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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 09.06.2009
Aktenzeichen: I-24 U 133/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 611
BGB § 675
BGB § 1361
BGB § 1578
1. Der Rechtsanwalt hat den Mandanten bei Erhebung der Klage auf Trennungsunterhalt auch auf die Geltendmachung von Altersvorsorgeunterhalt hinzuweisen.

2. Im Regressprozess ist der durch Verlust des Anspruchs auf Vorsorgeunterhalt entstandene Schaden wie in dem entsprechenden Unterhaltsprozess zu berechnen (Anschluss an BGH FamRZ 2007,117).


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF Beschluss

I-24 U 133/08

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch seine Richter Z., H. und P. am 9. Juni 2009 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf - Einzelrichterin - vom 3. Juni 2008 wird zurückgewiesen. Der Tenor des vorgenannten Urteils wird im Hauptausspruch wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 75.567,11 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz von 59.392,00 € für die Zeit vom 6. Dezember 2006 bis zum 6. Juli 2007 sowie von 75.567,11 € seit dem 7. Juli 2007 zu zahlen.

Die Kosten des Berufungsrechtszuges werden dem Beklagten auferlegt.

Gründe:

Nachdem die Klägerin ihre Klage wegen der Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz von 16175,11 € für die Zeit vom 6. Dezember 2006 bis zum 6. Juli 2007 zurückgenommen und der Beklagte dem nicht binnen der Frist des § 269 Abs. 2 S. 4 ZPO widersprochen hat, bleibt die weitergehende Berufung des Beklagten in der Sache ohne Erfolg.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts ist zwar zulässig. Sie ist aber gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil die Berufung in der Sache keinen Erfolg, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich ist.

I.

Zu Recht und mit zutreffenden Gründen, auf die verwiesen wird, hat das Landgericht ihn zur Zahlung eines Schadensersatzbetrages von 75.567,11 € nebst Zinsen in dem in der Berufungsinstanz noch geltend gemachten Umfang verurteilt.

Das Berufungsvorbringen ist nicht geeignet, eine für den Beklagten günstigere Entscheidung zu rechtfertigen. Der Beklagte haftet der Klägerin auf Schadensersatz in Höhe des vom Landgericht zuerkannten Betrages wegen der Verletzung der ihn treffenden Pflichten aus dem mit der Klägerin geschlossenen Rechtsbesorgungsvertrag gemäß §§ 675, 611, 276, 280 Abs. 1 S. 1, 249 ff. BGB:

1.

Grundsätzlich ist der Rechtsanwalt kraft des Anwaltsvertrags in den Grenzen des ihm erteilten Mandats (BGH MDR 1998, 1378; MDR 1996, 2648 f.; Vollkommer/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, 2. Aufl., Rn. 665) verpflichtet, die Interessen seines Mandanten nach jeder Richtung und umfassend wahrzunehmen und Schädigungen seines Auftraggebers, mag deren Möglichkeit auch nur von einem Rechtskundigen vorausgesehen werden können, zu vermeiden. Soweit der Mandant nicht eindeutig zu erkennen gibt, dass er des Rates nur in einer bestimmten Richtung bedarf, ist der Rechtsanwalt grundsätzlich zur allgemeinen, umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung des Auftraggebers verpflichtet. In den Grenzen des Mandats hat er dem Mandanten diejenigen Schritte anzuraten, die zu dem erstrebten Ziele zu führen geeignet sind, und Nachteile für den Auftraggeber zu verhindern, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind. Dazu hat er dem Auftraggeber den sichersten und gefahrlosesten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant zu einer sachgerechten Entscheidung in der Lage ist (BGH WM 1993, 1376; WM 1996, 1824; WM 2006, 927; WM 2007, 419; NJW 2007, 2485; WM 2008, 1560). Der konkrete Umfang der anwaltlichen Pflichten richtet sich nach dem erteilten Mandat und den Umständen des einzelnen Falles (BGH WM 1996, 1824; 2008, 1560). Ziel der anwaltlichen Rechtsberatung ist es, dem Mandanten eigenverantwortliche, sachgerechte (Grund-) Entscheidungen ("Weichenstellungen") in seiner Rechtsangelegenheit zu ermöglichen (BGH NJW 2007, 2485; WM 2008, 1560; Zugehör in Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung 2. Aufl. Rn. 558).

2.

Seine so umrissenen Pflichten hat der Beklagte bei Ausführung des ihm übertragenen Mandats, den Anspruch der Klägerin gegen ihren damaligen Ehemann auf Zahlung von Trennungsunterhalt (§ 1361 Abs. 1 BGB) durchzusetzen, verletzt. Sein Verschulden wird gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet.

a)

Er hat die Klägerin bei der Übernahme des Mandats wie auch bei der auf die Zahlung von Trennungsunterhalt gerichteten Klageerhebung nicht darauf hingewiesen, dass sie neben der Zahlung von Elementarunterhalt auch die Zahlung von Altersvorsorgeunterhalt beanspruchen kann. Der nach § 1361 Abs. 1 Satz 2 BGB bzw. - für den Nachscheidungsunterhalt - nach § 1578 Abs. 3 BGB geschuldete Vorsorgeunterhalt ist dazu bestimmt, als Teil des einheitlichen, den gesamten Lebensbedarf des Berechtigten umfassenden Unterhaltsanspruchs Nachteile auszugleichen, die dem unterhaltsberechtigten Ehegatten aus der Hinderung seiner Erwerbstätigkeit erwachsen. Für die Zeit ab Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens zieht ein Anspruch auf Elementarunterhalt nach § 1361 Abs. 1 BGB bzw. nach §§ 1570 bis 1573 oder 1576 BGB deswegen in der Regel auch einen Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt nach sich (BGH FamRZ 2007, 117; 1988, 145; 1982, 781). Nach dem Zweck der gesetzlichen Regelungen über den Vorsorgeunterhalt soll dem Ehegatten, der nach Trennung und Scheidung aus den im Gesetz aufgeführten Gründen gehindert ist, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und so auf den ihm durch den Versorgungsausgleich übertragenen Versorgungsanrechten aufzubauen, die Möglichkeit verschafft werden, seine Versorgung im Wege der freiwilligen Weiterversicherung zu erhöhen, um damit die ansonsten entstehende Lücke in seiner "sozialen Biographie" zu schließen. Hierüber hatte der Beklagte, den die Klägerin ohne Einschränkungen mit der Verfolgung und Durchsetzung des ihr für die Trennungszeit zustehenden Unterhaltsanspruchs mandatiert hatte, bereits vor Erhebung der Klage im Januar 2001 unaufgefordert zu belehren und die Entscheidung der Klägerin abzuwarten. Dies hat er unstreitig verabsäumt.

b)

Der Beklagte ist überdies pflichtwidrig der ausdrücklichen Weisung der Klägerin, auch für den Zeitraum zwischen Trennung und Scheidung Altersvorsorgeunterhalt geltend zu machen, nicht nachgekommen. Bereits im Jahre 2003 und damit lange vor Abschluss Trennungsunterhaltsverfahrens hatte die Klägerin den Beklagten schriftlich (undatiertes Schreiben) aufgefordert, ihren Ehemann auf Zahlung von Altersvorsorgeunterhalt in Anspruch zu nehmen. Dem ist der Beklagte nicht gefolgt. Nachvollziehbare Gründe dafür, Altersvorsorgeunterhalt für die Trennungszeit nicht zu beanspruchen, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich. Die Klägerin hatte aus der Einbeziehung von Altersvorsorgeunterhalt in ihren Klageantrag nicht die Kürzung der laufenden Zahlungen für den Elementarbedarf zu gewärtigen. Angesichts der sehr guten wirtschaftlichen Verhältnisse der Eheleute war zu erwarten, dass der Vorsorgebedarf von dem Unterhaltsschuldner neben dem wegen seiner Höhe nicht nach der Quotenmethode, sondern konkret berechneten Elementarbedarf befriedigt werden konnte. Nachteile aus der Geltendmachung von Altersvorsorgeunterhalt waren auch nicht etwa deswegen zu befürchten, weil im Rentenalter mit Mitteln des gezahlten Vorsorgunterhalts erwirtschaftete Rentenzahlungen von dem laufenden Unterhalt nach der Anrechnungsmethode in Abzug zu bringen sind (vgl. BGH FamRZ 2003, 848). Denn hieraus erwächst dem Unterhaltsberechtigten im Vergleich mit einem Verzicht auf Altersvorsorgeunterhalt kein Nachteil. Da überdies im Zeitpunkt der Geltendmachung von Altersvorsorgeunterhalt vielfach noch gar nicht abzusehen ist, wie lange der Anspruch auf Zahlung von Elementarunterhalt überhaupt bestehen wird und durchgesetzt werden kann, ist es der für den Unterhaltsberechtigten sicherere Weg, durch das Verlangen von Altersvorsorgeunterhalt sich eigene Mittel für die Deckung des Lebensbedarfs im Alter zu beschaffen. Denn der Unterhaltsberechtigte muss in seine Kalkulation einbeziehen, dass der Unterhaltsverpflichtete entweder bereits vor ihm verstirbt oder leistungsunfähig wird. Diese fortdauernde Abhängigkeit von dem Unterhaltsberechtigten und seinen wirtschaftlichen Verhältnissen soll gerade durch die Zahlung von Altersvorsorgeunterhalt reduziert werden.

3.

Der Klägerin ist infolge der Pflichtverletzung des Beklagten der mit der Klage geltend gemachte Schaden entstanden.

a)

Der Beklagte war - wie ausgeführt - verpflichtet, die Klägerin über die Möglichkeit, auch in der Trennungszeit Altersvorsorgeunterhalt zu beanspruchen, zu belehren und ihr die Erstreckung des Klageauftrags auch auf diesen Teil des einheitlichen Unterhaltsanspruchs anzuraten. Wie sich der Mandant bei vertragsgerechter Beratung verhalten hätte, zählt zur haftungsausfüllenden Kausalität, die der Mandant nach § 287 ZPO zu beweisen hat (BGH WM 2006, 1736 und BGH MDR 2009, 656 Urt. v. 05.02.2009 - IX ZR 6/06 zur Steuerberaterhaftung - auch bei www.bundesgerichtshof.de). Es ist davon auszugehen, dass die Klägerin diesem Rat gefolgt wäre; insoweit gilt die Vermutung beratungsrichtigen Verhaltens (BGH NJW 2002, 593).

b)

Bei rechtzeitiger Beanspruchung auch von Altersvorsorgeunterhalt, und zwar bereits mit Erhebung der Klage auf Zahlung von Trennungsunterhalt im Januar 2002, wäre der frühere Ehemann der Klägerin zur Zahlung folgender Monatsbeträge allein für den Altersvorsorgeunterhalt verurteilt worden:

- Januar bis Dezember 2002: 1.501,96 €,

- Januar bis März 2003: 1.568,04 €,

- April bis Dezember 2003: 1.262,62 €,

- Januar bis Dezember 2004: 1.214,68 €,

- Januar bis Dezember 2005: 1.170,07 €,

- Januar bis November 2006: 1.168,99 €.

Hieraus errechnet sich der mit der Klage verfolgte Gesamtbetrag von 75.567,11 €. Wegen der Einzelheiten der Unterhaltsberechnung, deren Daten zwischen den Parteien nicht streitig sind, wird auf die Klageschrift (GA 7 - 11) verwiesen.

Ohne Erfolg macht die Berufung geltend, die Bemessung des Altersvorsorgeunterhalts dürfe sich nicht an der Höhe des titulierten Elementarunterhalts ausrichten, da die eigentliche Altersvorsorge der Eheleute - neben der Beitragszahlung des früheren Ehemannes der Klägerin in eine Ärzteversorgung - durch Vermögensbildung praktiziert worden sei. Der Bundesgerichtshof hat es nämlich abgelehnt, den Vorsorgeunterhalt an der Höhe einer später zu erwartenden, den Lebensbedarf des Berechtigten sodann in angemessener Weise deckenden Versorgungsleistung auszurichten und zu bemessen, zumal es in der Regel mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein dürfte, den angemessenen Lebensbedarf für den Zeitpunkt des Versicherungsfalls zu beurteilen (BGH FamRZ 2007, 117; 1981, 442). Im Hinblick auf die Zielsetzung des Vorsorgeunterhalts ist es vielmehr gerechtfertigt, den Elementarunterhalt zu dem Entgelt aus einer Erwerbstätigkeit und den Vorsorgeunterhalt zu den Versicherungsbeiträgen in Beziehung zu setzen, die im Hinblick auf ein derartiges Erwerbseinkommen zu entrichten wären, und damit den Berechtigten hinsichtlich der Altersvorsorge so zu behandeln, wie wenn er aus einer versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit Einkünfte in Höhe des ihm an sich zustehenden Elementarunterhalts hätte (BGH FamRZ 2007, 117; 1999, 372, 373 f.). Diesen Maßgaben entspricht die Berechnung der Klägerin, indem sie den als Elementarunterhalt rechtskräftig zugesprochenen Betrag dem Nettoarbeitsentgelt gleichgestellt und dieses zur Ermittlung der darauf entfallenden Vorsorgebeiträge in ein fiktives Bruttoeinkommen umgerechnet hat.

c)

Mit der Scheidung der Eheleute S. am 28.11.2006, rechtskräftig seit diesem Tage, ist der Schaden endgültig entstanden.

aa)

Mit Eintritt der Rechtskraft der Scheidung war der Zeitraum, für den die Klägerin nach § 1361 Abs. 1 S. 2 BGB Zahlung von Altersvorsorgeunterhalt in der Trennungszeit beanspruchen konnte, beendet. Die Möglichkeit, den von dem Beklagten pflichtwidrig nicht geltend gemachten Altersvorsorgeunterhalt nachzufordern, war der Klägerin bereits seit dem rechtskräftigen Abschluss des Trennungsunterhaltsverfahrens durch Urteil des Amtsgerichts Ratingen vom 14.12.2004 (5 F 26/02, rechtskräftig seit dem 05.10.2005) verschlossen. Denn der Unterhaltsberechtigte kann bezogen auf den Zeitpunkt der ersten Verurteilung zum Unterhalt eine Nachforderungsklage nur dann erheben, wenn er sich dies im Erstverfahren - z.B. in der Begründung der Klage - vorbehalten hat (BGH FamRZ 1985, 690; 1987, 368).

bb)

Ist wie hier kein Vorbehalt erfolgt, so spricht die Vermutung gegen eine Teilklage (vgl. BGH FamRZ 2003, 444; OLG Naumburg FamRZ 2006, 1046). Denn bei dem Anspruch auf Zahlung von Vorsorgeunterhalt handelt es sich nicht um einen eigenständigen Anspruch im Sinne eines anderen prozessualen Streitgegenstandes. Der Vorsorgeunterhalt ist nach allgemeiner Auffassung nur unselbstständiger Teil eines einheitlichen Unterhaltsanspruchs (BGH FamRZ 1982, 1187). Ist aber - wie es hier der Fall war - der klagenden Partei im Vorprozess entsprechend ihrem Antrag die ihr nach ihrer Vorstellung zustehende volle Unterhaltsrente zugebilligt worden, so ist ihr der Weg der Leistungsklage auf Zahlung zusätzlichen Vorsorgeunterhalts verschlossen. Der "vergessene" Altersvorsorgeunterhalt kann dann nur noch zusätzlich geltend gemacht werden, wenn sonstige Abänderungsgründe vorliegen (BGH FamRZ 1985, 690; OLG Karlsruhe NJW 1995, 2795; Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 323 Rn. 20; Eschenbruch/Klinkhammer, der Unterhaltsprozess, 5. Aufl., Rn. 987; Kalthoener/Büttner, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl., Rn. 425; Wendl/Staudigl/Gutdeutsch, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 4 Rn. 456, 457, 490). Solche Abänderungsgründe sind hier unstreitig bis zur Rechtskraft der Ehescheidung nicht eingetreten.

cc)

Die von der Berufung herangezogene Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 07.11.1990 (FamRZ 1991, 320) gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Denn jener Entscheidung lag eine Teilklage auf Zahlung eines unstreitig über einen freiwillig gezahlten Sockelbetrag hinausgehenden Spitzenbetrags zugrunde mit der Folge, dass der Unterhaltsanspruch noch nicht insgesamt tituliert war. Damit war für eine erneute Klage auf Altersunterhalt noch Raum, ohne dass die Voraussetzungen einer Abänderungsklage hätten erfüllt sein müssen. Hier aber war der Anspruch der Klägerin durch die notarielle Urkunde vom 27.06.2002 und das Urteil des Amtsgerichts Ratingen vom 14.12.2004 bereits im Ganzen tituliert. Eine Nachforderungsklage war deswegen nur unter den Voraussetzungen des § 323 Abs. 1 ZPO, die nach §§ 323 Abs. 4, 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO auch für die Abänderung notarieller Urkunden gelten, möglich.

d)

Nach dem Ergebnis der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme geht auch der Senat in Anwendung von § 287 ZPO davon aus, dass sich die Pflichtverletzung des Beklagten für die Klägerin in der Bemessung des im Prozessvergleich der Eheleute S. vom 28.11.2006 zur Unterhaltsabgeltung vereinbarten Betrags von 450.000,00 € nicht vorteilhaft (im Sinne der Grundsätze der Vorteilsausgleichung) ausgewirkt hat. Zwar ist es zutreffend, dass mit Mitteln des Vorsorgeunterhalts erworbene Rentenleistungen zur Kürzung der im Rentenalter geschuldeten Unterhaltszahlungen führen, da sie nach der Anrechnungsmethode in Abzug zu bringen sind (vgl. BGH FamRZ 2003, 848). Hätte der frühere Ehemann der Klägerin für die Trennungszeit seit Januar 2002 laufenden Altersvorsorgeunterhalt gezahlt, so hätte es durchaus nicht fern gelegen, dies in die Erörterungen zur Höhe der Unterhaltsabfindung mit dem Ziel einfließen zu lassen, den zu zahlenden Betrag zu ermäßigen. Mit Recht aber hat das Landgericht festgestellt, dass die Parteien des Ehescheidungsverfahrens den tatsächlich geschlossenen Vergleich auch dann nicht anders geschlossen hätten. Denn nach den Bekundungen des Zeugen Rechtsanwalt K. hat Altersvorsorgeunterhalt, der im Rahmen der Folgesache UE durchaus bereits geltend gemacht war, keine Rolle gespielt. Hierauf deutet auch der rechnerisch nicht nachvollzogene, gleichsam gegriffene Betrag der Abfindung hin.

e)

Die Klägerin ist auch nicht auf eine bloße Feststellung der Schadensersatzverpflichtung zu verweisen. Denn mit dem Abschluss des Vergleichs vom 28.11.2006 wäre, wenn Altersvorsorgeunterhalt für die Trennungszeit beansprucht und gezahlt worden wäre, auch die Zweckbindung dieser Zahlungen entfallen. Der gezahlte Altersvorsorgeunterhalt hätte der Klägerin zur freien Verfügung gestanden.

II.

Auf sämtliche Erwägungen unter I. ist der Beklagte durch Beschluss des Senats vom 2. April 2009 hingewiesen worden. Seine Einwendungen im Schriftsatz vom 14. Mai 2009 enthalten nicht irgendwelche Gesichtspunkte, die der Beklagte nicht schon in der Berufungsbegründung geltend gemacht hatte. Diese hat der Senat bereits vollständig berücksichtigt. Die davon abweichenden rechtlichen Schlüsse des Beklagten vermag der Senat auch nach erneuter Prüfung nicht zu ziehen.

Soweit der Beklagte die Beweiswürdigung des Landgerichts angreift, hat der Senat ebenfalls Stellung genommen (vgl. unter I.2.d). Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Beweiswürdigung des Landgerichts ohnehin nur eingeschränkt vom Berufungsgericht überprüft werden darf. Die vom Landgericht geschaffene Tatsachengrundlage bindet grundsätzlich auch das Berufungsgericht. Lediglich die fehlerhafte Erfassung von Tatsachen durch die Verletzung materiellen Rechts (z.B. die Verkennung der Beweislast), die fehlerhafte Tatsachenfeststellung aufgrund von Verfahrensfehlern (z.B. die Verletzung der Hinweispflicht) oder die sonstige Fehlerhaftigkeit des Beweisergebnisses (beispielsweise eine nicht erschöpfende Beweisaufnahme oder Widersprüche zwischen einer protokollierten Aussage und den Urteilsgründen) können die Notwendigkeit erneuter Feststellungen gebieten (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 27. Auflage, § 529 Rn. 2 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor.

III.

Auch die weiteren in § 522 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 ZPO genannten Voraussetzungen der Berufungszurückweisung im Beschlussverfahren liegen vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2, 269 Abs. 3 ZPO ZPO.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 75.567,11 €

Ende der Entscheidung

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