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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 20.10.2006
Aktenzeichen: I-23 U 76/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 522 Abs. 2
ZPO § 522 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 522 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 522 Abs. 2 Nr. 3
BGB § 278
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 3.4.2006 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.

Gründe:

Die Berufung der Klägerin hat keine Aussicht auf Erfolg, § 522 Abs. 2 Nr.1 ZPO. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, § 522 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und eine Entscheidung des Senats ist zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich, § 522 Abs. 2 Nr. 3 ZPO. Wegen der Begründung wird auf die Ausführungen des Senats in dem Hinweisbeschluss vom 29. September 2006 Bezug genommen.

Die Ausführungen der Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 1.10.2006 rechtfertigen keine abweichende Entscheidung. Die Verjährungsfrist ist nicht wegen eines arglistigen Verhaltens der Beklagten oder eines Organisationsverschuldens verlängert.

1.

Ob Mitarbeiter der Beklagten die Mängelproblematik bei Austauschs der Fliesen in den Jahren 1999 bis 2001 erkannt, aber verschwiegen haben, wie die Klägerin behauptet, kann dahin stehen. Die Kenntnis nach Abnahme, die im Juli 1996 erfolgte, gibt keinen Anlass die Gewährleistungsfrist zu verlängern. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Pflicht des Unternehmers, ihm bekannte Mängel zu offenbaren, ist die Abnahme, eine spätere Kenntnis ist für die Dauer der Verjährung nicht erheblich (Kniffka, online-Kommentar Stand April 2006, § 631 Rdn. 53).

2.

Die Beklagte hat bei der Abnahme der Fliesenarbeiten einen Mangel nicht arglistig verschwiegen. Arglistig verschweigt, wer sich bewusst ist, dass ein bestimmter Umstand für die Entschließung des Vertragsgegners von Erheblichkeit ist, und nach Treu und Glauben verpflichtet ist, diesen Umstand mitzuteilen, ihn aber gleichwohl nicht offenbart (BGH Urt. v. 30.11.2004 - X ZR 43/03, BauR 2005, 550; BGH Urt. v. 20.12.1973 - VII ZR 184/72, BauR 1974, 130 = BGHZ 62, 63, 66; MünchKomm./Soergel, BGB, 3. Aufl., § 638 Rdn. 32 m.w.N.). Arglistig ist auch derjenige, der einen Mangel lediglich für möglich hält und gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragspartner den Fehler nicht kennt (BGH, Urt. v. 11.5.2001 - V ZR 14/00, NJW 2001, 2326; BGH Urt. v. 3.3.1995 - VZR 43/94, NJW 1995, 1549). Dass der für die Beklagte tätige Geschäftsführer bei Abnahme im Juli 1996 selbst Kenntnis von Mängeln gehabt oder ihr Vorliegen für möglich gehalten hätte, trägt die Beklagte nicht vor. Eine Zurechnung der Kenntnis von Erfüllungsgehilfen gemäß § 278 BGB scheidet hier aus. Da der Unternehmer für das Verhalten von Erfüllungsgehilfen einzustehen hat, reicht es aus, wenn die Kenntnis des Mangels bei einer der Personen vorhanden ist, derer sich der Unternehmer im Hinblick auf seine Offenbarungspflicht bedient. Das sind diejenigen Hilfspersonen, die der Unternehmer mit der Ablieferung des Werks an den Besteller betraut hat oder die für den Unternehmer dabei mitgewirkt haben, sowie Personen, die vom Unternehmer (auch) mit der Prüfung des Werks auf Mangelfreiheit betraut sind, wenn allein deren Wissen und ihre Mitteilung den Unternehmer in den Stand versetzen, seine Offenbarungspflicht gegenüber dem Besteller zu erfüllen (BGH Urt. v. 30.11.2004 - X ZR 43/03, BauR 2005, 550; BGH Urt. v. 12.3.1992 - VII ZR 5/91, BauR 1992,500 = BGHZ 117, 318, 320; BGH Urt. v. 15.1.1976 - VII ZR 96/74, BauR 1976, 131 = BGHZ 66, 43, 45; BGH Urt. v. 20.12.1973 - VII ZR 184/72, BauR 1974, 130 = BGHZ 62, 63, 68). Hierzu trägt die Klägerin nichts vor. Sie behauptet nicht, dass von der Beklagten mit der Prüfung der Fliesenarbeiten oder mit der Durchführung der Abnahme betraute Hilfspersonen von den behaupteten Mängeln Kenntnis hatten oder nur mit deren Vorhandensein rechneten. Die Kenntnis derjenigen Mitarbeiter, deren sich der Unternehmer lediglich bei der Herstellung des Werkes bedient, muss er sich nicht zurechnen lassen (Kniffka, a.a.O. § 631 Rdn. 61).

3.

Eine Verlängerung der Verjährungsfrist ergibt sich auch nicht aufgrund eines Organisationsverschuldens der Beklagten. Der Werkunternehmer wird so behandelt, als sei er arglistig, wenn er seine Organisationspflichten bei der Herstellung und Abnahme des Bauwerks verletzt hat und infolge dieser Verletzung ein Mangel nicht erkannt worden ist (BGH Urt. v. 30.11.2004 - X ZR 43/03, BauR 2005, 550, BGH, Urt. v. 12.3.1992 - VII ZR 5/91, BauR 1992, 500 = BGHZ 117, 318). Dies knüpft an die Pflicht des Unternehmers an, das Werk mangelfrei zu erstellen. Er muss das Werk vor der Abnahme darauf überprüfen, ob es mangelfrei ist. Ist das Unternehmen arbeitsteilig organisiert, muss er die organisatorischen Voraussetzungen schaffen, um sachgerecht beurteilen zu können, ob das Bauwerk bei der Abnahme mangelfrei ist. Er kann sich der vertraglichen Offenbarungspflicht bei der Abnahme nicht dadurch entziehen, dass er sich unwissend hält oder sich keiner Gehilfen bei der Pflicht bedient, Mängel zu offenbaren. Sorgt er bei der Herstellung des Werkes nicht dafür, dass er oder seine insoweit eingesetzten Erfüllungsgehilfen etwaige Mängel erkennen können, so hat er dafür einzustehen, wenn der Mangel bei richtiger Organisation entdeckt worden wäre. Der Besteller ist dann so zu stellen, als wäre der Mangel dem Unternehmer bei der Ablieferung des Werkes bekannt gewesen.

Die Klägerin, die die Verletzung der Organisationspflichten darlegen und beweisen muss, hat zu mangelnder Überwachung der Arbeiten nicht vorgetragen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass keine ständige Überwachung der Arbeiter erforderlich ist, sondern dass nur besonders wichtige Leistungsabschnitte kontrolliert und überwacht werden müssen. Bei wenig aufwändigen Arbeiten oder routinemäßigen Arbeiten genügt eine Überwachung durch einen Mitarbeiter ohne besondere Qualifikation (Kniffka. a.a.O. § 631 Rdn. 70). Die Fliesenverlegearbeiten sind derartige Routinetätigkeiten, die eine besondere Überwachung nicht erfordern. Über die Arbeitsorganisation der Beklagten und die Qualifikation der beteiligten Mitarbeiter verhält sich der Vortrag der Klägerin nicht.

Der Klägerin kommen auch keine Beweiserleichterungen zugute. Diese kommen in Betracht, wenn der Mangel so augenfällig und schwerwiegend ist, dass ohne weiteres davon ausgegangen werden konnte, dass die Baustelle nicht richtig organisiert war und der Mangel bei richtiger Organisation entdeckt worden wäre (BGH, Urt. v. 12.3.1992 - VII ZR 5/91, BauR 92, 500). Das bedeutet nicht, dass jeder schwere Mangel den Schluss auf ein Organisationsverschulden und die Kausalität für seine Aufdeckung zulässt. Es kommt vielmehr darauf an, ob nach der Art und Erscheinungsform des Mangels bis zur Abnahme der Mangel nach aller Lebenserfahrung bei richtiger Organisation entdeckt worden wäre. Die Feststellung, dass der Mangel bei richtiger Organisation erkannt worden wäre, ist ein wichtiges Korrektiv, um einem zu weiten Verständnis der Organisationshaftung entgegenzuwirken (Kniffka, a.a.O. § 631 Rdn. 74). Die Klägerin stützt ihre Ansprüche darauf, dass der Estrich vor Beginn der Verlegearbeiten nicht abgeschliffen worden ist. Die Notwendigkeit des Abschleifens ergab sich aus einem Oberflächentest des Estrichs, wie der Sachverständige ausgeführt hat. Diese Untersuchung des Bodens war aber eine Tätigkeit, die nicht speziell überwacht werden musste. In der Folgezeit, d.h. nach Ausführung der Arbeiten, zeigten sich zunächst keine Mangelerscheinungen, die Schlussfolgerungen auf eine unsachgemäße Verlegung gegeben hätten. Deshalb kann, selbst wenn man eine fehlende Organisation unterstellt, nicht festgestellt werden, dass das Unterlassen des Untergrundes bei der einzurichtenden stichprobenartigen Überprüfung bemerkt worden wäre.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO

Streitwert der Berufung: 10.137,07 €

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