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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 29.02.2008
Aktenzeichen: I-23 U 85/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 529
ZPO § 540
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 421
BGB § 428
BGB § 631 Abs. 1
BGB § 632
BGB § 632 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 16. Mai 2007 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neugefasst:

Die Klage wird unter Aufhebung des Vollstreckungsbescheides des Amtsgerichts H vom 19. April 2006 abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von

120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Die Kläger (Architekten und gemeinsam Inhaber des Architekturbüros "e") nehmen den Beklagten auf Architektenhonorar für Planungsleistungen im Zusammenhang mit dem Projekt "B S" (Kosmetikproduktion, Schulung, Verwaltung) gemäss Rechnung vom 22.05.2006 (§ 15 HOAI, Leistungsphasen 1 und 2), jedoch der Höhe nach beschränkt auf die Rechnung vom 06.10.2005 in Anspruch. Wegen weiterer Einzelheiten wird gemäss § 540 ZPO auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt: Zwischen den Parteien sei - nach Abschluss der vorherigen Akquisitionsphase (Planung von vier Produktionslinien) - am 04.05.2005 ein Architektenvertrag zustande gekommen, in dem der Beklagte den Auftrag erteilt habe, die erstellten Unterlagen auf acht Produktionslinien zu überarbeiten bzw. umzustellen (Grundlagenermittlung/Vorplanung). Dies habe der Beklagte nicht konkret bestritten und sei durch die Aussagen der Zeugen H und E bestätigt worden. Dies hätten die Kläger nur so verstehen können, dass ihre bis dahin erbrachte Akquisition erfolgreich gewesen sei. Dabei sei unerheblich, dass die Realisierung des Projekts noch nicht sichergestellt und ein Baugrundstück noch nicht erworben gewesen sei. Aufträge im Frühstadium hätten mit der späteren Ausführungsplanung, die eventuell von einer Ausschreibung abhänge, nichts zu tun. Der Zeuge H habe überzeugend bekundet, dass der Beklagte um Überarbeitung der Pläne gebeten habe; ob sonstige Dritte/Teammitglieder ebenfalls Auftraggeber seien, sei gemäß §§ 421, 428 BGB unerheblich. Den Beweis für die Vereinbarung einer Unentgeltlichkeit habe der Beklagte nicht geführt. Der Zeuge K sei am 04.05.2005 nicht zugegen gewesen; die Aussagen der Zeugen H und E seien insoweit nicht ergiebig. Einen Verzicht der Kläger auf Honorar im Rahmen des Gesprächs vom 31.05.2005 lasse sich der Aussage des Zeugen K nicht hinreichend entnehmen. Die vom Beklagten benannte Zeugin Dr. K sei mangels Substantiierung der in ihr Wissen gestellten Sachverhalte nicht zu hören gewesen, zumal der Beklagte nicht bestritten habe, dass bei Gesprächen mit dieser Zeugin die Kläger nicht anwesend gewesen seien. Einwände gegen die Prüffähigkeit der Rechnung vom 22.05.2006 habe der Beklagte nicht erhoben; seine Einwände gegen die Rechnung vom 06.10.2005 seien unerheblich. Mängel der Architektenleistungen habe der Beklagte nicht substantiiert dargelegt. Verzug des Beklagten liege indes erst nach Ablauf der in der Rechnung vom 22.05.2006 gesetzten Zahlungsfrist ab 30.05.2006 vor, so dass der Beklagte auch nicht die bis dahin angefallenen vorgerichtlichen Anwaltskosten zu erstatten habe.

Mit der Berufung verfolgt der Beklagte weiterhin die vollständige Klageabweisung und trägt unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen vor: Das Landgericht habe die bei Großprojekten erforderliche Abgrenzung zwischen Akquisitions- und Planungsphase unzureichend und fehlerhaft vorgenommen. Der mit seiner Ehefrau befreundeten Architektin (K), über die der Kontakt zu den Klägerin zustande gekommen sei, sei von vorneherein klar gewesen, dass die Kläger nicht beauftragt, sondern nur für ein Projektengagement mit dem Ziel eines späteren Auftrags durch den Investor gewonnen werden sollten. Die Kläger hätten ihren Vortrag zur Auftragserteilung im Laufe erster Instanz - nach Hinweis - dahin geändert, dass sie nicht bereits am 04.04.2005 (12/42 GA) sondern erst am 04.05.2005 (82 GA) beauftragt worden seien. Für diesen geänderten Vortrag seien die Kläger indes beweisfällig geblieben. Seine diesbezüglichen Änderungsvorschläge beinhalteten keinen vertraglichen Bindungswillen. Zudem würden Großprojekte wegen der öffentlichen Finanzierungshilfen nur nach Ausschreibung erfolgen. Bei Großprojekten werde die Grenze zu einer vergütungspflichtigen Tätigkeit regelmäßig erst bei vollständiger Erbringung der Leistungsphase 3 gesehen. Wollte man dies anders sehen, hätten die Kläger jedenfalls eine Aufklärungspflicht gegenüber dem Beklagten verletzt. Für die Kläger, die sich Erfahrungen mit Großprojekten gerühmt und die Beteiligung Dritter an dem Projekt gekannt hätten, habe auf der Hand gelegen, dass eine Einzelperson ein solches Großprojekt nicht in Eigenregie habe führen können. Da zudem weder ein genauer Standort noch das Baugrundstück geklärt gewesen seien und den Klägern der Vorentwurf eines anderen Architekten zur Verfügung gestellt worden sei, hätten sie ihn angesichts der zu erwartenden Honorarkosten von über 500.000 EUR darüber aufklären müssen, dass und ab wann ihre Leistungen honorarpflichtig würden. Der Honoraranspruch der Kläger sei jedenfalls überhöht. Die Rechnung vom 22.05.2006 nebst Anlagen sei ihm erst mit der Anspruchsbegründung vom 30.05.2006 zur Verfügung gestellt worden. Die Zusammenarbeit sei aber bereits - ausweislich der Bezeichnung der Forderung im Mahnbescheid - bereits Anfang Juni 2005 mangels Investor beendet gewesen. Die von den Klägern nachträglich erstellten Unterlagen hätten ihm oder anderen Projektbeteiligten bis dahin nicht zur Verfügung gestanden. Der im Termin vom 04.05.2006 und später am 08.06.2006 bei der W von den Klägern präsentierte Vorentwurf habe nur aus einer plakatgroßen handschriftlichen Skizze bestanden; auch die Besichtigung zweier Baugrundstücke in S und M genüge zur Anspruchsbegründung nicht. Der Stundenbericht vom 28.04.2005 sei schon insoweit untauglich, als er im Voraus Stunden bis 10.06.2005 erfasse. Von der Klägern zugrundegelegte anrechenbare Kosten von netto knapp 5 Mio. EUR seien schon deswegen nicht nachvollziehbar, weil darin Architektenhonorar von jeweils über 500.000. EUR doppelt angesetzt sei. Auch der Ansatz von Honorarzone IV sei nicht nachvollziehbar und nicht prüffähig, zumal in der vorläufigen Baukostenberechnung überwiegend die Honorarzone III, teilweise sogar nur II, angegeben werde. Im Falle der offenen Finanzierbarkeit und Durchführung eines Projekts und fehlendem Erwerb eines Grundstücks könne zudem allenfalls die Leistungsphase 1 erreicht sein.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tragen unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen vor: Der Berufungseinwand des Beklagten, es seien von vorneherein acht Produktionslinien geplant gewesen und sie hätten dies nicht beachtet, sei verspätet und falsch. Die umfangreichen Änderungswünsche (Erweiterung von vier auf acht Produktionslinien) seien vom Beklagten erstmals am 04.05.2005 geäußert worden und von ihnen durch (weitere) umfangreiche Architektenleistungen erfüllt worden. Dadurch sei es bei objektiver Betrachtung zu einer Konkretisierung des Vorhabens gekommen, welche die reine Akquisition übertreffe, zumal der Beklagte zuvor auf sie zugekommen sei und nicht umgekehrt. Der Beklagte habe sich mit den Änderungswünschen - unabhängig von der Absicherung und Finanzierung des Objekts - "für sie entschieden". Auf den verspäteten Vortrag, der Zeugin K sei die Unentgeltlichkeit der Leistungen der Kläger von vorneherein klar gewesen, komme es insoweit nicht an. Zudem müssen zwischen der Akquisition der Kläger als Architekten und der Akquisition des Beklagten für das Projekt bei Finanzgebern unterschieden werden; das Risiko der Finanzierung liege aber allein beim Beklagten, da sie - die Kläger - nicht Teil des Teams/inneren Zirkels gewesen seien. Die Präsentation ihres Entwurfs, der nicht nur aus einer Skizze bestanden habe, bei der W am 08.06.2005 habe auch nicht der Selbstdarstellung ihres Büros, sondern dem Versuch des Beklagten gedient, von der W Geld zu bekommen; diese habe jedoch empfohlen, zunächst einen Investor für das Eigenkapital zu finden, das der Beklagte offenbar für überflüssig gehalten habe. Auch die Überlassung und umfangreiche Überarbeitung des (geringfügigen) Roh-/Vorentwurfs des Architekten R zeige, dass sie vom Beklagten beauftragt worden seien. Der Beklagte habe sich auch ihrer Arbeiten, anstandslos und ohne Kommentar bemächtigt und diese später - so z.B. bei der Präsentation bei der W und anderen Ortsterminen - verwendet. Die Passivlegitimation des Beklagten ergebe sich im Zweifel durch seine Gesamtschuldnerhaftung; seine "mysteriösen" Auftraggeber habe der Beklagte bis heute nicht benannt und die Vermutung der Entgeltlichkeit des § 632 BGB nicht widerlegt. Sie hätten den Beklagten auch am Anfang des Termins vom 04.05.2005 im Rahmen der vorläufigen Baukostenberechnung über das zu erwartende Honorar aufgeklärt. Zudem sei der Einwand der Verletzung einer Aufklärungspflicht verspätet. Auch die Einwände des Beklagten gegen Inhalt bzw. Ordnungsmäßigkeit der Rechnung vom 22.05.2006 seien verspätet; aus den vorgelegten Unterlagen gehe hervor, dass sie alle berechneten Leistungen in vollem Umfang erbracht hätten.

B.

Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet.

I.

Den Klägern steht gegen den Beklagten kein Architektenhonorar gemäss Rechnung vom 22.05.2006, in der Höhe begrenzt auf die Rechnung vom 06.10.2005, zu (§§ 631, 632 BGB; §§ 8, 10, 15, 16 HOAI), da zwischen den Parteien ein vergütungspflichtiger Architektenvertrag nicht zustande gekommen ist. Die gegenteilige Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO); die nach § 529 ZPO zugrundeliegenden Tatsachen rechtfertigen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO). Zwischen den Klägern und dem Beklagten ist kein Vertrag über von den Klägern zu erbringende Architektenleistungen zustande gekommen. Bei den Leistungen der Kläger handelte es sich um außervertragliche Akquisitionstätigkeiten, nicht um die Erfüllung von vertraglichen Verpflichtungen aus § 631 Abs. 1 BGB. Die Regelung des § 632 Abs. 1 BGB, wonach eine Vergütung als stillschweigend vereinbart gilt, findet daher hier keine Anwendung.

1.

Der Honoraranspruch eines Architekten gem. § 631 Abs. 1 BGB setzt einen entsprechenden rechtsgeschäftlichen Auftrag voraus. Eine lediglich akquisitorische Tätigkeit ohne vertragliche Bindung begründet keine Vergütungsansprüche, auch aus der Tätigkeit des Architekten allein kann noch nicht auf den vorherigen Abschluss eines Vertrages geschlossen werden (BGH, Urteil vom 05.06.1997, VII ZR 124/96, NJW 1997, S. 3017, vgl. auch Kuffer/Wirth-Neumeister, Handbuch des Fachanwalts für Bau- und Architektenrecht, 2. Auflage 2008, Rn 45-57 mwN). Das Zustandekommen eines Vertrages richtet sich nach bürgerlichem Recht. Nach allgemeinen Regeln kommt ein Vertrag zustande, wenn sich die Parteien über die Herbeiführung eines bestimmten rechtlichen Erfolges einig sind. Dabei kann der zum Vertragsabschluss erforderliche rechtsgeschäftliche Wille nach allgemeinen Regeln sowohl ausdrücklich wie auch durch schlüssiges Verhalten (konkludent) zum Ausdruck gebracht werden. Voraussetzung dafür ist, dass der andere Teil aus Sicht eines objektiven Betrachters aus dem Verhalten des Handelnden nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auf einen solchen Bindungswillen schließen darf (BGH, Urteil vom 29.02.1996, VII ZR 90/98, NJW 1996, 1889). Hierzu bedarf es nicht einer Willenseinigung über sämtliche Rechtsfolgen; es genügt, wenn sich die Parteien vertraglich binden wollten und der wesentliche Vertragsinhalt aus den Umständen oder dem Gesetzesrecht zu entnehmen ist (Palandt-Heinrichs, BGB, 67. Aufl., 2008, vor § 145, Rn. 2, 3). Ob ein Verhalten als Ausdruck eines Rechtsfolgewillens und damit als Willenserklärung im Sinne eines Angebots zum Abschluss eines Architektenvertrages oder einer Annahme zu werden ist, ist gem. §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln (Thode/Wirth/Kuffer-Schwenker, Praxishandbuch Architektenrecht, 2004, § 4, Rn 85). Für die Beantwortung der Frage, ob ein Werkvertrag durch konkludente Willenserklärungen zustande gekommen ist, sind alle Umstände des Einzelfalls zu ermitteln und zu berücksichtigen (Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 2. Aufl., 2004, 12. Teil, Rn 9). Darlegungs- und beweispflichtig für das Zustandekommen eines Architektenvertrages ist der Kläger (BGH, Urteil vom 05.06.1997, VII ZR 124/96, NJW 1997, 3017; OLG Celle, Urteil vom 23.05.2006 - 14 U 240/05, MDR 2007, 86; Senat, Urteil vom 20.08.2001 - 23 U 214/00, BauR 2002, 1726; OLG Koblenz, Urteil vom 05.03.2001 - 13 U 641/00, NZBau 2001, 510). Eine gesetzliche oder tatsächliche Vermutung (im Sinne des sog. Anscheinsbeweises) dahingehend, dass umfangreiche Architektenleistungen nur im Rahmen eines Vertrages erbracht werden, gibt es nicht. Da zahlreiche Architektenleistungen Hoffnungsinvestitionen in einer Vertragsanbahnungssituation sind, kann nicht ohne weiteres nach der Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, dass ein Architekt nur aufgrund eines Auftrags plant (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.01.2003, 5 U 41/02, BauR 2003, 1251). Bei der Prüfung der Frage, ob aus den Umständen ein beiderseitiger Rechtsbindungswillen der Parteien abzuleiten ist oder ob sich die Tätigkeit noch im vorvertraglichen Bereich abspielt, also für die Abgrenzung zwischen einem Tätigwerden auf werkvertraglicher Grundlage und dem Erbringen der Architektenleistung als Akquisition innerhalb eines Gefälligkeitsverhältnisses, lassen sich nämlich allgemeine Abgrenzungskriterien nicht aufstellen (Thode/Wirth/Kuffer-Schwenker, Praxishandbuch Architektenrecht, 2004, § 4 Rn 96). Die Vermutungsregel des § 632 Abs. 1 BGB, wonach eine Vergütung als vereinbart gilt, wenn die Herstellung des Werkes den Umständen nach nur gegen Vergütung zu erwarten ist, erstreckt sich nur auf die Entgeltlichkeit des erteilten Auftrags, nicht auf die Auftragserteilung selbst. Die Anwendung dieser Vorschrift setzt daher voraus, dass es überhaupt zu einer schuldrechtlichen Bindung gekommen ist (BGH, Urteil vom 24.06.1999, VII ZR 196/98, NJW 1999, 3554; OLG Düsseldorf, 5. Senat, Urteil vom 16.01.2003 - 5 U 41/02, BauR 2003, 1251; Senat, a.a.O.).

Bei Großprojekten (z.B. Investorenmodellen) ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass Architekten häufig bereit sind, auch umfangreiche Architektenleistungen zu erbringen, um eine mögliche, aber noch nicht gesicherte Realisierung zu fördern. Der/die Initiator(en) bzw. Investor(en) und der Architekt bilden in dieser Projektentwicklungsphase regelmäßig eine Projektentwicklungsgemeinschaft und sitzen dann gemeinsam "in einem Boot" in der Hoffnung, bei einer Verwirklichung des Bauvorhabens einen interessanten Auftrag zu erhalten (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.01.2003, 5 U 41/02, BauR 2003, 1251; vgl. auch: Senat, Urteil vom 20.03.2007, I-23 U 145/06, n.V.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.06.1999, 21 U 192/98, NJW-RR 2000, 19; OLG Hamm, Urteil vom 29.01.2001, 17 U 181/98, BauR 2001, 1466; OLG München, Urteil vom 25.01.2005, 28 U 2235/03, BauR 2006, 1491). Ist sich der Bauherr erklärtermaßen noch nicht schlüssig, ob und ggf. er in welchem Umfang investieren will, kann bei größeren Bauvorhaben mit Baukosten von mehr als 2,5 Mio. EUR - selbst bei Teilleistungen aus Leistungsphase 2 - noch von Akquisition auszugehen sein (Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 2. Auflage 2004, 12. Teil, Rn 14 mwN; vgl. auch Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Auflage 2008, Rn 614/629-631 mwN).

2.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist hier weder von einer ausdrücklichen Auftragserteilung noch von einer Auftragserteilung durch schlüssiges Verhalten auszugehen.

a.

Der Klägervortrag zum Zustandekommen eines Architektenvertrages ist bereits in inhaltlicher und auch in zeitlicher Hinsicht widersprüchlich. Nachdem die Kläger zunächst noch vorgetragen hatten, am 04.04.2005 habe der Beklagte sie - auf Stundenlohnbasis - mit der Planung und Entwicklung eines Architekturkonzepts für die Finanzierung und Errichtung der Fabrikationsanlage "B S - S" beauftragt (12/13 GA), haben sie später vorgetragen, sie seien (erst) am 04.05.2005 beauftragt worden, bis zum 11.05.2005 einen neuen Entwurf für eine Anlage doppelter Größe (8-10 Produktionslinien) zwecks Präsentation in Stendal vorzubereiten (so 82 GA unten) bzw. "mit der Planung und Durchführung des Projekts B S" (so 83 GA oben, vgl. auch 133 ff. GA). Auch wenn man die Vorarbeiten zur Präsentation am 04.05.2005 als Akquisitionstätigkeit sehen wolle, habe spätestens mit der Anmeldung umfangreicher Änderungswünsche konkludent eine Beauftragung stattgefunden (87/134 GA). Die Kläger wollen die rechtsgeschäftliche Bindung des Beklagten (im Umfang der Leistungsphasen 1 und 2) also damit begründen, dass mit Änderungswünschen des Klägers nach einer ersten Präsentation von eher skizzenhaften Ideen die Schwelle der Akquisition überschritten worden sei. Dem steht bereits entgegen, dass sich die von den Klägern bis zum 03.05.2005 (vgl. Aufstellung 87 ff. GA) und danach erbrachten Architektenleistungen (vgl. Aufstellung 20 GA) nur hinsichtlich der Anzahl der Produktionslinien unterscheiden. Es erschließt sich bei objektiver Betrachtung des Sachverhalts nicht, aus welchen Gründen die Kläger die Vorplanung mit vier Produktionslinien als Akquise verstanden wissen wollten, die Vorplanung mit acht bis zehn Produktionslinien - ohne Veränderung der sonstigen Rahmenbedingungen des in seiner Finanzier- und Realisierbarkeit noch völlig unsicheren Großprojekts - als rechtsverbindlichen Architektenauftrag.

b.

Hinzu kommt, dass - ausweislich des Vermerks der Kläger zum Termin vom 04.05.2005 (86 GA) und nach der Anhörung der Parteien im Senatstermin unstreitig - es erst an diesem Tag zu einem ersten persönlichen Kontakt zwischen ihnen, dem Beklagten und Herrn H gekommen ist. Eine solche erste persönliche Kontaktaufnahme bei Großprojekten ist regelmäßig noch der Akquisitionsphase zuzurechnen (BGH, Urteil vom 05.06.1997, VII ZR 124/96, NJW 1997, 3017; OLG Düsseldorf, 29.06.1999, 21 U 192/98, NJW-RR 2000, 19). Der Termin vom 04.05.2005 diente der Vorstellung von ersten Planungsideen eines nur skizzenhaft umrissenen Großprojekts. Erklärt sich ein Beteiligter eines Projektteams zu dieser ersten eher skizzenhaften Planungsidee eines Architekten (sei es, dass er sein Gefallen daran äußert, oder sei es, dass der Änderungs-/Verbesserungsvorschläge im Gespräch entwickelt), gibt er damit regelmäßig noch nicht seinen Vertragsbindungswillen auf Abschluss eines Architektenvertrages zu erkennen. Dieser kann erst angenommen werden, wenn der Architekt mit seiner Akquisitionsleistung erfolgreich war und der Bauherr sich daraufhin zweifelsfrei erklärt, dass der Architekt die Planungsidee für ihn fortentwickeln soll. Einen Vertragsbindungswillen dokumentiert der Bauherr in einem solchen Fall insbesondere dadurch, dass er dem Architekten Vollmacht erteilt (OLG Naumburg, Urteil vom 22.02.2005, 11 U 247/701, IBR 2006, 207; KG, Urteil vom 26.06.1987, 4 U 2460/86, BauR 1988, 624; Jochem, Festschrift für Vygen, 1999, 10 ff., 14/15). Die Darlegungs- und Beweislast für den Erfolg der Akquisitionsleistung durch eine vertraglich verbindliche Erklärung oder ein entsprechendes konkludentes Verhalten des Auftraggebers trägt der Architekt (OLG Dresden, Urteil vom 02.12.1999, 9 U 585/99, BauR 2001, 1769; OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.05.1984, BauR 1985, 236; OLG Oldenburg, Urteil vom 17.12.1986, 3 U 201/86, BauR 1988, 620; KG Berlin, Urteil vom 03.10.1986, 6 U 1198/86, BauR 1988, 621).

Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich von dem Sachverhalt, der dem Urteil des Senats vom 20.08.2001 (23 U 214/00, NZBau 2002, 279 = BauR 2002, 1726, Nichtannahmebeschluss des BGH vom 27.06.2002, VII ZR 306/01) zugrunde lag. Dort hatte die beklagte Projektgesellschaft als einzige Investorin und Projektentwicklerin den eindeutigen rechtsgeschäftlichen Auftrag erteilt, Planungen in einer Weise zu überarbeiten, dass sie als Grundlage für die Entscheidung über den Erwerb eines bestimmten Areals und die Vermarktung sowie für die weitere Präsentation eines dort bereits klar umrissenen Projekts bei der öffentlichen Hand dienen konnten.

c.

Den Klägern war zudem - bereits nach dem Inhalt der von ihnen selbst vorgelegten Unterlagen - bekannt, dass sich mit dem Projekt "B S" nicht allein der Beklagte federführend, sondern vielmehr eine Mehrzahl von Fachleuten in Form des "B S Teams" beschäftigten. So ist im klägerischen Schriftsatz vom 10.08.2006 (43 GA) von weiteren "externen und internen Beteiligten" die Rede. Dementsprechend war erste Schreiben der Kläger vom 03.05.2005 (87 GA) an den Beklagten und Herrn H gerichtet und in ihrer "Projektbeteiligtenliste" vom 07.06.2005 sind unter der Rubrik "Bauherr" neben dem Beklagten auch die Herren M, H, C, B und F sowie unter der Rubrik "für B S tätige, weitere Projektbeteiligte" die Herrn K und H sowie Frau Dr. K aufgeführt (46 GA). Auch in einem anderen Vermerk zum Termin bei der W am 08.06.2005 (52 GA) listen die Kläger mehrere Teilnehmer eines "B S Teams" auf. Die Kläger widersprechen sich insoweit selbst, wenn sie in der Berufungserwiderung ausführen, der Beklagte habe nicht substantiiert dargelegt, wer denn die "mysteriösen Auftraggeber" gewesen seien, ihnen gegenüber sei nur der Beklagte aufgetreten (202/203 GA). Dementsprechend erhöht sich ihre Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Beklagte persönlich ihnen sogleich beim ersten persönlichen Kontakt am 04.05.2005 einen Architektenauftrag über die beiden ersten Leistungsphasen eines von einem Team begleiteten und bis dahin eher nur skizzenhaften Idee eines Großprojekts gegeben haben soll.

Auch insoweit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von dem Sachverhalt, der dem o.a. Urteil des Senats vom 20.08.2001 (23 U 214/00, a.a.O.) zugrunde lag. Dort war die beklagte Projektgesellschaft als einzige Investorin und Projektentwicklerin in Anspruch genommen worden.

d.

Den Klägern war zudem - bereits nach dem Inhalt der von ihnen selbst vorgelegten Unterlagen - bekannt, dass auch die Finanzierung des Großprojekts noch nicht gesichert war. Ebenso war ihnen bekannt, dass auch ihre Bemühungen als Architekten in Form der Akquisition des Großprojekts bei der öffentlichen Hand, der Presse und diversen Banken vielmehr erst dazu dienen sollten, die finanzielle und sonstige Realisierbarkeit des Großprojekts - eventuell - erreichen zu können. So heißt es im bereits o.a. Schreiben der Kläger an den Beklagten sowie Herrn Hinkel vom 03.05.2005 (87 GA) "...als Grundlage zur Finanzierung ..." und im Vermerk zum Termin bei der Volksbank Stendal vom 11.05.2005 (96 GA) "... zur Finanzierungsbeschaffung ...". Auch aus den von den Klägern vorgelegten Presseberichten folgt, dass die Finanzierung (mit drei Mio. EUR Eigenmitteln, erhoffter öffentlicher Förderung von 45 % und entsprechendem Bedarf an weiterem Kapital eines noch zu findenden Investors bzw. einer in diesem Rahmen finanzierungsbereiten Bank) noch nicht gesichert war.

e.

Das Ergebnis der Beweisaufnahme des Landgerichts bestärkt Zweifel daran, dass zwischen den Parteien ein Architektenvertrag zustande gekommen ist. Die gegenteilige Beweiswürdigung des Landgerichts berücksichtigt nicht die vorstehenden Umstände, die bei der Auslegung der Willenserklärungen der Parteien einzubeziehen sind.

aa.

Der Zeuge H hat lediglich bekundet, dass die in diesem Zeitpunkt vorliegenden Entwürfe durchgesprochen, als zu klein befunden worden seien und festgehalten worden sei, dass die Kläger Entwürfe für eine größere Einheit/mehr Linien erstellen sollten. Zu Entgeltabreden hat er nichts sagen können. Seiner Aussage ist auch nicht zu entnehmen, dass in dem ersten persönlichen Gespräch der Parteien vom 04.05.2005 besprochen worden oder sonst offenbar geworden ist, dass sich die bis zu diesem Zeitpunkt bestehende rechtliche Qualität der Leistungen der Kläger (im Sinne von Akquisition im Rahmen erster Sondierungen nach der Finanzierbarkeit/Realisierbarkeit eines Großprojekts) nunmehr dahingehend ändern sollte, dass die Kläger aufgrund eines rechtsgeschäftlichen Architektenauftrages tätig werden sollten.

bb.

Der von den Klägern benannte Zeuge E (124 ff. GA) hat lediglich bekundet, das Büro der Kläger sei gefragt worden, "ob sie bei diesem Projekt aktiv werden wollten", und es habe dann einen Entwurf gegeben, der später weiter projektiert worden sei. Ergebnis des Gesprächs vom 04.05.2005 sei dann gewesen, dass die Planungen (im Sinne einer größeren Anlage) "ausgeweitet" werden sollten. Zugleich hat der Zeuge E bekundet, dass in diesem Gespräch (wenngleich er dazu später hinzugestoßen ist) in seinem Beisein nicht darüber gesprochen worden ist, wie die Entwürfe und die sonstigen Tätigkeiten des Büros der Kläger (und seiner Person) entlohnt werden sollten. Für seine Tätigkeit sei die Schnittstelle, ab welcher er Entgelte berechne, jedenfalls noch nicht erreicht gewesen. Dementsprechend ist auch der Aussage E nicht in einer hinreichend beweiskräftigen Weise zu entnehmen, dass bei dem ersten persönlichen Kontakt der Parteien der Beklagte sogleich einen Vertragsbindungswillen erklärt oder durch konkludentes Verhalten gezeigt hat, in dieser sehr frühen und in jeder Hinsicht völlig ungesicherten Phase der Projektidee eine rechtsgeschäftliche Bindung mit den Klägern eingehen zu wollen.

cc.

Die Aussage des vom Beklagten benannten Zeugen K (Unternehmensberater, 126 ff. GA) zu dem späteren Gespräch im Büro der Kläger vom 31.05.2005 spricht sogar gegen einen Vertragsschluss der Parteien. Hiernach hat Herr M (v B Ingenieure) im Beisein beider Kläger gefragt, wie es mit der Abrechnung gemacht würde. Es sei darauf hin - ohne Überraschungsbekundungen von einem der Beteiligten - gesagt worden, dass im Vorfeld des Projekts an keinen Beteiligten Geld fließe, da noch keines vorhanden sei. Dabei sei ihm bereits vorher klar gewesen, dass alle an diesem Projekt Mitarbeitenden erst ein Entgelt bekämen, wenn ein Investor gefunden sei ("free of charge") und eine - wie auch bei dem Gespräch bei der W am 08.06.2005 erörtert - Rechts- und Finanzierungsform für das Projekt gefunden sei. Dieses Gespräch und der fehlende Widerspruch der Kläger lässt Rückschlüsse darauf zu, dass beide Parteien von Anfang an davon ausgingen, die Kläger würden den Beginn der Arbeiten im vorvertraglichen Bereich zum Zwecke der Akquisition erbringen. Bei der Auslegung eines Rechtsgeschäfts kann - worauf der Senat die Parteien im Termin vom 26.02.2008 hingewiesen hat - auch das nachträgliche Verhalten einer Partei berücksichtigt werden, wenn der spätere Vorgang Rückschlüsse auf den tatsächlichen Willen und das tatsächliche Verständnis der am Rechtsstreit Beteiligten zulässt (BGH, Urteil vom 07.12.2006, VII ZR 166/05, BauR 2007, 574). Das ist hier der Fall. Die Aussage des Zeugen K ist nicht widerlegt durch die Aussagen der Zeugen H und K, die sich nicht daran erinnern konnten, dass am 31.05.2005 über Geld- und Abrechnungsfragen gesprochen worden ist.

f.

Einer Wiederholung oder Ergänzung der Beweisaufnahme bedarf es nicht, da der Senat die Glaubhaftigkeit aller vom Landgericht vernommenen Zeugen nicht anders als das Landgericht beurteilt und ihnen auch keinen anderen Inhalt als das Landgericht beimisst, vielmehr nur ihre Aussagen rechtlich anders bewertet und würdigt. In einem solchen Fall besteht zwar die Möglichkeit, indes keine Pflicht für das Berufungsgericht, die Beweisaufnahme zu wiederholen (vgl. Zöller/Gummer-Heßler, ZPO, 25. Auflage 2005, § 529, Rn 7 mwN).

g.

Auch das Ergebnis der informatorischen Anhörung der Parteien im Senatstermin vom 26.02.2008 bestärkt - unter Berücksichtigung der o.a. Umstände, die bei Großprojekten sowie der Auslegung der Willenserklärungen der Parteien zu berücksichtigen sind - Zweifel des Senats daran, dass zwischen den Parteien ein rechtsgeschäftlicher Architektenvertrag zustande gekommen ist. Die Angaben beider Parteien im Senatstermin vom 26.02.2008 zum Inhalt der Gespräche vom 04.05.2005 und vom 31.05.2005 stehen in Widerspruch. Für die von den Klägern im Senatstermin erfolgte Behauptung, sie hätten am 04.05.2005 - und zwar nur für ihre zukünftigen Leistungen - ein Stundenhonorar von 60 EUR gefordert, sind sie nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erster Instanz - wie oben bereits ausgeführt - beweisfällig geblieben. Insoweit kann dahinstehen, wie es rechtlich zu bewerten wäre, dass der Beklagte nach den Angaben beider Kläger zu dieser Forderung nichts gesagt haben soll. Gegen die Richtigkeit dieser Angaben der Kläger spricht, dass sie in ihrer Stundenaufstellung (über insgesamt 381 Stunden) zur Rechnung vom 06.10.2005 einen Anteil von 105 Stunden für ihre Vorleistungen im Zeitraum vom 28.04.2005 bis 04.05.2005 einbezogen haben, welche die Kläger auch nach ihren eigenen Angaben im Senatstermin jedenfalls noch dem Bereich der Akquisition zuzuordnen wollten.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

III.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 27.313,74 EUR festgesetzt.

V.

Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass (§ 543 ZPO).

Ende der Entscheidung

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