wohl davon ausgehen, dass sich der Kläger nach wie vor an das Angebot gebunden fühlte. Der ersten Schlussrechnung, der ein Honorarsatz von 33 % zugrunde lag, hat sie zudem auch aus diesem Grund unter Hinweis auf die Vereinbarung widersprochen.

Letztlich kann dies aber dahin stehen. Für einen Verstoß gegen die Preisregeln der HOAI trägt nämlich der Kläger die Darlegungs- und Beweislast (vgl. BGH, Urt. v. 13.09.2001 - VII ZR 380/00, NJW-RR 2002, S. 159, 160). Hierfür hätte er im Einzelnen vortragen müssen, dass Leistungen erbracht sind, die über 15 % der Grundleistungen der Leistungsphase liegen und letztlich alle von der HOAI vorgesehenen Grundleistungen der Leistungsphase 8 erfassen. Dies ist den Ausführungen des Klägers, der nur beispielhaft Tätigkeiten aufführt, nicht zu entnehmen.

c.

Dem Kläger war allerdings, da er - wie oben ausgeführt - an die Schlussrechnung vom 26.11.2004 nicht gebunden ist, unbenommen, mit Schlussrechnung vom 17.10.2005 auf der Grundlage der tatsächlich entstandenen anrechenbaren Kosten abzurechnen. Die Beklagte hat diese Kosten, jedenfalls soweit die technische Ausrüstung betroffen ist, nicht hinreichend bestritten. Soweit sie im Schriftsatz vom 21.11.2005 die Feststellungen zur Position "Bauwerk" in Zweifel zieht, ist dieser Vortrag nur beispielhaft und angesichts der differenzierten Aufstellung des Klägers zu pauschal. Anders als die Beklagte erstinstanzlich ausgeführt hat, ergeben sich aus der Kostenaufstellung auch nicht nur Gesamtsummen für die einzelnen Gewerke, vielmehr liegen den Gesamtsummen Einzelpunkte zugrunde, die auch in der Kostenfeststellung aufgeführt sind.

d.

Nicht nachvollziehbar ist dagegen für den Senat die Abrechnung für den raumbildenden Ausbau. Insofern steht dem Kläger weder ein vertraglicher noch ein gesetzlicher Anspruch auf Vergütung zu. Hierzu hat die Beklagte vorgetragen, dass Ausbauleistungen zum Teil unmittelbar im Auftrag der Mieter erbracht und auch mit diesen abgerechnet wurden. Angesichts dessen fehlt jeder genaue Vortrag des Klägers dazu, welche Arbeiten er hier eigentlich abrechnet und warum Arbeiten der Leistungsphase 1-9 erbracht worden sein sollen, die nicht unter die Honorarvereinbarung fallen. Da insofern weder feststellbar ist, dass die abgerechneten Arbeiten im Auftrag der Beklagten erbracht wurden, noch dass sie überhaupt in ihrem Interesse erfolgten (und nicht im Auftrag der Mieter), kommt hierfür weder ein Anspruch aus § 631 Abs. 1 BGB noch aus GoA in Betracht.

3.

Der Kläger hat darüber hinaus auch einen Anspruch auf den Werklohn für die in Leistungsphase 9 erbrachten Leistungen. Das Landgericht hat den Anspruch gemindert, ohne jedoch die Voraussetzungen und Grundlagen der Minderung festzustellen. Der Kläger hatte bereits im Schriftsatz vom 12.09.2005 vorgetragen, welche Leistungen er im Bereich der Abwicklung der Gewährleistungsfälle erbracht hatte. Die Beklagte hat diesen Vortrag nicht bestritten, sondern lediglich ihrerseits Mangelfälle behauptet, in denen der Kläger nicht tätig geworden sei. Selbst unter Berücksichtigung dieser Behauptung, nach der der Kläger die ihm übertragene Leistungsphase 9 nicht vollständig ausgeführt hat, liegen die Voraussetzungen der Minderung aber nicht vor. Erbringt nämlich der Architekt Teilleistungen einer Leistungsphase nicht, obwohl sie ihm übertragen war, entfällt der Honoraranspruch nach der neueren Rechtsprechung des BGH ganz oder teilweise nur dann, wenn der Tatbestand einer Regelung des allgemeinen Leistungsstörungsrechts des BGB oder des werkvertraglichen Gewährleistungsrechts erfüllt ist, die den Verlust oder die Minderung der Honorarforderung als Rechtsfolge vorsieht (BGH, Urt. v. 24.06.2004 - VII ZR 259/02, NJW 2004, S.2588, 2589; BGH, Urt. v. 11.11.2004 - VII ZR 128/03, NJW-RR 2005, 318, 322; BGH, Urt. v. 16.12.2004 - VII ZR 174/03, NZBau 2005, 163, 164; Koeble/Locher, HOAI, 9. Aufl., 2005, § 5, Rdnr. 14). Die HOAI regelt als öffentliches Preisrecht kein Vertragsrecht, so dass die HOAI keine rechtliche Grundlage dafür bietet, das Honorar des Architekten zu kürzen, wenn er eine vertraglich geschuldete Leistung nicht oder teilweise nicht erbracht hat. Umfang und Inhalt der vom Architekten geschuldeten Leistung richten sich nach dem Vertragsrecht des BGB und nicht nach den Leistungsbildern und Leistungsphasen der HOAI. Der vom Architekten geschuldete Gesamterfolg ist im Regelfall nicht darauf beschränkt, dass er die Aufgaben wahrnimmt, die für die mangelfreie Errichtung des Bauwerks erforderlich sind. Umfang und Inhalt der geschuldeten Leistung des Architekten sind, soweit einzelne Leistungen des Architekten, die für den geschuldeten Erfolg erforderlich sind, nicht als selbstständige Teilerfolge vereinbart worden sind, durch Auslegung zu ermitteln. Nach dem Grundsatz einer interessengerechten Auslegung sind die durch den konkreten Vertrag begründeten Interessen des Auftraggebers an den Arbeitsschritten zu berücksichtigen, die für den vom Architekten geschuldeten Werkerfolg erforderlich sind. Der Auftraggeber wird im Regelfall ein Interesse an den Arbeitsschritten haben, die als Vorgaben auf Grund der Planung des Architekten für die Bauunternehmer erforderlich sind, damit diese die Planung vertragsgerecht umsetzen können. Er wird regelmäßig ein Interesse an den Arbeitsschritten haben, die es ihm ermöglichen zu überprüfen, ob der Architekt den geschuldeten Erfolg vertragsgemäß bewirkt hat, die ihn in die Lage versetzen, etwaige Gewährleistungsansprüche gegen Bauunternehmer durchzusetzen, und die erforderlich sind, die Maßnahmen zur Unterhaltung des Bauwerks und dessen Bewirtschaftung zu planen. Eine an den Leistungsphasen des § 15 HOAI orientierte vertragliche Vereinbarung begründet im Regelfall, dass der Architekt die vereinbarten Arbeitsschritte als Teilerfolg des geschuldeten Gesamterfolgs schuldet. Erbringt der Architekt einen derartigen Teilerfolg nicht, ist sein geschuldetes Werk mangelhaft. Gewährleistungsrechte für ein mangelhaftes Werk können jedoch nur unter den im bürgerlichen Recht geregelten Voraussetzungen geltend gemacht werden (BGH, Urt. v. 11.11.2004 - VII ZR 128/03, NJW-RR 2005, S. 318, 322).

Selbst wenn also der Kläger nicht alle Leistungen der Leistungsphase 9 erbracht hätte, wäre sein Werk zwar mangelhaft, die Beklagte könnte den Werklohn jedoch gem. § 634 Abs. 1 S.1 BGB a.F. nur dann mindern, wenn sie dem Kläger zur Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten aus der Objektüberwachung eine Frist mit Ablehnungsandrohung gesetzt hätte. Hierzu ist jedoch nichts vorgetragen. Die Fristsetzung war auch nicht entbehrlich, da nicht ersichtlich ist, dass der Kläger die Leistung endgültig abgelehnt hat. 4.

Nach den obigen Ausführungen errechnet sich der Anspruch des Klägers anhand der zweiten Schlussrechnung bei Zugrundelegung eines Honorarsatzes von 15 % für die Leistungsphase 8 und 3 % für die Leistungsphase 9 wie folgt:

 § 68 Ziff. 1 (Bl. 85 GA)18.331,38 DM
§ 68 Ziff. 2 (Bl. 86 GA)17.453,52 DM
§ 68 Ziff. 3 (Bl. 87 GA)11.198,16 DM
 46.983,06 DM
abzügl. Abschlag 40.000,00 DM
 6.983,06 DM
zuzügl. MwSt.1.117,29 DM
 8.100,35 DM

Die Vergütung für den raumbildenden Ausbau entfällt.

Dies entspricht 4.141,64 €, die dem Kläger noch zustehen. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 280 Abs. 1, 288 Abs. 2. Im Übrigen ist die Berufung gegen die Entscheidung des Landgerichts über die Klage unbegründet.

5.

Die Berufung gegen die Entscheidung über die Widerklage ist unbegründet, das Landgericht hat ihr zu Recht stattgegeben. Dem Kläger steht nach den obigen Ausführungen kein Honoraranspruch mehr zu, der über den mit der Klage geltend gemachten Anspruch hinausgeht.

6.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Streitwert für die Berufungsinstanz: 44.907,25 €

Ende der Entscheidung

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