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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 04.11.2005
Aktenzeichen: I-23 U 70/05
Rechtsgebiete: ZPO, EGBGB, AO


Vorschriften:

ZPO § 513
ZPO § 522 Abs. 2
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
ZPO § 529
EGBGB Art. 229 § 5 Satz 1
AO § 152 I
AO § 168
AO § 240
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Die Beklagten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 22.11.2005.

Gründe: 1. Die Berufung der Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg, § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung des Landgerichts beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zu Grunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 ZPO. Auf das Schuldverhältnis findet das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung Anwendung, Art. 229, § 5 Satz 1 EGBGB. a. Verspätungszuschläge können die Beklagten weder unter dem Gesichtspunkt des Verzuges noch aus positiver Vertragsverletzung des Steuerberatervertrages ersetzt verlangen. Das Landgericht hat auf der Grundlage der Senatsrechtsprechung (Urteil vom 29.4.2003 - 23 U 121/02 = OLGR 2003, 331) im Ergebnis zu Recht nicht nur einen Verzug des Klägers, sondern auch eine sonstige Verletzung von Steuerberaterpflichten verneint. Verspätungszuschläge werden vom Finanzamt gemäß § 152 I AO gegen denjenigen festgesetzt, der seiner Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklärung nicht fristgemäß nachkommt. Hier wurden Verspätungszuschläge erhoben zur von der Beklagten zu 1. zu entrichtenden Lohnsteuer 1998, 1999 und 2002, Körperschaftsteuer 1999 und Umsatzsteuer 1997 sowie vom Beklagten zu 2. zu entrichtenden Umsatzsteuer 1997 bis 2002. Dem Beklagten zu 2., der jedenfalls seit 1984 ein Bauunternehmen betrieb, 1990 die Beklagte zu 1. gründete und seither auch deren Geschäfte führte, musste auf Grund jahrelanger Erfahrung hinreichend bekannt sein, welche Unterlagen der Kläger zur sachgerechten Erledigung der monatlich abzugebenden Lohnsteueranmeldungen und Umsatzsteuervoranmeldungen benötigte und innerhalb welcher Fristen diese Steuereranmeldungen abzugeben waren. Die Zeitpunkte, zu denen monatlich oder vierteljährlich die Lohn- und Umsatzsteuer zu zahlen ist, stehen von vorn herein fest und können den im Schreibwarenhandel erhältlichen Kalendern entnommen werden. Der Senat geht davon aus, dass jeder Gewerbebetrieb über einen solchen Kalender verfügt. Die Beklagten bedurften daher insoweit keiner besonderen Belehrung des Klägers. Die Entscheidung des Senats vom 29.4.2003 betraf einen Einzelfall, in dem es vor allem um verspätete Einkommensteuererkärungen ging. Die dort aufgestellten Grundsätze können nicht schematisch auf jeden Fall, in dem vom Finanzamt Verspätungszuschläge erhoben wurden, übertragen werden; schon gar nicht auf einen Fall, in dem die Säumnisse des Mandanten, wie sie für die Beklagten den Kontoauszügen des Finanzamts K zu entnehmen sind, sich systematisch über viele Jahre erstrecken. Im übrigen hat der Kläger auf den Seiten 10 f seines Schriftsatzes vom 14.3.2005 vorgetragen, dass seine Mitarbeiterin K mehrfach im Monat bei den Beklagten angerufen und an die Hereingabe der Buchführungsbelege erinnert habe. Er hat den Ablauf der Lohn- und Umsatzsteueranmeldungen im einzelnen geschildert und die Säumnisse der Beklagten an Hand von konkreten Beispielen dargelegt. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist dieser Vortrag des Klägers hinreichend substantiiert. Unsubstantiiert ist nur ihre Einlassung hierauf. Sie haben auf Seite 2 ihres Schriftsatzes vom 17.3.2005 den nach ihrer Auffassung unsubstantiierten Vortrag des Klägers nur pauschal bestritten, ohne auf die Beispiele einzugehen und konkret mitzuteilen, wann sie denn dem Kläger die Buchführungsbelege jeweils zur Verfügung gestellt haben. Der Senat hat an keiner Stelle des von der Beklagten zitierten Urteils vom 29.4.2003 ausgeführt, der Steuerberater sei darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass er die pünktliche Abgabe der Steuererklärungen mit Rat und Tat gefördert hat. Es ist vielmehr Sache des klagenden Mandanten, die Pflichtverletzung des Steuerberaters darzulegen und zu beweisen. Ersatz des Verspätungszuschlags zur Körperschaftssteuer der Beklagten zu 1. für 1999 kann diese ebenfalls nicht verlangen, weil sie nicht dargelegt hat, wie es zur Verzögerung der Abgabe der Körperschaftssteuer für 1999 gekommen ist und warum der Kläger dies zu vertreten hat.

b. Den Beklagten steht auch kein Anspruch auf Ersatz der Säumniszuschläge zu. Säumniszuschläge werden gem. § 240 AO erhoben, wenn eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet wird. Das Landgericht hat auch insoweit zutreffend eine Pflichtverletzung des Klägers verneint. So weit die Steuern in den Beklagten zugesandten Steuerbescheiden festgesetzt wurden, konnten die Beklagten den Steuerbescheiden entnehmen, wann die Steuer zu entrichten war und welche Folgen die Nichteinhaltung der Zahlungsfrist haben würde. Die Angaben in den Steuerbescheiden zu den Zahlungsfristen und Folgen der Zahlungsverzögerungen sind so eindeutig, dass ein Steuerpflichtiger insoweit keiner zusätzlichen Belehrung durch den Steuerberater bedarf. Das gilt erst recht für einen geschäftserfahrenen Steuerpflichtigen, wie den Beklagten zu 2. Der Senat hat bisher lediglich in einem besonders gestalteten Einzelfall, der mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar ist, die Haftung eines Steuerberaters für Säumniszuschläge bejaht, weil dieser bei einem schwierigen Steuersachverhalt den Erlass von Schätzungsbescheiden verschuldet und dem Mandanten darüberhinaus pflichtwidrig geraten hatte, auf die Schätzungsbescheide keine Zahlungen zu leisten (Urteil vom 9.1.2004 - 23 U 34/03 = GI 2004, 150). So weit die Beklagten keine Steuerbescheide erhielten, was bei den monatlichen Lohnsteueranmeldungen und Umsatzsteuervoranmeldungen anzunehmen ist, haben sie offenbar vom Kläger Durchschriften der Steueranmeldungen, die gemäß § 168 AO einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehen, erhalten, denn den Kontoauszügen des Finanzamtes K ist zu entnehmen, dass sie - wenn auch mit Verspätung- Zahlung geleistet haben. Dem Beklagten zu 2. hätte aus langjähriger Erfahrung und auch aus den Eintragungen in Kalendern bekannt sein müssen, dass die Lohn- Umsatzsteuer monatlich jeweils zu einem bestimmten Zeitpunkt zu entrichten war. Dass bei Überschreitung der vom Finanzamt gesetzten Fristen Säumniszuschläge anfallen, hätte er den Belehrungen der ihm vorher vom Finanzamt zugesandten Steuerbescheiden entnehmen können. Einer besonderen Belehrung durch den Kläger bedurfte er daher auch insoweit nicht. So weit die Beklagten die Lohnsteueranmeldungen und Umsatzsteuervoranmeldungen des Klägers erst so spät erhielten, dass sie die Zahlungsfristen nicht einhalten konnten, beruht dies nicht notwendig auf einer Pflichtverletzung des Klägers. Nach den Ausführungen zu a. ist nämlich nicht auszuschließen, dass Ursache der verspäteten Erstellung der Lohnsteueranmeldungen und Umsatzsteuervoranmeldungen die verspätete Einreichung der Buchungsbelege durch die Beklagten war und dies von den Beklagten zu vertreten ist. Im übrigen hätten die Beklagten jedenfalls einen Teil der Zahlungsverzögerungen dadurch vermeiden können, dass sie die Zahlung nicht per Scheck, sondern durch Abbuchungsermächtigung erbrachten. c. Der Anspruch der Beklagten zu 1. auf Ersatz von Zinsen zur Lohnsteuer und zum Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer 2001 - der Senat entnimmt den Kontoauszügen des Finanzamts, dass es sich hierbei um Verzugszinsen nach Mahnung handelt, nähere Einzelheiten hierzu hat der Beklagte zu 1. nicht vorgetragen - scheitert ebenfalls daran, dass der Kläger die Zahlungsverzögerungen der Beklagten zu 1. nicht zu verantworten hat. d. Den Anspruch des Beklagten zu 2. auf Ersatz der ihm auferlegten Geldstrafe von 5.000 DM hat das Landgericht im Ergebnis ebenfalls zu Recht verneint. aa. Es kann unterstellt werden, dass der Kläger pflichtwidrig ohne Abstimmung mit dem Beklagten zu 2. die Vereinbarung mit dem Finanzamt über die Geldauflage getroffen hat. Ein Schadensersatzanspruch kann aus dieser Pflichtwidrigkeit nicht hergeleitet werden, da nicht feststellbar ist, dass die Geldauflage durch eine andere Vorgehensweise hätte vermieden oder verringert werden können. bb. Eine weiter gehende Pflichtverletzung des Klägers hat der Beklagte zu 2. nicht substantiiert dargelegt. Sein pauschaler Vortrag auf Seite 8 der Klageerwiderung, der Kläger habe nachhaltig die Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen vernachlässigt, ist ebenso substanzlos wie sein Vortrag in der Berufungsbegründung, der Kläger habe die Einkommen- Gewerbe- und Umsatzsteuererklärungen 1994 bis 1996 nicht fristgerecht fertiggestellt. Unerheblich ist auch seine Einlassung auf den Seiten 3 seines Schriftsatzes vom 17.3.2005 zur Behauptung des Klägers auf den Seiten 14/15 seines Schriftsatzes vom 14.3.2005, er habe im Sommer 1998 eine Umsatzjahressteuererklärung an den Beklagten zur Unterschrift und Weiterleitung an das zuständige Finanzamt übermittelt. Selbst wenn die Darstellung des Klägers nicht stimmen sollte, kann daraus ein Anspruch auf Ersatz der Geldstrafe nicht hergeleitet werden. Ausweislich des Schreibens des Finanzamts für Steuerstrafsachen vom 24.4.1999 war Anlass für die Einleitung des Strafverfahrens nicht allein die verspätete oder unterlassene Einreichung einer einzelnen Jahresumsatzsteuererklärung, sondern die Nichtabgabe der Einkommen- Gewerbe- und Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 1994 bis 1997. Es fehlt ein nachprüfbarer Vortrag des Beklagten zu 2. dazu, warum dies der Kläger zu verantworten hat. 2. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) noch ist eine Entscheidung des Senats zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO).

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