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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 23.03.2007
Aktenzeichen: I-23 U 133/06
Rechtsgebiete: ZPO, HGB, EGBGB, BGB, StBerG


Vorschriften:

ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
HGB §§ 238 ff
EGBGB Art. 229 § 5
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 286
BGB § 288 Abs. 2
BGB § 633 Abs. 2
BGB § 635
StBerG § 3
StBerG § 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 30.6.2006 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise geändert und insgesamt wie folgt gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 41.590,49 € nebst Zinsen in Höhe von 8,5 % seit dem 6.12.2000 zu tragen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin zu 44 % und die Beklagte zu 56 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 8 % und die Beklagte zu 92 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin und die Beklagte können die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des gegen sie aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch mit der Begründung, die Beklagte habe die ihr in Auftrag gegebenen Buchführungsarbeiten in den Jahren 1996, 1997 und 1998 mangelhaft ausgeführt und dadurch habe sie einen erheblichen steuerlichen Schaden sowie einen weiteren Schaden durch notwendig gewordene Korrekturarbeiten erlitten. Gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte nach Einholung von Sachverständigengutachten zur Zahlung von 45.115,70 € nebst Zinsen verurteilt und zu Begründung ausgeführt:

Die Beklagte habe ihre Pflichten aus dem Dienstvertrag über die Durchführung der Buchhaltungsarbeiten verletzt, weil ihre Buchführung nicht den Anforderungen der §§ 238 ff HGB entsprochen habe. Unbestritten sei die doppelte Verbuchung von Erlösen, was als Pflichtverletzung zu werten sei. Die Beklagte habe die Pflichtverletzung zu vertreten. Die der Beklagten überlassenen Rechnungsausgangsbücher mit den detaillierten Angaben zu den einzelnen Forderungen seien eine ausreichende Grundlage für eine ordnungsgemäße Buchhaltung gewesen, da daraus die Rechnungserstellung für bar bezahlte Verkäufe ohne Rückgriff auf die Originalrechnungen erkennbar gewesen seien. Der Klägerin sei ein Steuerschaden von 124.032,63 DM entstanden, da bei korrekter Verbuchung wegen des tatsächlichen Verlustes der Gesellschaft diese Steuern nicht festgesetzt worden wären. Etwaige steuerliche Vorteile der Anteilseigner berührten den Schaden der Klägerin nicht. Die Klägerin müsse sich aber ein Mitverschulden anrechnen lassen, weil sie es versäumt habe, gegen die Gewerbesteuermessbescheide und Gewerbesteuerbescheide, die aufgrund einer Betriebsprüfung im Jahre 2000 ergingen, Einspruch einzulegen. Die Einlegung eines Rechtsmittels sei Unternehmen schon grundsätzlich anzuraten und hier zudem konkret veranlasst gewesen, weil der Klägerin während der Einspruchsfrist die mangelhafte Buchführung der Beklagten zumindest zum Teil bekannt geworden sei. Die Klägerin könne sich nicht damit entlasten, dass sie der Beklagten die Steuerbescheide habe zukommen lassen. Denn sie habe gewusst, dass die Beklagte keine Steuerberaterin ist und als solche nicht tätig werden würde. Eine Einspruchsmöglichkeit gegen die Körperschaftssteuerbescheide habe hingegen nicht mehr bestanden. Hätte die Klägerin gegen die Gewerbesteuerbescheide Rechtsmittel eingelegt, wäre, wie das Sachverständigengutachten ergeben habe, die Steuerlast der Klägerin auf 69.968,63 DM (Körperschaftssteuer) reduziert worden. Ersetzen müsse die Beklagte über den Steuerschaden hinaus, die 18.270 DM Kosten, die der Klägerin durch die Einschaltung eines Steuerberaters zur Überprüfung der Buchhaltung entstanden seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Die Beklagte greift die Entscheidung mit der Berufung an, zu deren Begründung sie vorträgt:

Sie habe ihre vertraglichen Pflichten nicht verletzt. Eine den Anforderungen der §§ 238 ff HGB entsprechende Buchführung sei nicht geschuldet gewesen. Um Kosten zu sparen, habe die Klägerin eine debitorische Buchführung nicht gewollt und sich geweigert, ihr die Ausgangsrechnungen zur Verfügung zu stellen. In dem Rechnungsausgangsbuch sei nicht jede einzelne Ausgangsrechnung erfasst gewesen, die Buchführung sei auf der Grundlage des von der Klägerin übergebenen Kassenbuchs gefertigt worden, wobei ihr weder Tagessummenbons noch Kassenberichte vorgelegen hätten. Die Kassenaufzeichnungen der Klägerin seien erkennbar mangelhaft gewesen. Das Landgericht habe außer Acht gelassen, dass die Klägerin die Fehler der Buchführung hätte erkennen können. Der Schaden sei vom Landgericht unrichtig ermittelt. Auch gegen die Körperschaftssteuerbescheide hätte die Klägerin vorgehen können und müssen. Zudem habe das Landgericht es unterlassen, die Steuervorteile auf Grund der nachträglichen Forderungsabschreibung zu berücksichtigen. Mangels Pflichtverletzung hafte sie auch nicht für die eingeklagten Steuerberaterkosten.

Die Beklagte beantragt,

unter Änderung des am 30.6.2006 verkündeten Urteils des Landgerichts Mönchengladbach die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin führt aus:

Der Beklagten hätten, wie vom Landgericht zutreffend festgestellt, sämtliche Unterlagen vorgelegen, die eine mangelfreie Buchführung ermöglicht hätten. Doppelt erfasste Umsätze hätte die Beklagte ohne weiteres erkennen können und müssen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Beklagten mit dem Kassenbuch auch die Ausgangsrechnungen für getätigte Barverkäufe vorgelegen hätten, so dass bereits der Abgleich zwischen der dem Kassenbuch als Beleg beigefügten Ausgangsrechnungen mit den Daten des Rechnungsausgangsbuches ergeben hätte, welche konkreten Rechnungsbeträge sowohl im Rechnungsausgangsbuch als auch im Kassenbuch verzeichnet waren. Sie hätte damit die Doppelerfassung von Barerlösen - dies betreffe die im Kassenbuch mit dem Kürzel "TE Standgeld" aufgeführten Beträge - vermeiden können. Die Schadensberechnung des Landgerichts sei zutreffend, der eingetretene Schaden hätte im Hinblick auf die bereits vorgenommenen Ausschüttungen nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Die Umsatzsteuersonderprüfung habe nicht die entstandene Körperschaftssteuer berührt und es ergebe sich kein ertragssteuerrechtlicher Vorteil in den Jahren nach der Korrektur der Buchführungsfehler durch einen erhöhten Verlustvortrag. Die Gewinnausschüttungen und die dadurch ausgelöste Körperschaftssteuer habe nicht zu einem den Steuerschaden kompensierenden Verlustvortrag geführt. Im Übrigen werde der Schaden in Form der Körperschaftssteuerbelastung schon grundsätzlich nicht dadurch betroffen, dass ein Verlustvortrag zur Ermäßigung anderer Steuern führe.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch überwiegend nicht begründet. Die Beklagte schuldet der Klägerin Schadensersatz in Höhe von 41.590,49 €, weil sie die ihr in Auftrag gegebenen Buchführungsarbeiten mangelhaft ausgeführt hat.

Auf das Schuldverhältnis der Parteien sind die bis zum 31.12.2001 geltenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches anzuwenden, Art. 229, § 5 EGBGB.

Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Schadensersatz wegen der nach ihrer Behauptung nicht ordnungsgemäß ausgeführten Buchführungsarbeiten ergibt sich aus § 635 BGB. Entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung ist auf das Vertragsverhältnis mit der Beklagten als gewerblichem Unternehmer, die ausschließlich Buchführungsarbeiten und nicht Beratungsleistungen anbietet, Werkvertragsrecht anzuwenden.

1.

Die Beklagte, die ein Datenverarbeitungsunternehmen, kein Steuerberaterbüro betreibt, war ausschließlich beauftragt, Buchhaltungsarbeiten für die Klägerin auszuführen. Der Auftrag betraf keine Hilfe in Steuersachen, zu deren Wahrnehmung ihr die erforderlichen Qualifikationen gemäß §§ 3, 4 StBerG fehlten. Die Beklagte schuldete der Klägerin weder eine Beratung in Vermögensangelegenheiten oder bei der Abgabe von Steuererklärungen noch deren Vertretung gegenüber den Steuerbehörden, sondern entsprechend ihrem einzigen Leistungsangebot war sie ausschließlich mit der Buchführung betraut. Ihre Leistungspflichten waren auf eine fehlerfreie Erfassung und Auswertung der vorhandenen Daten, und daher auf bestimmte Arbeitsergebnisse und einen Erfolg im Sinne des Werkvertragsrechts (§ 631 Abs. 2 BGB) gerichtet. Dem steht nicht entgegen, dass es sich um dauernde Leistungen handelte und die Vergütung der Beklagten im Wesentlichen nach Zeitabschnitten bemessen war. Eine Werkleistung verliert ihren erfolgsbezogenen Charakter nicht schon dadurch, dass sie wiederholt zu erbringen ist (BGH Urt. v. 7.3.2002 - III ZR 12/01, GI 2002, 187 = NJW 2002, 1571 zum Fall einer gewerblichen Unternehmerin, die ausschließlich Buchführungsarbeiten anbietet; von Schubert, BC [= Bilanzbuchhalter und Controller] 2004, 229, 230; Willert, BC 2003, 158).

2.

Der Schadensersatzanspruch gemäß § 635 BGB erfasst sowohl die Kosten für die Beseitigung der Buchführungsmängel als auch die steuerlichen Nachteile. Die steuerlichen Nachteile stehen mit der mangelhaften Buchführungsleistung in einem engen und unmittelbaren Zusammenhang, denn die Buchführungsergebnisse schlagen sich wirtschaftlich in den Bilanzen und den steuerlichen Belastungen nieder.

3.

Die Beklagte hat ihre Leistungen mangelhaft im Sinne des § 633 Abs. 2 BGB erbracht. Dabei kann dahin stehen, ob der Auftrag, wie die Beklagte behauptet, gemäß einer Absprache mit der Klägerin ohne Vorlage der Einzelrechnungen aufgrund der Rechnungsausgangsbücher und der Kassenbücher erfolgen sollte.

Ein Werkmangel liegt vor, wenn die erbrachte Leistung mit Mängeln behaftet ist, die ihren Wert oder ihre Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern. Die von der Beklagten erstellte Buchführung ist in diesem Sinne fehlerhaft, da sie Doppelbuchungen enthält und dadurch der Forderungsbestand und die Erlöse unrichtig wiedergegeben sind. Eine solche Buchführung entspricht nicht den Anforderungen einer ordnungsgemäß ausgeführten Leistung, gleichviel, ob die Beklagte eine debitorische Buchführung schuldete oder nicht. Sowohl für die wirtschaftlichen Entscheidungen der Klägerin als auch für die Wahrung ihrer steuerlichen Belange, in die die Buchführungsergebnisse einfließen, war die von der Beklagten erbrachte Buchführung untauglich. Darüber sind sich die Parteien des Rechtsstreits auch einig. Die Buchführung ist auch deshalb mangelhaft, weil die Eröffnungswerte der Klägerin falsch angegeben wurden. Die Beklagte hatte nicht beachtet, dass es sich um eine Bargründung einer neuen Gesellschaft handelte und die Eröffnungswerte auch nach der Korrektur der ursprünglichen Buchungen von der Beklagten weiterhin falsch angegeben waren. Darauf, ob die Beklagte, wie sie behauptet, die Klägerin auf das Risiko hingewiesen hat, dass die Buchführung ohne Vorlage der Ausgangsrechnungen zu falschen Ergebnissen führen könnte, kommt es nicht an. Geschuldeter Erfolg war auch nach dem Vortrag der Beklagten im Rahmen des Auftrages eine inhaltlich richtige Buchführung und nicht eine von vorneherein mangelhafte Leistung. Ihr Vorbringen, der Klägerin sei bekannt gewesen, dass die Durchführung des Auftrages ohne Vorlage der Ausgangsrechnungen zu Mängeln der Buchführung führen könnte, beinhaltet die Behauptung einer Risikoübernahme durch die Klägerin bzw. die Vereinbarung eines Haftungsausschlusses, berührt aber nicht die Frage der Mangelhaftigkeit der Werkleistung.

4.

Die Beklagte haftet für Doppelbuchungen und deren Folgen. Die angebliche Risikoübernahme durch die Klägerin oder ein Haftungsausschluss greifen selbst dann nicht ein, wenn man die Behauptungen der Beklagten zu den Vertragsvereinbarungen als richtig unterstellt.

Die Beklagte hat in der Klageerwiderung vorgetragen, dass die von ihr vorgenommene Buchführung ohne Belege den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Tätigkeit nicht entsprach, die Klägerin auf dieser Art der Leistungserbringung aber bestanden habe, obwohl sie - die Beklagte - darauf hingewiesen habe, dass bei dieser Art der Sachbehandlung die Gefahr bestehe, dass der Gewinn zu hoch oder zu niedrig ausgewiesen werde. Eine solche Abrede - die Richtigkeit des Vortrages unterstellt - ist gemäß §§ 133, 157 BGB dahin auszulegen, dass die Beklagte nicht haften sollte, falls sich die Gefahr, auf die sie hingewiesen hatte, verwirklichen würde. Eine derartige, die gesetzliche Risikoverteilung beim Werkvertrag abändernde, Risikoübernahme durch den Auftraggeber setzt eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung zwischen den Parteien voraus (BGH Urt. v. 12.5.2005 - VII ZR 45/04, WM 2005, 1961 = BauR 2005, 1314; BGH, Urteil vom 17. Mai 1984 - VII ZR 169/82, BGHZ 91, 206, 213).

Es ist schon fraglich, ob der Vortrag der Beklagten die Annahme einer vertraglichen Vereinbarung zur Risikoübernahme rechtfertigt. Diese Frage braucht jedoch aus folgenden Gründen nicht beantwortet zu werden: Aus der Sicht der Klägerin bezog sich der Risikohinweis, den die Beklagte behauptet, nur darauf, dass ohne Vorlage der Rechnungsbelege und ohne debitorische Buchführung die Ergebnisse unrichtig sein könnten. Für Buchführungsfehler unter Auswertung der unstreitig überlassenen Unterlagen sollte dagegen die Gewährleistung der Beklagten nicht beschränkt sein. Die Buchführungsfehler der Beklagten, die zu den unrichtigen Ergebnissen und Darstellungen führten, beruhen aber auf der nicht ordnungsgemäßen und nicht sorgfältigen Auswertung der ihr überlassenen Unterlagen und nicht darauf, dass die Beklagte - möglicherweise entsprechend dem Willen der Klägerin - die Rechnungsbelege nicht eingesehen und auch keine debitorische Buchführung vorgenommen hat.

Die Beklagte erhielt von der Klägerin monatliche Rechnungsausgangsbücher und Kassenbücher. Bei einem Vergleich dieser Unterlagen ergab sich, dass in den Rechnungsausgangsbüchern Forderungen festgehalten waren, die auch in den Kassenbüchern aufgezeichnet waren. Dies hat die Sachverständige J im Rahmen der Überprüfung der Unterlagen ohne Prüfung von Einzelrechnungen in ihrem Gutachten vom 11.7.2002 festgestellt. Die doppelte Erfassung von Forderungen, die zu der Doppelbuchung von Erlösen führte, ergab sich damit schon aus den der Beklagten zur Verfügung gestellten Unterlagen. Das Gutachten der Sachverständigen J befasst sich zwar mit einer Reihe von Rechtsfragen, die keine Rolle spielen und/oder deren Bewertung allein dem Gericht obliegt. Es beantwortet aber auch die Beweisfrage des Landgerichts in dem Sinne, dass die Doppelbuchungen anhand der der Beklagten zur Verfügung gestellten Unterlagen erkennbar und damit vermeidbar waren. Der Senat hat ebenso wie das Landgericht keine Bedenken, die Ausführungen der Sachverständigen zu den tatsächlichen Feststellungen seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Die Gutacherin hat ihre Feststellungen nachvollziehbar unter Beifügung der ausgewerteten Unterlagen und unter Kenntlichmachung der jeweiligen Buchungen dargelegt. Einwände gegen die Feststellungen der Sachverständigen hat die Beklagte nicht erhoben, sie argumentiert vielmehr mit rechtlichen Überlegungen zur Haftungsbegrenzung. Die festgestellten Doppelbuchungen sind danach Mängel der Werkleistung, die selbst dann zu vermeiden war, wenn die Beklagte, wie sie behauptet, eine Gesamtsaldierung ohne Vorlage der einzelnen Ausgangsrechnungen und ohne Debitorenkonten durchführen sollte. Hinzu kommt, dass die Beklagte Doppelbuchungen spätesten bei der Saldierung zum 31.12.1996 festgestellt hat, die sie durch Korrekturbuchungen auszugleichen versuchte. Sie hatte daher in der Folgezeit besonderen Anlass, die überreichten Unterlagen wegen möglicher Doppelbuchungen zu überprüfen. Die Sachverständige führt in der Ergänzung ihres Gutachtens vom 7.7.2004 (GA 172) nach Auswertung der unterschiedlichen Buchungen der Beklagten hierzu aus: "Dies bedeutet, dass die Beklagte sich sehr wohl bewusst war, dass in der Kasse Einnahmen zur Bezahlung bereits verbuchter Forderungen und damit auch verbuchter Erlöse erfasst waren. Wenn und soweit der Sachvortrag der Beklagten richtig wäre, dass sie nicht wusste, dass Einnahmen, die im Kassenbuch aufgeführt sind, als Vereinnahmung von Forderungen zu betrachten sind, hätte sie konsequenterweise alle Einnahmen gegen Erlöse buchen müssen.". Da die Beklagte einen werkvertraglichen Erfolg schuldete, kann sie sich nicht mit Erfolg darauf berufen, sie verfüge nicht über die Kenntnisse der Sachverständigen. Sie hatte sich nach eigenem Vortrag verpflichtet, auf der Grundlage der überlassenen Unterlagen ein richtiges Buchführungsergebnis abzuliefern, und dies war, wie die Sachverständige festgestellt hat, möglich, weil die Doppelbuchungen aufgrund der ausgehändigten Unterlagen erkennbar waren.

Ein weiterer Mangel der Buchführung der Beklagten besteht darin, dass sie die Eröffnungswerte der Klägerin falsch ermittelt hat. Dies war vermeidbar, weil die Beklagte wusste, dass eine Bargründung der Gesellschaft erfolgt war und auch insoweit hatte die Klägerin nicht das Risiko einer falschen Buchführung selbst übernommen.

Soweit die Beklagte sich darauf beruft, die Fehler der Buchführung seien auch dadurch entstanden, dass die Klägerin die Kassenbücher und die Rechnungsausgangsbücher unübersichtlich und zum Teil mit unrichtigen Bezeichnungen geführt habe, kann sie das nicht entlasten. Es war ihre Buchführungsaufgabe, die Unterlagen auf Richtigkeit und Verwertbarkeit für die Buchführung zu überprüfen. Falls sie dabei auf Widersprüche und / oder unrichtige Bezeichnungen stieß, durfte sie nicht einfach verbuchen, sondern musste die Klägerin hinweisen und um Aufklärung bitten. Sie legt aber keinen einzigen konkreten Fall dar, bei dem sie wegen der Angaben der Klägerin (etwa wegen der Positionen Tageseinnahmen TE) nachgefragt hätte. Selbst wenn die Beklagte, wie sie vorträgt, auf Risiken hingewiesen hatte und eine debitorische Buchführung nicht schuldete, erschöpfte sich ihre Tätigkeit nicht darin, die Zahlen der Rechnungsausgangsbücher und der Kassenbücher zu addieren, vielmehr schuldete sie eine korrekte Zuordnung.

5.

Der Schadensersatzanspruch gemäß § 635 BGB setzt voraus, dass der Auftraggeber dem Unternehmer unter Fristsetzung verbunden mit einer Ablehungsandrohung zur Nachbesserung auffordert. Eine Mangelbeseitigungsaufforderung ist jedoch entbehrlich, wenn sie einen bereits eingetreten Schaden nicht mehr beseitigen kann (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs: vgl. BGH, Urteil vom 16.03.2000 - VII ZR 461/98; BauR 2000, 1190 = NJW 2000, 2020). Ein solcher Fall liegt hier vor vor. Soweit Buchführungsfehler aufgrund der Saldierung zum 31.12.1996 festgestellt worden waren, ging die Klägerin davon aus, dass die anschließenden Korrekturbuchungen der Beklagten diesen Mangel beseitigt hatten. Dass dies nicht der Fall war und auch die Buchführung der Folgejahre 1997 und 1998 im großen Umfang Doppelbuchungen von Erlösen aufwies, wurde erst bekannt, als die Steuerprüfung im Jahre 2000 stattfand und die Klägerin einen Steuerberater zur Kontrolle eingesetzt hatte. Da aufgrund der Feststellungen des Finanzamtes der Steuerschaden wegen der Buchführungsfehler festgestellt wurde, waren eine Mangelbeseitigungsaufforderung und eine Fristsetzung gegenüber der Beklagten überflüssig. Dies gilt auch für die im Rahmen der Überprüfung im Jahre 2000 entstandenen Steuerberaterkosten. Die Entbehrlichkeit der Fristsetzung ergibt sich noch unter einem weiteren Gesichtspunkt. Es bedarf keiner Fristsetzung, wenn der Unternehmer die vertragsgerechte Erfüllung endgültig und ernsthaft verweigert. Das gesamte Verhalten des Unternehmers ist dabei zu würdigen, nicht zuletzt seine Einlassung im Prozess (BGH Urt. v. 7.3.2002 - III ZR 12/01, NJW 2002, 1571, 1573; BGH Urt. v. 21.12.2001

- VII ZR 488/99, NJW-RR 2001, 383; Drossart, Handbuch des Fachanwalts für Bau- und Architektenrecht B. 2 Rdn. 99 Seite 429). Das Verhalten der Beklagten, die sich vorprozessual und in diesem Rechtsstreits immer auf den Standpunkt gestellt hat, sie habe angesichts des beschränkten Auftrages mit den Buchführungsmängeln nichts zu tun, rechtfertigt die Annahme, dass sie sich auch nicht durch eine Mangelbeseitigungsaufforderung mit Fristsetzung hätte umstimmen lassen.

6.

Das Landgericht hat der Klägerin zu Recht Schadensersatz in Höhe der für die Korrektur der Buchführung entstanden Kosten und der für die Jahre 1997 und 1998 festgesetzten Körperschaftssteuer zugesprochen. Der Schaden beträgt insgesamt 81.343,92 DM (18.270 DM Mangelbeseitigungskosten, 63.073,92 DM Steuerschaden), das sind 41.590,49 €.

a)

Die Klägerin hat an den Wirtschaftsprüfer und Steuerberater N 18.270 DM gezahlt. Der Schadensersatzanspruch besteht in dieser Höhe zu Recht. Der Steuerberater hat in seiner Rechnung vom 22.11.2000 insgesamt 63 Stunden a 250 DM netto berechnet. Diese Rechnung ist nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat Herr N nicht eine debitorische Buchführung in Rechnung gestellt, die sie, die Beklagte, nicht schuldete. Die Stunden sind ausweislich des Rechnungstextes angefallen für: "Durchsicht der Buchhaltungen der Jahre 1996 bis 1998. Feststellung der Falschbuchungen der Jahre 1996 bis 1998 und deren Auswirkungen auf die Debitorenbuchhaltung. Retrograde Ermittlung des Forderungsbestandes über Zahlungseingänge. Anpassung der Saldovorträge zum 1. Juli 2000 an den vorhandenen Forderungsbestand." Danach betrifft die Rechnung ausschließlich die Korrekturen der mangelhaften Werkleistung der Beklagten und nicht zusätzliche, von der Beklagten nicht geschuldete Leistungen. Die Höhe des Stundensatzes wird von der Beklagten nicht angegriffen.

b)

Der Klägerin ist auch ein Steuerschaden entstanden, da in den Jahren 1997 und 1998 Körperschaftssteuer angefallen ist, die bei richtiger Buchführung nicht angefallen wäre.

Die Doppelbuchung von Erlösen führte dazu, dass die Bilanz einen positiven wirtschaftlichen Stand des Unternehmens auswies, der tatsächlich nicht vorlag. Es wäre bei zutreffender Buchführung keine Körperschaftssteuer angefallen, wie die Sachverständige Jonat nach Auswertung der Unterlagen in ihrem ergänzenden Gutachten vom 23.6.2005 festgestellt hat. Selbst wenn man einen Sicherheitsabschlag bei der Ermittlung der Doppelbuchungen annehmen wollte, ergibt sich keine zu zahlende Körperschaftssteuer in diesen Jahren. Der Körperschaftssteuerschaden war nur zu einem geringen Teil durch neue Steuerbescheide korrigierbar. Auf der Grundlage der unrichtigen Gewinnsituation hatte die Klägerin nämlich in den Jahren 1997 und 1998 Ausschüttungen vorgenommen, die im sogenannten Schüttaus-Holzurückverfahren wieder als Einlagen zum Zweck der Kapitalerhöhung in die GmbH eingelegt worden waren. Unstreitig ist, dass die Klägerin bei richtigem Buchführungsergebnis mangels tatsächlicher Gewinne so nicht vorgegangen wäre. Wären die Ausschüttungen und Wiedereinzahlungen unterblieben, hätten die tatsächlichen Verluste der Gesellschaft als Verlustrücktrag zu einer Minderung der Körperschaftssteuer genutzt werden können, so dass der Steuerschaden infolge der mangelhaften Buchungen hätte korrigiert werden können. Das von der Klägerin vorgenommene Schüttaus-Holzurückverfahren von angeblichen Unternehmensgewinnen hinderte jedoch eine derartige nachträgliche Korrektur.

Das Landgericht hat den Schadensbetrag aber mit 69.968,63 DM zu hoch bemessen, da es die gesamte gezahlte Körperschaftssteuer gemäß den Bescheiden vom 18.6.1999 für das Jahr 1997 und vom 1.10.1999 für das Jahr 1998 zugrunde gelegt hat. Dies ist wohl schon deshalb unrichtig, weil der Steuerbescheid für das Jahr 1997 nicht, wie von der Sachverständigen angegeben 2.354,74 DM, sondern 2.202,87 DM ausweist, so dass sich unter Berücksichtigung der Körperschaftssteuer für 1998 von 67.613,89 DM eine steuerliche Gesamtbelastung von 69.816,76 DM ergibt. Nach dem Vortrag der Klägerin sind auch die Körperschaftssteuerbescheide aufgrund der Betriebsprüfung geändert worden. Wie die Sachverständigen J im Einzelnen erläutert hat, konnte eine solche Änderung nur zu einer Reduzierung der Körperschaftssteuer auf 63.073,92 DM führen. Dabei geht die Sachverständige zu Recht davon aus, dass wegen der vorgenommenen Ausschüttungen eine weitergehende Reduzierung der Körperschaftssteuer ausschied. Dies stimmt überein mit dem Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zur Körperschaftssteuer vom 2.3.2001. Da nach dem eigenen Vortrag der Klägerin die Bescheide geändert wurden, können nur die Daten zugrunde gelegt werden, die wegen der Ausschüttungen in jedem Fall anfielen, das sind 63.073,92 DM.

Entgegen der Behauptung der Beklagten sind auf diesen Steuerschaden keine Vorteile anzurechnen. Aus den Bescheiden vom 2.3.2001 und 11.11.2002 für die Körperschaftssteuer 2001 ergibt sich, dass die tatsächlichen Verluste aus 1996 bis 1998 nicht zu einer Minderung der Steuerlast im Rahmen der Körperschaftssteuer führten. Soweit sich die tatsächlichen Verluste bei der Umsatzsteuer und der Gewerbesteuer auswirkten, ist dies nicht erheblich, da derartige Steuerschäden nicht (jedenfalls nicht mehr in der Berufungsinstanz) in Rede stehen. Es ist festzuhalten: Bei richtiger Buchführung wären 1997 und 1998 keine Ausschüttungen erfolgt und es wäre keine Körperschaftssteuer angefallen. Nur dann, wenn die Klägerin die tatsächlichen Verluste aus 1996 bis 1998 bei der Körperschaftssteuer in den Folgejahren hätte anmelden können, so dass sie in den Folgejahren statt Körperschaftssteuer zu zahlen insoweit steuerfrei geblieben wäre, wäre der Nachteil der Belastungen 1997 und 1998 ganz oder teilweise ausgeglichen. Eine solche Reduzierung der Körperschaftssteuer durch die nachträgliche Geltendmachung der Verluste ergibt sich jedoch nicht und ist nach den Feststellungen der Sachverständigen ausgeschlossen.

7.

Ein Mitverschulden der Klägerin, weil sie in den der Beklagten überlassenen Unterlagen die Rechnungen und Erlöse nicht derart kenntlich gemacht hatte, dass eine Fehlbuchung der Beklagten nicht möglich war, ergibt sich nicht. Diese würde bedeuten, dass der Klägerin die Kenntnis und Sorgfalt auferlegt würde, wegen der sie gerade die Beklagte beauftragt hat. Ein Mitverschulden wegen unterlassener Rechtsmitteleinlegung ergibt sich nach dem hier vertretenen Ergebnis, wonach nur der nicht korrigierbare Steuerschaden zugrunde zu legen ist, nicht.

8.

Der Zinsanspruch ist aus Verzug begründet, §§ 286, 288 Abs. 2 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Streitwert für die Berufungsinstanz: 45.115,70 €

Ende der Entscheidung

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