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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 16.03.2006
Aktenzeichen: I-24 U 126/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 535
BGB § 177
Tritt der Leasinggeber in einen PKW-Kaufvertrag ein, in dem der Lieferant als vollmachtloser Vertreter dem Leasingnehmer (Käufer) ein Erwerbsrecht zugesagt hat, liegt darin die Genehmigung dieser Zusage.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf unter Mitwirkung seiner Richter Z, T und H am 16. März 2006

beschlossen:

Tenor:

Der Senat beabsichtigt, die Berufung im Beschlussverfahren zurückzuweisen. Die Beklagte erhält Gelegenheit, zu den Gründen binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses schriftsätzlich Stellung zu nehmen.

Der geplante Senatstermin vom 21. März 2006 entfällt.

Gründe:

I. Das zulässige Rechtsmittel hat keine Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht hat die beklagte Leasinggesellschaft zu Recht zur Zahlung verurteilt (19.459,75 EUR nebst gesetzlicher Zinsen). Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine abweichende Entscheidung.

1. Die Ansicht der Beklagten, der Kläger habe für die Zeit nach Ablauf des Leasingvertrags kein auf den geleasten Pkw gerichtetes Erwerbsrecht erlangt, ist von Rechtsirrtum beeinflusst. Die mit "Bestellung" überschriebene Urkunde enthält keineswegs nur das (verbindliche) Angebot des Klägers, das darin bezeichnete Kraftfahrzeug zu erwerben. Es enthält zusätzlich (für den Fall des Zustandekommens eines Leasingvertrags zwischen den Parteien) die verbindliche Vereinbarung eines Erwerbsrechts am Leasinggut nach Vertragsablauf zum Preis von 10.000 EUR (incl. 16% MWSt).

a) Zu Unrecht macht die Beklagte geltend, sie sei an das von der Lieferantin gegebene Versprechen nicht gebunden. Aus der maßgeblichen Sicht des Klägers hat die Lieferantin das Angebot namens der Beklagten gegeben. Es mag sein, dass diese im Zeitpunkt der "Bestellung" ohne Vertretungsmacht gehandelt hat. Mit dem gegenüber der Lieferantin erklärten Eintritt in die "Bestellung" ist die Beklagte aber nicht nur, wie sie meint, auf Erwerberseite an Stelle des Klägers in den Kaufvertrag eingetreten, sondern sie hat gleichzeitig das in ihrem Namen zugunsten des Klägers für das Leasingvertragsende vereinbarte Erwerbsrecht genehmigt. Dabei spielt es keine Rolle, ob ihr Erklärungsbewusstsein zu jenem Zeitpunkt diese Reichweite hatte. Maßgeblich ist allein, dass die Lieferantin als Vertreterin ohne Vertretungsmacht und Erklärungsgegnerin die Willensäußerung gemäß §§ 133, 157 BGB als Genehmigung verstehen durfte.

b) Eine andere Frage ist es, ob die Beklagte wegen Erklärungsirrtums die erteilte Genehmigung gemäß § 119 Abs. 1 BGB hätte anfechten können. Einer näheren Auseinandersetzung damit bedarf es indes nicht, weil die Beklagte nicht behauptet und auch sonst nicht ersichtlich ist, dass sie ihre Genehmigungserklärung tatsächlich angefochten hat.

c) Fehl geht ferner die Ansicht der Beklagten, von der Einräumung eines Erwerbsrechts zugunsten des Klägers könne auch deshalb nicht ausgegangen werden, weil das leasinguntypisch sei.

aa) In der Tat ist es richtig, dass die Einräumung eines Erwerbsrechts zugunsten des Leasingnehmers leasinguntypisch ist (vgl. Senat NJW-RR 2003, 755 = ZMR 2003, 422 m.w.N.). Das beruht darauf, dass die mit dem Leasinggeschäft regelmäßig angestrebten steuerlichen Vorteile (Aktivierung des Leasinggegenstands im Vermögen des Leasinggebers als dessen Eigentümer, steuerliche Geltendmachung der kompletten Finanzierung als betriebliche Kosten des Leasingnehmers) bei Vereinbarung eines Erwerbsrechts des Leasingnehmers (anders bei Vereinbarung eines Andienungsrechts des Leasinggebers) gefährdet sind. Denn der mit einem Erwerbsrecht ausgestattete Leasingnehmer gilt dann steuerrechtlich als (wirtschaftlicher) Eigentümer der Sache, so dass er die Finanzierungskosten nicht mehr als Betriebskosten steuerlich absetzen kann (Senat aaO).

bb) Es mag sein, dass das drohende Scheitern eines unzweifelhaft angestrebten steuersparenden Modells eine Auslegungshilfe im Sinne der §§ 133, 157 BGB sein kann, wenn es um die zivilrechtliche Qualifizierung eines unklar gebliebenen Rechtsgeschäfts geht und nur die leasingtypische Qualifizierung die Voraussetzungen des steuersparenden Modells erfüllt, während die atypische Qualifizierung zu dessen Scheitern führen würde.

cc) Um einen solchen Fall handelt es sich indes hier nicht. Die vom Kläger dargelegten und unstreitig gebliebenen Umstände sprechen vielmehr dafür, des es ihm nicht um eine leasingtypische, sondern um eine sonstige Finanzierungshilfe gegangen ist. Der Beklagte benötigte die Finanzierung nämlich als privater Verbraucher, so dass er die für die Gewerbetreibenden gedachten leasingtypischen Steuervorteile gar nicht in Anspruch nehmen konnte. Dem Beklagten ging es ersichtlich und unbestritten nur darum, eine Finanzierungslücke in Höhe von 22.540 EUR zum Erwerb eines Kraftfahrzeugs im (nachgelassenen) Wert von 52.540 EUR mit Hilfe der Beklagten für eine Laufzeit von nur zwei Jahren zu schließen. Bei dieser Finanzierungsart bestand ein sonst leasingtypisches Amortisationsrisiko über den Restwert der Leasingsache für die Beklagte von vorn herein nicht. Denn der prospektive Verkehrswert des Kraftfahrzeugs bei Vertragsende überstieg den für die Restamortisation maßgeblichen kalkulierten Restwert (10.000 EUR) von Anfang an deutlich. Ein bei typischen Leasingverträgen untypisches Verkehrswertverlustrisiko bestand aber von Anfang an für den Kläger. Gerade die Korrespondenz des leasinguntypischen Erwerbsrechts mit dem leasinguntypischen Verlustrisiko des Leasingnehmers führte evident im Streitfall erst zur wirtschaftlichen Vertretbarkeit der hier gewählten Finanzierungsart. Wäre das Erwerbsrecht nicht vereinbart worden, wäre eine Sittenwidrigkeit der Finanzierungskonditionen (§ 138 Abs. 1 BGB) oder eine Schadensersatzpflicht der Beklagten aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss (c.i.c., jetzt §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 BGB) in Betracht zu ziehen gewesen (vgl. BGH NJW 1990, 1844)

d) Unrichtig ist schließlich auch die Auffassung der Beklagten, ihre Bindung an das Erwerbsrecht scheitere daran, dass sie den Eintritt in die "Bestellung" nur gegenüber der Lieferantin und nicht (auch) gegenüber dem Kläger erklärt habe. Das ist deshalb ohne rechtliche Relevanz, weil die Genehmigungserklärung, wie sich aus § 177 Abs. 2 BGB ergibt, jedenfalls so lange (auch) gegenüber dem Vertreter abgegeben werden kann, so lange der Gegner den Vertretenen nicht zur Genehmigung aufgefordert hat. Eine solche Aufforderung ist aber vom Kläger an die Beklagte nicht ausgegangen.

2. Das Landgericht hat auch richtig entschieden, dass im Falle der vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrags Leistungen des Kaskoversicherers, die den Finanzierungsaufwand des Leasinggebers (einschließlich des kalkulierten Gewinns) übersteigen, dem Leasingnehmer zustehen, wenn ihm, wie das hier geschehen ist, zum Vertragsablauf ein Erwerbsrecht eingeräumt worden ist. Das Landgericht hat die vom Senat für den Diebstahlsfall dargelegten Grundsätze (NJW-RR 2003, 755 = ZMR 2003, 422) richtig wiedergegeben und hier für den vergleichbaren Fall der zerstörten Leasingsache auch richtig angewendet.

3. Bei alledem geht der Senat allerdings davon aus, dass bei Vertragsschluss kein Verstoß gegen das Schriftformgebot für Verbraucherverträge (§§ 492 Abs. 1 Satz 1, 499 Abs. 2, 500 BGB) vorliegt, andernfalls der Vertrag nichtig wäre (§ 125 BGB). Sollte indes ein Schriftformverstoß vorliegen (das könnte in Betracht kommen, weil das Erwerbsrecht nicht in die Urkunde aufgenommen worden ist und weil der hier vereinbarte Kilometerabrechnungsvertrag keine Vergütung für Mehr-/Minderkilometer vorsieht und deshalb nicht den erleichterten Formvorschriften für den Finanzierungsleasingvertrag gemäß §§ 499 Abs. 2, 500 BGB, sondern als sonstige Finanzierungshilfe den strengeren des § 499 Abs. 1 BGB unterliegen könnte (vgl. dazu BGH NJW 1996, 2033 und 1998, 1637), bliebe das dennoch im Ergebnis ohne Einfluss auf das angefochtene Urteil. Aus einer Nichtigkeit des Vertrags könnte jedenfalls die Beklagte keine Rechte herleiten, die sie im Vergleich zum angefochtenen Urteil günstiger stellen würden. In diesem Falle wäre der Vertrag nämlich gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB rückabzuwickeln. Der Kläger hätte (zumindest) Anspruch auf Rückzahlung der Leasingsonderzahlung (30.000 EUR) sowie auf Zahlung der geleisteten Leasingraten in Höhe von (22 Mon x 523 EUR) 11.506 EUR (jew. incl. MWSt), insgesamt auf Zahlung von 41.506 EUR. Davon abzusetzen wäre nur die der Beklagten gebührende Nutzungsentschädigung, deren Höhe von den während der Nutzungszeit gefahrenen Kilometern abhängt. Dabei handelt es sich um einen unselbständigen Rechnungsposten bei der vorzunehmenden Saldierung, der von der Beklagten darzulegen wäre (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 65. Aufl., § 812 Rn. 28f, 55 m.w.N.). Im übrigen bleibt nach den Erfahrungen des Senats aus vergleichbaren Nichtigkeitsfällen die Nutzungsentschädigung regelmäßig deutlich hinter den vereinbarten Leasingraten zurück.

II. Es wird darauf hingewiesen, dass die Zurücknahme der Berufung vor Erlass einer Beschlussentscheidung kostenrechtlich privilegiert ist und die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Nr. 2 und 3 ZPO vorliegen.

Ende der Entscheidung

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