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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 25.11.2008
Aktenzeichen: I-23 U 64/08
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, AO


Vorschriften:

ZPO § 287
ZPO § 529
BGB § 249
BGB § 280
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 1 Satz 2
BGB § 280 Abs. 2
BGB § 286
BGB § 288
BGB § 288 Abs. 1
AO § 153
AO § 233 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 13.3.2008 verkündete Urteil des Landgerichts Krefeld abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.303,02 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.4.2006 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des 1. Rechtszuges fallen dem Kläger zu 67 %, dem Beklagten zu 33 % zur Last. Die Kosten des 2. Rechtszuges fallen dem Kläger zu 70 %, dem Beklagten zu 30 % zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat überwiegend Erfolg.

Im Umfang der Abänderung des angefochtenen Urteils beruht die Entscheidung des Landgerichts auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO); die gemäß § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine andere Beurteilung.

I.

Der Beklagte schuldet dem Kläger gemäß § 280 BGB Ersatz der geltend gemachten ihm gemäß § 233 a AO für die Veranlagungsjahre 1999 und 2000 auferlegten - Nachzahlungszinsen (6 % p.a.) abzüglich eines geschätzten Vorteils von 2 % p.a., also in Höhe von (2.060 x 4/6 =) 1.373,33 Euro, weiterhin Ersatz der Kosten des Steuerberaters M, die ihm im Zusammenhang mit der Korrektur der Einkommensteuererklärungen für 1999 und 2000 angefallen sind, in geschätzter Höhe von 929,69 Euro und schließlich gemäß § 288 Abs. 1 BGB Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Die weitergehende Klage ist unbegründet. Das gilt auch für den Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten von 313,86 Euro, die nach einem Streitwert von 6.594,49 Euro berechnet sind.

1. Das Landgericht ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass der Beklagte Pflichten aus dem Steuerberatervertrag mit dem Kläger nicht verletzt hat. Der Beklagte hat bei der Erstellung der Einkommensteuererklärungen des Klägers für die Veranlagungsjahre 1999 und 2000 sehr wohl Fehler begangen. Er hat den Sachverhalt hinsichtlich der absetzbaren Schuldzinsen des Klägers im Zusammenhang mit der Finanzierung einer Eigentumswohnung nicht ordnungsgemäß aufgeklärt, Schuldzinsen als Werbungskosten auf Grund einer nicht aussagekräftigen Urkunde deklariert, statt insoweit auf die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte der Erwerbergemeinschaft aus Vermietung und Verpachtung hinzuweisen, Fehler in Steuerbescheiden nicht aufgedeckt und es schließlich unterlassen, unverzüglich die Berichtigung dieser Fehler gemäß § 153 AO zu veranlassen. a. Ein Steuerberater ist verpflichtet, den von ihm zu beurteilenden Sachverhalt durch Einsichtnahme in Belege und / oder Rückfrage beim Mandanten aufzuklären und ggf. den Mandanten darüber zu unterrichten, dass er zur sachgerechten Erledigung seines Auftrags weitere Unterlagen und / oder Auskünfte benötige. Von dieser Verpflichtung ist er auch dann nicht befreit, wenn der Mandant bei gehöriger Sorgfalt von sich aus hätte erkennen können, welche (weiteren) Unterlagen der Steuerberater benötigen könne (Senat, Urt.v. 20.12.2001, 23 U 49/01, ZIP 2002, 616 f; Zugehör, Schwerpunkte der zivilrechtlichen Haftung des Steuerberaters, DStR 2007, 673 f / 676 m.w.N.).

b. Die unter a. aufgeführten Pflichten hat der Beklagte nicht ordnungsgemäß erfüllt.

Er hat der als Anlage 2 der Klageerwiderung beigefügten Urkunde der G-B fehlerhaft entnommen, dass der Kläger im Jahre 1999 im Zusammenhang mit der Finanzierung der von ihm erworbenen Eigentumswohnung mit Schuldzinsen von 8.431,16 DM belastet wurde, und hat diesen Betrag im Veranlagungsjahr 1999 fehlerhaft als Werbungskosten deklariert. Bei genauerem Studium der Urkunde der G-B hätte ihm auffallen müssen, dass es sich hierbei nur um einen Vordruck für einen Antrag auf Kontoeröffnung und Einräumung eines Kredits handelte und keinerlei Aussagen darüber beinhaltete, in welchem Umfang im Veranlagungsjahr 1999 Zinsen anfielen. Bei genauerem Studium des ihm überlassenen Kaufvertrages zwischen dem Kläger und der B-B GmbH vom 26.11.1999 hätte ihm weiter auffallen müssen, dass die B-B GmbH es gemäß II. 1. des Vertrages übernommen hatte, für die Mitglieder der Erwerbergemeinschaft die Anträge zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu stellen, soweit dies für die Anerkennung von Werbungskosten erforderlich war. Er hätte den Kläger bereits vor Erhalt der Bescheinigung der B-B-GmbH vom 9.2.2000 für 1999 darauf hinweisen müssen, dass er nach den ihm vorliegenden Unterlagen Schuldzinsen nicht in Abzug bringen könne, die Schuldzinsen von der B-B GmbH in einem gesonderten Feststellungsverfahren steuerlich geltend gemacht würden und das Ergebnis des Feststellungsverfahrens bei der Einkommensteuer des Klägers zu berücksichtigen sei. Nach Erhalt der Bescheinigung der B-B GmbH vom 9.2.2000 hätte der Beklagte die von ihm für 1999 erstellte Einkommensteuererklärung überprüfen müssen und dem Finanzamt nicht nur die Bescheinigung der B-B GmbH vom 9.2.2000 übersenden, sondern den Kläger auch veranlassen müssen, die fehlerhafte Steuererklärung für 1999 gemäß § 153 AO unverzüglich zu berichtigen. Nach Erhalt der Steuerbescheide vom 31.8.2000 und 14.4.2001 hatte der Beklagte nochmals Anlass, die von ihm erstellte Einkommensteuererklärung für 1999 zu überprüfen und den Kläger zu veranlassen, seine fehlerhaften Angaben hinsichtlich der Schuldzinsen gegenüber dem Finanzamt gemäß § 153 AO unverzüglich zu korrigieren. Der Beklagte hätte ohne großen Aufwand seine Fehler erkennen können, da das Finanzamt im 1. Bescheid nachgefragt hatte, warum keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vorlägen, und im 2. Bescheid zusätzlich zu den vom Kläger fehlerhaft deklarierten Schuldzinsen von 8.645 DM die sich aus der Aufstellung der B-B GmbH ergebenden Schuldzinsen von 40.734 DM angesetzt hatte.

Auch für das Veranlagungsjahr 2000 ist es infolge unterlassener Aufklärung des Sachverhalts durch den Beklagten zu einem überhöhten Abzug von Schuldzinsen gekommen. Bei sorgfältiger Auswertung der Bescheinigungen der B-B GmbH für 1999 und 2000 hätte der Beklagte erkennen können, dass das von ihm deklarierte Disagio der L B W bereits in den Bescheinigungen der B-B GmbH berücksichtigt war. Eine weitere Pflichtverletzung ist dem Beklagten insoweit nach Erhalt des Steuerbescheids vom 14.12.2001 anzulasten. Anstatt den Sachverhalt aufzuklären und gemäß § 153 AO die unverzügliche Berichtigung zu veranlassen, schrieb er dem Kläger unter dem 18.12.2001, er könne sich nicht erklären, wieso das Finanzamt neben den erklärten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einen weiteren Beteiligungsverlust von 12.722 DM angesetzt habe, wolle aber keine weitere Aufklärung vornehmen.

2.

Das Verschulden des Beklagten ist gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB zu vermuten. Der Beklagte hat nichts zu seiner Entlastung vorgetragen.

3. Der geltend gemacht Schaden ist vom Beklagten verursacht worden. Hätte der Beklagte pflichtgemäß von Anfang an den Sachverhalt wegen der absetzbaren Schuldzinsen aufgeklärt, wären von Anfang an nur die tatsächlich angefallenen Schuldzinsen als Werbungskosten deklariert und die Nachzahlungszinsen gemäß § 233 a AO sowie die Korrekturkosten des Steuerberaters M vermieden worden. Der Zurechnungszusammenhang zwischen der Pflichtverletzung des Beklagten und dem Schaden des Klägers wird nicht dadurch aufgehoben, dass möglicherweise auch das Finanzamt Anlass hatte, die Richtigkeit der vom Beklagten gefertigten Steuererklärungen für 1999 und 2000 zu bezweifeln, und deshalb Fehler bei Erlass der Steuerbescheide begangen hat. Ein etwaiger Fehler des Finanzamts entlastet den Beklagten nicht, weil er auf der Annahme eines falschen Sachverhalts beruht, die durch ordnungsgemäße Erfüllung der Vertragspflichten durch den Beklagten hätte verhindert werden können (BGH Urt.v. 21.9.2000, IX ZR 439/99, NJW 2000, 3560/3561; Zugehör, a.a.O. Seite 681).

4. Die Höhe der vom Finanzamt festgesetzten Nachzahlungszinsen hat der Kläger unbestritten mit 2.060 Euro beziffert. Diese Zinsen sind um Vorteile zu mindern, die der Kläger infolge verspäteter Steuerzahlung erlangt hat. Der Beklagte hat auf Seite 7 der Klageerwiderung unter Nr. VI Vorteile des Klägers in Gestalt ersparter Kreditzinsen, die dem Kläger dadurch entstanden seien, dass er öfter sein Konto überzogen habe, angedeutet. In der Berufungserwiderung hat er auf sein erstinstanzliches Vorbringen ergänzend Bezug genommen. Der Kläger ist dem erstinstanzlichen Vortrag des Klägers zur Kontoüberziehung nicht entgegengetreten, sondern hat auf Seite 9 seines Schriftsatzes vom 14.12.2007 lediglich eingewandt, der Beklagte verstoße mit seinem Vortrag zur Kontoüberziehung gegen seine Verschwiegenheitspflicht. Dieser Einwand des Klägers ist nicht erheblich. Der Steuerberater, der von seinem Mandanten in Regress genommen wird, verstößt nicht gegen seine Verschwiegenheitspflicht, wenn er zu seiner Verteidigung Kenntnisse aus den Vermögensverhältnissen des Mandanten verwertet. Der Senat pflegt in vergleichbaren Fällen den Schaden in Gestalt von Nachzahlungszinsen gemäß § 287 ZPO um 2/6 zu kürzen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Mandant in der streitgegenständlichen Zeit entweder sein Geld gewinnbringend anlegt oder Kreditzinsen erspart hätte. Da der Sachvortrag der Parteien eine konkretere Berechnung nicht zulässt, hat der Senat auch im vorliegenden Fall gemäß § 287 ZPO eine Kürzung der geltend gemachten Nachzahlungszinsen um 2/6 vorgenommen.

Der schlüssig begründeten Schätzung der Kosten zur Korrektur der fehlerhaften Steuererklärungen in Höhe von 929,69 Euro ist der Beklagte nicht entgegengetreten.

5. Dem Kläger ist kein Mitverschulden anzulasten. Es war Aufgabe des Beklagten, die Steuererklärungen für die Jahre 1999 und 2000 ordnungsgemäß zu erstellen und den Steuersachverhalt ordnungsgemäß aufzuklären. Die hierzu notwendigen Unterlagen hat er vom Kläger erhalten.

6. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 BGB.

Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten kann der Kläger nicht verlangen. Abgesehen davon, dass vorgerichtliche Anwaltkosten allenfalls in einer Höhe zu erstatten wären, die nach einem Gegenstandswert von 2.303,02 Euro berechnet wären (tatsächlich berechnet der Kläger die zu erstattenden vorgerichtlichen Anwaltskosten auf Seite 9 der Klageschrift nach einem Gegenstandswert von 6.594,49 Euro), hat der Kläger den Erstattungsanspruch auch dem Grunde nach nicht schlüssig dargelegt. Der allein in Frage kommende Anspruch aus Verzug gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286, 249 BGB (BGH Urt.v. 7.11.2007, VIII ZR 341/06, NJW 2008, 1888) setzt voraus, dass der Beklagte bereits in Verzug war, als die geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten anfielen; das erst den Verzug begründende anwaltliche Mahnschreiben ist dagegen nicht erstattungsfähig (Palandt-Heinrichs, BGB, 67. Aufl. 2008, § 280 Rdn. 45). Hierzu fehlt jedoch jeglicher Vortrag des Klägers.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist gemäß §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO gerechtfertigt.

Streitwert für die 2. Instanz: 2.989,69 Euro.

Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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